Call of Juarez The Cartel (PS3) (Ubisoft) geschrieben von Bernd Wolffgramm
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Vor einem Jahr nährten sich die Gerüchte, dass sich Techland eigentlich davor drücken wollte, noch einen dritten Teil zu "Call of Juarez" zu entwickeln, da die Zeit bis zum jetzigen Erscheinen viel zu knapp sei. Aber anscheinend kam man aus den Vereinbarungen mit Ubisoft nicht heraus und so entstand dann in Rekordzeit "The Cartel" als Nachfolger der ersten beiden Titel "Call of Juarez" und "Bound in Blood". Diese beiden Spiele wurden von der Kritik als gutes Mittelmaß mit einigem Spaßfaktor beurteilt, den meisten gefiel das Setting im Wilden Westen. Und genau dieses Feature wurde nun in "The Cartel" aufgegeben, clever! Inhalt Demnach gibt es nun keine Cowboys mehr, sondern die Story handelt der Name deutet schon darauf hin von der Bekämpfung eines Drogenkartells. Um jetzt wenigstens einen letzten Zusammenhang zu der Western-Geschichte herzustellen, spielt die Geschichte in Mexiko und die handelnden Personen benehmen sich wie eine Bande wild gewordener Saloonbesucher. Aber von vorn: Bei einem Treffen von amerikanischen Behörden explodiert eine Bombe, dabei kommen viele Agenten ums Leben und die USA schickt ein Drei-Mann-Team nach Mexiko (ganze drei Leute!), um das Drogenkartell aufzumischen, das für den Anschlag verantwortlich sein soll. An Bord sind die FBI-Agentin Kimberly Evans, DEA-Agent Eddie Guerra und Ben McCall, Detective des LAPD-Morddezernats.
Als die drei nach Mexiko aufbrechen, wissen sie noch nicht, dass jeder der drei Leichen im Keller hat, mit denen er im Laufe der Geschichte konfrontiert wird und die dazu führen, dass jeder von ihnen mehr oder weniger auf eigene Rechnung arbeitet. Ben Call hat sich während seiner Dienstzeit selbst nie so richtig an Gesetze gehalten und sich schon manches Mal schon mit dem Mendoza-Kartell angelegt. Kimberly Evans war vor ihrem Einstieg beim FBI Mitglied der Straßengang "The Rolling 50's", die auch im Spiel noch eine Rolle spielen sollen. Der letzte im Bunde, Eddie Guerra, ist generell ein Raubein, und hat trotz vielfacher Versuche, seine Spiel- und Drogenprobleme nicht in den Griff bekommen. Der Spieler bekommt aber relativ schnell den Eindruck, dass die drei hier nicht als Team zusammenarbeiten, sondern nur ihre eigenen Interessen verfolgen.
Gameplay "Call of Juarez The Cartel" ist natürlich wie seine beiden Vorgänger ein reinrassiger Ego-Shooter, in dem sich der Spieler aussuchen kann, mit welchem der drei Charaktere er sich durch die 15 Levels des Spiels schlagen will. In die Hand gegeben werden den Helden allerlei "realitätsnahe" Waffen, wie das heutzutage in vielen Ego-Shootern Sitte ist. Der Spieler kann neue Waffen freischalten, indem er Missionen beendet, oder er kann Waffen aufnehmen, die getötete Feinde hinterlassen. Es ist natürlich auch so, dass irgendwo plötzlich ein Raketenwerfer herumliegt, wenn das Team von Hubschraubern angegriffen wird. Gutes Waffen-Handling allein allerdings reicht auch nicht aus, um ans Ziel zu kommen, manchmal müssen einige Gegner im einfachen Faustkampf umgehauen werden. Die Möglichkeiten des Kampfs nutzt das Spiel, um den Spieler bei Erfolgen in seinem Gesamtlevel steigen zu lassen. Für das Erledigen kleiner Aufgaben, wie "erziele die meisten Kopftreffer" oder "erreiche die höchste Schusspräzision", bekommt man Belohnungen in Form von Punkten. Diese Herausforderungen kann man allerdings fast alle im Vorübergehen erledigen, lediglich für das Sammeln von Gegenständen, zum Beispiel Handys oder Funkgeräte, muss man den ansonsten komplett schlauchigen Weg meterweise nach links oder rechts verlassen. Insgesamt erlaubt das Spiel fast keine Abwege vom vorgesehenen Weg, denn sobald man das Ziel etwas aus den Augen verliert, wird man rüde aufgefordert, sofort zurückzugehen. So gibt es zwar kaum unsichtbare Wände, dafür aber den sofortigen Tod bei Ignorieren der Rückkehraufforderung.
Das ganze Spiel über ist man im Team zusammen, auf einer kleinen Karte wird angezeigt, wo sich die Mitstreiter befinden, im Grunde sind sie dazu gut, dass sie die Feinde aufstöbern, denn man kann sie quasi als "Minenhund" vorweg laufen lassen. Ab und zu sorgen die beiden Team-Kameraden für Sperrfeuer, so dass der Spieler von Deckung zu Deckung durch den Kugelhagel laufen kann. Er muss dann hinter Fahrzeugen oder Mülltonnen knien, Geistersilhouetten geben die Positionen vor. Zeit zum Sterben ist aber trotzdem nicht oft, denn die Feinde treffen zwar vielfach, aber nicht kritisch. Fast immer hat der Held trotz schwerer Wunden noch die Zeit, sich in Deckung zu schleppen. Auch mit der Intelligenz der KI-Schergen ist es nicht weit her. Wellen um Wellen von heranstürmenden Bösewichtern bitten darum, niedergemäht zu werden. Dass die Bösewichte ab und zu auch einmal eine Deckung aufsuchen, ist heutzutage wohl selbstverständlich, aber warum sie sofort wieder auftauchen, um sich dann abknallen zu lassen, ist wenig verständlich. Vermutlich soll damit ein bestimmter Action-Faktor erhalten bleiben, besonders herausfordernd ist das aber nicht. Noch ein Wort zu den KI-Teamkameraden: Auch sie haben wohl die gleiche Kampfschule genossen wie die Drogentypen, nur dass sie trotz schweren Beschusses nicht sterben, dies beweisen sie auch allzu gern, wenn sie sich dem Helden einfach in die Schusslinie stellen.
Ein Feature, das in "The Cartel" nochmals aufgegriffen wurde, ist der Konzentrationsmodus. Verpasst der Spieler den Feinden einen Treffer egal ob dieser tödlich ist oder nicht , bekommt er Punkte gutgeschrieben, die auf einer Leiste gesammelt werden. Wurde die Leiste komplett aufgefüllt, kann auf Knopfdruck der Konzentrationsmodus aufgerufen werden, der sich im Spiel durch eine Mischung aus Zeitlupe und Röntgenauge bemerkbar macht. Unter Aufsagen von Hasstiraden befindet sich dann der Spieler für kurze Zeit in einem Supermodus, in dem alle Feinde auf dem Schirm besonders hervorgehoben werden und diese sich auch noch langsam bewegen. Das ist also der Moment, wo der Held aus der Deckung herausspringt und wie wild um sich ballert.
Der Koop-Modus für eben bis zu drei Personen ist eine Neuerung, vor vielen Levels kann man per Option ein Koop-Spiel starten und dann mit mehreren auf die Feinde losgehen. Die Mitspieler können sich dann gegenseitig wieder auf die Beine helfen. Wenn man aber nur mit einem weiteren lebenden Partner unterwegs ist, dann füllt das Spiel die fehlende Position mit einem CPU-Kollegen auf, der wiederum kümmert sich aber überhaupt nicht um Koop-Belange. So weit, so gut Wenn man dies liest, könnte man auf die Idee kommen, dass "Call of Juarez The Cartel" für die PlayStation 3 ein ganz nettes Spiel ist, wenn man von der KI absieht, an deren brauchbarer Programmierung offenbar immer noch viele Entwickler scheitern. Ab und zu fragt man sich aber, wieso das sein muss, denn es gibt mittlerweile sehr gute Ego-Shooter-Engines, die dieses Problem im Griff haben. "Call of Juarez The Cartel" setzt auch die Techland-eigene Chrome-Engine 5 ein, die es bisher in noch keinem Spiel zum Zuge kam, während die Vorgänger auch in den beiden vorherigen "Call of Juarez"-Spielen eingesetzt wurden. Und da reibt man sich etwas verwundert die Augen, denn es sind wirklich kaum Unterschiede zu "Call of Juarez Bound in Blood" auf dem Jahr 2009 zu sehen. Man mag fast sagen, dass das Spiel "Sniper: Ghost Warrior" aus dem letzten Jahr, das noch auf die Chrome-Engine 4 setzte, fast besser aussieht, obwohl der Entwickler das fremde Studio City Interactive war.
Und während man sich noch fragt, wo denn wohl das Engine-Update versteckt ist, das eine neue Versionsnummer nötig macht, kann man sich den Rest der Arbeit anschauen und stellt zunächst einmal fest, dass die Grafik ganz schön schummelt. Sobald man in den Zielmodus wechselt, was man als geübter PS3-Ego-Shooter-Spieler bei fast jedem Schuss automatisch macht, setzt neben der Wumme ein Unschärfe-Effekt in Gang, der die Texturen um das Ziel herum vermatscht. Das sieht weder schön aus noch fördert es die Trefferquote bei weiter entfernt stehenden Zielen. Zu den Schwächen der Engine gehören auch noch die Farbenarmut und ein Treppcheneffekt auf allen Objekten. Leider gibt es aber auch noch viele Design-Fehler, zum Beispiel durch Türen, die aus dem Level herausführen oder massives Verrücken der Autos, wenn sie an einer Stelle anhalten, an der das gar nicht vorgesehen ist. Besonders nervig ist es aber, dass das Spiel auf der PS3 tatsächlich oft stockt. Und so kann man noch viele Sachen finden, die unangenehm sind, zum Beispiel die unleserliche Schriftart, die gewählt wurde, um Untertitel, Ziele oder selbst den Richtungspunkt und Wegweiser darzustellen.
Schlecht ist auch die Sprachausgabe und Synchronisation des Spiels. Die Kommentare und Hilfestellungen der Teammitglieder wirken hölzern und wiederholen sich im Minutentakt. Nun erwartet ja keiner, dass man mitten in einem Kampf mit grammatikalisch vollständigen Sätzen instruiert wird, aber ein bisschen mehr als "Vorne!" oder "Links!" dürfte es dann schon sein. Witzig ist auch, dass man manchmal auf Feinde hingewiesen wird, die man schon vor zwei Sekunden umgelegt hat. Die Teammitglieder mögen sich in der Story nicht unbedingt, aber etwas mehr Gefühl in den Stimmen hätte auch sein können, damit ist nicht nur die Dialogregie unterdurchschnittlich, sondern auch die deutschen Stimmen erweisen sich als unpassend und ungeeignet.
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Fazit
Normalerweise bemühen wir uns ja immer, herauszuarbeiten, welchem Zocker ein Spiel denn gefallen würde, vor allem dann, wenn das Urteil eher dürftig ausfällt. Bei "Call of Juarez The Cartel" für die PlayStation 3 ist das wirklich schwierig, denn das Spiel wird weder Fans und Neulinge erfreuen. Die alten "Call of Juarez"-Freunde werden von vornherein enttäuscht sein, dass das Western-Setting zugunsten eines Neuzeit-Drogen-Szenarios geändert wurde. Natürlich wird ihnen genauso wie den Erstkäufern auffallen, wie wenig Liebe in das Spiel gesteckt worden ist, denn es kann auch Techland und Ubisoft nicht entgangen sein, wie viele technische Fehler es enthält, wie traurig die Grafik teilweise aussieht, dass die Story ziemlich unambitioniert ist und dass das Spiel generell wenig abwechselungsreich ist. (23.08.2011)
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