The Secrets of Da Vinci - Das verbotene Manuskript (Flashpoint) geschrieben von Christiane Hamacher
| |||||||||||||||
Man schreibt das Jahr 1522, die Renaissance befindet sich auf ihrem Höhepunkt. Der junge Valdo ist auf dem Weg nach Frankreich, von einem Unbekannten hat er einen geheimen Brief und ein Empfehlungsschreiben erhalten. Sein Auftrag: Er soll ein verschwundenes Manuskript des Universalgenies Leonardo da Vinci finden. Da sich der in Ungnade gefallene, aber ehrgeizige Schüler Francesco Melzis, Leonardos Erben und Freund, in einer Schaffenskrise befindet, beschließt er, den brisanten Auftrag anzunehmen. Er begibt sich in das malerische Manoi du Cloux, eine ländlich gelegene Villa, die von der Kurtisane Babou und ihrem ebenso dubiosen wie bestechlichen Wachmann Saturin bewohnt wird. Hier, an der letzen Wirkungsstätte des vor einigen Jahren verstorbenen Genies, hofft Valdo, erste Hinweise zu finden und entdeckt Verwicklungen da Vincis bis in die höchsten Kreise Frankreichs. Das Abenteuer beginnt Auf den Spuren des Meisters Auch wenn unser Held indirekt ein Schüler da Vincis ist, ist er doch nicht ansatzweise so genial wie sein Meister und kann das Spiel nicht von Anfang an durchschauen. Der Weg zum Ziel ist für ihn lang und voller Rätsel; die meisten drehen sich um die Arbeiten und Maschinen Leonardos. Viele Puzzel sind sehr klassisch, es gilt zu sammeln, was geht und dann alles aus dem Inventar neu zu kombinieren. So kann aus Salpeter explosives Schwarzpulver hergestellt werden oder auch mal ein Hustensaft aus Zitrone und Honig für die Dame des Hauses. Wichtig ist dann nur noch, alles zur rechten Zeit am rechten Ort auszupacken. Hilfreich bei größeren Hürden sind kleine Notizen, die in einem Notizbuch abgelegt werden können und die kleine Hinweise geben - vorausgesetzt man schafft es, sie zu entschlüsseln. Um Abwechslung in den Verlauf zu bringen, gibt es auch kleine Schalträtsel, die aber durchgängig recht einfach sind und gerade am Anfang den Einstieg erleichtern. Wer sich so langsam voranarbeitet, erfährt durch Visionen, die Valdo überfallen, Details aus Leonardo da Vincis Vergangenheit und worum es sich bei seinem Auftrag eigentlich handelt. Die kleinen Visionen sind zwar interessant und bauen Spannung auf, doch wirken sie, als sei Leonardo selbst anwesend und noch am Leben, was jedoch einigen Jahren nicht mehr der Fall ist. Also alles altbekannt? Nicht ganz - "The Secrets of Da Vinci" bietet einen flexiblen Spielverlauf, alles hängt davon ab, wie man vorgeht, denn oft gibt es mehrere Möglichkeiten, um ans Ziel zu kommen. Man muss den Weg nur mit seinem Gewissen vereinbaren können. Valdo verfügt nämlich gewissermaßen über "Engelchen" und "Teufelchen", die seine Neigung zu einem fiesen oder eher einem edelmütigen Charakter repräsentieren. Wer den schnellen Weg nimmt und einfach über Bestechung und Einbruch in da Vincis Arbeitszimmer einsteigt, anstatt ordentlich die gestellten Rätsel zu lösen, bei dem meldet sich sein Gewissen und verändert sich in die negative Richtung. Wer immer freundlich ist, behält auch ein reines Gewissen und macht eine gute Figur, wenn er mit Madame Babou reden muss. Es gibt also verschiedene Möglichkeiten, das Spiel zu beenden. Ob man Dieb und Gauner oder doch lieber der strahlende Held ist, bleibt jedem selbst überlassen. Diese Variationen schaffen einen großen Anreiz, "The Secrets of Da Vinci" vielleicht auch noch ein zweites Mal durchzuspielen. Wem nun die eigene Geisteshaltung nicht mehr gefällt, der kann sich ändern, indem er Punkte, die er für das Lösen von Rätseln erhält, eintauscht Natürlich kann man so auch seinen Weg in eine bestimmte Richtung beschleunigen. Beobachten kann man seine Gewissensleiste in der linken Ecke des Inventarmenüs, und dort können auch die erworbenen Punkte vergeben werden. Das Menü ist alles in allem recht übersichtlich. In der Mitte werden alle Gegenstände, die man im Verlauf der Handlung eingesammelt hat, angezeigt. Bei der Fülle kann das schon einmal leicht unübersichtlich sein, da man immer zwischen verschiedenen Seiten hin und her blättern muss, um das gesuchte Objekt ausfindig zu machen. Oben rechts kann man das eigene Charakterbild begutachten und ihm durch Ziehen wichtige Objekte wie einen Schilfrohrschnorchel anlegen; Gegenstände, die angelegt werden können, sind im Inventar durch ein kleines Symbol extra gekennzeichnet. Schließlich befindet sich in der Mitte Valdos Notizbuch; in ihm können gefundene Briefe und Zettel abgelegt werden, anders ist das Lesen dieser nämlich nicht möglich. Ein weiteres Buch, das interessante Informationen über die im Spiel vorkommenden Charaktere und Persönlichkeiten enthält, findet man ebenfalls neben dem Notizbuch. Etwas schwer zu erkennen ist nur das Symbol, das zum Speichern- beziehungsweise Laden-Menü führt, man muss schon etwas raten, um zu erkennen, dass das Kompasssymbol zum Menü führt und eine Sonne im Spiel immer "abbrechen" bedeutet. Steuerung Die Steuerung ist wie bei allen Point-and-Click-Adventures sehr simpel und leicht zu begreifen. Man nimmt das Spiel durchgängig aus der Ich-Perspektive wahr; die Tastatur muss gar nicht benutzt werden. Laufen, Gegenstände aufnehmen oder Ereignisse auslösen ist mit der rechten Maustaste möglich, ins Inventar kommt man über einen Klick mit der linken, hektisches Tastendrücken erübrigt sich also. Ein Pfeil oder Zahnräder zeigen an, wo man hingehen kann oder wann es möglich ist, ein Ereignis auszulösen bzw. einen Gegenstand aufzunehmen. Bei vielen Bildern kann man durch Anklicken nachlesen, wie sie heißen und dass sie natürlich von Leonardo da Vinci geschaffen wurden. Leider kann längst nicht jeder Punkt des Hauses erkundet werden; die Bewegungsfreiheit ist begrenzt, was zwar das Auffinden der handlungsrelevanten Punkte erleichtert, aber auch die Freiheit, alles zu erkunden wie man will, einschränkt. Grafik Die Grafik von "The Secrets of Da Vinci" ist zum Großteil gerendert und kann so eine Fülle von Details darstellen, was sehr zur Spielstimmung beiträgt. Die leider sehr seltenen Animationen sind recht ordentlich umgesetzt, jedoch wirken die Figuren beim Sprechen steif und die Mimik fehlt ganz. Die Lippenbewegungen sind nicht synchron und machen einen sehr unnatürlichen Eindruck. Schön ist hingegen, dass der Schauplatz tatsächlich so existiert. Vorbild war das Château Clos Lucé, früher Manoir du Cloux genannt. Anhand von Fotografien, die bei Besuchen gemacht wurden, konnte das Schloss nachgebildet werden. Um es künstlich altern zu lassen und auch die Maschinen und Zeichnungen, die im gesamten Haus zu finden sind, denen Leonardos genau nachzubilden, wurden Historiker zurate gezogen. Der Aufwand hat sich sicher gelohnt, der Handlungsort ist sehr atmosphärisch umgesetzt und man kann in eine längst vergangene Epoche eintauchen. Sound Der Sound hat zwei Gesichter: auf der einen Seite die wirklich gut gelungenen und glaubwürdig klingenden Sprecher der Hauptcharaktere und auf der anderen die lieblos wirkenden der Nebenpersonen. Während die Protagonisten passend besetzt wurden und perfekt ins Bild der französischen Renaissance passen, hören sich die "kleinen" Rollen weniger authentisch an. Was die Hintergrundmusik betrifft: Sie ist zwar stimmungsvoll, aber mit fortschreitender Spieldauer wird sie eintönig und nervt. Leider ist es nicht möglich, sie gesondert abzuschalten, ohne damit auch gleichzeitig alle anderen Soundeffekte abzudrehen. Wer das Rätseln liebt, wird "The Secrets of Da Vinci" begeistert durchspielen. Es ist grafisch sehr detailreich umgesetzt und entführt in eine der wissenschaftlich interessantesten Epochen der europäischen Geschichte. Dies eröffnet auch viele Rätselmöglichkeiten, von sehr schwer und fordernd bis einsteigerfreundlich. Durch die kleinen Hinweise können schnell erste Erfolge gefeiert werden, auch ohne stundenlanges Herumprobieren à la "Myst". Die Handlung ist spannend und motiviert zum Weiterspielen; dazu tragen auch immer wieder die vielen Möglichkeiten bei, Aufgaben zu lösen. Die Gewissensskala ist eine schöne und innovative Idee, die dazu animiert, "The Secrets of Da Vinci" mehrmals durchzuspielen und konsequent Entscheidungen, die zur jeweiligen Gesinnung passen, zu treffen. Allen Rätselfreunden, denen "Monkey Island" zu einfach und "Myst" zu schwer ist, sei "The Secrets of Da Vinci" ans Herz gelegt. Aber auch all jene, die sich für die Renaissance und das Schaffen Leonardo da Vincis interessieren, werden hieran sicherlich Gefallen finden. (06.06.2006)
|