Ghost Recon Advanced Warfighter

Ghost Recon Advanced Warfighter

(Ubisoft)

geschrieben von Jan-Tobias Kitzel

 

Menstruation, Menstruation! Ähemm, heißt das nicht Revolution? Egal, Hauptsache es fließt Blut. Okay, lassen wir die schlechten Witze mal beiseite und widmen uns "Ghost Recon Advanced Warfighter" (GRAW), dem neuesten Taktik-Shooter aus dem Hause Ubisoft, in dem ihr einigen Putschisten Feuer unter dem Allerwertesten machen könnt.

Gameplay oder "Hart, Härter, GRAW!"

In "Ghost Recon Advanced Warfighter" übernehmt ihr die Steuerung des Anführers einer insgesamt vier Mann umfassenden Spezialeinheit (den "Ghosts"), die nach Mexiko geschickt werden, als dort ein Putsch ausbricht. Während dieser Revolte ist nämlich der US-Präsident "verloren gegangen" und ihr müsst ihn retten und nebenbei den Putsch beenden. So weit, so einfallslos. Aber wie sagt man im Jahr der Fußball-WM so gern: "Wichtig ist auf dem Platz!". Und da spielt GRAW seine Stärken klar aus. Aber vor die Schlacht haben die Entwickler die Ausrüstungsabteilung gesetzt: Hier dürft ihr vor Beginn einer Mission eure vier Mannen mit Vernichtungswerkzeugen verschiedener Art ausrüsten, zum Beispiel Pistolen, Maschinenpistolen, Sturmgewehren oder Scharfschützengewehren. Auch Granaten sind natürlich mit von der Partie. Jede Waffe verfügt über mehrere Konfigurationsmöglichkeiten, so dass ihr die Bleispritzen beispielsweise mit Kampfvisier, Unterlaufgranatwerfer oder Schalldämpfer ausrüsten könnt. Jede dieser Möglichkeiten hat Einfluss auf Gewicht, Stabilität und Schussgenauigkeit, daher heißt es, die Auswahl an den Erfordernissen der Mission auszurichten. Seid ihr dann in die eigentliche Mission entlassen worden, übernehmt ihr die Führung über eure kleine Truppe. Dabei habt ihr die Möglichkeit, euren Mannen über die mittlere Maustaste auf die Schnelle verschiedene Befehle zu geben: Bewegen, Deckungsfeuer, Stopp und Folgen. Auf der einblendbaren Übersichtskarte sind, mit denselben Befehlsmöglichkeiten, eine genauere Planung und die Aneinanderreihung mehrerer Befehle, möglich. Allerdings hätte die Taktikkarte ruhig ein bisschen mehr Feinschliff vertragen können: Die Mauswege um verschiedene Befehle zu geben sind vergleichsweise groß und auch im Bereich der Zoomstufen wünscht man sich mehr Möglichkeiten. Sobald ihr am Anfang der Mission oder währenddessen die euch vorschwebenden Befehle gegeben habt, stapfen eure Leute los und ihr könnt euch ebenfalls daran machen, den Feind aufzustöbern und die Mission zum Gelingen zu bringen. Natürlich könnt ihr jederzeit zwischendurch die Befehle wieder ändern und an die sich ständig ändernden Gegnerbewegungen anpassen. Positiv fällt hier auf, dass der Computer die Feinde bei jedem Missionsneustart anders platziert, so dass stupides Auswendiglernen nicht möglich ist. Auch die Leveldesigner haben ganze Arbeit geleistet: Jede Mission spielt sich anders, da beispielsweise ein Kampf in engen Häuserschluchten eine vollkommen andere Vorgehensweise erfordert als ein nächtlicher Einsatz hinter den Linien auf fast freiem Feld.

Sobald ihr auf Feinde trefft, geht der Adrenalinspiegel in die Höhe: Die Gegner-KI ist ordentliches Mittelmaß, so dass die Feinde euch nicht nur ins Visier nehmen, sondern auch versuchen, euch zu flankieren. Manchmal bleibt allerdings der Nachgeschmack einer mogelnden Gegner-KI haften, feuern die Feinde doch ab und an bereits dann auf euch, wenn ihr noch hinter einer Mauer verborgen seid. Ferner habt ihr es fast immer mit einer Überzahl Feinde zu tun, so dass eure kleine Truppe gut agieren muss, um zu überleben. Leider wirft euch das Spiel dabei immer wieder Stöcke zwischen die Beine: So verhalten sich eure Mitstreiter leider nicht stets wirklich intelligent, sondern ziehen es des öfteren vor, ohne Deckung mitten in feindliches Feuer zu rennen oder dem klar erkennbaren Feind den Rücken zuzudrehen, obwohl ihnen dieser die Kugeln um die Ohren sausen lässt. Auch bei der Wegfindungs-KI hätte mehr Sorgfalt Not getan, bleiben eure Kumpanen doch manchmal an Ecken und Kanten hängen und geben nach einigen Versuchen entnervt auf. Das haben andere Spiele besser gelöst, beispielsweise durch ein Mini-Beamen vom Hindernis weg, um dann die Wegfindung neu zu starten. In GRAW ist es leider immer mal wieder notwendig, in die Wegfindung der Kollegen per Taktikkarte manuell einzugreifen. Auch in anderen Bereichen haben sich Nickligkeiten eingeschlichen: Während der Missionen bekommt ihr, bis auf wenige Ausnahmen, Munitionsnachschub nur durch die Waffen gefallener Feinde. Leider liefern diese aber nur eine geringe Bandbreite an Munitionsarten, so dass mehrere in der Waffenauswahl verfügbare Vernichtungswerkzeuge kaum ausgewählt werden, sitzt man doch schnell auf dem Trockenen. Und warum dürfen nur die Gegner fest installierte Geschütze nutzen und nicht auch die Spielercharaktere? Auch der Realismusgrad ist nicht wirklich austariert: Auf der einen Seite ist man nach zwei, drei Treffern bereits tot, auf der anderen haben Verletzungen keinerlei merkliche Auswirkungen. Aber die Krönung ist das Speichersystem: Obwohl die PC-Version von GRAW unabhängig von den Konsolenvarianten entwickelt wurde, müsst ihr trotzdem mit einem Speicherpunktsystem vorlieb nehmen, Quicksave ist nicht möglich. Und da der Entwickler, der für das Setzen der Speicherpunkte verantwortlich war, wohl ein Sadist ohnegleichen ist, kommt es nicht selten vor, dass ihr beim virtuellen Ableben mal eben fünfzehn Minuten Spiel wiederholen dürft. Da kommt bei der vierten oder fünften Wiederholung echte Freude auf! Denn der Schwierigkeitsgrad von GRAW ist selbst auf der leichtesten Einstellung derart hoch, dass auch gestandenen Spielern die Wut hochkommt, insbesondere in Verbindung mit dem eben erwähnten unfairen Speicherpunktsystem.

Wenn man darüber aber hinwegsieht, liefert GRAW schöne Action, angereichert mit einem guten Schuss Taktik: Ohne gutes Durchplanen einer Mission und ständigen Rückgriff auf eure Kollegen werdet ihr die Missionen nicht schaffen! Ein klares "Daumen hoch" gibt es auch für die tolle Engine, die euch atemberaubende Explosionen und eine Vielzahl zerstörbarer Objekte liefert, die sich dann auch noch physikalisch korrekt abspielen. Auch die Weite der Missionsschauplätze und die daraus resultierenden unterschiedlichen Möglichkeiten, einen bestimmten Punkt auf der Karte zu erreichen, wissen zu überzeugen.

Multiplayer oder "Coop? Domination!"

Im Multiplayer-Bereich habt ihr die Auswahl zwischen einem Coop-Modus und einer anderen Variante namens "Domination". Im ersteren könnt ihr mit bis zu drei menschlichen Mitspielern einige Levels aus dem Singleplayer-Modus gemeinsam angehen. Aber auch hier fragt man sich wieder, warum die Entwickler es darauf ausgelegt haben, den Spielspaß zu verderben: Erstens gibt es keine Speicherpunkte, so dass, solltet ihr gegen Ende einer Mission sterben, eine gute Dreiviertelstunde für den Allerwertesten ist. Zweitens ist das Spiel auf der Stelle vorbei, wenn der Leader stirbt, selbst wenn alle anderen Team-Mitglieder noch bei bester Gesundheit sind. Daher ist der Coop-Modus nur etwas für die ganz hartgesottenen Spieler und selbst die sollten aufgrund der eben angesprochenen Kritikpunkte mit einer Engelsgeduld gesegnet sein.

Der zweite Multiplayermodus namens "Domination" kommt da weitaus launiger daher: Eine große Karte ist in mehrere kleine Zonen unterteilt. Die bis zu 32 Spieler (16 pro Mannschaft) versuchen nun, die Zonen dadurch zu erobern, dass sie mehr Spieler ihrer Seite dort haben als ihre Gegner. Da die Abschnitte untereinander durch Nachschublinien verbunden sind, kann man nur dort neue Munition kaufen, wo ununterbrochene Linien hinführen. Schnelle Attacken auf das Hinterland des Gegners sind daher ein probates Mittel, dessen Kämpfer mangels Nachschub ins Schwitzen zu bringen. Da der Einstieg jederzeit möglich ist und die Kämpfe schnell und abwechslungsreich sind, kommt im Domination-Modus eine Menge Spaß auf, auch wenn die Anzahl der Karten mit fünf doch etwas knapp bemessen ist. Aber die Entwickler haben versprochen, hier für Nachschub zu sorgen. Bei der Gelegenheit sollten sie gleich einen Dedicated Server nachschieben, denn der fehlt bisher vollständig.

Grafik oder "Boah ey, klasse! Aber was sind das für Kanten?"

Klasse! Genial! Das sind die ersten Eindrücke, die ich beim Testen von GRAW bezüglich der Grafik erhalten habe. Sehr detaillierte Spielermodelle, eine liebevoll designte Levelumwelt, hübsche Beleuchtung und eine enorme Weitsicht liefern eigentlich ein rundum zufrieden stellendes Bild im Grafikbereich. Aber leider haben sich die Entwickler für eine spezielle Beleuchtungstechnik entschieden, die den Einsatz des so genannten "Anti-Aliasing" unmöglich macht (auch, wenn es per Treibereinstellung erzwungen wird), einer Technik, die für eine merkliche Kantenglättung sorgt. Daher haben alle Objekte in GRAW viele Pixelkanten und gerade in der Weitsicht sieht dies oft unschön aus. Aber bis auf diese kleine Einschränkung ist GRAW ein Grafik-Highlight. Die Kehrseite ist, dass ein wirklich aktueller PC vonnöten ist, um "Ghost Recon Advanced Warfighter" genießen zu können. Auf dem Testrechner war eine GeForce 6600 GT installiert und mit dieser weit verbreiteten Grafikkarte waren (trotz 3,2 GHz-Prozessor und 2 GB RAM) nur mittlere Einstellungen möglich.

Sound oder "Klare Ansage, Chef!"

Unauffällig, aber passend. So lässt sich der Sound-Bereich von GRAW zusammenfassen. Die musikalische Untermalung ist dezent, umrahmt aber atmosphärisch passend das Geschehen in den Missionen. Die Waffen- und Umgebungssounds wissen ebenso zu überzeugen und die Tatsache, dass immer mal wieder kleinere Soundschmankerl wie beispielsweise labernde Radiomoderatoren hinter Wohnungswänden für Stimmung sorgen, sorgt hier für ein klares "Daumen hoch".

(25.05.2006)

Entwickler: Grin
Publisher: Ubisoft
Genre: Taktik-Shooter (Single- & Multiplayer)
Releasedate: Bereits erschienen
Homepage: Ghost Recon Advanced Warfighter
Preis: 49,95 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß § 14 JuSchG

Fazit

oder "Rattenschwer, sehr hübsch und nett anzuhören"
"Ghost Recon Advanced Warfighter" macht es schwer, ein eindeutiges zu ziehen. Auf der einen Seite steht ein actionreiches Gameplay mit gut umgesetzten Taktik-Elementen, untermalt von gutem Sound und dargestellt in hübscher Grafik. Auf der anderen Seite stehen die angesprochenen Gameplay-Macken, beispielsweise der Ärger mit der Wegfindungs-KI und der nur noch bretthart zu nennende Schwierigkeitsgrad und im Grafik-Bereich ärgert das Fehlen von Anti-Aliasing doch etwas. Und die enormen Systemanforderungen, insbesondere an die Grafikkarte, sollten ebenfalls nicht unter den Teppich fallen. Die Mindest-Systemvoraussetzung einer GeForce 6200 oder Radeon 9600 ist wirklich nur als Minimalanforderung zu verstehen. Ohne ein einigermaßen aktuelles System ist GRAW entweder deutlich hässlicher oder ruckelig. "Ghost Recon Advanced Warfighter" ist daher solchen Liebhabern von Taktik-Shootern zu empfehlen, die es knackig schwer mögen, über ein gutes PC-System verfügen und die für die tolle Action-Atmosphäre mit einem ordentlichen Schuss Taktik bereit sind, über die Macken hinwegzusehen.


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