Ein kurzer Erfahrungsbericht

Auch in diesem Jahr waren wir für euch auf der gamescom unterwegs, haben den Business- und Entertainment-Bereich unsicher gemacht, Entwicklern und Publishern auf den Zahn gefühlt, und gestaunt, gestaunt, gestaunt. Zu viel, um von allem zu berichten, aber nachfolgend möchte ich euch zumindest einen kurzen Überblick über meinen ganz persönlichen Eindruck und meine Tops und Flops geben.

Neuer Besucherrekord

Als am vergangenen Donnerstag die Pforten der gamescom für alle Spieler öffneten, gab es mehr zu sehen und zu testen, als ein Einzelner bewältigen kann. Dies lag nicht nur an der Fülle des Angebotes, sondern auch an der Masse an Besuchern. Wie immer kam es bei einigen Spielen zu den gefürchteten mehrstündigen Wartezeiten. Der weltweit größte Event für Computer- und Videospiele erfreut sich ungebrochen großer Beliebtheit. Mit 345.000 Gästen wurde dieses Jahr ein neuer Rekord erzielt, und auch die Fläche der gamescom hat etwas zugelegt. In diesem Jahr wurde für die Besucher ein weiteres Areal zwischen dem Business und Entertainment-Bereich des Messegeländes freigegeben, so dass sich die Massen theoretisch etwas besser verteilen konnten. Leider aber eben nur theoretisch, denn der Hotspot war natürlich auch diesmal der in seiner Größe unveränderte Entertainment-Bereich, in dem sich die wichtigsten Stände und der Großteil der Besucher drängten. Angesichts des hohen Andrangs und der langen Wartezeiten, die dem Tagesbesucher nur wenige Einblicke ermöglichten, müsste die Diskussion um eine Veränderung der Messe abgehalten werden. Eine Erweiterung um einen bis zwei Tage bei gleichzeitiger Reduzierung der Ticketanzahl pro Tag wäre nur eine mögliche Variante, um den Besuchern wieder etwas mehr Raum und Spielzeit zu ermöglichen.

Der Schwarzmarkt profitiert

Ein Ärgernis im Vorfeld war auch in diesem Jahr der weiter zunehmende Schwarzmarkt für die begehrten Eintrittskarten. Wer nicht frühzeitig ein Ticket gekauft hat, dem blieben oft nur wenig seriöse Tickethändler oder private Anbieter, die ihre Karten oft für mehr als das Dreifache des Originalpreises anboten. Angesichts einer steigenden Tendenz solcher Angebote wäre ein Eingreifen der Organisatoren wünschenswert. Eine stärkere Personalisierung und Limitierung der pro Kopf erwerbbaren Tickets, feste Kontingente für die Tageskasse – Optionen gäbe es genug.

Positive Überraschung aus dem Mittelalter

Eigentlich war Kingdom Come: Deliverance nur ein Termin unter vielen, den ich zu meiner Schande um ein Haar auch noch verpasst hätte. In letzter Minute kam ich zur Präsentation des Spiels und war vom ersten Moment an begeistert. Das im 15. Jahrhundert in Böhmen handelnde Rollenspiel setzt auf einen Mix aus historischer Authentizität und realistischen Kämpfen. Im Gegensatz zu den üblichen Fantasy-RPGs, ist unser Held weder eine besonders schillernde noch besonders mächtige Persönlichkeit, sondern gerät mehr oder weniger ungewollt in die Wirren des Krieges. Das in der Entwicklung befindliche Projekt stellt durch sein realistisches Kampfsystem hohe Anforderungen an den Spieler. So sollen Waffen an Rüstungen abgleiten und so unsere Möglichkeiten für den nächsten Schlag beeinflussen. Auch gilt es, je nach Art der Panzerung unseres Gegners die richtige Waffe einzusetzen, um überhaupt eine Chance auf den Sieg zu haben. Zielhilfen und Spezialangriffe sind nicht vorgesehen. Man sollte den Gegner nicht einfach stürmisch attackieren, sondern beobachten, taktieren, Lücken in der Deckung suchen und dann gezielt zuschlagen.

Darüber hinaus soll auch unser Handeln die Umwelt beeinflussen. Überfallen wir einen Händler, wird im nahegelegenen Dorf die Nahrung knapp und die Preise steigen. Verprügeln wir einen Schmied in der Taverne, wird dieser den Ort zukünftig eher meiden und anderen Freizeitbeschäftigungen nachgehen.Neben vielen solchen innovativen Ansätzen bietet Kingdom Come: Deliverance auch eine sehr schöne Grafik und ein Setting, das einem real existierenden Landstrich in Böhmen nachempfunden wurde. All dies macht das Spiel für mich zur positivsten Überraschung der diesjährigen gamescom und zu einem Titel, den man als RPG-Fan auf jeden Fall im Auge behalten sollte.

Die dunkle Seite von Star Wars

Star Wars: Battlefront ist ein Spiel, an dem sich seit seiner Ankündigung die Geister scheiden. Keine Raumkämpfe, keine 64-Spieler-Karten, keine Story im Einzelspieler-Modus und Befürchtungen, es könne sich quasi nur um eine Battlefield-Mod handeln. Trotz allem habe ich meinen Enthusiasmus bis zur gamescom beibehalten und mich auf die erste Gelegenheit zum Selbsttest gefreut. Diese habe ich nun bekommen. Im Fighter-Squadron-Modus wurden wir 10 gegen 10 mit X-Wings und Tie-Fightern im Luftkampf auf der PlayStation 4 aufeinander losgelassen.

Der erste Eindruck kann tatsächlich auch überzeugen. Ich wechsle zwischen der Außen- und der Cockpit-Ansicht hin und her. Das sieht alles super aus. Mein X-Wing spreizt die Flügel und ist damit kampfbereit. Spätestens jetzt bin ich im Star-Wars-Rausch! Wir jagen der Wolke aus Tie-Fightern entgegen, die mit Bots aufgefüllt wurde, und die Schlacht beginnt. Ich nehme den Ersten vor mir ins Visier. Mein Laser streift ihn, als ich das Feuer eröffne, zerstört ihn aber nicht. Durch seine überlegene Geschwindigkeit entkommt mir der Gegner. Künstlerpech, ich widme mich dem Nächsten. Diesmal will ich die Raketen testen. Hierzu muss der Gegner zunächst anvisiert werden, wie man es auch aus anderen Simulationen kennt. Doch die Zielerfassung lässt sich nicht einloggen und springt immer wieder Bruchteile, bevor ich feuern kann, auf einen anderen Widersacher um. Ärgerlich! Also wieder zurück auf die Laser. Mein Gegner macht eine Rechtskurve, ich will den Schub drosseln … ja wie mach ich das denn eigentlich? Schon in den 1990ern, in Spielen wie Wing Commander, ließ sich der Schub stufenweise kontrollieren, so dass man für enge Kurven und Verfolgungsjagden ohne Probleme die Geschwindigkeit anpassen konnte. Optional gab es in verschiedenen Simulationen auch die Möglichkeit, die Maximalgeschwindigkeit durch eine Verlagerung der Energie von den Schilden auf den Antrieb zu erhöhen. Battlefront bietet lediglich die letzte Möglichkeit. Ein kleiner Balken, den ich mit dem linken Analogstick steuere, reguliert die Energieverteilung. Rollen, die ich gerne über den Stick ausführen würde, um feindlichem Beschuss auszuweichen oder den Gegner etwas zu irritieren, müssen mit dem Steuerkreuz als Spezialmanöver ausgeführt werden. Das umständliche Handling der Geschwindigkeit sowie der Wegfall von präzisen Rollmanövern führen bei der Verfolgung in Kombination mit der ständig wechselnden Zielmarkierung (die im Übrigen auch für Laser funktioniert) ein ums andere Mal zu Frust. Alles etwas zu umständlich. Man fühlt sich in die Zeit der ersten PlayStation zurückversetzt.

Die großen Sternzerstörer die verlockend über uns am Himmel stehen und alte X-Wing-Veteranen geradezu anbetteln, angegriffen zu werden, sind leider auch nur Dekoration. Uns bleibt nur das Gewusel aus vielen Jägern. Und selbst hier gerate ich bei der Verfolgung von Bots ein ums andere Mal aus der Kampfzone. Zur Abwechslung werden pro Runde zwei Transporter durch das Schlachtfeld geschickt, die wir entweder beschützen oder zerstören sollen. Doch noch bevor wir uns richtig auf die bevorstehende Aufgabe vorbereiten und vielleicht sogar formieren können, ist alles auch schon wieder vorbei.

Was bleibt, ist ein zwar grafisch beeindruckendes Spiel, das in diesem Spielmodus jedoch weder besonders abwechslungsreich ist, noch ein wirklich komfortables Handling bietet. Statt wie eine gelungene Simulation fühlt sich der Fighter-Squadron-Modus bestenfalls nach einem durchschnittlichen Arcade-Modus an. Da waren die Raumkämpfe in Battlefront II bereits wesentlich reizvoller.

Hoffnung besteht für Battlefront aus meiner Sicht nur noch in gelungenen Bodenkämpfen. Vielleicht wäre eine Battlefield-Mod doch keine so schlechte Idee gewesen.

Fallout 4 und Lara Croft: nur gucken, nicht anfassen!

Viele Spiele bekam ich auf der gamescom nur in Form einer Präsentation zu Gesicht. Darunter auch das von Fans sehnlichst erwartete Fallout 4 und den neuesten Teil der Tomb-Raider-Reihe.

Was es bei Fallout 4 zu sehen gab, waren vor allem Waffen. Große, kleine und selbstgebaute Waffen sowie unzählige Gegner, die selbigen zum Opfer fallen. Die Präsentation zeigte neben Tötungsvarianten vor allem Informationen über das Charakter- und das Crafting-System, die dem Spieler unzählige Möglichkeiten zur Individualisierung seines Charakters bieten sollen. Im Zentrum stehen erneut die S.P.E.C.I.A.L.-Attribute und verschiedene daraus resultierende Spezialfähigkeiten. Auch wird es wieder einen Hund als Begleiter geben, der nun auch unsere Befehle ausführen und beispielsweise Gegenstände suchen kann. Grafisch hinterlässt das Spiel einen guten Eindruck, nur die Mimik der Nicht-Spieler-Charaktere lässt bisher etwas zu wünschen übrig und wirkt teilnahmslos und statisch. Töten und Aufstufen, viel mehr konnte ich dieser Präsentation nicht entnehmen. Doch die kurzen Blicke auf Städte und Landschaft laden zum Entdecken ein und lassen die Vorfreude wachsen. Meine Neugierde ist geweckt, und Fallout 4 steht auf meiner Einkaufsliste!

Unsere liebste Grabräuberin Lara Croft stürzt sich in Rise of the Tomb Raider wieder ins Abenteuer. Wirklich viel Neues gab es in der 20-minütigen Präsentation im Vergleich zum letzten Vorgänger jedoch nicht zu sehen. Einzig sichtbare Neuerungen sind die aufwendigeren Haaranimationen. Ansonsten ist anscheinend alles beim Alten. Wieder klettert, springt und kriecht Lara durch Tempel, Eislandschaften und Berge und löst dabei kleinere Rätselaufgaben, die ihr das Weiterkommen ermöglichen. Die zuletzt etwas zu zahlreichen Schießereien werden wohl wieder etwas seltener vorkommen, so dass Tomb Raider zu seinen Wurzeln zurückkehrt.

Auch oder gerade weil Rise of the Tomb Raider seinem wirklich gelungenen Vorgänger sehr gleicht, habe ich schon während der Präsentation bei jedem Sprung wieder mitgefiebert. Wer also den Vorgänger mochte, der kann sich hier auf eine vielversprechende Fortsetzung freuen. (Christian Heldmaier)

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Gamescom 2015 Bilder 2
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