Brigade 7.62: High Calibre

Brigade 7.62: High Calibre

(Petergames)

geschrieben von Daniel Lander

 

 
Entwickler: Apeiron Games
Publisher: Petergames
Genre: Taktikspiel
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Brigade 7.62: High Calibre
Preis: 39,95 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

Seit ungefähr einem Jahr ist "Brigade 7.62: High Calibre" in Russland bereits erhältlich. Nun ist der Nachfolger des als "russisches Jagged Alliance" beworbenen Spiels "Brigade E5: New Jagged Union" auch in heimischen Gefilden zu haben. Bekommt das ehrwürdige "Jagged Alliance 2" endlich einen würdigen Nachfolger? Wir haben dem Taktikspiel auf den Zahn gefühlt.

Neuer Gegner gesichtet, Sir.

"High Calibre" beginnt zeitlich kurz nach dem Ende des Vorgängers im Land Algueira. In diesem hat der Spieler durch seinen Einsatz im Nachbarland Palinero viel Aufsehen in Söldnerkreisen erregt und wird nun von einem dubiosen Geschäftsmenschen kontaktiert. Der hat durch einen Russen namens Ippolit Barischow viel Geld und Ansehen verloren. Das Geld konnte zwar mittlerweile wiederbeschafft werden, aber es soll ein Exempel statuiert werden. Und dafür ist der Held auserkoren. Er soll Barischow in Algueira finden und ihn töten. So viel zur Hauptstory. Klingt unspektakulär und ist es auch. Während der Spieler nach dem flüchtigen Russen sucht, gibt es aber zum Glück viele weitere Nebenquests, die erledigt werden wollen. Und die haben es oft in sich. Sowohl im Bezug auf den Schwierigkeitsgrad, der manchmal etwas sehr unausgewogen ist, als auch auf die Laufarbeit.

Als Beispiel mögen zwei Quests aus dem Anfangsstadium des Spiels dienen: In der ersten soll ein von Rebellen als Gefangener gehaltener Offizier der Armee befreit werden. Im Laufe der Hauptquest trifft man dann auch sehr bald auf die Rebellen und soll als Vertrauensbeweis, dass man ihnen nicht feindlich gesonnen ist, eben diesen Gefangenen hinrichten. Nun kann man sich entscheiden: Befreit man den Befehlshaber und kämpft sich durch das ganze Rebellenlager? Erschießt man den Soldaten und macht sich Armee und Regierung zum Feind? Oder gibt es vielleicht noch einen Mittelweg?

In der zweiten Quest soll man für einen Anwalt persönliche Dinge seines toten Bruders aus den Händen des Killers holen. Der Mörder ist auch relativ schnell gefunden, hat aber interessante Dinge zu sagen: Der angeblich tote Bruder soll noch leben und der Chef der ortsansässigen Minengesellschaft wüsste auch, wo er sich aufhält. Dieser weiß dann auch - durch etwas Druck - zu berichten, wo der vermeintlich tote Bruder steckt. Nachdem man dann auch mit diesem geredet und erfahren hat, dass der so scheinbar noble Anwalt den kleinen Bruder umbringen wollte, steht man vor der Entscheidung, was man jetzt machen soll. Den angeblichen Mörder umbringen und die Belohnung vom Anwalt abholen? Oder zusammen mit dem angeblichen Mörder und seinen Leuten den Anwalt erpressen, was der natürlich gar nicht mag? Alles der Polizei berichten und mit Regierungstruppen zusammen sowohl den Anwalt als auch den angeblichen Mörder bekämpfen? Oder vielleicht auch die Polizei hintergehen und alles selbst einsacken? Es gibt zwar durchaus auch Quests, die nach dem Schema "Töte Person X" oder "Bringe Paket von X nach Y" ablaufen, aber die Entscheidungsfreiheit, die man bei vielen Aufgaben genießt, erfreut durchaus.

Natürlich muss man sich nicht allein gegen alle Feinde zur Wehr setzen. Neben dem Hauptcharakter, den man zu Spielbeginn in einem ein wenig eingeschränkten Rahmen selbst erstellen kann, sind über ganz Algueira Dutzende, manchmal mehr, manchmal weniger brauchbare Söldner verteilt, die man anwerben kann. Dabei muss man sich, ohne zu wissen, wie stark oder erfahren der Söldner ist, entscheiden, ob man mit ihm oder ihr zusammenarbeiten möchte. Als einzige Entscheidungshilfe wäre das Gehalt des Söldners in Tagen bzw. Wochen zu nennen, das bei erfahreneren Söldnern deutlich höher ist als bei Grünschnäbeln, die vielleicht nicht mal wissen, wie man die Pistole überhaupt halten soll. Die meisten Söldner bringen auch, je nach Erfahrung manchmal auch sehr nützliche Ausrüstung mit.

Alles, was die Söldner mit sich herumtragen können, lässt sich grob in mehrere Klassen aufteilen: Panzerung, Behältnisse, Waffen, Munition und Sonstiges. Hier kann "High Calibre" eine seiner größten Stärken ausspielen, da die Auswahlmöglichkeiten - gerade im Bezug auf die Bewaffnung und Munition - immens ist. Während man bei Panzerungen und Behältnissen noch eine relativ übersichtliche Menge hat, wird man von der Anzahl verschiedener Waffen fast erschlagen. Dutzende Pistolen, Schrotflinten, Maschinenpistolen, verschiedenste Arten von Gewehren von Maschinen- über Sturm- bis zu Scharfschützengewehren und auch ein paar Raketenwerfer, sowie Mengen von Granaten stehen zur Auswahl. Gott sei Dank muss man sich nicht von Beginn mit dieser Riesenauswahl auseinandersetzen. Zum Spielstart stehen bei den Händlern und als Beute bei Kämpfen nur Pistolen und ab und zu mal ein kleines Sportgewehr oder eine abgesägte Schrotflinte zur Verfügung. Erst, wenn man der Hauptquest folgt oder eine bestimmte Anzahl an Kämpfen erlebt hat, wächst das Angebot. Damit man all den Krempel nicht im Rucksack oder in den Händen herumtragen muss, kann man bei manchen Händlern für ein bisschen mehr Geld auch Fahrzeuge kaufen. Dabei stehen unter anderem ein Jeep oder der bekannte Ural-LKW zur Verfügung. Darin kann man dann nicht nur Ausrüstung, Waffen und alles, was man gerade nicht braucht, zwischenlagern, sondern ist auch deutlich schneller zwischen den verschiedenen Einsätzen und Städten des Landes unterwegs.

Neben den von Spielbeginn an bekannten Örtlichkeiten gibt es im Laufe der Haupt- und Nebenquests noch eine Vielzahl weiterer Ortschaften zu entdecken. Manchmal stolpert man auch einfach so über ein Lager oder ein kleines Dorf. Überhaupt braucht der Spieler für "Brigade 7.62" eine gehörige Portion Entdeckergeist, da das Spiel den Taktiker nur am Anfang kurz an die Hand nimmt und dann quasi mit den Worten "Mach mal, du findest dich schon zurecht!" stehen lässt. Immerhin wird die Bedienung in einem kleinen Video-Tutorial, das vom deutschen Publisher extra für die neue Version erstellt worden ist, erklärt. Lobend an dieser Stelle ist auch das über 80 Seiten starke Handbuch zu erwähnen. Von einigen Hintergrundinfos über grundlegende Erklärungen zu Bedienelementen bis hin zu ein paar Tricks und Kniffen, die nicht so offensichtlich sind, bietet das Büchlein eine ganze Menge.

Der spielerische Schwierigkeitsgrad gleicht insgesamt einem zweischneidigen Schwert. Während der aus dem Vorgänger bekannte - etwas mühselige - Spielstart, in dem man sich erst einmal eine passable Ausrüstung samt Behälter zusammenkaufen und -stehlen musste, weg fällt, da in allen Städten herrenlose Kisten und Truhen stehen, in denen man auch mal direkt zu Spielbeginn eine Schrotflinte, Kevlarwesten, Dutzende Rucksäcke und so weiter finden kann, ist wenigstens in den Kämpfen manchmal ein bisschen Spannung angesagt, wenn dann die Gegner ähnliche Ausrüstung haben wie die Charaktere oder in einer deutlichen Überzahl sind. Die KI stellt sich grundsätzlich zwar nicht so dumm an; sie versucht, die eigenen Männer und Frauen einzukreisen, sich anzuschleichen und macht dem Spieler so ab und zu das Leben schwer. Oft rennen die Feine aber auch wie die Lemminge direkt ins Fadenkreuz der eigenen Leute und damit in den sicheren Tod. Ein paar sehr unbalancierte Missionen stechen leider ebenfalls negativ heraus. Die Tatsache, dass die eigenen Leute zu Missionsbeginn teilweise hinter dem eigenen Fahrzeug, die Gegner direkt auf der anderen Seite davon erscheinen, um dann mit Handgranaten auf das Fahrzeug zu werfen, wird in dem Moment ärgerlich, wenn der Spieler bemerkt, dass die Fahrzeuge zwar kaputtgehen, aber nicht repariert werden können - im Gegensatz zu Waffen und Ausrüstung, die jeder beliebige Händler innerhalb von ein paar Tagen wieder auf Vordermann bringen kann. Natürlich nicht umsonst.

Den Finger immer schön am Abzug lassen

Gesteuert wird "Brigade 7.62" hauptsächlich mit der Maus, auch wenn es für viele Befehle Tastaturkürzel gibt, die mit der Zeit auch recht fix von der Hand gehen: mit einem Linksklick bewegen, mit einem Rechtsklick und einer Mausbewegung die Kamera rotieren. Interessant wird es in den Kämpfen. Mit ganzen sechs Bewegungsarten von Rennen bis Kriechen, teilweise auch mit Schleichen, kann der Spieler die Söldner über die Karten hetzen. Dabei sind die Charaktere natürlich umso besser zu entdecken, je schneller sie sich fortbewegen. In den Städten darf also ruhig gerannt werden, während man sich im Kampf in geduckter Haltung bewegen sollte, wenn man nicht in kürzester Zeit als Kugelsieb enden möchte. Wenn dann ein Gegner in Schussreichweite ist, kann man - je nach Waffe - aus mehreren Schussarten wählen. Aus der Hüfte zu schießen ist schnell, aber ungenau. Gezielte Schüsse dauern etwas länger, treffen dafür besser. Und wer ein Zielfernrohr sein Eigen nennt, darf auch das benutzen.

Generell dauert jede Aktion - vom Pistole aus der Tasche ziehen bis zum Hinlegen - jeweils eine gewisse Zeit, die im "Smart Pause Modus" genannten Kampfsystem genauestens protokolliert wird. Dieses System lässt das Spiel bei bestimmten Vorkommnissen pausieren, um dem Spieler Zeit zu bieten, auf die neue Situation zu reagieren und den Söldnern Anweisungen zu geben. Je nach Erfahrung und Attributen der Kämpfer dauern die verschiedenen Aktionen dann auch noch mal unterschiedlich lange. Und wenn einer der Kämpfer auch noch geschockt ist, weil direkt vor ihm ein Bösewicht um die Häuserecke gekrochen kommt oder die Kugeln um ihn herum nur so einschlagen, kann es durchaus sein, dass man den Charakter erst mal keine sinnvollen Aktionen machen, sondern ihn sich etwas beruhigen lassen muss.

Grafik

Der Grafikengine des Spiels sieht man leider deutlich an, dass sie schon mehrere Jahre auf dem Buckel hat. Kantige Autos und Figuren stehen in und vor leeren Häusern mit detailarmen Texturen. Allein die Waffen sind ordentlich detailliert und man kann die verschiedenen Waffenarten auseinanderhalten. Auch fängt die Engine auf etwas schwächeren Rechnern an zu ruckeln, vor allem, wenn viele Figuren gleichzeitig auf einer Karte sind und es Kämpfe gibt. Ein Rebellenangriff auf eine Stadt zwingt dann schon mal den PC in die Knie. Großartige Effekte gibt es leider auch nicht. Rauchgranaten und Explosionen zählen zu dem Höchsten der Gefühle. Immerhin wird die 3D-Umgebung sinnvoll ausgenutzt. Auf einem Hügel kann ein Kämpfer weiter sehen, im Liegen sieht man nicht so weit, und so weiter.

Sound

Auch der Sound ist nicht "das Gelbe vom Ei". Musik gibt es kaum, zumindest keine, die nicht nach wenigen Minuten genervt abgestellt wird. Die Sprachausgabe der Söldner, die einen Befehl quittieren, klingt oft etwas sehr lustlos. Auch reden die Kameraden nicht mit jedem. Manchmal plaudern sie wie bei einem sonntäglichen Kaffeekränzchen und bei der nächsten Spielsitzung denkt man, dass der Söldner in Wirklichkeit ein Mönch mit Schweigegelübde ist. Einziger Lichtblick auch hier: die Waffen. Die Schussgeräusche der verschiedenen Waffen und Kaliber sind passend umgesetzt und auch die Granaten krachen schön.

Technik

Beim Testen des Spiels fielen - trotz erstem Patch - einige Fehler auf. So konnten einige Waffen wegen Übersetzungsfehlern der Munition nicht nachgeladen werden, Söldner standen mitten im Fahrzeug und kamen nicht vom Fleck und auch vor kompletten Abstürzen ist man nicht gefeit. Vor allem ein Fehler, der die Übersichtskarte zwischen den einzelnen Gebieten nach einiger Spielzeit schwarz werden ließ, dadurch zum Absturz führte und danach doch tatsächlich eine Neuinstallation erforderte, raubte den letzten Nerv. Ein schönerer Übersetzungsklops war eine Söldnerin, die eigentlich "Dessert" heißt und in der Verkaufsversion den schönen Namen "Wüste" trägt. Nicht nur, dass der Name grundlegend falsch übersetzt wurde, scheinbar wurde auch nicht geschaut, wo dieses Wort denn jetzt eigentlich benutzt wird. Einige der Fehler konnten mittlerweile durch findige Fans korrigiert werden, so dass es nun zumindest möglich ist, alle Waffen nachzuladen.

Insgesamt ist "Brigade 7.62: High Calibre" wohl leider nur was für Genrefreunde. Technisch kann das Spiel nicht überzeugen, der Schwierigkeitsgrad ist teils zu leicht, teils zu schwer und gröbere Schnitzer und Bugs trüben den Spielspaß doch gewaltig. Immerhin wissen die verschiedenen Quests und Aufträge zu überzeugen und - zumindest auf den höheren Schwierigkeitsgraden und mit ein paar Mods - schwierige Kämpfe gibt es auch genügend, so dass Freunde solcher Spiele fast schon bedenkenlos zugreifen dürfen, da Vergleichbares schon mit der Lupe gesucht werden muss. Meiner Meinung nach kommt man aber an das selbst gesteckte Ziel - "Jagged Alliance 2" vom Thron zu stoßen - lange nicht heran. Dazu war der Altmeister einfach zu gut und die technische Umsetzung von "Brigade 7.62: High Calibre" zu schlecht.

(22.04.2009)

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2021-08-03 15:30:55... - TheresaJal

I consider, that you commit an error. I can prove it. Write to me in PM, we will communicate.

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