Die Siedler V - Nebelreich

Die Siedler V - Nebelreich

(UbiSoft)

Geschrieben von Sebastian Hör

 

Knapp ein halbes Jahr ist es her, seit BlueByte die mittlerweile fünfte Generation der putzigen Siedler auf die Zockergemeinde losließ. Das Erbe der Könige heimste reihenweise Awards und hohe Bewertungen ein – Grund genug also, die Geschichte rund um den jungen König Dario mittels eines Addons fortzusetzen. Kann Nebelreich das hohe Niveau des Hauptspiels halten?

Trügerische Idylle

Es herrscht Friede im Alten Reich. Nach dem Sieg über Kerberos und seine Handlanger wähnen sich dessen Bewohner in Sicherheit und das Land erblüht in nie gekanntem Glanz. Dario, mittlerweile König des Reiches, beauftragt seine Baumeister, an den Ufern des Nhern eine Brücke zu errichten, die eine Verbindung zu den Provinzen Hen Brughs schaffen soll, des sagenumwobenen alten Lands. Doch während das prachtvolle Bauwerk langsam Gestalt annimmt, ziehen von Neuem dunkle Wolken herauf, die einmal mehr die friedliche Idylle des Alten Reiches bedrohen. Der Spieler ist auch in Nebelreich wieder dazu auserkoren, die Geschicke König Darios und dessen Armeen zu lenken und findet sich zu Beginn der Kampagne im östlichen Teil des Alten Reiches wieder. Dort erreicht König Dario die Kunde, dass die Brückenbauer ihre Arbeit niedergelegt haben. Tatendurstig wie eh und je zieht Dario also los, um die Ursache für das seltsame Gebaren der Arbeiter in Erfahrung zu bringen. Weitestgehend unbehelligt erreichen er und sein Gefolge nach kurzem Fußmarsch denn auch die Siedlung der Bauarbeiter, wo der Baumeister von Dämonen zu berichten weiß, die die Baustelle am Nhern unsicher machen. Der König macht sich selbstverständlich sofort auf den Weg, um sich dieser Sache persönlich anzunehmen. Haben die Bauarbeiter Gespenster gesehen oder ist dies der Beginn eines neuerlichen Krieges, der die Ordnung der alten Welt in ihren Grundfesten erschüttern wird?

Inventur

Das Spielmenü präsentiert sich im Vergleich zur Hauptversion etwas übersichtlicher: Die Anzahl der Slots für Einheiten am rechten, oberen Bildschirmrand wurde von 13 auf 15 erhöht, zudem wurde die Aufteilung geändert. Die 15 Plätze stehen nun vollständig für Einheiten zur Verfügung, während die Helden in einer Sonderleiste direkt darunter angezeigt werden, was die Verwaltung größerer Armeen spürbar erleichtert. Diese Änderungen sind natürlich nicht nur rein kosmetischer Natur, nein, sie tragen in erster Linie dem Umstand Rechnung, dass durch Nebelreich einige neue Einheiten die Flexibilität von Prinz Darios Armeen erhöhen. So ist beispielsweise der Kundschafter, wie der Name schon sagt, hervorragend dazu geeignet, das Terrain zu erkunden und darüber hinaus – nach einem entsprechenden Upgrade – auch den Weg zur nächsten Rohstoffquelle zu weisen. Leider tut er das durch entsprechende Gesten, die auf der niedrigsten Zoomstufe kaum zu erkennen sind. Einen blinkenden Pfeil oder ein ähnliches Hilfsmittel sucht man vergebens. Das vage Gestikulieren gibt darüber hinaus kaum Aufschluss darüber, wie weit die Rohstoffe von der aktuellen Position entfernt sind, insofern ist der Nutzen dieser Fähigkeit allenfalls durchschnittlich.

Ferner bietet der Kundschafter nach einem weiteren Update die Möglichkeit, einen Bereich der Karte durch Fackeln für eine gewisse Zeit einsehbar zu machen. Ebenfalls neu hinzugekommen ist der Dieb, dessen Fähigkeiten nichtmilitärischer Natur sind. Er ist für feindliche Einheiten unsichtbar und erscheint gegnerischen Spielern als Leibeigener, solange er nicht angegriffen wird oder eine Aktion ausführt. Des Weiteren ist der Dieb in der Lage, Ressourcen aus feindlichen Gebäuden zu stehlen und nach einem entsprechenden Upgrade diese sogar zu sprengen. Außerdem ist er als einzige Einheit auch in der Lage, Sprengsätze feindlicher Diebe zu entschärfen. Beide Einheiten werden in der Taverne beziehungsweise dem Wirtshaus angeworben, einem Gebäude, das ebenfalls mit Nebelreich neu hinzugekommen ist. Neben dem Schankwirt, der als Facharbeiter den Laden am Laufen hält und selbstverständlich brav seine Steuern zahlt, können in der Taverne bis zu vier, im Wirtshaus bis zu sechs Spezialisten mit Nahrung versorgt werden.

Auch auf militärischem Gebiet ist ein neues Gebäude hinzugekommen, das der eher dürftigen strategischen Komponente in Siedler V eine neue Perspektive hinzufügt. Die Büchsenmacherei oder – nach dem Upgrade – Büchsenmanufaktur beschäftigt den Büchsenmacher, einen weiteren neuen Spezialisten und ermöglicht darüber hinaus die Ausbildung leichter und schwerer Scharfschützen im Schießplatz beziehungsweise der Schießanlage. Darüber hinaus können vier Upgrades für die beiden Scharfschützeneinheiten erworben werden, um sie widerstandsfähiger und effektiver zu machen. Dennoch, auch diese beiden neuen Einheiten machen die Schlachten in Siedler V nicht viel anspruchsvoller und werden keinen Echtzeitstrategen hinter dem Ofen hervorlocken. Neben Taverne und Büchsenmacherei kommt mit der Architektenstube übrigens noch ein drittes neues Gebäude hinzu. Die Architektenstube, die nach Erforschung des ebenfalls neuen Mathematik-Upgrades an der Hochschule verfügbar ist, ermöglicht es, Brücken zu bauen. Gerade auf Karten mit ständigen Wetteränderungen und mit fortgeschrittener Spieldauer, wenn jeder Spieler über einen Wetterturm verfügt, sind Brücken ein immens nützliches Werkzeug, um einen Fluss zu überqueren, ohne das Risiko eingehen zu müssen, durch einen plötzlichen Wetterumschwung die gesamte Armee ertrinken zu sehen. Als Spezialist stößt der Brückenarchitekt zu den übrigen Fachleuten.

Mit einer neuen Kampagne werden selbstverständlich auch neue Helden benötigt; mit Drake, dem Kopfgeldjäger, Yuki, der Söldnerin und Kala, der Hexe des Nebelvolkes, sind drei neue Heroen mit von der Partie. Während Drake ein meisterlicher Scharfschütze ist, dessen Fähigkeiten Meisterschuss und Feuerkraft dazu dienen, feindliche Einheiten schneller auszuschalten, nimmt Yuki die klassische Rolle des Support-Helden ein: ihr Feuerwerk der Furcht beziehungsweise Feuerwerk der Freude demoralisieren den Gegner beziehungsweise erhöhen die Ausdauer von verbündeten Arbeitern. Darüber hinaus wirft sie mit Wurfsternen um sich, die einen Umgebungsschaden am Zielort verursachen. Kala schließlich ist die Anführerin des ominösen Nebelvolkes und beschäftigt sich in erster Linie mit Gift und den Auswirkungen desselben auf feindliche Einheiten.

Wie oben bereits erwähnt, kann man in der Hochschule die Mathematik erforschen, um in den Genuss des Brückenbaus zu kommen. Zusätzlich sind noch drei weitere neue Technologien hinzugekommen: Fernglas ermöglicht den Bau der Taverne, während Luntenschloss und gezogener Lauf das Upgrade zur Universität voraussetzen und den Bau der Büchsenmacherei und das Upgrade zur Büchsenmanufaktur ermöglichen. All diese Neuerungen haben in erster Linie Einfluss auf die Kampagne. In freien Spielen oder im Multiplayer sind primär der Brückenbau und die Taverne von Nutzen, außerdem sind einige ärgerliche Bugs und Versäumnisse durch das Add-On leider nicht ausgebügelt worden. So ist es leider immer noch nicht möglich, Leibeigenen und Militäreinheiten Sammelpunkte zuzuweisen, außerdem sind einige Technologien ausgegraut, ohne dass man erfährt, was für Voraussetzungen man erfüllen muss, um diese freizuschalten – ärgerlich und vermeidbar.

Nebelschwaden

An der Grafik von Nebelreich hat sich auf den ersten Blick nicht allzu viel verändert. Ein wenig feiner und lebendiger sehen die Karten aus, die neuen Spezialisten haben selbstverständlich ein zu ihrer Fachrichtung passendes Erscheinungsbild bekommen, aber im Großen und Ganzen lässt sich kaum ein Unterschied zum Hauptprogramm feststellen. Die Nebeleffekte, die es schon in Das Erbe der Könige gab, wurden erweitert, sodass der Nebel nun detaillierter und irgendwie gruseliger aussieht als vorher.

Green Sleeves oder: Musik zum Träumen

Im Gegensatz zu Das Erbe der Könige klingt die Hintergrundmusik bei Nebelreich nun nicht mehr ganz so pompös, sondern eher verträumt und ruhig. Dennoch ist es genau diese Veränderung, die den Sound so passend zum Spiel erscheinen lässt. Genau wie die Kampagne klingt die Musik mysteriös, teilweise idyllisch, aber nie aufdringlich oder gar störend. Die Opulenz des Soundtracks und die Vielfalt der Stücke verdient wieder einmal höchste Anerkennung. Einziger Wermutstropfen ist möglicherweise der Wechsel des Sprechers, der die verschiedenen Ereignisse ankündigt. Die bissige Ironie von Oliver Kalkofe im Hauptspiel ist bei Nebelreich nicht mehr zu erkennen, der neue Sprecher klingt zwar auch gut und manchmal triefen seine Kommentare förmlich vor Sarkasmus, aber verglichen mit dem Hauptspiel sammelt das Add-On hier ein paar Minuspunkte.

 

 

:

Entwickler: Blue Byte
Publisher: Ubisoft
Genre: Aufbaustrategie
Releasedate: März 2005
Homepage: Siedler V
Altersfreigabe:  Freigegeben ab 6 Jahren gemäß §14 JuSchG

Kommentare zu diesem Artikel


Fazit

   :
Nebelreich ist ein ordentliches, aber kein überragendes Add-On. Die Kampagne ist ebenso gut in das ursprüngliche Spiel eingebettet wie auch die neuen Einheiten, einige sinnvolle Neuerungen sind ebenso hinzugekommen wie teilweise nervige, aber nicht gravierende Bugs. Alles in allem bietet Nebelreich für Fans der Serie, genauso wie für Genrefremde, ebenso gute Unterhaltung wie auch das Hauptspiel. Allerdings sind eine Kampagne, drei neue Gebäude und Spezialisten, zwei neue Einheiten und drei Helden ein wenig dürftig – zumal die Schwächen im Strategieteil durch die Scharfschützen nicht ausgebügelt wurden. Dennoch, es macht Spaß, König Dario auf seinen Missionen zu begleiten und stundenlanger Spielspaß ist genauso garantiert wie einige lustige Momente. (08.04.2005)


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