Mountain Bike Adrenaline (Rondomedia) geschrieben von Jana Voth
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Heutzutage leben die meisten Computerspielspieler in Städten und haben beinahe schon vergessen, wie es ist, frische Bergluft zu schnuppern. Wenn es den modernen Menschen ins Gebirge treibt, dann meist doch nur in die Touristengebiete, in denen an wirkliche Ruhe - nicht nur der Werbung hierzu - und Natur kaum zu denken ist. "Mountain Bike Adrenaline" bietet die Möglichkeit, in menschenleeren Gebieten den Bewegungsdrang auf dem Fahrrad auszuleben, und vielleicht bringt das dem ein oder anderen die Lust auf eine echte Tour mit dem Drahtesel (zurück). Steuerung, oder: "Wie? Was? Wo?!" An sich könnte man nach Eingabe des Spielernamens direkt einen Berg, einen Modus und eine Strecke auswählen und loslegen. Wer keine bösen Überraschungen erleben möchte, sollte allerdings ein paar Minuten investieren und sich die Tastenbelegung ansehen. An dieser Stelle werden einige mit einem großen Fragezeichen über dem Kopf vorm Monitor sitzen. Die Liste an Kommandos ist lang und die Bezeichnungen nicht sehr aufschlussreich ("Streckenführung"?). Durch das Fehlen eines Handbuchs oder Tutorials hilft da auch nur Ausprobieren. Besitzer eines Gamepads werden sich freuen, alle andern sollten die Tasten, deren Bedeutung sie momentan eh noch nicht recht erkennen können, auf eine Reihe der Tastatur packen und erst einmal so weiterschauen. Es sind so viele Tasten, dass man sie ohne Pad nur sehr schlecht in eine Ordnung bringen kann, die sie alle leicht erreichbar machen würden. Man sehe und staune, es geht doch! Auf das Wesentlichste konzentriert - nämlich aufs Beschleunigen und Lenken - sind die "Zeitrennen" durchaus von Anfang an machbar. Das ist einer der vier möglichen Modi. Die anderen drei sind "Freestyle", "Challenge" und "Arcade". Hat man sich in der einfachen Abfahrt erst an das Fahrverhalten und die halbwegs realistische Physik gewöhnt, wird es Zeit, die unbekannten Tasten zu erkunden. Hatte man vorher beispielsweise das Problem, dass sich das Bike samt Fahrer zwischen irgendwelchen Steinen oder Bäumen verklemmte und man aus Ratlosigkeit die Strecke von vorne starten musste, findet man heraus, dass es eine Taste gibt, die das Rad automatisch wieder auf die Strecke teleportiert. Schlichtes Rückwärtsfahren ist, wie auf einem normalen Fahrrad auch, nicht möglich, und Schieben funktioniert ebenso wenig, weil der Fahrer nicht absteigen kann - außer er fällt runter. Bei etwas zu viel Wagemut oder einfach, weil die Physikengine meint, dass der Fahrer stolpern muss, wenn er über diesen Stein mit diesem Winkel fährt, gibt es einen Sturz. Dabei läuft eine kleine Animation ab und danach wird der Fahrer einige Meter weiter hinten wieder auf die Strecke gesetzt. Die ganze Aktion kostet vor allem Zeit; einmal gestürzt, ist es fast unmöglich, vernünftige Werte in der Abfahrt zu erzielen. Außerdem kann der Fahrer beim Sturz Schaden erleiden, was auf einer Anzeige im rechten unteren Bereich angezeigt wird. Gleiches gilt für die Konzentration des Fahrers (rechts neben dem Schaden) und (links unten) seine Kraft. Viele Tricks hintereinander weg und Fahrten bergauf verbrauchen beides recht schnell, aber kaum einen Moment ausgeruht, sind beide Anzeigen wieder voll. Das sollte aber auch so sein, denn die Aufgaben sind nie länger als ein paar Minuten. Hat man sich einigermaßen mit der Steuerung angefreundet, kann man es ruhig mit dem Modus "Challenge" versuchen. Die ersten Aufgaben sind vor allem Parcours-Fahrten auf sehr schmalen Pfaden, von denen man schnell herunterfallen kann. Hier wird die oben erwähnte Reset-Taste mit Sicherheit nicht nur einmal Anwendung finden. Wer sich in die Höhle des Tasten-Löwen wagen will, wählt den "Arcade"-Modus, bei dem es einfach heißt, so viele Tricks wie möglich in der vorgegebenen Zeit zu absolvieren. Dabei wäre eine einfache Variante, eine Anhöhe zu suchen, die als Sprungchance dienen kann, dort mit genügend Anlauf zu springen und in der Luft nach links oder rechts zu lenken. Das ergibt eine Drehung, und je größer der Sprung, desto weiter die Drehung. Schwieriger wird es, wenn man die Sprunghöhe noch dadurch erhöht, dass man beim Sprung über die Chance zusätzlich einen normalen Sprung ausführt, dann vom Sattel abhebt und vielleicht noch eine Drehung versucht. Das alles steigert die Wahrscheinlichkeit, sich auf die Nase zu legen oder beim Tastengewirr, Mist zu bauen. Bei den bisher beschriebenen Modi wurden immer gewisse Ziele gesetzt, seien es Punktstände oder Bestzeiten. Erreicht man diese Ziele, bekommt man pro Strecke eine Medaille gutgeschrieben; je nachdem, wie gut man war, Gold, Silber oder Bronze. Das wiederum führt mitunter zur Freischaltung neuer Strecken, Aufgaben, Berge, Fahrer, Fahrräder und Helme. Leider ist die Anzahl an Strecken und Herausforderungen, die man von Beginn an hat, etwas knapp bemessen und das Freischalten geht nicht immer so schnell, wie man es sich wünscht. Kurz gesagt: Der Schwierigkeitsgrad hat es in sich. Runter kommt jeder irgendwie, aber einige werden zwangsweise immer wieder die Anfangsstrecken wiederholen müssen. Und das ist das Problem. Nicht, dass es gerade für Anfänger etwas problematisch ist, eine Medaille zu erlangen, sondern, dass zu wenige Strecken für den Start zur Verfügung stehen. Jenseits der Punkte und Zeiten gibt es noch die Möglichkeit, im "Freestyle"-Modus einfach das Gefühl des Fahrens zu genießen, die Engine auszutesten und komische Tastenbelegungen zu probieren ("Bike nach links" ist zum Lenken, aber was ist "Bike nach vorn" und "Kraft"? Und "neu starten"? Will die Strecke nicht von vorne beginnen ... Oh, tu ich auch nicht.). Den Meisten wird hier aber bald der Anreiz fehlen, der bei den anderen Modi schon dadurch gegeben wird, dass es nicht immer die stupide "Abfahrt" ist, sondern mal Sterne eingesammelt, mal große Sprünge gemacht und mal einfach auf die eigene Haut aufgepasst werden muss. Alpenidylle im Bild Bei "Mountain Bike Adrenaline" ist man, was die Grafik angeht, sicher nicht an die Grenzen des Machbaren gegangen. Jedoch ist ein angenehmer Kompromiss zwischen Systemanforderungen und Optik entstanden. Auf dem Testrechner lief das Spiel einwandfrei flüssig und gerade das ist wichtig, um ein Gefühl für die Berge und die Geschwindigkeit zu bekommen. Ansonsten sind die Landschaften aber schön anzusehen und die vier Berge durchaus in Flora, Fauna und Aufbau voneinander zu unterscheiden. Bike und Fahrer selbst sind jetzt nicht so die Augenweide, aber dafür kann man sich aussuchen, ob man sie von oben, direkt dahinter oder rechts/links betrachten möchte. Was noch sehr interessant an dem System ist, dass man sich bei der ersten Abfahrtstrecke auf Zeit vielleicht noch wundert, was das Holzgestell da mitten im Gelände zu suchen hat, und schon in der ersten Aufgabe vom "Challenge"-Modus muss genau da runterfahren. Man erlebt die Gegenden immer wieder aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Berge: ja, Alphorn: definitiv nein Die Entwickler setzen auf etwas härtere Musik, die wohl insgesamt unter "Geschmacksache" eingeordnet werden muss. Man darf aber wohl davon ausgehen, dass einem Großteil der Mountainbike-Fans diese Musik gefallen dürfte. Vielleicht nicht jedes Lied, aber so manches lässt den Spieler das Tempo förmlich spüren.
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