Dante's Inferno (PS3) (Electronic Arts) geschrieben von Witali Blum
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Der Dichter Dante Alighieri schrieb im vierzehnten Jahrhundert nach Christus ein episches Meisterstück namens "Göttliche Komödie", das die damaligen Vorstellungen der Menschen von Himmel und Hölle widerspiegelte. "Inferno" ist der Teil dieses Werkes, der sich hauptsächlich mit dem Aufbau der Unterwelt beschäftigt. Im folgenden Test erfahren Sie, ob die Literatur des alten Meisters auch eine gute Inspiration für ein Hack'n'Slay-Spiel gewesen ist oder eher ein unkontrolliertes Gähnen bei den Zockern auslöst. Acheron - erster Fluss der Unterwelt "Dante's Inferno" beginnt mit dem Versprechen zweier Liebender, trotz einer langen Trennung einander treu zu bleiben. Während die Braut Beatrice schmachtend zu Hause verweilt, folgen der Bräutigam Dante sowie der Bruder der Verlobten, Francesco, dem Ruf eines zwielichtigen Bischofs auf einen Kreuzzug ins Heilige Land. Der gnadenlose Krieg sowie das Versprechen des Klerus, alle Sünden zu vergeben, bringen die abgrundtief böse Seite im Helden zum Vorschein. Getreu dem Motto: "Der Zweck heiligt alle Mittel" begeht Dante unzählige Missetaten, um die Geburtsstätte der christlichen Kirche von Sultan Saladin zu erobern. Der Protagonist schreckt nicht einmal davor zurück, die wehrlose Zivilbevölkerung des Morgenlandes als Geisel zu missbrauchen. Kein Wunder, dass sein Abenteuer vermeintlich mit einem Dolchstoß im Rücken endet. Als der Sensenmann persönlich erscheint, um Dantes Seele in die Hölle zu befördern, lehnt sich der Kreuzfahrer gegen sein scheinbar endgültiges Schicksal auf, denn schließlich versprach ihm der Bischof die Absolution. Er entreißt dem Tod seine eigene Sense und tötet ihn damit paradoxerweise. Zusammen mit der neuen Waffe begibt sich der Protagonist zu seiner Heimstatt, wo ihn ein Bild der Zerstörung erwartet. Anscheinend hat jemand während Dantes Abwesenheit in seinem Zuhause gewütet. Als der Held schließlich die Leichen seines Vaters sowie seiner Verlobten auffindet, bricht für ihn eine Welt zusammen. Auf dem Höhepunkt seiner Trauer erblickt er Beatrices Seele, die nach ihm ruft und daraufhin von einer finsteren Gestalt verschleppt wird. Wutentbrannt nimmt der Kämpfer die Verfolgung auf, die ihn in eine nahegelegene Kirche führt. Es besteht kein Zweifel, dass die Mächte der Hölle ihre Finger im Spiel haben, denn der Kreuzfahrer wird von lebenden Toten und allerlei Dämonen angegriffen, die ihn auf seinem Weg behindern. Unter diesen Umständen erweist sich die Sense des Todes als ein äußerst nützliches Werkzeug, mit dem man die Unholde der Finsternis wie Ähren auf dem Acker niedermäht. Schließlich stellt sich heraus, dass das Gebetshaus, in das Beatrices Seele verschleppt worden ist, der Eingang zur Unterwelt ist. Mit letzter Kraft kann die Verlobte ihrem Bräutigam ein geweihtes Kreuz vermachen, bevor sie weiter in die Tiefen der Hölle hinab gezerrt wird. Dante bleibt also nichts anderes übrig, als der Dame zu folgen und zu beweisen, dass sie eine solche Strafe nicht verdient hat. Beatrices Reliquie erweist sich ebenfalls als eine nützliche Waffe, die die verirrten Seelen erlöst. Unerwartet erhält der Held Beistand von einem alten Dichter namens Vergil, der sein Dasein in der Unterwelt fristet. Die Reime des verstorbenen Poeten liefern dem Protagonisten wichtige Hinweise, die ihm hoffentlich helfen, die Seele seiner Verlobten aus den Klauen des Teufels zu entreißen. Styx - zweiter Fluss der Unterwelt "Dante's Inferno" ist in erster Linie ein typischer Hack'n'Slay-Titel, weil der Hauptcharakter hauptsächlich damit beschäftigt ist, die Schergen des Fürsten der Unterwelt zu bekämpfen. Die Sense des Todes sowie Beatrices geweihtes Kreuz bilden dabei das Arsenal des Helden. Während das übergroße Schnittwerkzeug hauptsächlich im Nahkampf genutzt wird, löst die heilige Reliquie Fernangriffe aus, die schadenstechnisch ebenso effektiv sind wie Hiebe. Die etwas dürftige Waffenkammer ist kein Grund zur Enttäuschung, denn gefallene Feinde hinterlassen - ähnlich wie in "Devil May Cry" oder "Darksiders" - Seelen, mit denen man im entsprechenden Menü imposante Kombinationsangriffe freischalten kann. Um die fortgeschrittenen Kampftechniken einsetzen zu können, muss man allerdings einige Voraussetzungen erfüllen, die über das plumpe Sammeln von Seelen hinausgehen. Jeder Waffe wird nämlich ein Talentbaum zugewiesen, dessen einzelne Äste auf sieben Erfahrungsstufen verteilt werden. Die zugehörigen Punkte zum Aufstieg erhält der Spieler, wenn er die Feinde nicht gänzlich vernichtet, sondern nur fast totschlägt und sie anschließend mit einem Fatality-Move endgültig ausschaltet. Die ganze Aktion basiert auf Quicktime-Events, in denen man binnen weniger Sekunden die angezeigten Tasten drücken muss, um die Kontrahenten zu bestrafen oder zu erlösen. Je nach Entscheidung erhält der Protagonist Punkte für die böse oder gute Seite, die eben die Einsatzmöglichkeiten der Sense oder des geweihten Kreuzes erweitern. Leider müssen die Kombinationsangriffe nach der Freischaltung durch die Gesinnungspunkte immer noch mit Seelen bezahlt werden. Neben aggressiven Verhandlungen mit Dämonen stehen Dante auch einige mächtige Zauber zur Verfügung, die er meistens von besiegten Endgegnern erhält oder im Talentbaum erwirbt. Diese können wie die Kampftechniken aufgewertet werden, so dass beispielsweise der Held auf der höchsten Ausbaustufe der "Göttlichen Rüstung" für eine kurze Zeit unverwundbar wird und sogar Lebensenergie regeneriert, die er zuvor bei Verletzungen eingebüßt hat. Letztere sind übrigens im Eifer des Gefechts nahezu unvermeidbar und spiegeln sich gleich in einer verkürzten grünen Lebensleiste wider. Glücklicherweise hinterlassen erlegte Dämonen manchmal Energie, die Dantes Wunden flickt. Eine alternative Heilquelle sind die in regelmäßigen Abständen platzierten Brunnen, von denen einige auch Seelen sowie Mana für Zauber enthalten können. Der Vorrat an magischer Macht wird durch einen lilafarbenen Balken unterhalb der Lebensleiste repräsentiert. Die Energiereserven des Hauptcharakters können im späteren Spielverlauf durch entsprechende Felder im Talentbaum vergrößert werden. Sollte der Krieger dennoch einer Monsterhorde unterliegen oder - was viel öfter passiert - während eines Action-Parts ungewollt in einen Abgrund springen, dann kann man seine Reise vom letzten automatischen Speicherpunkt fortsetzen. Dieser befindet sich dummerweise oft zu Beginn der kniffligen Levelpassage, so dass der beschwerliche Weg erneut in Angriff genommen werden muss. Während solcher Momente entschlüpften selbst dem sonst hartgesottenen Reviewer ungewollt einige deftige Kraftausdrücke. Zusätzlich sollte man seinen Spielstand an jeder auftauchenden Beatrice-Statue speichern, da die Auto-Sicherungen nicht permanent auf der Festplatte der Konsole hinterlegt werden und beim Verlassen von "Dante's Inferno" ein Verlust des aktuellen Spielstands folgt. Obwohl die Interaktionen mit der Umwelt meistens auf simples Klettern, Türen öffnen oder Schalterbetätigen hinaus laufen, erwarten Dante einige schwierige Stellen der Unterwelt, die nur mit dem richtigen Geschick und Timing zu meistern sind. Besonders die Hüpfeinlagen sowie das Schwingen über Abgründe mit Hilfe der Sense können bei Anfängern zu Frustmomenten führen. In einigen seltenen Fällen kann der Held die Kontrolle über eine riesige Bestie der Unterwelt übernehmen und mit ihr Angreifer wortwörtlich zerstampfen. Leider dauern solche Momente der Überlegenheit nur kurz, weil oft ein Ereignis in der Hintergrundgeschichte es erfordert, den bequemen Dompteursitz zu verlassen. Das ist auch gut so, denn das Spiel wäre viel zu einfach, wenn man den kompletten Level mit einem Riesen abräumen könnte. Außerdem ist es zu Fuß einfacher, nach zahlreichen versteckten Schätzen zu suchen. Dazu zählen unter anderem die insgesamt 30 Silberstücke des Judas Ischariot, für die der Protagonist alle fünf Stück einen großen Seelenvorrat erhält. Ferner gibt es viele heilige Reliquien, die Dante als Ausrüstungsgegenstände besondere Boni verschaffen, und sogenannte Verdammte. Dies sind berühmte Persönlichkeiten aus der Geschichte, die sich einer oder mehrerer Todsünden schuldig gemacht haben. Der Held kann die gepeinigten Seelen erlösen oder bestrafen, wobei dann gute beziehungsweise böse Gesinnungspunkte auf seinem Konto verbucht werden. Sollte der Spieler sich entscheiden, einen Verdammten zu befreien, so muss er ein Minispiel absolvieren, bei dem ähnlich wie in "Guitar Hero" zum richtigen Zeitpunkt die angezeigten Symboltasten gedrückt werden müssen, wenn die "Sphären der Sünde" darüber gleiten. Geschickte Zocker werden hierbei belohnt, indem sie für jede vergebene Sünde zusätzliche Seelen einheimsen. Später kann man diese Prozedur überspringen, sofern man durch drei versteckte Artefakte Beatrices Kreuz aufgewertet hat. Ein Hack'n'Slay-Spiel wäre nur halb so interessant, wenn es keine imposanten Endgegner am Levelende gäbe. Zum Glück wird der Spieler in "Dante's Inferno" damit gut bedient. Jeder der neun Ringe der Hölle wird von einem Regenten verwaltet, den der Protagonist auf seinem Weg zu Beatrice besiegen muss. Die Kämpfe gegen die Mächtigen der Unterwelt laufen immer nach einem ähnlichen Schema ab. Der Held attackiert die Schwachpunkte der riesigen Ungeheuer und weicht gleichzeitig ihren Angriffen aus. Sobald er genug Schaden zugefügt hat, muss der Protagonist - man ahnt es schon - in einer Quicktime-Sequenz die angezeigten Tasten drücken, um den finalen Schlag zu führen. Spätestens an dieser Stelle des Spiels wird klar, warum der Titel keine Jugendfreigabe besitzt. Die Dämonen werden auf eine äußerst brutale Weise abgeschlachtet, so dass ihr Blut in Strömen fließt. Man braucht nicht viel Fantasie, um zu erraten, dass der ultimative Boss der Leibhaftige höchstpersönlich sein wird. Bis man diesen erreicht, vergehen rund neun bis zehn Spielstunden, sofern der Spieler sich Zeit lässt und jeden Winkel der Unterwelt nach versteckten Extras absucht. Die Mühe lohnt sich, da man alle Fähigkeiten, Reliquien sowie Zauber in den nächsten Spielstand bei einem höheren Schwierigkeitsgrad mitnehmen darf. Darüber hinaus werden weitere Spielmodi freigeschaltet, in denen beispielsweise Dante mehrere anstürmende Gegnerwellen abwehren und möglichst lange überleben soll. Als Belohnung winken abermals Seelen sowie Gesinnungspunkte für die Talentbäume, die in den aktuellen Spielstand transferiert werden. Kokytos - dritter Fluss der Unterwelt Die Steuerung von "Dante's Inferno" ist, was die Kämpfe betrifft, äußerst exakt und leicht zu lernen. Jedoch gilt dies nicht für die Action-Parts des Spiels. So mancher Sprung geht oftmals in einen bodenlosen Abgrund, ehe man herausfindet, wie empfindlich die Hüpfeinlagen des Helden gelenkt werden müssen. Nicht selten vermisst man auch eine frei lenkbare Kamera, die es beispielsweise erleichtern würde, nach versteckten Artefakten Ausschau zu halten. Der dafür sonst vorgesehene rechte Analogstick lässt stattdessen den Helden ausweichen. Die Symboltasten sind genretypisch belegt mit "schwacher Angriff", "starker Angriff", "Fernangriff" sowie "Sprung", während Zauber und Interaktionen mit der Umwelt über die Schulter-Trigger des Playstation-3-Controllers ausgelöst werden. Der Spieler kann Dantes Inventar, in dem er Reliquien ausrüstet und Talente aktiviert, über "Start" erreichen. Hier befindet sich auch eine Art Tagebuch, das alle Informationen über die Unterwelt dokumentiert - sei es eine nähere Beschreibung der besiegten Gegner oder erlöster verdammter Seelen. Phlegethon - vierter Fluss der Unterwelt Die optische Gestaltung der Unterwelt ist den Entwicklern von Visceral Games äußerst gut gelungen. Jeder Kreis der Hölle besitzt sein eigenes Design, das nicht nur eine gruselige Atmosphäre vermittelt, sondern auch die jeweilige Sünde der Bewohner dieser Domäne treffend thematisiert. Der Leitspruch der Hölle: "Lasst, die ihr hier eintretet, alle Hoffnung fahren!" ist jederzeit deutlich sichtbar, insbesondere wenn Dante über knochige Wände mit schreienden Seelen klettern muss. Die Gegner sind, wie es sich für die Schergen des Teufels gehört, erschreckend und makaber inszeniert - vor allem die ungetauften Babys mit Klingenarmen machen es einem geistig gesunden Menschen schwer, die Sense zu erheben. Spätestens, wenn eine ganze Horde der Windelkacker auf den Protagonisten eindrischt, kann der Spieler seine Zurückhaltung dennoch überwinden und die Kinder von ihrem unheiligen Dasein erlösen. Wie bereits erwähnt ist die Einstufung "Keine Jugendfreigabe" gerechtfertigt, denn abgesehen vom Akt der Erlösung der verirrten Seelen werden Feinde unbarmherzig in blutigster Manier niedergemetzelt. Darüber hinaus dürfen sich erwachsene Spieler auf schöne Spezialeffekte wie beispielsweise Feuer aus Lavagruben und andere imponierende Lichtspielereien freuen, die die Systemleistung der Playstation 3 ausreizen. Mitunter sieht der Spieler einige animierte Videosequenzen, die für die Hintergrundgeschichte relevant sind und von denen ruhig mehr im Spiel hätten vorkommen können, weil sie das Erfassen der Zusammenhänge erleichtern. Lethe - fünfter Fluss der Unterwelt Der Soundtrack zum Spiel passt zur finsteren Levelgestaltung, wobei die Musik selbst natürlich auch einen erheblichen Beitrag zur drückenden Atmosphäre leistet. Die Toneffekte schmücken quasi die Level aus, indem beispielsweise die gefangenen Seelen in den Kletterwänden versuchen, Kontakt mit Dante aufzunehmen. Die deutsche Synchronisation ist ordentlich umgesetzt worden, wobei Gestik und Mimik in den Dialogen eher eine untergeordnete Rolle spielen. So bewegt Vergil beim Reden nicht seine Lippen. Nur die Filmsequenzen sind realitätsnah vertont worden. Fazit "Dante's Inferno" ist ein spannender Titel aus dem Hack'n'Slay-Genre, der durch seine vergleichsweise kurze Spieldauer vor allem erwachsene Gelegenheitsspieler ansprechen sollte. Die einfache Spielmechanik sowie die glänzende Grafik überzeugen auf ganzer Linie, wobei die Langzeitmotivation spätestens nach dem zweiten Spieldurchgang verloren geht. Glücklicherweise versprechen die Entwickler Abhilfe in Form von folgenden Downloadinhalten, die aber vermutlich einige Euros extra kosten werden. Ich persönlich finde es gut, dass Visceral Games es geschafft hat, ein Spiel zu kreieren, das sich trotz actionlastiger Inhalte möglichst nahe am literarischen Vorbild von Dante Alighieri orientiert. So werden Spielspaß und Bildung miteinander verbunden. Weiter so! (08.03.2010) |