Shadow Vault (Frogster Interactive) geschrieben von Hans Thiel
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Es ist eine düstere Zukunftsvision, die Shadow Vault zeichnet. Die nukleare Apokalypse hat das Antlitz der Welt gezeichnet und die Überlebenden müssen die Ruinen gegen ihre aus der Zukunft zurückgekehrten Urenkel verteidigen. So weit, so verwirrend. Zu den beiden verfeindeten Fraktionen, die nun um die Vorherrschaft auf dem vernarbten Planeten kämpfen, gesellt sich noch eine dritte Macht mit eigenen Zielen und Geheimnissen, die es im Lauf des Spieles zu entschlüsseln gilt. Immer schön der Reihe nach Shadow Vault ist ein rundenbasiertes Strategiespiel mit fixierter isometrischer Perspektive. Was gut ist für ältere und schwächere Hardware fühlt sich im Spiel reichlich antiquiert an und sorgt für manchen frustrierenden Moment, wenn die Bewegungspunkte wieder zu knapp sind, um die eigenen Soldaten nach dem Angriff wieder in Sicherheit zu bringen. Gerade Einsteiger-Strategen, denen dieses Konzept nicht schon in Fleisch und Blut übergegangen ist, könnten damit Probleme bekommen. Und so gilt es, auch mal eine der mühsam hochgepäppelten Einheiten bewusst als Kanonenfutter einer erdrückenden Übermacht an Gegnern entgegenzuwerfen, um von anderen abzulenken, die um jeden Preis beschützt werden müssen. In den meisten Fällen gilt es, die Missionen mit den zur Verfügung stehenden Einheiten zu erledigen, ohne dass missionsentscheidende Einheiten das Zeitliche segnen. Leider hat es das Handbuch nur bis auf die CD geschafft, nicht einmal ein dürres Beilage-Blättchen liegt der Packung bei. Auch wenn es sich um ein recht preiswertes Spiel handelt, das geht besser. Bei den doch recht zahlreichen Aktionsmöglichkeiten, Ausrüstungsgegenstände und Einheiten würde ein gedrucktes Handbuch - und sei es nur in Schwarz-Weiß - das Handling um einiges vereinfachen, zumal das Zurückschalten zum Desktop und der PDF-Datei ab und an auch zum Absturz des Spiels führt. Schön wäre auch eine Art Tagebuch gewesen, dies würde den Überblick über Handlungsorte, Personen und Fraktionen etwas erleichtern. Steuerung Die Steuerung unterscheidet sich kaum von anderen Strategiespielen, abgesehen von der eingeschränkten Bewegungsfreiheit der Einheiten. Jede Runde hat jede Einheit eine bestimmte Anzahl Aktionspunkte. Diese können zum Kämpfen, Bewegen oder das Ausführen von Spezialaktionen verwendet werden. Was simpel klingt, offenbart im Spiel jede Menge Frustpotenzial. Natürlich ist auch der Sichtbereich der Einheiten eingeschränkt, Feindkontakt am Ende der geplanten Wegstrecke ist meist tödlich. In vielen Fällen, vor allem zu Beginn des Spiels, reicht ein Angriff aus, um eine Figur auszuschalten. Es siegt also nicht der, der zuerst den Gegner sieht, sondern der, der dann auch noch genügend Aktionspunkte zur Verfügung hat, um entsprechend zu reagieren. Das gipfelt darin, dass sich mit der Zeit die Strategie durchsetzt, erst einmal forsch drauflos zu laufen, die Routen und Stärke der Gegner auszuforschen und dann den Level neu zu laden, um mit dem gewonnenen Wissen wenigstens etwas Taktik zu ermöglichen. Die schiere Masse der Gegner ist es, die dieses Konzept frustrierend werden lässt. Deren Bewegungsrouten sind augenscheinlich festgelegt, sie lassen sich aber mittels geschickt platzierter Köder in Form von eigenen Soldaten von ihrem Weg abbringen. Vom Spieler verlangt es dann den Mut, die gestellten Aufgaben und Anweisungen sehr weitläufig auszulegen oder auch zu ignorieren, nicht immer sind diese, so wortwörtlich wie sie gestellt werden, auch lösbar. Die in den Missionen gestellten Aufgaben beinhalten oft kombinierte Rettungs- und Schutzaufgaben, manchmal gilt es alle Gegner in einem bestimmten Abschnitt zu eliminieren, dann reicht wieder das Erreichen eines bestimmten Punktes, gepaart mit dem Überleben der wichtigsten Einheiten. Die Missionen sind nicht immer einfach, oft tauchen kurz nach einem verlustreichen Gefecht aus einem noch unerforschten Teil der Karte frische Gegnerscharen auf, die dem Häufchen Überlebender dann schnell den Garaus machen. Wieder hilft nur beherztes Neustarten der Mission oder Laden eines hoffentlich nicht vor allzu ferner Zeit gesicherten Spielstandes. Rundenbasiert, das bedeutet auch, dass es keine Möglichkeit gibt, Gruppen zu erstellen, die gemeinsam gesteuert werden können. Es lassen sich lediglich bis zu zwei untergeordnete Kämpfer (Wölfe, automatische Kampfroboter etc.) einem menschlichen Soldaten zuordnen, ansonsten gilt es, jede Figur einzeln zu steuern. Was auf dem Schlachtfeld mühselig genug ist, wird beim Verlassen von Gebäuden zur Tortur. Gebäude haben drei Slots, in die Einheiten geschoben werden können. Ein Slot für die Einheit (und eventuelle Untereinheiten), die das Gebäude verteidigt, eine Liste mit Einheiten, die sich im Gebäude aufhalten und ein Slot für die aktive Einheit. Das heißt, jedes Mal wenn eine Einheit ausgerüstet oder aus dem Gebäude befördert werden soll, gilt es, die betreffende Einheit in der Liste zu wählen, in den Slot für die aktive Einheit zu ziehen und dann das Gebäude zu verlassen. Dieses Spielchen muss dann so lange wiederholt werden, bis alle gewünschten Einheiten vor dem Gebäude versammelt sind. Was allein schon nur mäßig Freude bringt, lässt auch im Multiplayer keine echte Begeisterung aufkommen. Auch hier gibt es vorgefertigte Einheiten-Kontingente, mit denen dann die jeweiligen Aufgaben erledigt werden müssen. An dieser Stelle greift natürlich die Strategie des häufigen Abspeicherns zum Erkunden der gegnerischen Bewegungsmuster nicht mehr, die frustrierenden Momente häufen sich. Shadow Vault unterstützt neben TCP/IP auch das ältere IPX-Protokoll für Netzwerkverbindungen. Grafik Die relativ anspruchslosen Hardwareanforderungen lassen es vermuten: Große grafische Pracht ist von Shadow Vault nicht zu erwarten. Die apokalyptischen Schauplätze sind dennoch gut umgesetzt und an zerstörten Gegenständen, Staub und Dreck wurde nicht gespart. Die Gebäude und Umgebung warten mit vielen, teilweise animierten Details auf, auch wenn diese in manchen Fällen etwas deplatziert oder übertrieben wirken. So schwingen manche Kabel wie in sturmgepeitschter Nacht, der Rest der Szenerie harrt jedoch nahezu unbeweglich der nächsten Aktion des Spielers. Ein großer Mangel des Spiels ist die fehlende Tiefe in der Darstellung. Das Bild präsentiert sich vorwiegend kontrastarm. Licht und Schatten, die die Strukturen betonen und deren Größe hervorheben könnten, fehlen meist. So hebt sich die Struktur und Helligkeit mancher Häuserdächer nur unmerklich vom Schmutzbraun des Bodens ab, alles erinnert mehr an eine Modelleisenbahn-Landschaft denn an die Realität. Gerade weil die fixe Perspektive keine besonderen Ansprüche an die Hardware stellt, aber auch die Möglichkeit verwehrt hinter die Objekte zu schauen, wäre ein wenig mehr Ausarbeitung der Lichtsituation wünschenswert gewesen. Die Grafiken in Gebäuden sind ebenfalls nicht wirklich sehenswert und eher zweckmäßig als schön. Einheiten bewegen sich recht hölzern, was aber auch den festgelegen Bewegungspfaden geschuldet ist. Die Lokalisierung der Spielgrafiken verlief wohl nicht optimal, schon im Hauptmenü des Spiels darf man die Schaltfläche "ERLASSEN" bewundern, dem Dilemma, dass das englische "Quit" (oder "Leave") kürzer ist als das deutsche Pendant, wurde hier ganz pragmatisch mit dem Weglassen des ersten Buchstabens begegnet. Bravo. Dem entgegengesetzt: Ein kleines "NEU", zum Starten eines neuen Spiels, einsam auf einer riesigen Schaltfläche. Sound Zum Glück lässt sich die Hintergrundmusik abschalten. Wenn etwas völlig misslungen ist bei diesem Spiel, dann die Musik. Irgendetwas Atmosphärisch-Düsteres blubbert vor sich hin und stört schon nach wenigen Minuten gehörig die Konzentration. Beim Wechsel zwischen Spielkarte und der Innenansicht von Gebäuden wechselt jedes Mal die Musik. Da dieses Hin- und Hergeschalte, wie erwähnt, des Öfteren passiert, lässt sich der Eindruck einer springenden Schallplatte nicht ganz vermeiden. Die deutsche Synchronisierung beschränkt sich auf Intro, Levelerklärungen und einige ausgewählte Soundeffekte, der Großteil der Dialoge erfolgt lediglich in schriftlicher Form. Shadow Vault ist ein Spiel für Einsteiger in das Strategie-Genre, die ein gewisses Frustpotenzial mitbringen. Die vor allem zu Beginn, recht undurchsichtige Story regt die grauen Zellen an, Gut und Böse lassen sich nicht auf Anhieb klar unterscheiden. Die Grafik ist durchaus ansehnlich, auch wenn hier und da kleinere Schwächen zutage treten. Seine Stärke hat das Spiel ganz klar in den geringen Systemanforderungen, die es gerade für Einsteiger oder Gelegenheitsstrategen mit kleinem Geldbeutel interessant machen dürfte. (21.10.2005)
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