Die Gilde 2 (JoWood, Deep Silver) geschrieben von Bastian Schössow
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Nach dem erfolgreichen Vorgänger "Die Gilde" ist nun der vielversprechende Nachfolger "Die Gilde II" erschienen. Da das Mittelalter im Moment sowieso in aller Munde ist, kommt "Die Gilde II" jetzt gerade richtig und bringt mittelalterliche Stimmung für euch und euren PC mit. Dabei müsst ihr euch den Problemen des Mittelalters stellen: Pest, politische Unterdrückung, Hungersnöte und Armut. Es geht wieder um Ruhm und Reichtum und es werden wieder jede Menge Intrigen geschmiedet, um euch am Erfolg zu hindern. Nun liegt es an euch, euch und eure Familie zu Reichtum zu führen. Noch realistischer als der Vorgänger und mit mehr Innovation durch ein Rollenspielkonzept, soll das "Die Gilde II" nicht nur Fans des ersten Teils anlocken. Viele Änderungen wurden im Spielprinzip vorgenommen. Ob der Mix aus Rollenspiel, Wirtschaftssimulation und Aufbauspiel punkten kann, erfahrt ihr in diesem Review. Am Anfang war der Mensch Gott schuf den Menschen nach seinem Ebenbild; vor demselben Problem steht ihr am Anfang, denn ihr verkörpert in "Die Gilde II" einen Charakter, den ihr selbst gestalten müsst. Aber bevor ihr dazu kommt, könnt ihr ein eigenes Familienwappen wählen. Wie in einem Rollenspiel bestimmt ihr Geschlecht, Religion, Sternzeichen, Körperproportionen und weitere Merkmale eures Alter Ego. Dann kommt ein ziemlich wichtiger Faktor im Spiel. Ihr müsst einen Beruf wählen, nämlich Patron, Gelehrter, Handwerker oder Dieb, der später noch ausgebaut werden kann. Nach ein paar Minuten glänzt euer Charakter in voller Pracht. Die Charakterklassen besitzen im Spielverlauf eine große Bedeutung. Der Patron kontrolliert Bäckereien, Landwirtschaft und Gastronomie; er ist für die Nahrungsversorgung der Menschen verantwortlich. Als Handwerker kümmert man sich um die Verarbeitung von Holz, Eisen und Textilien. Gelehrte sind sowohl Priester als auch Alchemisten und in der Lage, Parfums oder Gedichte anzufertigen und gewinnbringend zu veräußern. Gauner kommen mit illegalen und wenig angesehenen Machenschaften zu Geld. Die Wahl einer Charakterklasse ist allerdings nur beim Spielstart wichtig, denn im späteren Verlauf könnt ihr durch Ehepartner oder Kinder die Klasse ohne weiteres wechseln und profitiert von den Vorteilen der Berufsgruppe, müsst allerdings auch deren Nachteile in Kauf nehmen. Vollendet wird Euer Charakter durch seine zehn Fähigkeiten, die ihr im Laufe der Zeit ausbauen könnt und die ihm seine Einzigartigkeit verleihen. Diese Fähigkeiten könnt ihr wiederum noch durch Erfahrungspunkte (EP) komplettieren. Das Sammeln von Erfahrungspunkten führt zu einem allgemeinen Charakter-Level-Anstieg, was den Ausbau eigener Produktionsstätten ermöglicht. Des weiterten könnt ihr eurem Charakter Rüstungen und Waffen anlegen. Spezielle Lebenspunkte, die durch Talent erhöht werden können, zeigen in Form einer Kerze die Lebenserwartung des Charakters an. So steigen eure Chancen beträchtlich, solltet ihr von Banditen angegriffen werden. Wird euer Charakter krank oder verletzt, sinkt eure Lebenserwartung dementsprechend. Mit eurem Charakter und euren Familienmitgliedern bewegt ihr euch durchs Spiel - nicht wie im Vorgänger als eine körperlose Steuerung, sondern ihr seid mitten im Geschehen. Die Gilde II gleicht in weiten Teilen einem Rollenspiel mit Wirtschafts- und Aufbauelementen und unterscheidet sich somit drastisch von seinem Vorgänger" Wo gehts hier bitte nach Sherwood Forest? Nachdem wir unseren Charakter erstellt und einen Beruf gewählt haben, geht es an die Auswahl des Heimatortes. Vorweg ist zu sagen, dass der Singleplayermodus zwar keinen normalen Storymodus besitzt, er gestaltet sich aber dennoch sehr abwechslungsreich. Bei der Auswahl des Heimatortes müsst ihr euch nicht allein auf deutsche Gegenden beschränken, sondern ihr könnt euch auch bekannte europäische Schauplatze wie zum Beispiel den Sherwood Forest in England aussuchen, in dem schon Robin Hood sein Unwesen trieb." Es gibt insgesamt sieben Szenarien, die zur Auswahl stehen (mit dem Patch 1.15, den ich euch nur ans Herz legen kann, stehen acht Szenarien zur Auswahl). Die Schauplätze präsentieren sich abwechslungsreich und detailliert; besonders der Sherwood Forest überzeugt durch seine liebevolle und authentische Gestaltung. Ein hoher Wiederspielwert ist somit garantiert." Du bist die Gilde Man beginnt das Spiel im Jahre des Herrn 1400, und aller Anfang ist schwer. Unser Startkapital reicht noch nicht für große Sprünge, aber immerhin können wir damit schon einen kleinen Betrieb eröffnen, der bald mehr Geld einbringt, als wir investiert haben. Ganz nebenbei haben wir noch ein klein wenig Geld für kleinere Geschäfte und Gaunereien im Untergrund. Ihr könnt auch eine Art KI-Management für jeden eurer Betriebe setzen, um euch voll auf euren Charakter und dessen Beziehungen und Stellung in der Gesellschaft zu konzentrieren und das Spiel nach einem Rollenspielprinzip zu spielen - aber wo bleibt denn da der Spaßfaktor? Immerhin ist "Die Gilde II" auch eine Wirtschaftssimulation. Nach kurzer Zeit haben wir das Geld für unseren ersten Titel zusammen und dürfen uns nun "Bürger" nennen. Die Aufstiegschancen eines gewöhnlichen Einwohners sind arg begrenzt. Die Titel sind für den Spielverlauf extrem wichtig, da sie erst den Einstieg in politische Ämter ermöglichen, was aber nicht zwingend erforderlich ist. Als normaler Bürger bleibt ihr recht arm, als Graf oder Freiherr sieht es da schon anders aus. Ein ganz wichtiger Gesichtspunkt ist die Familie und der Fortbestand eurer Blutlinie. Es wurde an alles gedacht - vom Finden einer Frau bis hin zum Heiraten, sind zwischenmenschliche Beziehungen sehr wichtig in "Die Gilde II". Ihr solltet also ziemlich schnell eine Frau finden und sie ehelichen. Nach der Heirat gehts dann gleich ins eheliche Schlafzimmer, um einen Nachkommen zu zeugen. Euer Nachkomme übernimmt eine wichtige Rolle im Spiel, denn dadurch könnt ihr in andere Berufsgruppen einsteigen, die ihr festlegen könnt. Dabei ist wichtig sich zu überlegen, in welche Richtung ihr spielen wollt. Aber auch hier gilt: Ohne spielbare Familienmitglieder ist das Spiel zu Ende, denn ihr lebt nicht ewig. Auch in "Die Gilde II" steht die Zeit nicht still; die Gesichter der Charaktere altern und werfen Falten. Zwar verlaufen manche Entwicklungen etwas raschl ab (gerade macht eure Tochter noch in die Hosen und in der nächsten Sekunde ist sie schon eine junge und attraktive Frau). Ihr könnt eure Familienmitglieder steuern, wie euren eigenen Charakter, um mehr Kontrolle über eure Stadt zu bekommen. Für jedes Ereignis im Spiel bekommt ihr Erfahrungspunkte, um euren Charakter zu veredeln oder Sonderfähigkeiten auszubauen. Der Charakterausbau folgt in "Die Gilde II" bis auf die Alltagsaufgaben weitgehend dem Prinzip, das man schon von "Die Sims" her kennt. Politik, Wirtschaft und andere Verbrechen Ihr könnt nicht nur durch ehrliche, harte Arbeit zu Geld kommen, sondern auch durch Gaunereien wie Sabotage des Konkurrenzbetriebes, um eure Umsätze zu pushen. Als Dieb könnt ihr Bürger beklauen oder im weiteren Spielverlauf eine Bande gründen, um die Stadt heimzusuchen, wohlhabende Persönlichkeiten zu erpressen und euch somit finanzielle Vorteile zu verschaffen. Ihr kommt auch in der Politik nicht weiter, ohne die richtigen Leute an den richtigen Stellen geschmiert zu haben. Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, einfach jemanden zu ermorden, um so an sein Geld und sein Geschäft zu kommen. Ihr solltet euch aber dabei auch nicht erwischen lassen, denn sonst könnt ihr ganz schnell vor den Schranken Gericht landen und müsst euch dort für eure Missetaten verantworten. Aber auch hier gilt wieder: Geld regiert die Welt, und so sollte man "Die Gilde II" auch spielen. Ein wohl platzierter Geldbeutel da und dort - und schon stehen euch alle Türen offen. Natürlich kann sich der Spieler auch auf ehrliche Art und Weise sein Geld verdienen, einen Baum pflanzen und langsam eine Familie aufbauen, die mit vielen kleinen wohlanständigen Kindern den Erhalt des Stammbaum sichert - aber wer will das schon? Multiplayer - oder lieber doch nicht Über den Multiplayerteil von "Die Gilde II" gibt es nicht viel Gutes zu berichten. Er scheint mehr eine Beta als eine Finalversion zu sein. Verbindungsabbrüche gehören zur Tagesordnung, wodurch nicht viel Spaß aufkommt. Ihr kämpft via LAN oder Internet gegen bis zu 8 Spieler. Die Spielarten entsprechen denen des Einzelspielermodus - ihr müsst eure Kontrahenten auslöschen oder spezielle Siegbedingungen erfüllen beziehungsweise aushandeln. Ein Lichtblick ist, dass ein ordentliches Spielen nach dem Patch 1.15 besser funktioniert als ohne Update. Tutorial: Take it easy Baby! Das Tutorial ist sehr leicht zu verstehen und gewährleistet somit einen schnellen und problemlosen Spieleinstieg. Von der Kamerabewegung bis hin zum komplexen Wirtschaftssystem wird alles genau und gründlich erklärt. Die Erläuterungen erfolgen zum einem akustisch; sekundär hat man mit dem Notizblocksymbol auch noch die Möglichkeit, alles noch einmal nachzulesen, falls man nicht jedes Detail verstanden hat. Das Tutorial ist in verschiedene Abschnitte eingeteilt, die bei Bedarf noch einmal aufgerufen werden können, falls man etwas nicht genau verstanden hat oder lieber noch mal erklärt bekommen möchte. Leider ist es ein wenig zu kurz geraten. Aber nach einem Griff zum Handbuch dürfte es keine offenen Fragen mehr geben und dem Spielspaß steht nichts mehr im Wege. Tech-Report Zum Glück ist "Die Gilde II" nicht nur ein tabellarischer Wirtschaftshochgenuss, sondern kann auch durch seine Grafikpracht überzeugen. Das Spiel ist sehr detailliert und vom kleinen Straßenkind, Gaukler, Wache bis hin zum Karrenzieher wurde an alles gedacht. Man gerät wirklich ins Träumen, während man dem Treiben in der Stadt zuschaut. Die Innenräume der Gebäude sind wirklich sagenhaft schön und mit sehr viel Liebe gestaltet. Auch die Kameraführung ist sehr gelungen, wobei man von einer typischen Strategieansicht zu einer In-Game-Ansicht wechseln kann - aber das bleibt euch t überlassen; der Übergang fällt quasi nicht auf. Das Ganze hat auch eine Kehrseite, nämlich unglaubliche Performance-Einbrüche besonders im späteren Spielverlauf. Auch bei niedrigen Details wird er kaum flüssiger, zudem bekommt man von der wirklich schönen Welt von "Die Gilde II" dann kaum noch etwas mit. Für akustischen Hochgenuss wurde auch gesorgt, der Soundtrack lässt wirklich mittelalterliche Stimmung aufkommen. Auch die Soundeffekte haben es in sich. Jede Aktion wird von einem authentischen Geräusch begleitet. Leider können die Soundeffekte bei einigen spielerischen Aktionen auch sehr störend sein, aber nach einer gewissen Spielzeit merkt man das gar nicht mehr. So fangen die Synchronsprecher und die zeitlich angepasste Hintergrundmusik eine glaubliche mittelalterliche Atmosphäre ein, wobei auch die alternden Stimmen der Charaktere für Realismus sorgen. Die Steuerung ist leider sehr umständlich, obwohl die Tutorials versuchen, sie dem Spieler schmackhaft zu machen und alles gut erklären. Es bedarf einer Eingewöhnungsphase und eines Griffs zum Handbuch, bevor man das Spiel genießen kann. Jeder Betrieb hat eigene Funktionen, was t für neue und ungeübte Spieler anfangs sehr verwirrend sein kann, da man das Gefühl bekommt, man mache da etwas falsch. Dies kann später durch das KI-Management umgangen werden. Dabei ist es wirklich hilfreich, dass jedes Menü auf Wunsch eine Tooltip-Option besitzt, denn je größer der Betrieb wird, desto verwirrender werden die Menüs. Auch hier hilft wieder das KI-Management. Somit ist das Spiel nicht ohne Makel und man merkt sehr deutlich, dass die Entwickler noch ein wenig Zeit benötigt hätten, denn ohne den Patch, der zum Release erschien, lässt es nicht richtig Freude aufkommen. Ich hatte teilweise arge Performanceprobleme sowie unerklärte Abstürze, die erst nach der Installation des Patches teilweise behoben wurden. Ich empfehle ganz dringend, nach der Installation den Patch 1.15 zu verwenden, wenngleich die Entwickler als Entschädigung für die Abstürze ein weiteres Szenario und eine Bonus-Map dazu gelegt haben. "Die Gilde II" ist eine mitreißende Kombination aus Rollenspiel, Wirtschaftssimulation und faszinierender Lebenssimulation. Das Spiel ist also ein Mix der besonderen Art, wobei vor allem durch das Charaktersystem, in dem man sich um Ausbau und Veredelung seines Alter Ego kümmern muss, nicht so rasch Langeweile aufkommt. Im Vordergrund stehen allerdings die Wirtschaft und eure Stadt sowie eure Geschäfte, die man immer am Laufen halten muss. Wenn ihr doch mal Langweile vom Handeln bekommen solltet, begebt ihr euch ins Hinterzimmer und lasst Konkurrenten verprügeln oder fordert sie zum Duell heraus; für Abwechslung ist also gesorgt. Auch die Idee, die Blutlinie durch Nachkommen weiter bestehen zulassen, finde ich ganz witzig und innovativ, denn dadurch wird das Spiel ein wenig aufgelockert. Besonderes haben mir die alternden Gesichter der Charaktere gefallen, die glaubhaft das Gefühl des Zeitablaufs vermitteln. Leider funktioniert der Multiplayer noch nicht fehlerfrei und sorgt durch pausenlose Verbindungsabbrüche für Frust. Allerdings stellt sich die Frage, ob das langwierige Spielkonzept für ein Onlinespiel wirklich geeignet ist. "Die Gilde II" vermittelt dem Spieler tatsächlich, ein Teil des Geschehens zu sein. Es ist ihm selbst überlassen, wie er vorgeht. Auf jede Aktion erfolgt eine Reaktion und genau das ist wirklich sehr gut umgesetzt worden. Es bleibt jedem selbst überlassen, ob er ein guter Herrscher oder ein böser Tyrann sein möchte oder ob er sich als Gauner oder ehrlicher Geschäftsmann durchschlägt. Allein diese Handlungsvielfalt verspricht jede Menge Spaß und sorgt für viele Spielstunden. Der Einstieg in "Die Gilde II" gelingt relativ schnell und ist einfacher als beim Vorgänger. Man sollte sich dennoch für "Die Gilde II" eine Menge Zeit nehmen. Für ein Spiel nebenbei ist es einfach zu komplex und aufwendig. Für Spieler, die sich intensiv mit einem Titel befassen, ist "Die Gilde II" genau das Richtige, denn die Motivation hält über einen langen Zeitraum hinweg an. Man könnte denken, JoWood nähme die Fortsetzung zu wenig ernst: Man erinnere sich an den ersten Teil, der genauso viele Bugs hatte, wie der Nachfolger. Wäre die Steuerung noch ein wenig benutzerfreundlicher und wäre der Multiplayer spielbarer, gäbe es jedoch kaum etwas zu bemängeln. Im Großen und Ganzen ist die "Die Gilde II" r ein super Spiel und für Genre-Kenner ein Pflichtkauf. Trotz der vielen Fehler und des fehlenden Story-Modus, empfehle ich euch den Kauf von "Die Gilde II".
(23.10.2006) - Windows 98 / Me / 2000 / XP - 512 MB RAM - Intel Pentium/AMD ab 1,8 GHz - 128 MB Grafikkarte - 3,0 GB Festplattenspeicher - DVD Laufwerk - DirectX 9.0 - DirectX 9.0-kompatible Maus und Tastatur - DirectX 9.0-kompatible Soundkarte
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