Bioshock 2 (2k Games) geschrieben von Bernd Wolffgramm
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Ab und zu schafft es ein Ego-Shooter in die Phalanx der Platzhirsche, die schon seit Jahren in Serie erscheinen, einzudringen und einen Achtungserfolg zu landen. Im Jahr 2007 war dies "Bioshock", ein First-Person-Shooter (FPS), der sich durch eine tolle Grafik, eine ansprechende Geschichte und sehr viel Fantasie bei der Spielgestaltung auszeichnete. Und weil viele Spieler auch dieser Meinung waren und zahlreich zum Spiel vom Publisher 2K Boston griffen, stand ziemlich schnell fest, dass es eine Fortsetzung der Geschichte um die Geheimnisse der Unterwasserstadt Rapture geben würde. Und wie beim Nachfolger eines erfolgreichen Games immer so ist, waren die Erwartungen an "Bioshock 2" sehr hoch. Etwas mehr als zwei Jahre später kann die neue Unterwasserballerei nun auf den Festplatten der Actionfans installiert werden und es wird sich schnell zeigen, ob das Spiel die Vorfreude rechtfertigen kann. Was war Hier ein kurzer Abriss darüber, was sich in "Bioshock" abgespielt hat. Es ist zwar nicht nötig, den Vorgänger gespielt zu haben, aber es hilft beim Verständnis des Games, den Vorläufer zumindest inhaltlich parat zu haben. In den 1940er Jahren gründete der Visionär Andrew Ryan mitten im Meer die Unterwasserstadt Rapture. Er wollte damit der Engstirnigkeit und Konformität seiner alten Welt entkommen und in der Welt im Reich Neptuns eine Utopie realisieren, die nicht nur auf einer technischen und wirtschaftlichen Revolution basierte, sondern auch den freien Geist als Staatsform pflegen sollte, eine Anarchie also. Nach anfänglichen Erfolgen, vor allem bei der baulichen Gestaltung von Rapture, lief die Entwicklung aber aus dem Ruder und die Stärksten bauten in ihren Bereichen kleine Machtburgen auf. Vor allem die Medizin- und Biologieforschung schlug eine Richtung ein, die letztendlich den Untergang der Utopie einleitete. In den 1960er Jahren war dann nur noch eine verfallende Unterwasserstadt übrig, in der genmanipulierte Menschen, genannte Splicer, einsam durch die Straßen und Gebäude streiften, auf der Suche nach dem Stoff, der sie noch am Leben gehalten hat, dem ADAM. Diese Droge wurde von kleinen Mädchen, den sogenannten Little Sisters, aus den umherliegenden Leichen gewonnen und konserviert. Da diese Gören, natürlich selbst auch das Ergebnis von Bioforschung, damit das Ziel aller noch Überlebenden war, wurde ihnen von ihrer "Mutter", der Wissenschaftlerin Brigid Tenenbaum, ein Bewacher an die Seite gestellt, der sie aus ihren Verstecken an den Lüftungsschächten abholte und nach verrichteter ADAM-Extraktion auch wieder sicher dort ablieferte. Diese, passenderweise Big Daddys genannt, Beschützer sehen aus wie übergroße Taucher in ihren Tiefseeanzügen, tapsten neben ihrer Schutzbefohlenen her und hielten ihr, so gut es eben ging, die anderen Mutanten vom Leib. Auf diese ungleichen Paare traf auch der mit seinem Flugzeug abgestürzte namenlose Held aus "Bioshock". Einerseits war er froh, überlebt zu haben, andererseits musste er sich von der ersten Sekunde an seines Lebens erwehren. Die schon genannte Wissenschaftlerin Tenenbaum nahm schnell Kontakt mit ihm auf und weil sie in ihm einen neutralen Verbündeten sah, beauftragte sie ihn, die Little Sisters aus dem Machtbereich der Big Daddys zu befreien und zu ihr zurückzubringen, da sie mittlerweile eingesehen hatte, dass ihre Maßnahmen wohl über das Ziel hinausgeschossen waren. Der Held machte sich auf in den Kampf mit den Splicern und den Big Daddys ... und - wer hätte das gedacht - er erreichte dieses Ziel und befreite die kleinen Mädchen ... oder er schickte sie in den Himmel, je nachdem, wie sich der Spieler im Verlauf der Handlung verhalten hatte. Was ist Zehn Jahre später beginnt die Geschichte von "Bioshock 2". Man wacht wieder in Rapture auf und die Welt hat sich kaum verändert. Der Verfall der Stadt ist fortgeschritten, die wenigen noch lebenden Splicer haben die ganze Stadt verdrecken lassen, Graffitis und hereintropfendes Wasser beherrschen das Bild in der früher so schillernden Unterwassermetropole. Doch etwas ist anders, der Held scheint irgendwie lethargischer zu sein als eine Dekade zuvor. Er betrachtet sein Spiegelbild in einer Pfütze und erkennt in sich einen Big Daddy. Und schon meldet sich wieder Brigid Tenenbaum, die den Delta genannten Beschützer auffordert, die Little Sisters - insbesondere eine kleine Schwester namens Eleanor - ihren aktuellen Begleitern zu entreißen. Waren diese nicht in "Bioshock" aus Rapture zusammen mit dem ersten Helden geflohen? Vermutlich sind alle Spieler einer global kollektiven Illusion unterlegen, denn die mutierten Schwestern trotten nach wie vor ADAM-suchend neben ihren künstlichen Vätern her. Und schnell ist auch ein neuer Bösewicht gefunden. Der Utopist Andrew Ryan, der am Ende des ersten Teils gestorben war, wird - hier konsequenterweise - nicht wiederbelebt; an die Stelle des Obermieslings tritt Sophia Lamb, ebenfalls eine Forscherin, im Gegensatz zu der Little-Sister-Mutter aber ohne jegliches Gewissen. So beginnt dann der Weg von Delta, in dessen Verlauf weitere Geheimnisse um den Verfall von Rapture gelüftet werden. Der Big Daddy kann auch in der zweiten Ausgabe wieder entscheiden, ob er sich den Little Sisters gegenüber freundlich verhält oder ob er sie nur als ADAM-Lieferant für das eigene Überleben sieht. Der eingeschlagene Kodex wird dann zum Ende der Geschichte Einfluss darauf haben, welche Ausgang "Bioshock 2" für Delta nimmt. Alles bleibt, wie es war Wie bei jedem anderen Ego-Shooter zieht der Held in "Bioshock 2" los, um unter Zuhilfenahme eines reichhaltigen Arsenals alles aus dem Weg zu räumen, was ihn aufhält. Nach und nach nimmt er diverse Waffen auf, die sich vor allem in der Durchschlagskraft unterscheiden. Zu Beginn seiner Mission steht Delta nur ein in seinen Anzug eingebauter Drillbohrer zur Verfügung, was aber auch reicht, da auch die frühen Splicer nur über Schlagwaffen wie Schraubenschlüssel oder die unvermeidlichen Leitungsrohre verfügen. Mit Fortlauf der Story bekommt er immer mehr Waffen, die ihm auch alle jederzeit zur Verfügung stehen, vorausgesetzt, er hat während seiner Mission ausreichend Munition aufgesammelt. So nennt er zusätzlich eine Nietenpistole, ein Maschinengewehr, die obligatorische Shotgun und einen Harpunenwerfer sein Eigen. Alle diese Wummen können mit bis zu drei verschiedenen Munitionsarten geladen werden, die eine unterschiedliche Durchschlagskraft besitzen. Eines dieser Geschosse verfügt zumeist über eine Sonderfunktion; so gibt es zum Beispiel eine Fallenniete, die als eine Art Tretmine verwendet werden kann, oder es wird ein kleiner Kampfbot abgesetzt, der nicht nur über eine ganz brauchbare Kampfkraft verfügt, sondern auch zur Ausführung eines Ablenkungsmanövers geeignet ist. Auch im Waffenrang angesiedelt sind zwei Geräte, die benötigt werden, um erfolgreich durch die Levels zu kommen. Da ist zum einen das Hacktool, mit dem verschlossene Türen geöffnet, feindliche Bots und Kameras umgepolt und prall gefüllte Safes geknackt werden können. Das andere Utensil ist eine Forschungskamera, die aufzeichnet, wie man am besten mit den Feinden fertig wird und dem Spieler so wertvolle Informationen im Kampf mit den Splicern und anderen Bösewichten liefert. Neben den eher klassischen Kanonen gibt es zwei weitere Waffen, auf die der Held bauen kann. Da wären zum einen die Plasmide, die zusätzlich zu den Waffen eingesetzt werden können. Wie bereits in "Bioshock" kann das gesammelte ADAM verwendet werden, um Bio-Updates zu erwerben, die ihm übermenschliche Fähigkeiten verleihen und die vor allem als Waffen gegen die Splicer, die immer mächtiger und kampfstärker werden, eingesetzt werden müssen. So können Feinde unter Strom gesetzt oder eingefroren werden, auch das Gegenteil, das Abfackeln ist möglich. Die passiven Plasmide können benutzt werden, um die Feinde zeitweise aufeinander zu hetzen oder bis zu zwei Kampfbots aus dem Nichts herbeizurufen, die dann sofort auf die KI-Schergen losgehen. Ohne diese Bio-Implantate kann der Held nicht bestehen und deswegen ist es wichtig, neben dem ADAM auch den Treibstoff der Plasmide, das sogenannte EVE, zu sammeln, das überall verstreut in Spritzenform zu finden ist oder gekauft werden kann. Leider können aber die benötigten Gegenstände und ausreichend Munition nicht gefunden werden, sondern müssen an den oft anzutreffenden Verkaufsautomaten mit den vielsagenden Namen "El Ammo Bandito" und "Circus of Values" gekauft werden. Das dazu benötigte Geld muss aufgesammelt, aus Safes gestohlen oder von Feinden geklaut werden, die sich aber glücklicherweise nicht mehr wehren können... weil sie vorher vom Helden in die eigen Fischgründe geschickt worden sind. Die Splicer in diesen Nichtlebenszustand zu befördern wird zunehmend schwieriger, deswegen ist es wichtig, massenhaft Munition zu erwerben. Helfen soll dabei auch die zweite Gattung Bio-Updates, die Tonika. Im Gegensatz zu den Plasmiden sind diese Implantate passiver Natur und brauchen nicht ausgeführt werden, sondern sind immer vorhanden, sobald sie einmal installiert wurden. Zum Beispiel gibt es ein Tonikum, das einem angreifenden Splicer einen Elektroschock verpasst und ihm damit schonmal einen guten Teil seiner Lebensenergie nimmt. Einige andere dieser Upgrades erleichtern das Hacken oder helfen bei der Erforschung der Splicer. Je mehr man über die Feinde herausfindet, desto einfacher kann man ihrer im Kampf habhaft werden. Eine von Delta einzusetzende Kamera zeichnet den Forschungsverlauf auf, er startet die Aufzeichnung, bekämpft dann den Splicer und sammelt so die benötigten Daten für das nächste Aufeinandertreffen. Nichts bleibt, wie es war Oh doch! Alles bleibt, wie es war. Wozu dann diese Rubrik? Spielt man "Bioshock 2", ist man sofort wieder an das Original erinnert, die Umgebung ist dieselbe, die Waffen sind absolut identisch und die Feinde, die man bereits 2007 zu hassen gelernt hat, tauchen auch wieder auf. Das einzige, was von Anfang anders ist, ist das Gefühl, kein Mensch mehr zu sein, sondern ein Big Daddy. Mit dieser Lebensform muss man sich erst anfreunden, denn schließlich hatte man bisher gelernt, dass ein Big Daddy der böse Feind ist. Jegliche Bewegungsfreiheit eines Menschen sucht man zunächst im schwerfälligen Delta umsonst. Erst die Implementierung einiger Tonika bringt die Mobilität zurück, die man auch benötigt, um eine Chance gegen die Splicer zu haben. Die KI-Mutanten kann Delta glücklicherweise gleichzeitig mit seiner Waffe und einem Plasmid beschießen. Der jetzt vom Publisher Take 2 eingesetzte Entwickler 2k Marin hat sich den Hauptkritikpunkt im Handling von "Bioshock" zu Herzen genommen und verhindert, dass auch Delta seine Waffe erst wegstecken muss, bevor er ein Plasmid einsetzen kann. Der nun beidhändige Einsatz beim Angriff erleichtert den Kampf etwas, allerdings manchmal auch etwas zu sehr. Die Kombination des Plasmid Electrobolt mit einer halbwegs schnellen Waffe schafft fast jeden Bösewicht. Um das Spiel dennoch herausfordernd zu machen, wurden zwei neue Feinde eingeführt. Der eine, genannt Brute Splicer, sieht aus wie ein wild gewordener Gorilla und verhält sich auch so. Ohne eine Waffe ausgestattet, greift er den Helden mit den Fäusten an und kann viel Schaden einstecken. Er ist allerdings ein Waisenkind gegen die Big Sister, die andere "Neue". Hat der Held einige Little Sisters befreit, erscheint sie und tritt als Rachegöttin auf. Sie ist bewaffnet, sehr flink auf den Beinen und stark gepanzert. Sie meldet ihr Kommen mit immer dem gleichen Signalton an und das ist die einzige Situation im Spiel, wo man leicht in Panik gerät und überlegt, wo man sich wohl "auf die Schnelle" am besten positioniert, um eine möglichst hohe Überlebenschance zu haben. Bereits auf der mittleren Schwierigkeitsstufe wird man nicht ohne Tod auskommen, es sei denn, man hat bereits das Top-Plasmid erhalten und kann eine Helferin mit ähnlichen Attributen herbeirufen. Sterben ist in "Bioshock 2" ein Schicksal, das man häufiger erleidet; ereilt Delta der Tod, wird er in das zuletzt passierte Vita-Chamber zurückversetzt, eine Art in den Level integrierter Auto-Savepoint. Man wacht dann mit den zuletzt vorhandenen Waffen und Munitionsvorräten, aufgebessert um einiges an Gesundheit und EVE, auf und kann es dann wieder mit dem Feind aufnehmen, der den Helden zuletzt in die ewigen Unterwasser-Jagdgründe geschickt hat. Dessen Gesundheitswerte wurden in der Zwischenzeit nicht wieder zurückgesetzt, so trifft man auf einen bereits vom vorherigen Fight geschwächten Splicer. Im Grunde genommen muss man also nur oft genug wieder aufwachen und schon ist der Superfeind, also zum Beispiel die anderen Big Daddys oder die eben beschriebene Big Sister, irgendwann besiegt. Das macht das Spiel dann wieder einfach, es gibt also eigentlich keinen wirklichen Boss-Kampf trotz einiger Supergegner im Spiel. Schön ungruselig "Bioshock" war teilweise eine Offenbarung für die Zockerschaft, denn normalerweise erwartet man ein Spiel dieser Qualität eher von den großen Produzenten von Ego-Shootern wie Activision oder Valve. Vor allem die extrem dichte Story, unterstützt von einer cleveren Spielführung durch Kommentare aus dem Off und abzuspielenden Tonbandgeräten, löste Begeisterung aus. Die Unreal-Engine sorgte beim Erscheinen 2007 für den passenden Rahmen, die eingebauten Gruseleffekte sorgten für Spannung und Abwechslung und das Spiel wurde wegen seiner düsteren Atmosphäre und plötzlich angreifenden Feinde, obwohl das Spiel definitiv kein zweites "F.E.A.R." war, doch von einigen als Gruselschocker bezeichnet. "Bioshock 2" greift die Story des ersten Teils auf und bedient sich der gleichen Stilmittel und auch der gleichen Grafik-Engine. Die Unterwasserstadt Rapture wird als Metropole dargestellt, die sich kurz vor dem endgültigen Untergang befindet. An vielen Stellen hat sich das die Stadt umgebende Wasser einen Weg nach innen gebahnt, von Mutanten zerstörte Gebäude säumen die Straßen und Müll aller Art liegt überall herum. Dazwischen existieren noch einige Lebenwesen, die Splicer, auf der Suche nach dem ADAM, das ihr Überleben sichert. Wie ein Fremdkörper wirken dabei die Little Sisters, die begleitet von ihren Beschützern, den Big Daddys, spielend durch die Straßen trollen. Es ist der Kontrast zwischen dem Frust der Splicer und des kindlichen Glücks der Kinder in einer Endzeitstadt, deren Stil in den 1950ern angesiedelt ist, der Rapture und damit auch "Bioshock 2" wieder faszinierend aussehen lässt. Da man das Spiel ja nun schon kennt, sind die Überraschungseffekte natürlich nicht mehr so groß und leider gibt es auch nicht allzu viel Unbekanntes zu entdecken. Zwar sind die Level alle neu erstellt worden, aber sie wurden alle auf die gleiche Art und Weise realisiert wie bei der Originalversion. Die gleiche Detailtreue wie bei den Umweltgrafiken haben die Designer auch wieder bei den Personen walten lassen. Unterschiedliche Feinde mit verschiedenen Eigenschaften bevölkern Rapture und passen mit ihren düsteren Verkleidungen, unorthodoxen Waffen und ihrer ungewöhnlichen Art der Fortbewegung (zum Beispiel krabbelnd an der Decke) in das verwahrloste Bild der Stadt. Im Kontrast zu den gewalttätigen Splicern stehen die feingliedrigen Little Sisters und die groben, den Sisters hinterher trottenden Big Daddys. Nur nimmt man sie diesmal anders wahr, da der Held diesmal kein Mensch ist, sondern ein Big Daddy. Dass dadurch die ganze Bewegung von Delta jetzt schwerfälliger ist, fällt dabei aber kaum ins Gewicht und ändert nichts an der Rasanz der Kämpfe, insbesondere mit den Big Sisters. Jedem der Charaktere wurde ein Sortiment an Sprüchen spendiert, das leider nicht sehr variiert und schon aus dem ersten Teil bekannt ist. Aber die Satzfetzen, die man aufschnappen kann, passen in die Atmosphäre des Spiels. Während sich in anderen Ego-Shootern die Gegner immer mit den gleichen hohlen Phrasen ins Getümmel stürzen, lernt man in "Bioshock 2" die Splicer durch ihre Äußerungen besser kennen, sie jammern darüber, dass ihre Arbeit nicht anerkannt wird oder dass sie sich für den König der Straße halten, Positives hört man kaum auf den Straßen von Rapture, das Leben unter Wasser ist hart. Weil die Soundkulisse so dicht ist, verzichtet "Bioshock 2" fast ganz auf Hintergrundmusik
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