Full Spectrum Warrior: Ten Hammers (THQ) geschrieben von Andreas Berger
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Graue Kasernengelände und -gebäude prägen oft den Alltag von Soldaten in allen Ländern der Welt. Insbesondere die Infanterie muss für ihr Training in die Landschaft gebracht werden oder teuer errichtete Geisterstädte für die Verbesserung der Häuserkampffähigkeiten nutzen. Mit Fortschreiten der Virtualisierungs-, Grafik- und Softwaretechnologie werden die Militärs heute mehr und mehr in die Lage versetzt, die Lektionen kostengünstig in die heimischen Standorte zu verlegen. "Full Spectrum Warrior" wurde als taktische Simulation für Einsatztruppen der US-Infanterie entwickelt, bevor es auch auf die Rechner und Konsolen der Zivilisten gelangte und, mit hervorragenden Kritiken bedacht, die Wohn- und Spielzimmer eroberte. Der nun vorliegende Nachfolger "Full Spectrum Warrior: Ten Hammers" (FSW: TH) soll mehr sein, als nur ein Add-On für den Echtzeit-Taktik-Genuss. DLH.net stellt fest, wie es geworden ist. Story & Gameplay Der Tyrann von Zekistan, einem fiktiven Land im Mittleren Osten, wurde von den Truppen der USA und der Koalition entfernt. Das Machtvakuum lässt alte ethnische Feindschaften wieder aufleben, die durch den Tyrannen gewaltsam unterdrückt wurden. Die hinter dem nördlichen Gebirge "Tien Hamir" liegende, gleichnamige Provinz hat die Befreier bislang unterstützt. Nun lässt sich aber die mit "Ten Hammers" zu übersetzende Provinz auf separatistische Kräfte ein, was die Alliierten auf den Plan ruft, da sie für das Land einige andere Ziele hatten, unter anderem Wohlstand, die Demokratisierung und den Frieden für die Bevölkerung. Was mehr oder weniger an eine Vermischung der Ereignisse in Afghanistan und Irak erinnert, bildet die Grundsituation für den Einsatz der Truppen in "FSW: TH". Ohne US-amerikanische oder britische Truppen ist die Situation des Landes scheinbar aussichtslos. Die Ereignisse spielen sich vornehmlich in der Stadt Khardiman ab. Das Wirtschaftszentrum liegt an einer Nahtstelle zwischen dem Norden und dem Süden des Landes, und kontrolliert darüber hinaus den wichtigsten Pass des Gebirges. Die strategische Situation lässt die Stadt zu einem wichtigen Schmelzpunkt für alle Parteien des Konfliktes werden. Eine Stadt bedeutet in einem kriegerisch ausgetragenen Konflikt schlichtweg Häuserkampf, und um diesen geht es primär in den zwölf recht langen Missionen des Spiels. Mit einem bzw. zwei Platoons zu jeweils vier Mann und eventuell einem unterstützenden Schützenpanzer müssen vorher in einem Briefing erklärte Missionsziele erreicht werden. Dabei werden die Einheiten nicht direkt, sondern indirekt gesteuert. Den aktiven Trupps werden Befehle erteilt, die diese sogleich ausführen oder es zumindest versuchen. Dabei ist der Spieler als Befehlshaber stets mittendrin, greift aber eher selten zum Schießeisen. In manchen Situationen muss aber selbst Hand angelegt werden, um etwa ein gut gesichertes Ziel mit einem Präzisionsschuss auszuschalten oder dem Granatwerfer ein Ziel zu geben. Im Normalfall decken die Soldaten jedoch nur manuell vorgegebene Zonen ab. Tauchen in diesen Bereichen feindliche Ziele auf, werden diese automatisch unter Feuer genommen. Bei der Bewältigung der gestellten Aufgaben kommt den einzelnen Soldatentypen besondere Bedeutung zu. Während der Teamleader für die Koordinierung, Befehlsweitergabe und das Herbeirufen von Luftangriffen zuständig ist, wird der MG-Schütze als Mann fürs Grobe benötigt. Er sichert durch sein Sperrfeuer vorrückende oder sich zurückziehende Soldaten. Darüber hinaus gibt es noch den Grenadier, der mit seinem Granatwerfer Befestigungen der Gegner auflösen kann, sowie den Schützen, der für Spähaufgaben und den Transport von Verletzten zuständig ist. In manchen Situationen kann es erforderlich sein, das aktive Team zu teilen. Eine Häuserecke in zwei Richtungen zu sichern, bevor das andere Squad auf den Weg geschickt wird, ist mitunter nur auf diese Weise zu realisieren. Das war im Vorgänger nicht möglich. Ebenso neu ist die Option, Gebäude zu betreten, um sich beispielsweise aus dem ersten Stockwerk heraus eine bessere übersicht zu verschaffen. So können die eigenen Truppen gut in Position gebracht werden, um sie dann deutlich besser mit einigen Gefahren fertig werden zu lassen. Dauerfeuer wird allerdings schnell mit fehlender Munition bestraft. Gut gesicherten, gegnerischen Positionen lässt sich somit besser mittels Flankenbewegung oder einer gut platzierten Granate begegnen. Die Kämpfer der Separatisten sowie der anderen involvierten Parteien gehen bei ihren Aktionen erfreulich clever vor. Sie laufen in Deckung oder lassen, gut gesichert, den Truppen des Spielers kaum Entfaltungsmöglichkeiten. Etwas unfair ist allerdings, dass die Rebellen ein weitaus besseres Schusstraining genossen zu haben scheinen. Während US-Ranger oder Marines fleißig Löcher in Wände, Deckungen oder in die Luft schießen, reichen oft wenige Sekundenbruchteile in freier Schussbahn oder den Kopf zu weit aus der Deckung, um das Scheitern der Mission durch Verlust der Einheit zu bewirken. Mitunter sind die Elitesoldaten auch nicht in der Lage, das Feuer selbstständig einzustellen, wenn sich eigene Einheiten in die Schussbahn bewegen sollten. Wenn die GIs sich dann noch gegenseitig behindern oder aber sich in unmittelbarer Nähe befindliche Gegner als untreffbares Ziel erweisen, erscheint der Gedanke an ein ausgeglichenes Balancing beinahe absurd. Diesen Schwierigkeiten müssen sich im Multiplayer-Modus alle Mitspieler stellen. Bis zu vier Befehlshaber können sich per Breitband-Internet im Kampf gegen- oder miteinander vergnügen. Hierfür stehen acht verschiedene Szenarien zur Verfügung; unter anderem auch die Option, zwei miteinander verfeindete Rebellentruppen gegeneinander antreten zu lassen. Interessanter Gesichtspunkt ist hierbei, dass die Separatistenfraktion keine Squads, sondern Einzelsoldaten in die Schlacht schicken, was die taktischen Möglichkeiten auch im scheinbar unterlegenen Kampf erheblich verbessert. Bedienung Zunächst kommen Bedenken, wenn man sich daran macht, die Echtzeit-Taktik mit dem Gamepad beherrschen zu wollen. Scheinbar unzählige, teils auch situationsabhängige Tastaturbefehle und -befehlsfolgen wollen auf dem Spielgerät untergebracht werden. Zwar hilft das Spiel zwischendurch immer mal wieder mit Tipps, was denn nun gerade angebracht sei, dennoch ist die Optionsvielfalt anfangs noch sehr verwirrend. Der linke Analogstick dient dazu, die Bewegungen des Platoons zu steuern. Durch eine Art Kegel, in der Anleitung etwas verwirrend als Wirbelsturm bezeichnet, wird die anzusteuernde Position des Trupps ausgewählt. Die einzelnen Soldaten der Gruppe werden dabei als ausgefüllte Kreise dargestellt. Mit dieser Hilfe gelingt es erstaunlich einfach, die Kämpfer in die gewünschte Position, meist eine Deckung, zu bringen. Der rechte Stick bedient die Kamera, die rund um das aktuell ausgewählte Team oder Fahrzeug fokussiert ist. Im Gegensatz zu vielen anderen Spielen ist sie nicht frei positionierbar. Auch ist es nicht möglich, zur eventuell besseren übersicht weit herauszuzoomen. Was dem Realismus dient, treibt den Spieler im Geschehen mitunter zur Verzweiflung, wenn einfach nicht ermittelt werden kann, was hinter der nächsten Ecke ist. Hier heißt es: "Probieren geht über Studieren". Mit den Richtungstasten des digitalen Steuerkreuzes werden die einzelnen Soldaten bzw. deren Spezialfähigkeit ausgewählt. Die Aktions- sowie die Schultertasten dienen zur Auslösung der einzelnen Befehle. Aufgrund der schieren Menge der einzelnen Möglichkeiten schleichen sich, insbesondere in hektischen Situationen, immer wieder mal Fehler ein, die unter Umständen für das Team auch tragische Folgen haben können - und für den Spieler eine Extrarunde in der aktuellen Mission. Grafik Es gibt Spiele, die die PS2 grafisch bis zum äußersten ausreizen. "FSW: TH" macht nicht den Eindruck, zu dieser Art Software zu gehören. Erscheinen das Intro und die Menüs teils noch in fotorealistischen Bildern, verschwindet der Eindruck bei Beginn des eigentlichen Spiels. Häuser und Straßen heben sich in einigen Dörfern kaum voneinander ab. Häuserwände und -innenräume sind fast immer in Form und Farbe gleichartig gestaltet und machen so eine Differenzierung schwierig. Sehen die Soldaten aus der Nähe noch recht gut aus, so wandelt sich das Bild, wenn man zur besseren übersicht leicht herauszoomt. Sehr schwierig wird es dann, wenn man Gegner im Hintergrund erkennen möchte. Tarnung mag zwar realistisch sein, doch wird es auch aufgrund der leicht verwaschenen Texturen schwierig, Personen von Gebäuden oder Gegenständen zu unterscheiden. Die dargestellten Fahrzeuge kommen hingegen recht detailliert daher, wenn auch nicht besonders hübsch modelliert. Allerdings sind diese Tatsachen auch der recht geringen PAL-Auflösung geschuldet. "FSW: TH" sieht wahrlich nicht schlecht aus, optisch ist bei der PS2 jedoch mehr drin. Sound Zu Beginn der Missionen ertönt ein Musik-Score, der aus Ridley Scotts Film "Black Hawk Down" hätte stammen können. Leichte klassische Klänge mit orientalisch anmutenden Chorälen ergeben die scheinbare Kulisse des Mittleren Ostens. Dies ist sicherlich Geschmackssache, trifft den Nerv bei "FSW: TH" aber ganz gut. Ebenfalls professionell in Szene gesetzt sind die Soundeffekte. Egal, ob einzelne Schüsse, Maschinengewehrsalven oder aber Explosionen aufgrund geworfener Splittergranaten. Alles wirkt originalgetreu und kaum gekünstelt. Besonders die überflüge der Hubschrauber kommen, dank gutem Dolby-Sound, hervorragend an die Ohren des Spielers. Ganz in den Schatten gestellt wird die Geräuschkulisse allerdings von der Sprachausgabe der beteiligten Protagonisten. Diese ist zwar ausschließlich in Englisch vorhanden, trägt aber so bestens zur Atmosphäre bei. Nahezu jeder Soldat hat seine eigene Stimme, seinen eigenen Dialekt oder kommt gar in breitestem Slang herüber. Hat man das Kommando über britische Soldaten, so klingen diese eben ganz anders als der Texaner aus der Ranger-Brigade der US-Armee. Wird ein verletzter Soldat gegen einen frischen ausgetauscht, so stellt dieser sich erst einmal vor, bevor er sich ins Platoon einfügt. Gerät die Truppe unter Beschuss, wird teils hektisch durcheinander gebrüllt und Befehle werden gebellt. Schafft es der Trupp in die Deckung, atmen die Soldaten auch hörbar durch. Dies trägt bestens zum Mittendrin-Gefühl bei. Die Lautsprecher sollten aber auch entsprechend laut eingestellt sein.
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