Dungeons and Dragons Online: Stormreach (Atari) Geschrieben von Carlos Carvalho
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"Ihr betretet einen 10x10-Fuss-Raum, in der ein Ork eine Truhe bewacht". Diese Worte bilden die Basis der Abenteuer, die Menschen überall auf der Welt seit Erscheinen des Spiels "Dungeons and Dragons" in den 70er Jahren beschäftigen und erfreuen. Während man in der ersten Fassung des Spiels nicht viel mehr machen konnte, als den Ork anzugreifen und den Schatz mitzunehmen, bietet die neueste 3.5 Fassung von D&D so viele unterschiedliche Möglichkeiten, dass man fast länger mit der Entscheidung braucht, was man genau mit der armen Kreatur anstellt als mit der Tat selbst (was aber die meisten Spieler nicht daran hindern dürfte, trotzdem schlicht und einfach anzugreifen). Mit "Dungeons and Dragons Online" versucht Atari Rollenspieler zusammenzubringen, die nicht nur aus derselben Stadt, sondern von überall in der Welt kommen. Eine schwierige Geburt: Installation und Sprachen Wer ein deutsches Windows besitzt und die deutsche Fassung des Spiels gekauft hat, hat nichts weiteres zu tun als die DVD in das entsprechende Fach einzulegen und zu warten, bis das Spiel die über 3 GB Daten auf die Festplatte kopiert hat. Doch wer sich entschieden hat, eine ausländische Version von Windows oder "Stormreach" zu kaufen, kann das Spiel erst einmal nicht starten. Hilfe findet man im offiziellen Forum: Erst nach Ersetzen bestimmter Dateien im Einstellungsordner lässt sich D&D Online ohne Fehlermeldungen öffnen. Es fehlt dann nur noch die Registrierung des Spiels, die in diesem Fall über Codemasters erfolgt und die bis auf den "Product Key" durchaus transparent ist. Dieser ist nämlich bei der Registrierung in das Feld des Aktivierungsschlüssels oder - sollte es sich um eine Fassung mit kostenlosen Spieltagen handeln - in das Feld des Registrierungscodes zu schreiben. Ist die Registrierung abgeschlossen und loggt man sich zum ersten Mal beim Server ein, kann man in Ruhe einen Teil eines WM-Spiels anschauen. Die Anzahl an Hotfixes und Updates ist nämlich inzwischen so groß, dass man selbst bei schnellen Internetverbindungen bis zu 15 Minuten benötigt, um das Spiel auf neuesten Stand zu bringen. Im Anfangsvideo wird man mit der Stimme von Gary Gygax (einer der Gründer von Dungeons and Dragons in den 70er Jahren) begrüßt und verfolgt kurz vier Abenteurer, die gegen einige Monster und Fallen antreten. Damit auch deutsche Spieler verstehen können, was Gygax erzählt, werden Untertitel eingeblendet, an die man sich während des Spiels erst gewöhnen muss. Gary Gygax übernimmt nämlich die Rolle des Spielleiters und erzählt in verschiedenen Stimmlagen, was man als Spieler hört, sieht oder bemerkt. Dafür ist der Rest des Spiels auf Deutsch, was sich auch nirgendwo ändern lässt, sollte man eine andere Sprache bevorzugen. Auffallend ist, dass Atari sich entschieden hat, keine offiziellen deutschen Server zu errichten. Statt dessen muss man sich meist mit anderen Spielern auf Englisch unterhalten. Noch merkwürdiger sind kryptische Codes, die im Spiel ausgegeben werden (zum Beispiel beim Handel mit bestimmten Reagenziensammlern). Laut offizieller Forenmeldungen sollte man sich dadurch nicht stören lassen; die Codes entstehen immer nur dann, wenn noch keine Übersetzung für die Texte existiert. Einen Charakterbogen ausfüllen, ohne einmal zu würfeln Die Charaktergenerierung, die bei einem Spiel aus der Reihe "Dungeons and Dragons" bis zu einer Stunde in Anspruch nehmen kann, wird in "Stormreach" schnell erledigt. Zur Auswahl stehen die altbekannten Rassen, also Mensch, Elf, Zwerg und Halbling sowie die neueste Ergänzung zum Regelbuch: die Kriegsgeschmiedeten. Leider ähneln die Kriegsgeschmiedeten in "Stormreach" nicht denen, die man in "DragonShard" oder im Comicbuch "Battle Chasers" des Zeichners Madureira kennen gelernt hat, sondern sie sehen durchaus menschlich aus und vermitteln den Eindruck, eher auf der Comicfigur Spawn von McFarlane zu basieren. Jede Rasse hat natürlich Vor- und Nachteile, die bei der Auswahl mitgeteilt werden, sowie eine Hintergrundgeschichte, damit man sich besser in den Charakter hineinversetzen kann. Neun Klassen werden jeweils angeboten - Kämpfer, Paladin, Barbar, Schurke, Waldläufer, Kleriker, Magier, Hexenmeister und Barde. Auch diese haben unterschiedliche Vor- und Nachteile, die man sich genau anschauen und passend zur Rasse auswählen sollte. Ein kurzes Preview jeder Klasse wird in Form eines kleinen Films angeboten, der dem Spieler eine gute Vorstellung davon gibt, was diese Klasse tatsächlich kann, ohne dass man selbst jede einzelne ausprobieren muss. Die meiste Zeit wird in die anschließende Auswahl der äußeren Erscheinung des Charakters investiert. Hier sind gängige Details zu finden wie Augen- und Haarfarbe, aber auch einige andere Gesichtsmerkmale werden angeboten. Den Namen sollte man sich gut überlegen, ebenso wie die Gesinnung des Spielers, die von "recht schaffend gut" bis "chaotisch böse" reichen kann und von der Klassenauswahl abhängt. In der Charaktereinstellung findet man zunächst einen fertigen Charakter mit vorgegebenen Werten für Stärke, Intelligenz, Charisma usw., aber man kann sich den Charakter auch selbst erstellen, um besondere Fähigkeiten, die man im Spiel verwenden möchte, zu stärken. Gleich am Anfang hat man ein Dutzend Fertigkeiten, die man unterschiedlich gut beherrscht und die sich auch auf den weiteren Spielverlauf auswirken. Darunter sind passive Fertigkeiten wie Springen oder Schwimmen, die im Hintergrund einberechnet werden, sowie aktive Fertigkeiten wie Heilen und Suchen, die man im Spiel dann einsetzt, wenn man meint, sie gebrauchen zu können. Schließlich werden noch Talente angeboten, die ebenfalls passiv oder aktiv sein können. Hier findet man besondere Angriffstechniken, Boni auf Rettungswürfe und Waffenfertigkeiten. Bei Klassen, die Magie verwenden können, werden zusätzlich Dutzende von Sprüchen angeboten, aus denen der Spieler lediglich eine Hand voll heraussuchen darf. Auch hier findet man alte bekannte Sprüche wie Brennende Hände oder Schlaf, aber auch neue Sprüche wie Schmieren, die besondere Komponenten (zum Beispiel Katzenhaare oder Diamantenpulver) benötigen, um verwendet zu werden, sind in "Stormreach" enthalten. Eine Stadt voller Spieler und ein Dungeon voller Goblins Ganz typisch ist für "Dungeons and Dragons" (wie bereits der Name vermuten lässt), dass Monster nur in Dungeons (also Kerkern) zu finden sind. Es gibt eine deutliche Grenze zwischen der Stadt, wo der Spieler mit anderen handelt, nach Quests sucht und sich ausruht und den Orten, wo Monster zu finden und besiegen sind, Truhen voller Schätze vor sich hin modern und hilflose Prinzessinnen auf Rettung warten. NSCs, also "nicht spielende Charaktere", die Quests anbieten, haben ein bestimmtes Symbol über sich schweben, andere, die man ansprechen muss, um in einer Quest weiter zu kommen, sind durch ein anderes Symbol gekennzeichnet. Im Gespräch wird zwar erwähnt, was man alles zu erledigen hat, aber vergessliche Spieler finden am linken Monitorrand einen Balken mit verschiedenen Knöpfen, die ihnen weiterhelfen. Neben dem Charakterbogen und dem Inventar-Menü findet man das Quest-Menü, in dem alle Aufgaben aufgelistet werden (inklusive Beschreibung) und was man als Nächstes zu tun hat. Hier kann man auch Quests, die man nicht mehr erledigen möchte, löschen. Weitere Knöpfe auf der Leiste öffnen Karten- und Gruppenbildschirme und starten die Hilfe- und Optionenmenüs. Um anderen Spielern nicht in die Quere zu kommen, ist "Stormreach" komplett in Instanzen aufgebaut. Fast jede Tür, die man öffnet, versetzt den Spieler auf eine neue Karte, was zusätzliche Ladezeiten bedeutet. Dafür trifft man aber nicht auf andere Spieler, wenn man sich im Kerker befindet, die die eigene Gruppe stören könnten. Um ein gewisses Gleichgewicht zwischen Spielern herzustellen, die erst einmal "Stormreach" allein erkunden möchten und denen, die sich zu größeren Gruppen zusammenschließen, bekommt man am Anfang jeder Quest eine Abfrage über die Schwierigkeit des Dungeons. Bis zu vier Schwierigkeitsstufen werden angeboten, nämlich Solo, Normal, Schwer und Elite. Auf dem Bildschirm wird während der Ladezeit ein Hintergrundbild des Kerkers eingeblendet, mit einer kurzen Beschreibung darüber, was man zu tun hat. Im Dungeon erscheint dann ein weiteres Popup mit der Quest-Beschreibung und einer genauen Liste der primären und optionalen Ziele. Sobald eine Aufgabe erledigt ist, wird sie abgehakt, bis man alle geschafft hat. Danach hat der Spieler noch die Möglichkeit, den Dungeon weiter abzusuchen (wobei normalerweise nur Truhen nennenswerte Beute haben), zurückzulaufen oder durch Anklicken des Knopfs "Fertig" wieder zum Eingang transportiert zu werden. Ungewöhnlich für ein MMORPG ist die Tatsache, dass man im Kerker Lebens- oder Zauberpunkte nicht regenerieren kann. Auch in der Stadt ist das nicht möglich, statt dessen bekommt man die Punkte erst dann zurück, wenn man sich in einer Taverne befindet, einen der spärlich verteilten Ruheschreine verwendet (die nur eine begrenzte Anzahl Benutzungen erlauben) oder wenn man von einem Mitspieler geheilt wird. Zaubersprüche müssen ebenfalls in einer Taverne vorbereitet werden. "Stormreach" setzt deshalb einen sehr deutlichen Schwerpunkt auf das Zusammenspiel mit anderen Abenteurern. Um Mitstreiter zu finden, bedient man sich des Gruppenbildschirmes, in dem Spieler nach Level oder aktuellen Quests sortiert und Gespräche gestartet werden können. Die Community scheint bis zur Stunde sehr freundlich zu sein und so bekommt man oft Einladungen zu Gruppen, noch bevor man sich mit der Spielsteuerung vernünftig anvertraut hat. Um Streitereien zwischen Spielern zu vermeiden, werden gefundene Objekte aus den Dungeons jeweils einem bestimmten Spieler direkt zugewiesen, weshalb sie nur von ihm aufgehoben werden können. Wieder an der Oberfläche, kann man dann handeln und die gefundene Beute untereinander austauschen. Eine Welt voll kleiner Details Während bei einem normalen "Dungeons and Dragons"- Spiel der Spielleiter für die gesamte Atmosphäre verantwortlich ist und die Vorstellungskraft der Spieler sie in die Welt versetzt, in der sie ihre Abenteuer erleben, verfügt "Stormreach" über eine schön anzusehende und zeitgemäße Computergrafik. Vögel fliegen zwitschernd in der Luft, Regentropfen fallen auf den Boden und hinterlassen einen gespenstischen Dunst, reflektierende Oberflächen spiegeln und verzerren das Bild des Spielers. Hier sind nur zwei Mängel zu bemerken: Zum einen sind die Schatteneffekte oft mangelhaft positioniert oder ändern sich ohne ersichtlichen Grund; zum Anderen werden Kollisionsabfragen an manchen Stellen nicht perfekt ausgeführt (zum Beispiel beim Öffnen von Türen). Manche Animationen sind noch nicht fehlerlos realisiert, aber bei jedem Hotfix verringert sich die Anzahl der Unstimmigkeiten. Das Interface ist ebenfalls intuitiv aufgebaut. In der oberen linken Kante, unter der Leiste mit den wichtigsten Systemknöpfen, findet man die Mini-Karte, mit der man sich schnell im Dungeon orientieren kann. Auf der unteren linken Seite werden das Log des Spiels sowie der Chat-Bereich eingeblendet. In dem mittleren unteren Bereich des Bildschirms findet man eine Leiste für zehn frei wählbare Befehle für den Charakter. Wegen der enormen Anzahl an Talenten und Zaubersprüchen, sowie der Gegenstände, die man im Spiel verwenden kann, hat diese Befehlsleiste zehn verwendbare Konfigurationen. Um von einer Konfiguration zur anderen zu gelangen, kann man auf einen Pfeil auf der Leiste klicken, oder man kann die zehn Unterleisten von einander trennen und somit jede einzeln auf dem Bildschirm zu jeder Zeit zur Hand haben. Das Setzen von Befehlen auf den Leisten erfolgt durch einfaches Drag and Drop vom Charakterbogen bzw. von der Inventarliste. Schließlich findet man rechts unten die aktive Auswahl des Spielers, was im Kampf meist eine Kreatur ist. Hier kann man eine längere und detaillierte Beschreibung der Auswahl einblenden bzw. auf Verwenden klicken. Über diesem Bildschirm wird ein Würfel eingeblendet mit dem letzten Ergebnis der Zufallsengine für Angriff und Verteidigung im Kampf. "Stormreach" lässt sich sehr leicht mit der Maus bedienen. Hält man die linke Maustaste gedrückt, kann man die Kamerasicht drehen; die rechte Maustaste führt den Standardangriff aus. Das Auswählen von Monstern und Gegenständen erfolgt über einen Klick mit der linken Maustaste, mit einem Doppelklick kann man ebenfalls einen Angriff ausführen, Gegenstände aufsammeln oder verwenden (zum Beispiel das Öffnen einer Tür oder das Betätigen eines Hebels). Die Befehlsleiste lässt sich mit den Tasten 1 bis 0 ausführen, alle anderen Tastaturbefehle sind im Optionenmenü frei einstellbar. Erfahrung und Aufsteigen Wie nicht anders zu erwachten, möchte man in "Stormreach" (wie in jedem anderen Spiel dieses Genres) immer mehr Erfahrung gewinnen, um zum nächsten Level aufzusteigen. Interessant ist die Aufteilung der Level der vier unteren Stufen. Erreicht man die nächste Stufe, bekommt man einen Aktionspunkt, den man einsetzen kann, um weitere Talente zu erlernen bzw. alte zu ersetzen. Für jeden Aufstieg muss man den Lehrer der eigenen Klasse aufsuchen, man kann also nicht wie in "Diablo II" einfach selbst entscheiden, dass man bereit ist. Dafür - ebenfalls im Gegensatz zu "Diablo" - bekommt man die meiste Erfahrung nicht durch das Umbringen ganzer Armeen von Kreaturen, sondern durch das Beenden von Quests. In vielen Situationen reicht es aus, wenn man den letzten Boss tötet, die Prinzessin befreit oder eine besondere Truhe öffnet und den Inhalt zur Oberfläche bringt. Wiederholt man die Quest, verdient man jedes Mal weniger Erfahrung - ein motivierender Anlass für den Spieler, weiter zu gehen und der Rest der Welt zu erkunden.
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