The Next Big Thing (Crimson Cow) geschrieben von Manuela Loritz
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Wer Adventures mag, hat sicherlich schon die "Runaway"-Trilogie gespielt oder zumindest davon gelesen. Ausgezeichnete Grafik und gelungener Humor brachten den Pendulo Studios gute Kritiken. 2009 wurden die beiden Protagonisten der Reihe, Brian und Gina, endgültig in die virtuelle Rente geschickt. Mit "The Next Big Thing" erscheint jetzt ein neues gemischtes Doppel auf der Monitorfläche. Ob das Spiel mit den hauseigenen Genre-Vorgängern mithalten kann, erfahren Sie in diesem Test. Der Horror ist im wahren Leben angekommen Die Handlung von "The Next Big Thing" spielt in den USA der 1950er-Jahre. Das macht noch keine außergewöhnliche Geschichte, jedoch teilen die Menschen ihre Welt mit Monstern. Die haben allerdings nichts Böses im Sinn, sondern übernehmen in den Horrorfilmen des Produzenten FritzRandolph die tragenden Rollen. Das Spiel startet direkt nach der alljährlichen Horrorfilmpreisverleihung, über die Liz Allaire und der Ex-Sportjournalist Dan Murray zusammen einen Artikel für ihren Arbeitgeber schreiben sollen. Für Liz eröffnet dieses Ereignis die Chance ihres Lebens, für Dan hingegen den langweiligsten Abend der Welt. Daran ändert sich für ihn auch nichts, als seine Kollegin bemerkt, wie ein bekannter Schauspieler namens Big Albert in die Villa des Filmmagnaten einbricht. Liz sieht darin eine spektakuläre Enthüllungsgeschichte und macht sich sofort daran, das Verbrechen auf eigene Faust aufzuklären.
Am nächsten Tag gibt es allerdings ein großes Problem: Weder Liz noch der benötigte Artikel über die Verleihung sind in der Redaktion aufgetaucht. Widerwillig muss sich Dan auf die Suche nach seiner Kollegin machen. Während diese immer tiefer in die Machenschaften eines Wissenschaftlers verwickelt wird und gegen ihre inneren Dämonen ankämpft, findet Dan heraus, dass nicht nur Liz verschwunden ist, sondern auch das Gehirn von Big Albert. Hat etwa die Entscheidung von FritzRandolph, der nur noch Familienfilme drehen möchte, etwas damit zu tun? Kopfzerbrechen? Fehlanzeige "The Next Big Thing" ist ein klassisches Point & Click-Adventure. Da sich die Wege des Duos früh trennen, übernimmt der Spieler abwechselnd die Steuerung von Liz und Dan. Mit einem Klick der linken Maustaste bewegt man den jeweiligen Protagonisten durch die unterschiedlichsten Umgebungen. Die sind nicht nur schön anzusehen, sondern auch abwechslungsreich gestaltet: Ob Villa oder ägyptischer Tempel, ob unter der Erde in einem Labor, tief im Unterbewusstsein von Liz oder in einem Zeppelin hoch oben in den Lüften, es wird eine große Bandbreite geboten. Mit der rechten Maustaste wählt man zwischen den handlungsbedingten Optionen: ansehen, nehmen, interagieren oder sprechen. Die Steuerung funktioniert dabei sehr präzise.
Das Menü ist am oberen Bildschirmrand platziert und öffnet sich, indem man den Mauszeiger darüber bewegt. Neben dem Inventar (das im Verlauf des Spiels vor allem leere Slots anzeigt), findet man hier die Möglichkeit, sich Tipps anzeigen zu lassen und die Hotspot-Anzeige, die alle verwendbaren Gegenstände auf dem Bildschirm sichtbar macht. Beide Optionen können zu Beginn des Spiels über die Einstellung des Schwierigkeitsgrads an- oder abgeschaltet werden. Während im einfachen Modus sowohl Tipps als auch Hotspot angezeigt werden, steht im normalen nur noch die Hotspot-Anzeige zur Verfügung. Erfahrene Spieler sollten auf "schwierig" stellen, denn "The Next Big Thing" bietet selbst für Anfänger vor allem leichte Rätselkost.
Dass die Lösung der Rätsel niemanden vor große Probleme stellen dürfte, liegt vor allem daran, dass diese so gut in die Geschichte eingebaut sind, dass der nächste Schritt immer logisch ist. Ein anderer Grund liegt im Design der Aufgaben, das sich vor allem auf das Einsammeln von Gegenständen und ihre richtige Verwendung beschränkt. Cleveres Kombinieren ist rar gesät und allenfalls zwei Rätsel erfordern zumindest auf den ersten Blick langes Grübeln. Auf den zweiten Blick rutschen sie in das Prinzip "Versuch und Fehlschlag ab. So soll Liz in ihrem Unterbewusstsein ein Orchester, bestehend aus sechs Blumen, dazu bringen, einen Tango zu spielen. Da kein Prinzip ersichtlich und keine weitere Erklärung vorhanden ist, kann das in nervigem Ausprobieren enden.
Obwohl Rätsel immer das Herzstück eines Adventures sind, lassen die Handlung, der Humor und die skurrilen Charaktere in "The Next Big Thing" das niedrige Niveau der Aufgaben immer wieder vergessen. Die einzigen Menschen im Spiel sind Liz und Dan. Erstere zeichnet sich dadurch aus, dass ihre verwirrenden Selbstgespräche schon in die Schizophrenie abgleiten. Letzterer ist ein Macho, wie er im Buche steht. Für ihn sind nur drei Dinge von Bedeutung: Frauen, Boxkämpfe und sein mit Alkohol gefüllter Flachmann. Einen sympathischeren Eindruck machen da schon die Monster, die ihren filmischen Vorbildern sehr ähnlich sind, nur absurder in ihren Eigenschaften. So kann der Poet (Glöckner von Notre Dame) seine einfachen einzeiligen Gedichte nur reimen, wenn er seinem Körper Schmerzen zufügt. FritzRudolph (das Biest aus "Die Schöne und das Biest") besitzt einen Hund, der eigentlich eine fleischfressende Pflanze ist, die keinen Winter überlebt und jedes Frühjahr wiedergeboren wird.
Das Film-Business ist nicht nur Teil der Handlung, sondern wird auch geschickt in das Adventure eingebaut, zum Beispiel durch musikalische Anspielungen (die kurze Slapstick-Szenen untermalen) oder Schnitttechniken, wie dem Ein- und Ausblenden von Szenen. Auch die Spielzeit ist nah an einen Film angelehnt: Nach vier bis fünf Stunden läuft bereits nach einem unspektakulär präsentierten Ende der Abspann über den Bildschirm. Bewährter Look Die Comicgrafik von "The Next Big Thing" erinnert stark an "Runaway" und bleibt dem technisch hohen Niveau treu. Die handgezeichneten 2D-Hintergründe sind schön anzusehen und das Gleiche gilt auch für die 3D-Charaktere, die sich mittels der Cel-Shading-Technik sehr gut in ihre Umgebung einfügen. Allerdings sind die Handlungsorte mit wenig Leben gefüllt, wirken statisch und so bewegen sich meistens nur die beiden Hauptcharaktere. Besonders hervorzuheben sind die Zwischensequenzen, die sich auf dem Level der Spielgrafik befinden. Dadurch verlaufen die Übergänge fließend und unterbrechen den Spielfluss überhaupt nicht.
Die Sprecher der Charaktere leisten sehr gute Arbeit und wurden passend zu ihrem virtuellen Gegenstück ausgewählt. Einzig die Synchronstimme von Dan Murray wirkt oftmals aufgesetzt, versucht zu machohaft und zu cool zu wirken. Das macht den Helden teilweise mehr zur Nervensäge als Liz, deren Charakter eigentlich dafür prädestiniert ist, schließlich redet sie ununterbrochen und ist, wie die anderen Figuren gerne erwähnen, "ver wirrend". Über den Sprecher von Dan kann man allerdings hinwegsehen, ein großes Smalltalk-Talent ist der Sportjournalist sowieso nicht. Im Hintergrund sorgen Piano und Streicher für die richtige Stimmung. Die Musik bleibt hauptsächlich im klassischen Bereich, passt sich hin und wieder der Situationskomik an: Legt Dan eine Slapstick-Einlage ein, verändert sich auch die Musik für wenige Sekunden und zieht damit die Situation noch mehr ins Lächerliche. "The Next Big Thing" bleibt vor allem aufgrund der Geschichte im Gedächtnis. Der Humor und die abgedrehte Handlung in dieser schönen Grafikumgebung lassen die leichten Rätsel vergessen. Leider ist das Spiel mit vier bis fünf Stunden einfach zu kurz geraten. Für Adventure-Fans, die sich gerne durch eine absurde Geschichte klicken und bei den Rätseln Abstriche machen können, lohnt sich die Anschaffung aber auf jeden Fall. (23.02.2011) Windows XP/Vista /Windows 7 Intel 1,7 GHz oder 1600+ AMD Radeon 5900 512 MB RAM 8 GB freier Speicherplatz
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