Die Kunst des Mordens: Karten des Schicksals (City Interactive) geschrieben von Sebastian Amberger
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Im dritten Jahr in Folge erscheint ein Teil der Adventure-Reihe "Die Kunst des Mordens". FBI-Agentin Nicole Bonnet, Spezialistin für Serientäter, folgt auch in dieser Episode den Spuren eines sadistischen Mörders, dessen Markenzeichen darin besteht, bei seinen Opfern Spielkarten zu hinterlassen. Im Intro erhält man einen ersten Eindruck von seinem Gewaltpotenzial, da man zusehen muss, wie eine geknebelte Frau hilflos ihr jähes Ende in der Müllpresse eines Abfallwagens findet. Die Jagd beginnt. Zu schön, um wahr zu sein Nach Ihrem letzten anstrengenden Fall gönnt sich Nicole einen langen erholsamen Urlaub, der abrupter endet, als ihr lieb ist. Nach ihrer Heimkehr stehen ihr noch einige freie Tage bevor, die sie eigentlich in der Vertrautheit ihrer eigenen vier Wände genießen will. Beim Sichten der Post, die sich in ihrer Abwesenheit angesammelt hat, findet sie ein Päckchen, dessen Inhalt in ersten Moment wie ein seltsamer Scherz wirkt. In der Box befindet sich ein alter, verrosteter Bolzen, der früher hauptsächlich zum Befestigen von Schienen genutzt wurde und eine ebenso alte Glühbirne aus einem Kinoprojektor. Ihr ist sofort klar, dass ihr jemand eine Botschaft schickt und sie mit diesen Gegenständen zu einer Art Schnitzeljagd einlädt. Mit Hilfe Ihres Kollegen Wang, der im forensischen Labor des FBI tätig ist, ermittelt sie, dass die beiden Gegenstände nur noch an wenigen Orten der Stadt zu finden sind und einer davon besonders hervorsticht. Ein zur Birne passender Projektor befindet sich in einem seit langer Zeit geschlossenen Kino, das direkt an einer alten Bahnlinie liegt, bei deren Bau ebendiese Bolzen verwendet wurden. Von der Neugierde getrieben verzichtet sie auf ihre letzten Urlaubstage und steigt in das Spiel ein. Im Zuge Ihrer Ermittlungen vor Ort erkennt sie, dass alles viel tiefer reicht, als zuvor angenommen. Mit einem vorbereiteten Film präsentiert ihr der Mörder seine "Kunstwerke" und fordert sie somit indirekt auf, ihn zu jagen. Als Bonnet beim Verlassen des Kinos beobachtet, wie der Wagen eines Mannes mitten auf den Schienen zum Stehen kommt, kurz bevor der nächtliche Zug eintrifft und sämtliche Türen verriegelt sind, wird ihr bewusst, dass ihr Gegenspieler intelligenter ist, als zuerst angenommen. Der Wagen wird vom heraneilenden Zug erfasst und für den Insassen kommt jede Hilfe zu spät. Nach einer ersten Untersuchung des Tatorts muss Nicole feststellen, dass der Täter schon weitaus länger sein Unwesen treibt als zuerst angenommen. Sie nimmt die Herausforderung an und die Jagd nach dem Unbekannten beginnt. Geschichten aus dem Leben Sehr schön gelungen ist der Versuch, kleine Geschichten neben dem Hauptstrang einzubinden. Nicole ist kein einsamer Wolf, sondern sowohl privat als auch beruflich in ein festes soziales Gefüge integriert und zeigt dies entsprechend. Es werden private Schwätzchen gehalten und man merkt, wie sich im Laufe der Zeit Zuneigung und Antipathie zwischen den einzelnen Parteien entwickeln, obwohl das Meiste keinen Einfluss auf das Spielgeschehen hat. Zum Beispiel scheint der sonst so kalt wirkende Forensiker Wang mehr für die Außendienstagentin übrig zu haben, als er zugibt, denn früher oder später kann sie ihm gegenüber ihren Willen immer durchsetzen. Aber auch Schicksalsschläge wie bei Nicoles Partner, der urplötzlich gekündigt wurde, gehören dazu. Alles in allem bringen diese Ereignisse ein wenig Würze in das Geschehen und es entsteht der Eindruck, dass man sich mitten in der Handlung befindet. Harte Nüsse müssen geknackt werden "Karten des Schicksals" ist im Großen und Ganzen ein Adventure, wie es im Buche steht. Es gibt Rätsel, die schnell zu lösen sind und den Spielfluss somit am Laufen halten, während andere wiederum den Spieler fast zur Verzweiflung treiben. Beispielsweise muss ein Metallrohr in einem Gullideckel arretiert und mit einem Betonbrocken verformt werden, damit man damit einen Verteilerkasten öffnen kann. Doch wie bei allem ist die Mischung ausschlaggebend, die sehr gelungen ist. Zu Beginn wird man fast auf die Lösungen gestoßen, doch im Verlauf wird immer öfter Hirnschmalz gefordert. Bis dahin erinnert diese Entwicklung stark an eine klassische Lernkurve, mit der erreicht werden soll, dass sowohl Einsteiger wie auch fortgeschrittene Spieler die Chance haben, die Story bis zum Ende aufzulösen. Zwischendurch ergeben sich aber, wie so oft in diesem Genre, Situationen, in denen nur das alt bewährte "Trial-&-Error"-Prinzip weiterhilft. Nicht alles lässt sich aufgrund von logischem Verständnis erklären, aber auch das gehört dazu. Es ist angenehm, dass man sich nicht alles, das offen herumliegt, gleich mitnehmen kann, sondern dass der eine oder andere Dialog geführt werden muss, in dem der entscheidende Hinweis fällt, der das eigentliche Spielgeschehen weiterführt. Dank diesem Umstand kann sich die Geschichte deutlich schöner entfalten und man bekommt das Gefühl, selbst mitten in den Ermittlungen zu stecken. Kleine Minispiele wie zum Beispiel der Schießstand, an dem man für einen Kollegen die lästige Übung absolvieren soll, bevor er hilft, lockern das Rätsellösen ein wenig auf und sorgen für Abwechslung. Auch der Part des Ermittlers wird schön eingebunden, der Tatort muss untersucht, Beweisstücke gesichert und Verdächtige verhört werden. Altbewährt, aber ohne Innovation Die recht linear verlaufende Story führt den Spieler entlang eines festen roten Fadens durch die einzelnen Schauplätze und Dialoge, wodurch man keine wichtigen Hilfsmittel oder Beweisstücke vergessen kann. Leider fehlt in "Karten des Schicksals" gerade zu Beginn eine Art Tagebuch, in dem die wichtigsten Eckpunkte einzelner Gespräche, weiterführende Informationen oder auch Hinweise auf die nächsten Schritte zu finden sind. Ab und zu sagt Nicole zwar, was als Nächstes unternommen werden muss, aber wenn man diesen Gedankengang vergisst beziehungsweise einen wichtigen Hinweis zur Lösung verpasst, kann es unter Umständen sehr schwer werden, wieder den Anschluss zu finden. Im späteren Spielverlauf erhält man den Dienst-PDA, mit dem man zumindest Zugriff auf die notwendigsten Informationen erhält. Das übersichtliche Inventar am unteren Bildschirmrand ist gut sortiert und alle Gegenstände werden umgehend entfernt, wenn diese nicht mehr benötigt werden. Weiterhin lassen sich alle eingesammelten Utensilien einer genaueren Betrachtung unterziehen, hierbei öffnet sich ein separates Fenster und der gewünschte Gegenstand lässt sich von allen Seiten unter die Lupe nehmen. Bei der Kombination einzelner Objekte ist es meist wichtig, die logisch korrekte Reihenfolge zu beachten: So muss man die Handschuhe auf das eingepackte Beweisstück anwenden und nicht umgekehrt. Für einige Spieler mag das zwar ein störender Umstand sein, da es ja im Grunde um das Ergebnis geht, doch die Realitätsnähe des Spiels wird hiermit erhöht. Die Steuerung ist klassisch mausorientiert. Ein Klick in die Umgebung reicht aus, um Nicole zu bestimmten Punkten zu bewegen, handelt es sich hierbei um einen Hotspot, ändert sich der Mauscursor und man hat die Möglichkeit mit einem Rechts- beziehungsweise Linksklick die gewünschte Interaktion durchzuführen. Als Hilfestellung lassen sich zeitweise alle verfügbaren Hotspots anzeigen. Mit derselben Vorgehensweise können einzelne Orte genauer betrachtet und somit neue Aktionen ermöglicht oder auch Gespräche begonnen werden. Die Auswahl der Gesprächsoptionen ist hierbei recht minimalistisch gehalten, indem maximal drei Stichwörter angeboten werden, deren Bedeutung sich dem Spieler meist erst erschließt, wenn der zugehörige Dialog ausgelöst wird. Hier liegt eigentlich auch das größte Manko gegenüber anderen Vertretern des Adventure-Genres: Die Unterhaltungen wirken eher steif und die bereits erwähnten Stichworte nehmen mehr als einmal den Inhalt des folgenden Dialogs vorweg. Dennoch erinnert sich dieses Forensikabenteuer seiner Wurzeln und beinhaltet einen sehr hohen Gesprächsanteil. Wenig Unterschiede zum Vorgänger Die einzelnen Schauplätze sind grafisch ansprechend umgesetzt und passen sich wunderbar in die Umgebung ein. Das seit Jahren geschlossene Kino wirkt heruntergekommen und verbraucht, während das forensische Labor des FBI mit einem kalten, fast sterilen Charme aufwartet. Gerade die Kleinigkeiten, die einen Ort zu dem machen, was er sein soll, sind passend umgesetzt und betonen die Arbeit und Liebe zum Detail, die hier bei der Entwicklung investiert wurde. Ganz im Gegenteil zur Umwelt wirken die Charaktere fad und langweilig. Es scheint fast so, als wurden nur die Hintergründe, nicht aber die einzelnen Figuren weiterentwickelt. Nicole sieht zum Beispiel - von der Kleidung einmal abgesehen - genauso aus wie in den beiden Vorgängern. Mimik und Gestik sind bei den Figuren nur mäßig zu erkennen, was das Ganze ein wenig steif wirken lässt. Zwar sind Adventures nicht gerade für grafische Quantensprünge in der grafischen Gestaltung bekannt, aber eine gewisse Erwartung an die Optik ist bei den Spielern dennoch vorhanden. Die Akustik bewegt sich in "Karten des Schicksals" eher auf einem mittleren Niveau. Die sprachliche Umsetzung ist auch ohne den Einsatz prominenter Stimmen gut gelungen und kann die optische Steifheit der einzelnen Charaktere ein wenig auflockern. Gerade die Stimmauswahl passt fabelhaft zu den einzelnen Figuren und lässt diese menschlicher erscheinen. Der Soundtrack unterstreicht die für die einzelnen Schauplätze angebrachte Stimmung, wobei er beizeiten etwas eintönig wirkt. Gerade bei der grafischen Darstellung der Figuren und der mäßigen Abwechslung im Soundtrack bemerkt man das knapp bemessene Budget des doch eher kleinen Entwicklerstudios. Bei "Karten des Schicksals" liegt eine spannende Story zugrunde, die zeitweise starke Parallelen zu Filmen wie "Der Knochenjäger" besitzt. Die Atmosphäre der Geschichte wird gut aufgegriffen und lässt beim Spieler eine gewisse Erwartungshaltung aufsteigen, die gegen Ende nicht unbedingt für jeden zufriedenstellend abgeschlossen wird. Fehlende Qualität in Grafik und Sound stellt wohl das größte Manko des Spiels dar. Alles in allem handelt es sich um ein spannendes Spiel, bei dem neben den Elementen eines reinen Point-&-Click-Adventures auch die moderne Forensik und klassische Detektivarbeit nicht zu kurz kommen. Im Großen und Ganzen kann über die einzelnen Schwächen hinweggesehen werden, obwohl in der Story mehr Potenzial steckt, als letztendlich ausgeschöpft wird. Es handelt sich nicht unbedingt um eines der besten Adventures, die in letzter Zeit auf den Markt gekommen sind, doch für die angebotenen 30 € ist der Kauf kein Fehler. Derjenige, der Wert auf knackigen Rätselspaß und eine spannende Story als auf gute Grafik und Sound legt, der tätigt mit dem Kauf von "Die Kunst des Mordens: Karten des Schicksals" keine falsche Entscheidung. (30.03.2010)
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