Die Simpsons: Das Spiel (Wii) (Electronic Arts) geschrieben von Oliver Domke
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Wenn die "Simpsons" über eines nicht klagen müssen, dann über mangelnden Erfolg. Von der Fernsehserie existieren bereits 19 Staffeln (zumindest in den USA), Auszeichnungen gab es dafür zuhauf und im Sommer dieses Jahres erschien der lang erwartete Kinofilm. "Die Simpsons: Das Spiel" ist nicht das erste Videospiel mit den gelben Chaoten. Aber es ist das erste, das es schafft, den Humor der Serie eins zu eins auf die Konsolen zu übertragen. Electronic Arts veröffentlicht das Spiel für alle aktuellen Systeme; in diesem Test nehmen wir die Version für Nintendos Wii genauer unter die Lupe. Schokohasen und Killerspiele Alles beginnt mit der bevorstehenden Veröffentlichung des Actionspiels "Grand Theft Scratchy". Die Springfielder Jugend belagert bereits die örtliche Filiale des "Sequel Stop", um sich ihre Exemplare unter den Nagel reißen zu können. Das gefällt den Erziehungsbeauftragten - insbesondere Marge - überhaupt nicht, und so ziehen sie los, um den Verkauf des Titels zu verhindern. Wie es aber nun mal üblich ist, überschlagen sich die Ereignisse immer mehr, und so muss Marge mit ihrer Verwandtschaft letzten Endes nicht nur die Erde vor einem Alienangriff bewahren, sondern auch in die Welt der Videospiele und sogar ins Hauptquartier von Electronic Arts eindringen. Damit Sie sich in den insgesamt 16 Abschnitten gut zurechtfinden, müssen Sie zunächst ein Tutorial absolvieren. Da der Trainingslevel in Homers Träumen angesiedelt ist, wird Ihnen die Steuerung in einem Schlaraffenland voller Schokolade und anderer Süßigkeiten beigebracht. Sie benötigen zwingend ein Nunchuk, da Sie die Simpsons mit dem Stick lenken. Mit [A] springen Sie, mit [B] können Sie Ihre Fäuste sprechen lassen. Die Bewegungssensoren der Controller kommen nur bei den Spezialfähigkeiten zum Einsatz. Wenn Sie mit Marges Megafon eine Menschenmasse kommandieren oder mit Homer durch den Einsatz eines dezenten Rülpsers Ihre Gegner umhauen wollen, müssen Sie kurz mit der Wiimote in der Luft wedeln. Gleiches gilt für Barts Enterhaken und Lisas betäubendes Saxofon. Gemeinsam sind wir stark Mit Ausnahme der Einführung, in der Sie lediglich das Oberhaupt der Familie durch die kalorienreiche Landschaft lenken, sind Sie grundsätzlich mit zwei Simpsons unterwegs, wobei einer von ihnen durch die KI gesteuert wird; wechseln dürfen Sie Ihren aktiven Charakter mit [C]. Die Kombination der Familienmitglieder dürfen Sie nicht frei wählen, da die Levels immer den Einsatz bestimmter Fähigkeiten voraussetzen. Bei Ihrem nächtlichen Einbruch in ein Museum benötigen Sie beispielsweise den schwergewichtigen Homer, um ein ausgestelltes Dinosaurierskelett im Gleichgewicht zu halten, damit Bart in Form seines Alter Ego Bartman über die fossile Wirbelsäule balancieren kann. In einem anderen Level sind Sie hingegen auf Lisas mächtige "Hand Buddhas" angewiesen, um aus der Vogelperspektive neue Wege zu öffnen, die zuvor mit größeren Hindernissen versperrt waren. Ihr nächstes Ziel finden Sie immer in einer Aufgabenliste, die Sie jederzeit mit einem Druck auf [1] aufrufen können. Die meist recht genau beschriebenen Missionen, der lineare Levelaufbau und die zusätzliche optische Markierung der nächsten Anlaufstelle in Form einer kleinen Lichtsäule reduzieren Ihre Denkarbeit auf die Klärung der Frage, mit welchem Ihrer beiden aktuellen Schützlinge Sie die Zielsetzung wohl am besten erreichen können. Häufig besteht Ihre Aufgabe aber schlicht und einfach darin, Gegnermassen zu verprügeln und einen Mechanismus zu finden, der Ihnen die nächste Tür öffnet. Da bleibt kein Auge trocken Das alles wäre ziemlich langweilig, wenn da nicht der unvergleichbare Humor der "Simpsons" wäre. Im Spiel wird so ziemlich alles durch den Kakao gezogen, was in der Entertainmentbranche Rang und Namen hat. Das fängt schon bei den Levelnamen an: So machen Sie unter anderem Welten mit den Namen "Medal of Homer" oder "Bartman Begins" unsicher. In "Neverquest" müssen Sie zum Beispiel im Fantasyoutfit die Hobbits im Kampf gegen den "Patty-und-Selma-Drachen" unterstützen. Im Laufe des Spiels müssen noch zahlreiche andere prominente Vertreter wie Mario, Sonic, die Pokémon oder sogar Spieleentwickler dran glauben. Und zum furiosen Finale erwartet Sie noch der Endboss, der ... nein, diese Überraschung wollen wir Ihnen nicht nehmen. "Die Simpsons: Das Spiel" kennt auch bei seinem Publisher kein Pardon. Nachdem Sie in einem früheren Level einen hochrangigen Mitarbeiter von Electronic Arts beim gemeinsamen Bad mit Bürgermeister Quimby erwischt haben ("Sie haben gesagt, dass diese Stadt voll armer Irrer ist, die bereitwillig unseren Schund kaufen."), erforschen Sie in "Enter the Cheatrix" das Hauptquartier des Branchenriesen und erfahren so einige Geheimnisse der Spielentwicklung. Nur, wenn Sie den Graben voller Marketingschleim überwinden, lernen Sie, unter welchen Umständen Spiele wie "Bite Night" oder "Moral Kombat" (mit Ned Flanders in der Hauptrolle) entstehen. Das Spiel platzt mit seinen unzähligen Parodien aus allen Nähten; so viele Anspielungen wie bei den "Simpsons" gibt es nirgendwo sonst. Und wenn Ihnen das noch nicht genug ist, können Sie sich ja auf die Suche nach typischen Videospielklischees machen wie zum Beispiel "Schwimmen lernt der Held erst in der Fortsetzung", "Wenn das Spiel droht, langweilig zu werden, blendet man einfach einen Timer ein" oder "Explosive Fässer nerven jeden Spieler". Allesamt werden sie stilecht vom Springfielder Nerd höchstpersönlich präsentiert: dem Comicbuchverkäufer. Sollten Sie mal eines der begehrten Sammelobjekte übersehen, dürfen Sie jeden erfolgreich absolvierten Level im Hauptmenü zum wiederholten Erkunden einzeln anwählen. Fast wie im Fernsehen Ohne einen Lacher vorwegzunehmen, können wir Ihnen hier den größten Witz des Spiels präsentieren: die Kamera. Die ist nämlich dermaßen schlecht, dass einige Abschnitte regelrecht zur Qual werden. Ausgerechnet dann, wenn Sie schnell und vor allem genau springen müssen, treiben Sie die alles andere als hilfreichen Blickwinkel in den Wahnsinn. Egal, ob Sie die Kamera mit einem Druck auf [Z] zentrieren oder mit dem Steuerkreuz manuell justieren - die Perspektive ist insbesondere bei enger Bebauung der Levels das exakte Gegenteil von optimal. Stellen Sie sich also auf einige Frustmomente ein, wenn Sie mit einem Kauf des Spiels liebäugeln. Ansonsten gibt es bei der Technik wenig zu meckern. Die Optik geht in Ordnung, sämtliche Areale und Figuren sind im typischen "Simpsons"-Comiclook gehalten. Bei den Zwischensequenzen werden Sie nicht mal einen Unterschied zur Fernsehvorlage erkennen. Das Spiel besitzt eine deutsche Sprachausgabe; EA konnte glücklicherweise sämtliche Originalsprecher für die Synchronisation gewinnen. Sie verrichten Ihre Arbeit selbstverständlich hervorragend, was dem Humor und der Atmosphäre sehr zugutekommt. Einige Sprachsamples innerhalb der Levels wiederholen sich etwas zu oft, das ist aber nicht weiter tragisch. Exklusiv in der Version für Nintendos Konsole wurden sogenannte Wii-Momente versteckt: kleine, vom eigentlichen Spiel unabhängige Minispiele, die sich fast ausschließlich durch Bewegung steuern lassen. Sie wirken jedoch ein wenig einfallslos und sind nur kurze Zeit unterhaltsam ... zudem gibt es nur zwei verschiedene. Apropos zwei: Wenn Sie mit einem Freund vor dem Fernseher sitzen, muss er sich nicht langweilen. Sofern Sie eine weitere Wiimote inklusive Nunchuk zur Hand haben, darf der Kollege jederzeit dem Spiel beitreten und den zweiten, bis dato von der KI gelenkten, Simpson im Splitscreen übernehmen. Das macht gleich noch mehr Spaß, da Sie die Episoden nun kooperativ bestreiten müssen.
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