Tony Hawk´s Proving Ground (Wii) (Activision) geschrieben von Nico Meißner
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Die "Tony Hawk"-Serie, die 1998 mit "Tony Hawk´s Pro Skater" ihren Anfang nahm, geht nun unter dem Titel "Tony Hawk´s Proving Grounds" in die neunte Runde. Während Studio 44 (das für die Wii-Version zuständig sind) mit dem Vorgänger "Tony Hawk´s Downhill Jam" vom traditionellen Spielprinzip etwas abgewichen ist, soll der neueste Teil wieder zu den Wurzeln der Serie zurückkehren. Daher habe ich mich für das DLH.net auf´s Board gewagt, um herauszufinden, ob Tony diesen versprochenen Trick stehen kann ... Skateboarding Is Not a Crime Dieser Ausspruch bestätigt sich zumindest für den Spieler-Charakter zu Beginn von "Proving Ground". Denn beim Skaten in Baltimore trifft er zufällig ein paar Pro-Skater, die ihm gleich etwas unter die Achsen ... äh, Arme greifen. Die Hilfe kann er auch gebrauchen, da er als totaler Amateur startet. Also führen ihn Tony & Co. in die große Welt des Skatens ein und warten mit allerlei urbanen Herausforderungen auf. Während die Skate-Legenden anfangs noch persönlich jede Aufgabe erklären, nutzt der Charakter später häufig sein Videotelefon, um Aufgaben und Kommentare der Pros zu erhalten. Jetzt aber zum eigentlichen Spiel: Wie aus Vorgängern gewohnt, unterteilt sich das befahrbare Gebiet in über ein Dutzend einzelne Spots, wie zum Beispiel die Innenstadt von Washington und den Hafen von Baltimore. Auf der Wii sind diese Gegenden wie früher klar voneinander getrennt und sind nach dem Freispielen einzeln anwählbar. Auch wenn die Areale zum Teil etwas klein und leblos wirken, hat jedes seinen eigenen Stil und bietet neue Aufgaben und Story-Missionen. Denn anders als in den bisher erschienenen Teilen der Serie bietet "Proving Ground" drei parallele Handlungszweige, doch dazu gleich mehr. Weiterhin finden sich, wie schon in "Tony Hawk´s Project 8", überall kleine Aufgaben. Bei diesen startet man mit einem speziellen Move, um dann mit einer Kombo zur nächsten Markierung zu gelangen, bei der man wieder den gleichen Trick wiederholen muss. Klingt einfach? Ist es aber meistens nicht! Denn die Markierungen, die den erreichten Level bei der Aufgabe anzeigen, liegen selten so, dass man einfach nur dorthin grinden kann. Besonders die letzte der drei Stufen (Amateur, Profi, Krank) hat es ganz schön in sich und verlangt vor allem eine sorgfältige Analyse des Weges und eine dementsprechende Planung. Schließt man eine dieser Herausforderungen erfolgreich ab, erhält man je nach erreichter Stufe etwas Geld und ein paar Fertigkeitspunkte. Diese Punkte können für verschiedene Specials und Boni ausgegeben werden. Zu unkonkret und allgemein? Nun, nach der Erklärung der drei Handlungszweige ist es etwas verständlicher: Karriere: Die Bretter, die die Welt bedeuten Als Karriere-Skater geht es vor allem um Ruhm, Bekanntheit und Kohle. Darum nimmt man an vielen Events teil, dreht Videos und beeindruckt andere, möglichst bekanntere Fahrer. Die Events sind ähnlich aufgebaut wie sonst auch bei Tony: Sie bestehen aus drei Runden, die meistens verschiedene Aufgabenstellungen haben. Gewertet werden sowohl die Erfüllung der Aufgabe als auch die erzielten Punkte und etwaige Stürze. Einige Events weichen allerdings von diesem Schema ab, sodass es nicht zu monoton wird. Denn im Gegensatz zur Xbox360- und der Playstation3-Version gibt es auf der Wii leider kaum Möglichkeiten, das verdiente Geld auszugeben! Dadurch geht natürlich ein gewisser Teil der Motivation verloren, und das fällt beim Karriere-Skater eben besonders ins Gewicht. Während man also auf den anderen Konsolen noch seine Skate-Lounge mit allerlei Parts einrichten und ständig erweitern kann, bietet die Wii lediglich die Möglichkeit, mit der Kohle Klamotten, Schuhe und Ähnliches für den Charakter zu kaufen. Dafür kann man den schon bekannten "Nail a Trick" und neu: "Nail the Grab" erlernen und mithilfe von Fertigkeitspunkten weiter steigern. Dabei handelt es sich um ein Special, das beim Air, also wenn der Skater in der Luft ist, die Zeit verlangsamt. Das ist aber noch lange nicht alles: Der eigentliche Effekt besteht darin, dass der Spieler nun mit der Wiimote oder dem Nunchuk durch Bewegungen nach oben oder unten besondere Tricks ausführen kann. Denn durch die Bewegung lässt man das Board um die entsprechende Achse rotieren, sodass durch mehrere, gut getimte Aktionen ein sehr wilder Flip entstehen kann. Zuckt man zum Beispiel mit der Wiimote nach links, gibt der Skater seinem Board mit dem rechten Fuß einen Kick, sodass es sich um seine Längsachse dreht (wie beim Kickflip). Passt man nun den richtigen Moment ab, kann man das Board mit einem weiteren Kick noch um eine andere Achse drehen lassen, die Drehrichtung umkehren und Ähnliches. Dadurch ergeben sich sehr viele interessante Möglichkeiten und man kann verdammt viele Punkte machen. Beim "Nail the Grab" verhält es sich im Prinzip genauso, wobei man die Wiimote beziehungsweise das Nunchuk in einer Position halten muss, um den Grab zu halten. Dadurch, dass sich das Board nicht dreht, gestaltet sich das erfolgreiche Stehen eines "Nail the Grab"-Tricks wesentlich einfacher als beim Flip. Daneben besteht beim Grap noch die Möglichkeit, eine Finger Flip zu machen, bei dem der Skater das Board aus einem Grap heraus mit der Hand in Rotation versetzt was dem Flip in Sachen Schwierigkeitsgrad schon wieder näher kommt. Bevor jetzt jemand verärgert fragt, warum diese beiden wirklich witzigen und mächtigen Manöver nur dem Karriere-Skater zur Verfügung stehen ... das tun sie nicht! Denn "Proving Ground" lässt dem Spieler die freie Wahl, welche Missionen er spielen möchte. Statt sich auf einen Handlungszweig zu konzentrieren, kann er nämlich auch alle drei gleichzeitig verfolgen. Hardcore: For Real Man! Entscheidet man sich, die Hardcore-Handlung voranzutreiben, muss man sich vor allem auf harte Action einstellen. Denn einem Hardcore-Skater geht es nicht um Ruhm oder Geld, sondern einzig um das Skaten selbst und die Herausforderung. Je krasser, desto besser, ist das Motto dabei. Als Einstieg erlernt man erst mal den sogenannten Aggro-Kick. Dieser neue Move ermöglicht es, auf ungeahnte Geschwindigkeiten zu beschleunigen, sodass höhere und weitere um nicht zu sagen: krassere Sprünge machbar sind. Allerdings ist der Kick nicht ganz einfach auszuführen. Gut, eigentlich schon, man muss ja nur die Wiimote nach unten schnellen, wenn der Skater mit der Ferse den Boden berührt. Doch was hier so einfach klingt, entpuppt sich aufgrund der empfindlichen Sensorik der Wiimote als nervenaufreibende Übung. Denn sobald man die Mote auch nur etwas zur Seite bewegt, wird das vom Spiel als Schütteln interpretiert. Immerhin zeigt das Spiel dies über ein Symbol unten rechts am Bildrand auch an, sodass man den Grund für sein anfängliches Versagen erkennen kann. Praktisch genauso wie der Aggro-Kick verhält es sich auch mit dem Aggro-Push. Dieser wird allerdings aus dem Manual heraus gestartet und bedarf einer nahe gelegenen Wand oder Ähnlichem. Denn beim Push stößt sich der Skater mittels B-Taste ab, um schneller zu werden. Als letztes Special steht dem Hardcore-Skater noch der Skate Check zur Verfügung. Bei ihm wird das Problem der etwas empfindlichen, um nicht zu sagen pingeligen Steuerung besonders deutlich: Denn während die Sensibilität im Vergleich zum Vorgänger deutlich verringert wurde, reagiert die Steuerung hier wieder sehr kleinlich und macht es extrem schwierig, jemanden aus der Fahrt heraus umzuwerfen. Das ist nämlich der Skate Check, in dem man sich gegen Ganger, Wachleute und Penner zur Wehr setzt. An dieser Stelle sollte ich wohl kurz noch auf die Steuerung im Allgemeinen eingehen: Während in "Downhill Jam" nur die Wiimote zum Einsatz kam und man durch Kippen und Neigen Richtung und Geschwindigkeit festlegen konnte, haben sich die Mitarbeiter von "Studio 44" jetzt auf eine Grundtugend der Serie zurückbesonnen: Eine (größtenteils) sehr gut kontrollierbare Steuerung! Denn in "Proving Ground" lenkt man mittels Stick des Nunchuks, während man mit der A-Taste abspringt und mit der B-Taste grindet. Flips und Grabs werden durch das Drücken der C- beziehungsweise [Z]-Taste ausgeführt, wobei ein Druck mit Stick wie gewohnt die Richtung ändert. Dank der guten Einteilung auf Wiimote und Nunchuk erfolgt die Eingewöhnung in die neue, veränderte Wii-Steuerung recht schnell, von den oben erwähnten Problemfällen mal abgesehen. Ansonsten bietet "Proving Ground" wieder die gesamte Trickpalette, auch Manuals und Reverts sind im Gegensatz zu "Downhill Jam" wieder mit dabei. Das Herumlaufen ohne Board wie in "American Wasteland" ist auch möglich, allerdings kann man zu Fuß keine Tricks machen. Rigger: Leveldesign für jedermann Der dritte Story-Zweig führt ein völlig neues Element in die "Tony"-Serie ein: Platzierbare Bauteile! Als sogenannter Rigger ist man quasi der MacGyver unter den Skatern. Denn dabei geht es darum, mithilfe von Rails, Halfpipes und anderen Parts bestimmte Ziele zu erreichen und Aufgaben zu lösen. Die Parts werden im Rigger-Modus aufgestellt (Minus-Taste) und sind alle dreh- und höhenverstellbar. Da man jeweils über gut 30 Exemplare verfügt und benutzte Teile auch wieder einsammeln kann, entpuppt sich der Rigger-Modus schnell als universelle Lösungshilfe. Soll heißen: Egal, ob nur zum Spaß, bei einer Herausforderung oder bei einem Event, die Rigger-Parts lassen sich immer anbringen und erleichtern damit die meisten Aufgaben enorm! Deshalb stellt das Riggen die einschneidendste Neuerung der Serie dar, auch wenn man dazu leider nicht so viel erzählen kann wie zu den anderen beiden Handlungssträngen. Wobei man noch erwähnen sollte, dass es eine Art von Aufgabe gibt, bei der man nicht riggen kann: Jeder Level beinhaltet zwei Spielautomaten, die irgendwo herumstehen. Aktiviert man sie, spielt man, sozusagen im Automaten, entweder der jeweilige Level mit der klassischen Aufgabenstellung (Highscores, Kombo, Skate, verstecktes Tape und so weiter) oder den sogenannten Hawkman-Modus. In diesem geht es ausschließlich darum, Highscores zu schlagen, welche dann aber auch recht knackig sind. Gestaffelt ist das Ganze natürlich wieder in die drei Stufen Amateur, Profi und Krank. Sauberer Trick Technik Grafisch haut "Tony Hawk´s Proving Ground" den Spieler sicher nicht vom Board oder Stuhl, lässt sich aber gut anschauen und fällt auch nirgendwo wirklich unangenehm auf. Einzig erwähnenswert ist ein selten auftretender Fehler, bei dem man von unten durch Boden und Wände auf den gestürzten Skater schaut. Die Videos im Spiel sind anständig, wobei die Gesichter der Fahrer von Nahem manchmal etwas zu grob wirken. Ansonsten sind sie gut gemacht und lockern das Ganze auch optisch etwas auf, zumal die meist urbanen Gebiete nicht unbedingt als farbenfroh bezeichnet werden können. In Sachen Sound überzeugt "Tony" wie gewohnt durch eine gute und umfangreiche Auswahl von Tracks aus den verschiedenen Genres. Die veränderbare Playlist enthält Dutzende von Titeln, wobei leider keine Möglichkeit besteht, einen Titel direkt anzuwählen. Kennt man das Lied also nicht, muss man warten, bis es kommt oder es als einzigen Track in die Liste aufnehmen, um es zu hören. In diesem Zusammenhang ist es auch etwas ärgerlich, dass nie angezeigt wird, wie der gerade laufende Song denn heißt! Das ist angesichts der Menge an Tracks und dem hohen Anteil an eher aggressiver Gitarrenmusik (also Punk, Rock, Metall) doch nervig, wenn man bisher eher die entspannteren HipHop-Stücke favorisiert hat. Nichtsdestotrotz ist "Tony" akustisch wie immer überzeugend. Die komfortablere Steuerung wurde ja schon angesprochen; jetzt noch ein Wort zum Thema Multiplayer: Wie üblich besteht die Möglichkeit, im Splitscreen-Modus zu zweit anzutreten. Leider wurden dabei keine neuartigen Spieltypen integriert, noch nicht einmal eine Art Fangen gibt es. Lediglich die altbekannten Spielchen wie das Markieren von Objekten, indem man an ihnen eine Trick ausführt oder das reine "Wer macht mehr Punkte"-Skaten sind vorhanden, sodass zwar nichts schlechter geworden ist, aber eben auch nichts besser ... It`s Gonna Be a Long Ride Alles in allem muss man sagen, dass "Tony Hawk´s Proving Ground" bisher sicher das umfangreichste Spiel der Serie ist. Allein die Handlungsstränge mit ihren drei Stufen sorgen für jede Menge "Arbeit" und die vielen kleinen Zusatzaufgaben sichern die Langzeitmotivation. Auch wenn die an sich gute Steuerung noch so ihre Tücken hat und die Levels etwas karg wirken, fesselt das Spiel praktisch ab der ersten Minute. Dank der Rückkehr zu alten Werten und des Hinzufügens von Elementen wie den Nail-Tricks und dem Riggen sollte die Anschaffung von "Proving Ground" sowohl für alte Hasen als auch für "Tony"-Neulinge eine lohnenswerte Investition sein, die ich persönlich nur wärmstens empfehlen kann! (27.12.2007) |