A New Beginning (Daedalic Entertainment) geschrieben von Manuela Loritz
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In Zeiten, in denen die Bundesregierung die Laufzeiten von Atommeilern verlängert und Staaten sich weiterhin weigern, Klimaprotokolle anzuerkennen, veröffentlicht Daedalic Entertainment zusammen mit Deep Silver "A New Beginning". Das Adventure nimmt sich genau dieses Themas an und schafft es, die Erderwärmung ohne den erhobenen moralischen Zeigefinger in eine spannende Geschichte zu verpacken. Die Klimakatastrophe und ihre Folgen Im Jahre 2500 steht die Menschheit kurz vor ihrer kompletten Auslöschung. Der Klimawandel hat die Erdoberfläche unbewohnbar gemacht und eine gewaltige Sonneneruption steht bevor. Eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern und Technikern fasst einen riskanten Plan, um die Katastrophe zu verhindern. Zum ersten Mal wollen sie in der Zeit zurückreisen, um die globale Erwärmung zu verhindern. Funkerin Fay glaubt daran, dass nur eine Person ihnen helfen kann, der Bio-Ingenieur Bent Svensson. Er und sein Team entdeckten eine Methode, mit der aus Algen alternative Energie gewonnen und damit die Atomkraft ersetzt werden kann. Damit wäre die drohende Gefahr schon Jahrhunderte vorher abgewendet. Allerdings geht bei der Zeitreise fast alles schief: Zuerst landen die Zeitpiloten im falschen Jahr im bereits zerstörten San Francisco und dann versucht der Eigentümer von Indez Industries und Betreiber der Kernkraftwerke auch noch Svenssons Forschung zu vernichten. Zurück in die Vergangenheit Die Geschichte erzählt die Erlebnisse der Zeitpilotin Fay und des Bio-Ingenieurs Bent Svensson, die beide abwechselnd vom Spieler gesteuert werden. Die Interaktionen zwischen dem Forscher und der jungen Dame übernimmt das Spiel, als Spieler kann man selten eingreifen und das lediglich durch eine Dialogauswahl, die allerdings keinen Einfluss auf das Ereignis hat. Wann der Wechsel der spielbaren Figur stattfindet, bestimmt die Handlung und das zumeist durch eine bedeutende Wendung in den Geschehnissen. Nachdem Bent zum Beispiel eine wichtige Präsentation gerettet hat, findet Fay heraus, dass er nicht mit offenen Karten gespielt hat. Bevor der Spieler erfährt, wie sie darauf reagiert, geht es mit Bent weiter. Diese offenen Fragen lassen ahnen, wie die Story weitergeht, wissen kann man es allerdings nie. Diese Ungewissheit vermittelt den Eindruck, sich in einem Krimi oder Thriller zu befinden. In den ersten Kapiteln erfährt der Spieler alle Informationen zu den Lebensgeschichten der beiden Helden, ihre Hintergründe und Motive für ihr Umweltengagement. Man kann sich sofort in die Figuren hineinversetzen und das motiviert auch für das Spielen. Bent lebt abgeschieden in der Einsamkeit Norwegens, sein einziger Kontakt zur Außenwelt ist seine Therapeutin. Seit dem Tod seiner Frau hat er sich mit seinem Sohn überworfen und nach einem Zusammenbruch musste er seine Forschung aufgegeben, die für ihn immer das Wichtigste darstellte. Fay dagegen ist zwar ein bisschen naiv, aber engagiert und glaubt an den Forscher. Während er alle Hoffnung begraben hat, glaubt sie an das Wunder, die Erde retten zu können. Die Rätsel des Adventures besitzen einen fairen Schwierigkeitsgrad, weswegen wohl auch keine Hilfen zu den Lösungsansätzen im Spiel integriert sind und hauptsächlich aus Kombinationsaufgaben bestehen. Welcher Gegenstand verwendet oder mit einem Objekt zusammengesetzt werden soll, erschließt sich vorwiegend aus der Geschichte heraus. Dabei kommen nie konstruiert wirkende Situationen vor, wie zum Beispiel das Umgehen einer verschlossenen Türe. Seltener gibt es Minispiele zu knacken. Dabei ist die von Daedalic gewählte Bezeichnung etwas irreführend, da es sich um klassische Schalterrätsel handelt. Diese erhöhen den Anspruch etwas, können allerdings nach drei Minuten Wartezeit übersprungen werden. Frustmomente werden damit (vor allem bei Adventure-Neulingen) verhindert. Die spielbaren Charaktere geben zwar nicht unbedingt hilfreiche Kommentare zu den Lösungen, dafür sind sie aber zumindest abwechslungsreich: Ein "Kann ich nicht" oder simples "Nein" gibt es nie zu hören. Die Dialoge zwischen den Charakteren sind hörenswert und bringen die Figuren dem Spieler noch einmal näher. So ist bei Bent immer ein leicht spöttischer Unterton zu hören, wenn er Fays Unwissen über die Vergangenheit und ihre Geschichte von Zeitreisen für sarkastische Kommentare nutzt. Gut umgesetzt ist die für ein Point & Click-Adventure typische Steuerung mit der Maus. Mit einem längeren Klick der linken Maustaste öffnet sich das kontextabhängige Interaktionsmenü, das bis zu vier unterschiedliche Aktionen anbietet. Mit der Leertaste lassen sich alle nutzbaren Objekte auf dem Bildschirm anzeigen. Das ist eine Komfortfunktion, die in diesem Falle gar nicht notwendig ist, da die Handlungsorte nie mit überflüssigen Objekten vollgestopft sind, sondern sich auf die wesentlichen, nützlichen Gegenstände beschränken. So bleibt auch das Inventar immer übersichtlich und das Kombinieren fällt leicht. Comic-Look und gute Sprecher "A New Beginning" besticht durch einen sehenswerten Graphic-Novel-Look, einem Comicstil, der sich an Erwachsene richtet. Das 2D-Abenteuer ist wie "The Whispered World" handgezeichnet. Im Adventure gibt es 100 verschiedene Hintergründe zu sehen, von der einfachen Hütte bis hin zur hochtechnischen Forschungsstation. Die sind allesamt hübsch anzusehen, lassen aber hin und wieder Details vermissen und die Räume sind teilweise spärlich eingerichtet. Das Spiel ist nur in der Auflösung 1024x768 Bildschirmpunkte spielbar. Das ist schade, stört aber nach kurzer Eingewöhnung an das schwarz umrandete Bild am Breitbildmonitor nicht weiter. Die häufigen Zwischensequenzen (insgesamt dauern sie ca. eine Stunde) bringen die Geschichte als animierten Comic voran. Die Musik überhört man beinahe, da sie sich sehr im Hintergrund hält und der Geschichte den Vortritt lässt. Dabei klingt sie schwermütig und passt zu den Situationen im Spiel. Ein Lob gilt auch dem Großteil der Synchronsprecher, vor allem Fay und Bent wurden sehr professionell vertont. Laut Daedalic sind 52 Sprechrollen zu vernehmen. Nachdem man allerdings die für die Geschichte unbedeutenden Charaktere einmal gehört hat, klingt dies nicht ganz überzeugend, denn die eine oder andere Stimme kommt doch bekannt vor. Die Ursache kann aber auch im fehlenden Talent einiger Sprecher liegen, die wie Laiendarsteller klingen. "A New Beginning" wurde bereits als "Bestes Jugendspiel" mit dem Deutschen Entwicklerpreis ausgezeichnet. Von der Kategorie sollten sich allerdings Erwachsene nicht abschrecken lassen, denn das Adventure ist für jeden Genreliebhaber einen Kauf wert. Grafik, Sprecher, Gameplay und vor allem die Geschichte überzeugen. Daedalic wird nie zu tragisch oder vermiest dem Spieler die Laune durch den drohenden Weltuntergang. Langsam muss sich der Entwickler und Publisher überlegen, ob er sich weiterhin hinter dem Label "Die Macher von " verstecken oder "A New Beginning" einfach hinzufügen sollte. (09.11.2010)
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