Daemon Vector

Daemon Vector

(Frogster Interactive)

geschrieben von Christian Graser

 

Im Mittelalter sah es finster aus für viele Menschen: Hohe Steuern und Abgaben waren zu entrichten, die kleinsten Vergehen wurden hart bestraft und die Pest wütete schwer, vor allem unter den Ärmsten der Armen. Schenkt man der Hintergrundgeschichte von "Daemon Vector" Glauben, so hätte es jedoch noch viel schlimmer kommen können.

Sparsames Mittelalter

Inspiriert von den Reisen des Marco Polo brechen im 14. Jahrhundert viele junge Adlige auf, um in fernen Ländern Abenteuer zu bestehen und Schätze zu finden. Auf einer dieser Reisen wird ein magisches Siegel zerbrochen, woraufhin alle Menschen in der Umgebung in Zombies verwandelt werden. Diese Seuche wütet vernichtender als die Pest - und gerade als die Welt am Rand des Untergangs steht, tauchen von irgendwoher zwei strahlende Helden ohne Hintergrundgeschichte auf, die sich der Bedrohung stellen. Soweit die wenig originelle Einleitung von "Daemon Vector". Die Story ist nicht das einzige, woran bei diesem Spiel gespart wurde. Nach dem Öffnen der DVD-Schachtel fällt uns außer der Spiel-CD nichts entgegen - kein Handbuch, nicht einmal ein Faltblatt. Die Anleitung finden wir als zehnseitiges PDF-Dokument auf die CD gepresst - nach Abzug von Inhaltsverzeichnis und Credits bleiben noch magere fünf Seiten Inhalt. Doch zurück zum Spiel.

Wir sind Helden

Zu Beginn haben wir die Wahl zwischen Rhea, einer zierlichen, jungen Speerkämpferin und Asgard Roy, einem kräftigen Schwertmeister, die beide über die gleichen Eigenschaften und Fähigkeiten verfügen. Je nach gewähltem Charakter ändert sich zwar das Design mancher Level geringfügig, am Spielablauf oder der Hintergrundgeschichte ändert sich hingegen nichts. Das Lager, in dem die Geschichte ihren Lauf nimmt, ist der einzige Ort der Zivilisation, auf den wir im Spiel treffen. Hier erfahren wir in kleinen Videosequenzen, wie die verschiedenen Angriffe des Helden funktionieren, wie wir Gegenstände aufheben und sie benutzen. Da es keine Händler gibt und die NPCs nur einen Standardsatz auf den Lippen haben, schreiten wir sofort zum Ausgang des Lagers. Zwischen zwei Abschnitten müssen wir auf einer Strategiekarte unseren nächsten Bestimmungsort wählen. Nach dem Lager haben wir die Wahl, ob wir uns durch die Hintergassen des naheliegenden Dorfes schleichen, oder lieber einen Frontalangriff über die Hauptstraße starten wollen. Auswirkungen auf die Story oder Spielmechanik hat unsere Vorgehensweise leider keine, diese Wahlmöglichkeiten bieten lediglich eine Alternative, falls wir in einem Level festsitzen sollten. Auch wenn wir später im Spiel zuerst die Hexe töten, die über die Monster auf einer Waldlichtung herrscht, spielt sich diese Lichtung genauso, wie wenn wir erst die Lichtung absolvieren und uns danach der Hexe stellen.

Das Lager stellte noch eine Art Tutorial zum Warmwerden dar, aber nun geht es ans Eingemachte. Wir sehen unseren Helden aus der Verfolgerperspektive und steuern ihn wahlweise mit Tastatur und Maus oder per Gamepad. Die Kamera ist frei drehbar, kann aber leider nicht gekippt werden. Deshalb kommen die Gegner vor allem in unterirdischen Abschnitten, in denen die Kamera fast senkrecht über dem Geschehen hängt, erst sehr spät in unseren Sichtbereich. Aber was ein echter Heroe ist, lässt sich von solchen Kleinigkeiten nicht stören und drischt munter auf die tumbe Zombiemeute ein. Hierzu stehen uns neben dem leichten und dem schweren Schlag noch mehrere Spezialangriffe zur Verfügung, für die meist mehr oder weniger Energie aus dem Spezialbalken verbraucht wird. Dieser füllt sich im Gegensatz zum Lebensenergiebalken nach Angriffen auf Zombies langsam wieder auf, durch Combos - also schnell aufeinanderfolgende Treffer gegen einen oder mehrere Gegner - noch etwas schneller. Die im Handbuch angekündigten Verteidigungs- und Konterbewegungen können getrost ignoriert werden, denn erstens ist hierzu äußerst genaues Timing notwendig, zweitens ist das Prozedere nutzlos, wenn wir von Gegnern umringt sind, drittens können nur wenige Angriffsarten der Monster überhaupt geblockt werden und viertens ist unsere Standardattacke auch noch effektiver.

Simpler Spielablauf

Kämpfe gegen die ständig in der Übermacht auftretenden Gegnerhorden, die von einfachen Zombies über dicke Zombies und Zombies mit Waffen bis hin zu Zombiehunden reichen, lassen sich äußerst simpel gewinnen, denn ein Rundumschlag in der Mitte der Gruppe schickt alle Seelenlosen auf die Bretter. Bis die Meute wieder auf den Beinen ist, haben wir zwei von ihnen bereits erledigt. Danach wiederholen wir das Spiel, bis alle erledigt sind und einer von ihnen einen Schlüssel fallen lässt, der die Tür in den nächsten Raum öffnet. Dort beginnt das Spektakel von vorn, bis wir das Ende des Levels erreichen.

Damit wir uns vollständig auf den "komplizierten" Spielablauf konzentrieren können und um den Erkundungsdrang der Spieler zu reduzieren, hat man rechts und links des Weges unsichtbare Barrieren errichtet. Wir können also weder den deutlich erkennbaren Hinterhof eines Hauses erkunden oder über eine Wiese den Weg zum nächsten Gegner abkürzen, sondern müssen starr den in 90-Grad-Winkeln angelegten Wegen durch die Levels folgen. Nicht, dass es etwas bringen würde, die Gegend zu erforschen: Unser Held bekommt keine Erfahrungspunkte, kann nicht in der Stufe aufsteigen oder Eigenschaftswerte verbessern und findet bis auf wenige Ausnahmen keine Gegenstände wie Ausrüstung, Tränke oder ähnliches. Das einzige, was wir erhalten, ist die sogenannte Anima, die uns in Form eines blau-weißen Lichtstrahls aus jedem erledigten Monster entgegenströmt. Wozu diese gut ist, erfährt man aber weder im Spiel noch im Handbuch.

Von mangelnder Qualitätssicherung und künstlicher Intelligenz

Gespeichert wird in "Daemon Vector" immer zwischen den einzelnen Levels, bevor wir uns entscheiden, welchen weiteren Weg wir nehmen wollen. Dies ist auch die einzige Gelegenheit, die beiden Inventarplätze des Charakters mit Ausrüstungsgegenständen zu bestücken oder diese auszutauschen - im laufenden Spiel gefundene Objekte können unverständlicherweise nicht gleich angelegt werden. Was wohl leider auch gefehlt hat, ist ein Durchlauf in einer Qualitätssicherungsabteilung oder wenigstens ein Betatest. Anders lassen sich die ständig auftretenden Rechtschreibfehler in den Dialogboxen ebenso wenig erklären wie die Tatsache, dass viele Textfelder zu klein für den Inhalt sind, so dass viele Informationen einfach mitten im Satz abgeschnitten werden und verloren gehen. Spätestens der am Ende jedes Abschnitts mehrere Zentimeter groß auf dem Bildschirm erscheinende Buchstabendreher "Level absolivert" hätte irgendwem auffallen müssen.

Die künstliche Intelligenz der Gegner in diesem Hack & Slay lässt sich am treffendsten mit einem Satz aus dem eigenen Handbuch beschreiben: "Sie haben ihre Denkfähigkeit komplett eingebüßt und werden ausschließlich von ihren Instinkten geleitet." Aber nicht einmal so lässt sich erklären, warum zwei schwer bewaffnete Zombies es nicht schaffen, nacheinander durch ein Tor zu gehen und uns anzugreifen, sondern immer wieder gleichzeitig loslaufen, sich ineinander verhaken und es erneut versuchen, bis wir sie von ihrem traurigen Schicksal erlösen. Oder warum ein Zombiehund minutenlang gegen eine Bretterwand rennt, um uns auf der anderen Seite zu erreichen, anstatt um die Wand, die nicht einmal einen Schritt entfernt zu Ende ist, herumzulaufen. Auch er wird von uns mit einigen kräftigen Hieben durch die massive Holzwand, welche danach immer noch unversehrt und blickdicht ist, zur Strecke gebracht.

Bigger, Better, Boss

Aber "Daemon Vector" hat auch seine guten Seiten. Die Steuerung geht bis auf die Kameraführung angenehm leicht von der Hand, das Monsterschnetzeln macht zu Beginn richtig Spaß und kleine Änderungen im Leveldesign - Felsbrocken, die von der Decke fallen, Giftpflanzen und Lava-Abgründe - lassen hoffen, dass das Spiel später richtig in Fahrt kommt. Das passiert leider nur bei den abwechslungsreichen Bosskämpfen. Diese finden nicht nur an hübschen Schauplätzen statt, sie erfordern sogar endlich einmal etwas Taktik, um ihrer Herr zu werden. Da diese Obermotze alleine auftreten, haben wir hier endlich auch Gelegenheit, alle unsere Manöver einzusetzen und sind gezwungen, eine passende Taktik für den jeweiligen Gegner zu entwickeln. So kann der träge Henker recht gut von hinten attackiert werden, an die flinke Foltermeisterin oder die mächtige Hexe, die sich mit Wirbelstürmen, Dornen und Eulen verteidigt, müssen wir hingegen erst einmal nah genug herankommen. Zudem lassen diese Feinde nach ihrem Ableben auch starke Waffen oder Amulette zurück. Leider machen diese spannenden Momente einen viel zu geringen Teil des Spiels aus und nach nicht einmal fünf Stunden werden die meisten Spieler am Ende angelangt sein.

Nichts sehen, nichts hören, nur schnetzeln

"Daemon Vector" lässt uns nur die Wahl zwischen unzeitgemäßen 640 x 480 und 800 x 600 Bildpunkten. In diesen Auflösungen können wir wahlweise im Fenster- oder Vollbildmodus spielen. Die 3D-Levels wirken allesamt wie aus einem Baukasten, die Elemente sind rechtwinklig und auch die darin platzierten Gegenstände sind nicht besonders detailliert und wiederholen sich häufig. Texturen gibt es in den verschiedensten Braun- und Grautönen und der Detailgrad reicht von leicht verwaschen bis matschig. Die Lichteffekte bei Special-Moves hingegen sehen sehr schön aus, hier kommen auch helle und kräftige Farben zum Einsatz, die dem Spiel etwas von seinem trostlosen Aussehen nehmen. Die Animationen sind selbst für Zombies äußerst sparsam und ungelenk ausgefallen, bei den Hauptcharakteren und Zwischengegnern fällt dies aber weniger stark auf. Die gerenderten Zwischensequenzen stellen zwar eine nette Abwechslung dar, aber mehr eben auch nicht.

Die englischen Sprecher in diesen Szenen klingen etwas unmotiviert, die Stimmen sind jedoch gut gewählt, im Rest des Spiels müssen wir mit Text vorlieb nehmen. Während die Soundeffekte, insbesondere die Schrittgeräusche, zum schlechtesten gehören, was je ein Spieler ertragen musste, ist die dynamische Hintergrundmusik überraschend gut gelungen. Je nach Situation passt sie sich dem Geschehen an, ist meist aber treibend, da wir uns den größten Teil der Zeit im Kampf befinden. Neben dem Grunzen, Schreien, Schnaufen und Stöhnen der Zombies beschränken sich die Effekte auf das Geklirre der Waffen und die absolut unpassenden Schrittgeräusche der Helden. Diese klingen auf einem Waldweg so, wie man sie auf einer Holzbrücke vermuten würde und wenn der Held über ein Wiesenstück läuft, dann hört sich das mehr nach Kiesweg als nach Gras an.

"Daemon Vector" hätte ein gutes Spiel werden können, wären da nicht so viele gravierende Mängel wie die äußerst schwache KI, die unzeitgemäße Grafik, die schlechten Soundeffekte und die fehlende Handlung. Warum wurde hier nicht mehr auf die Stärken wie die fordernden und abwechslungsreichen Bosskämpfe gesetzt? Warum beherrschen die Helden so viele Manöver, wenn diese im Spiel eingesetzt mir mehr schaden als nutzen? Warum gibt es nicht mehr NPCs und Händler? Warum muss sich der Held durch schlauchähnliche Levels bewegen? Warum gibt es keine Charakterentwicklung? Und warum wirkt das komplette Spiel lieblos und halbfertig? Auch wenn Daemon Vector nur knapp 30 Euro kostet - für diesen Betrag erhalten Hack & Slay-Freunde schon die beiden besseren Titel "Demon Stone" und "Enclave" zusammen und deutlich mehr Spielspaß fürs Geld.

(12.01.2006)

Entwickler: XPEC Entertainment
Publisher: Frogster Interactive
Genre: Action-Rollenspiel
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Daemon Vector
Preis: 29,99 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

Kommentare zu diesem Artikel

Kommentare:
Der Kommentar wurde gespeichert!
The Captcha element applies the Captcha validation, which uses reCaptcha's anti-bot service to reduce spam submissions.

Daemon Vector
Daemon Vector
Daemon Vector
Daemon Vector
Daemon Vector
Daemon Vector
Daemon Vector
Daemon Vector
Daemon Vector
Daemon Vector
Daemon Vector