Jagged Alliance 2: Wildfire

Jagged Alliance 2: Wildfire

(ZUXXEZ Entertainment AG)

Geschrieben von Heinz Tönnies

 

Willkommen zurück in Arulco

1999 ist Jagged Alliance 2 auf dem Markt erschienen, von der Fachpresse freudig aufgenommen und mit ihren begehrten Awards für seinen taktischen Tiefgang, die gelungene Grafik und Waffenvielfalt, die spannende und teilweise sehr amüsante, non-lineare Storyentwicklung, ausgezeichnet worden. Daraus resultiert die Bedeutung des Spiels als Paradebeispiel für ein sehr gutes Strategiespiel im Segment der rundenbasierten, das nach wie vor zigtausende Bildschirmstrategen- und -taktiker regelmäßig aufs Neue vor dem Computer in den Bann zieht.

Aus diesem Grund haben i-Deal Games und die Zuxxez Entertainment AG das nach Unfinished Business mittlerweile zweite, mehr oder minder offizielle, Add-On, das unabhängig von Jagged Alliance 2 spielbar ist, entwickelt: Wildfire, das ursprünglich aus einer kostenlosen Modifikation Sergey Popovs entsprungen und nun durch professionelle Hilfe für den Massenmarkt aufgewertet worden ist.

Reicht diese professionelle Hilfe, um die hohe Messlatte, die das Hauptprogramm vor über sechs Jahren selbst gesetzt hat, zu überwinden, oder handelt es sich bei der Standalone-Erweiterung Jagged Alliance 2: Wildfire bloß um simplen Abklatsch, der den wertvollen Namen Jagged Alliance 2 aus reiner Profitgier missbraucht?

Aufmachung und Installation

Jagged Alliance 2: Wildfire kommt in einem Pappkarton, der etwa so groß wie ein DIN-A5-Blatt und etwa drei Zentimeter tief ist, daher. Dieser beherbergt neben dem eigentlichen Spiel, das auf eine CD-ROM gepresst ist und in einem zusätzlichen Jewelcase steckt, ein 72-seitiges Handbuch. Der Pappkarton sowie das Handbuch scheinen von derselben Firma gestaltet worden sein, die auch jene zum Hauptprogramm von 1999 und zur ersten offiziellen Erweiterung Unfinished Business (UB) ein Jahr darauf kreiert haben: Ein muskulöser Mann mit freiem Oberkörper, mit Kopfhörer im Ohr und energischem Ausdruck im Gesicht hat seinen Finger am Abzug einer geladenen Heckler & Koch MP5. Dieses Mal überwiegen die Farbtöne Grau mit einem Stich Blau und das gleißend helle Weiß der Lichtmaschine, während bei UB Grün und Schwarz hervorstachen. Diese Gestaltung wird wie gewöhnlich im Handbuch fortgesetzt und oft wiederholt.

Anders als bei den vorigen beiden Gestaltungen wird auf der Kartonoberseite Wildfires unverhohlen das Blutige des Spieles zugegeben: Aus den Einschusslöchern des Hintergrundes trieft das rote Blut in langen Bahnen. Auf diesen Gewaltaspekt weist schließlich auch die blau-farbene Raute mit der Kennzeichnung Freigegeben ab sechzehn Jahren gemäß §14 JuSchG , die angesichts des Spielinhaltes angemessen ist.

Die Installation des Spieles läuft reibungslos ab. Nachdem etwa 1 Gigabyte Festplattenplatz dahingegangen ist, gibt es nun, anders als bei den anderen Teilen der Jagged Alliance-Reihe, vor dem erstmaligen Starten des Spiels eine CD-Key-Abfrage.

Story oder Arulco? Da waren wir doch schon! Warum denn noch mal?

Zuxxez Entertainment, das für den Vertrieb in Deutschland verantwortlich ist, schreibt auf der offiziellen Online-Präsenz über den Hintergrund dieses zweiten Besuches in Arulco folgendes:

Wildfire bringt Sie zurück nach Arulco. Doch was Sie hier vorfinden, ist keineswegs erfreulich. Die Bevölkerung wird von der rücksichtslosen Armee bis aufs Blut terrorisiert, Hauptexportartikel sind mittlerweile Drogen. Der Filz durchdringt alle Führungsebenen des Landes und die Mafia ist überall.

Sie handeln undercover im Auftrag der US-Regierung mit dem Ziel, das Drogenkartell zu eliminieren. Sie benötigen eine geschickte Hand, um das richtige Söldnerteam zusammenzustellen, das Verhandlungsgeschick eines Diplomaten, um die misstrauische Bevölkerung auf Ihre Seite zu kriegen, das strategische Genie eines Generals und die Kampftaktiken eines Guerilleros. Wenn Sie scheitern, dann wird Ihr Auftraggeber sich an nichts erinnern …

… und gibt damit gleichzeitig Neueinsteigern, die das Dritte-Welt-Land Arulco das erste Mal betreten, eine Ahnung, welche Bedingungen dort vorherrschen: Nämlich eine tyrannische Diktatorin namens Deidrenna, die das Land und ihre Bevölkerung terrorisiert und eine Armee befehligt, die rücksichtslos jede Form von Opposition skrupellos niederschlägt. Dies allein deshalb, damit der Export von vielerlei illegalen Gütern und die Kooperation mit dem Drogenkartell möglichst ruhig von statten gehen kann. Die hohen Ausgaben, die aufgrund der Mühen der Armee und des hohen Bedarfs an Make-up für die Herrin anfallen, müssen schließlich gedeckt werden. Man schenkt sich ja sonst nichts.

Dies führt Sie, der oder die Sie einen Trupp von bis zu zehn Söldnern befehligen, sogleich zu ihrem ersten Missionsziel: nach La Omerta, wo Sie Miguel Cordona und die letzten verbliebenen Rebellen von Arulco treffen sollen. Von ihm werden Sie weitere Instruktionen und Ratschläge über Ihr weiteres Vorgehen zur Befreiung Arulcos und Niederschlagung des Drogenkartells erhalten. Sie werden somit nicht mehr nur von den Rebellen Arulcos und Enrico Chivaldori, Deidrennas Ex-Mann und Exil-Widerständler, sondern auch durch den berühmt-berüchtigten US-amerikanischen Geheimdienst, den CIA, unterstützt. Dieser versorgt Sie mit zunächst 120.000 US-Dollar, die Sie jedoch nicht gleich beim ersten Söldnerankauf auf den Kopf schlagen sollten . Einhundertzwanzigtausend Dollar, das ist zwar ein hoher Betrag, viel höher als der aus Ihrem ersten Einsatz in Arulco kurz vor dem so genannten Millenium, doch auch hierbei handelt es sich lediglich um eine endliche Summe. Der Hinweis aus dem Handbuch, zumindest ein Drittel aufzusparen, kann sich deshalb als notwendig erweisen. Denn wenige Tage nach Ihrem Aufbruch in Richtung Omerta werden Sie nähere Hinweise darüber erhalten, warum sich die Befreiungsaktion von 1999 gegen Deidrenna als Desaster herausgestellt hat und weshalb der CIA Ihnen bis auf Weiteres keine zusätzlichen Zahlungen zugestehen kann.

Gameplay oder Zehn Freunde sollt ihr sein!

Auf den Auftrag, der Ihnen schriftlich per E-Mail mitsamt der Aufwertung ihres Kontostandes um satte 120.000 US-$ erteilt worden ist, folgt ein Angebot einer Firma namens Psych Pro Inc , die Ihnen das Angebot unterbreitet, Ihr eigenes Ego mittels eines so genannten BSE-Tests zu kreieren und mit in den Kampf zu schicken.

BSE? Nein, hierbei handelt es sich nicht um einen Test, in dem nachgewiesen wird, ob und wie Sie an Rinderwahn(-sinn) erkrankt sind, sondern um eine Dienstleistung des Bundesinstitutes für Söldnerevaluierung, das auf der Basis ihrer - zugegeben, eigenwilligen und deshalb ungewöhnlichen - Antworten in einem 16-teiligen Fragebogen ihr virtuelles Pendant erstellt. Seien Sie deshalb zumindest dieses eine Mal ehrlich, denn die jeweiligen Antworten beeinflussen das Persönlichkeitsprofil ihres Charakters im Spiel und besonders im Kampf. Ein psychopathischer und impulsiver Charakter, der in Rambo-Manier seinen Problemen begegnet, kann in Wildfire sehr hinderlich sein. Die Redewendung Ehrlich währt am längsten. ist somit durchaus wörtlich zu verstehen, weshalb Ihr Charakter in manchen kritischen Situationen auch besonnenen und gewissenhaft antworten und handeln sollte.

Spieler, die Jagged Alliance 2 schon gespielt haben, werden erkennen, dass die Fragen im Wildfire-eigenen Test inhaltlich nahezu die gleichen sind wie im Mutter spiel. Sie sind zwar leicht abgewandelt, für JA2-Veteranen ist der Witz jedoch dahin. Neueinsteiger werden jedoch ihre Freude daran haben, denn der einmalig sarkastische und zynische Humor ist sowohl hier im BSE-Test als auch bei den Kommentaren der Söldner während des Kampfes beibehalten worden.

Nachdem Sie sich mit den Antworten des Fragebogens einverstanden erklärt haben, belegen Sie im folgenden Kapitel des BSE-Tests Ihren zukünftigen Charakter mit Punkten auf einer Skala von 0= diese Fähigkeit hat er nicht und wird er nie erlernen bis maximal 90= diese Fähigkeit entspricht der Kraft Herkules´ und kann schnell und sicher ausgebaut werden für seine Eigenschaften und Fähigkeiten. Zuletzt wählen Sie aus einer Auswahl das passende Portrait und die jeweilige Stimme aus. Für einen kleinen Obolus von wenigen tausend Dollar gehört der Charakter nun Ihnen.- Über die psychologische Bewertung ihres virtuellen Ichs werden Sie in den nächsten drei Tagen informiert, dessen Ergebnis Sie aufmerksam lesen sollten.

Wie gerade beiläufig erwähnt, in Rambo-Manier, als Alleiniger gegen alle, kommen Sie in Wildfires Arulco nicht weit. Deshalb erweist sich der Besuch der Association of Mercenaries, kurz A.I.M., als lebensnotwendiger Schritt zur Befreiung Arulcos. Der Service, der selbst vom erfolgreichen Einzelkämpfer Charles Bronson dringend empfohlen wird, gibt Ihnen den Weg frei zu etwa 40 Söldnern. 40 unterschiedlichen Charakteren mit umso mehr Stärken und Schwächen sowie Vorlieben und eigenartigen Wesenszügen, von denen Sie zu Beginn bis zu zehn Söldner und im späteren Verlauf mehrere Trupps zu je zehn dieser Paramilitärs anheuern können. Wählen Sie mit Bedacht aus, denn nicht jeder Söldner kommt mit jedem anderen so gut aus wie mit seiner Mutter oder Ehefrau. Damit Sie solchen Zwistigkeiten auf dem Schlachtfeld entgehen, weil der eine oder andere Söldner - oder Söldnerin - Ressentiments gegen Berufskollegen fremder Nationalität oder geistiger Haltung hegt, lesen Sie ausnahmsweise das Handbuch. Im Söldnerindex finden Sie mit einer Liste, die tabellarisch die Stärken und Schwächen sowie die Sympathie bzw. Antipathie gegenüber Fremden auflistet, alles Nötige. Ein Blick lohnt sich, denn eine verschworene Truppe zu befehligen, die in freundschaftlicher Beziehung zueinander steht, ist oftmals wirkungsvoller gegen die Übermacht der feindlichen Truppen eingestellt als eine Gruppe exzellenter Einzelkämpfer, die sich untereinander hassen.

Nachdem Sie ihre Auswahl getroffen, ihren Trupp mit Waffen, Munition und Krankenversicherung versorgt haben, geht es auf - per Hubschrauber - in den Kampf der Waffen nach La Omerta, einem kleinen Dorf im Norden Arulcos. In Echtzeit können Sie hier Ihre Truppenmitglieder durch das Gestrüpp lenken, wenn nötig die Gegenstände aus dem Inventar untereinander tauschen und zur Probe einzelne Salven zur Begrüßung verschießen. Letzteres sollten Sie aber erstmal unterlassen, denn die lärmenden Rotoren des Helikopters bleiben natürlich nicht unbemerkt und deshalb finden Sie und ihre Schar an Söldnern sich schon wenige Sekunden nach Ihrer Ankunft in einem kurzen, aber dennoch heftigen Gefecht wieder. Möglichkeiten, Ihre Treffsicherheit zu verbessern, bieten sich demzufolge zur Genüge.

Dazu schaltet das Spiel in den rundenbasierten Strategiemodus, in dem Sie sich erstmal in aller Seelenruhe einen groben Überblick über die Karte aus der isometrischen Perspektive, von schräg oben, verschaffen. Die Karte ist nämlich von Anfang an vollständig aufgedeckt, sodass Sie strategisch günstige Orte und Positionen bereits zu Beginn anvisieren können. Die gegnerischen Einheiten dagegen werden erst sichtbar, wenn sie sich im Blickfeld von mindestens einem Söldner bewegen. Seien Sie deshalb auf der Hut, denn hinter jedem Strauch, jeder Hausecke und auf jedem Dach kann sich ein Feind verbergen. Taktisch vorsichtiges Verhalten ist somit vornehmlich gefragt.

Tagsüber querfeldein, wild um sich ballernd - das ist die zumeist falsche Variante und besonders in Trupps, deren Mitglieder leicht die Fassung verlieren und automatische Waffen bei sich tragen, selbstmörderisch. Dann doch lieber sich während der Nacht an den Gegner heranschleichen und in kleineren Verbänden á drei Mann - und/ oder Frau - über die Flanken den Feind überraschen. Dazu befehligen Sie ihre Mitstreiter Schritt für Schritt, Actionpunkt für Actionpunkt (kurz AP) vorbei an hellen Straßenlaternen, durch dichte Wälder und tiefe Gewässer, über Hügel und die Dächer der Stadt. Jede Aktion, die Sie anordnen, kostet den jeweiligen Charakter Punkte, so genannte Actionpunkte.

Im bestem körperlichen Zustand, bei voller Energie und hoher Kampfesmoral kann der Söldner bis zu 25 dieser Art auf sich vereinigen, um sich einige Schritte in Richtung des Feindes zu bewegen, den Gegner anzuvisieren, abzudrücken und sich wieder in Deckung zurückzubewegen. Die Anzahl der Actionpunkte je Söldner ist davon abhängig, in welchem körperlichen und seelischen Zustand sich Ihr Angestellter befindet. Wenn dieser kurz vor dem Sieg steht, körperlich fit ist und seine Kameraden sich im selben vollkommenen Zustand befinden, ist die Zahl der AP dementsprechend hoch; wenn der Trupp jedoch von gegnerischen Einheiten eingekesselt ist, die bis an die Zähne mit schwerem Geschütz bewaffnet sind und Sie selbst nur noch alleine im Zentrum des Fadenkreuzes schwer verwundet stehen, kann sich die Anzeige für die verfügbaren Actionpunkte auch in den Minusbereich verlagern.

Weil der Schwierigkeitsgrad erheblich gestiegen ist, gewinnt die möglichst günstige Positionierung und Deckung der Söldner nochmals mehr und mehr an Priorität. Insgesamt haben Sie aber nahezu unbegrenzt viele Wahlmöglichkeiten, wie und ob Sie die Situation lösen. Einzig der Angriff feindlicher Patrouillen und Schergen Deidrennas Regime grenzt diese hin und wieder ein. In solchen Momenten können Sie nicht mehr arglos umherstreifen, sondern müssen sich zur Wehr setzen. Das Verhandlungsgeschick eines Diplomaten, das einzelne ihrer Truppenkollegen durch ihre ausgeprägte Weisheit und Führungskraft gegenüber der Zivilbevölkerung bei Streitereien und beim Handel zum Ausdruck bringen, nützt hier nichts: Die Mannen der Deidrenna verstehen nur eine Sprache: die der Feuer spuckenden Waffen und exzessiver Gewalt. Dafür stehen Ihnen neben den zwanzig neuen Waffen die bisherigen 60-70 Exemplare der Tötungsmittel, von denen die Programmierer einen Großteil der Pistolen entwendet haben, zur Verfügung. Diese reichen von Maschinenpistolen über Scharfschützengewehre bis hin zu Granaten, Sprengstoffen und Murmeln sowie Giftpfeilen. In Verbindung mit zusätzlichen Gegenständen, wie beispielsweise dem Stahlrohr zur Laufverlängerung der Schrotflinten oder dem Schalldämpfer, über den die Lebenslichter Ihrer Feinde still und leise ausknipst werden, dem Ständer, um einen sicheren Schuss bei größeren und schwereren Waffen zu gewährleisten oder den elektronischen und technischen Spielereien, um die Trefferchance zu erhöhen, offenbart sich hier wiederholt die weite Auswahlmöglichkeit.

Der Sie auch bedürfen, umso mehr des in der Produktbeschreibung geforderten strategischen Genie eines Generals und der Kampftaktiken eines Guerilleros , weil die größeren Städte wie Drassen und Cambria bereits zu Beginn stark befestigt und mit mehr Truppen verteidigt sind. Der Sinn für Abwechslungsreiche Taktiken und non-lineares Denken sind deshalb schon eine Grundvoraussetzung, um nicht wie ihre Kollegen von vor sechs Jahren in der Erinnerungslosigkeit des CIA und des Hasses der Einheimischen gegenüber fremden Söldnern zu enden.

Die große Entscheidungsfreiheit zeigt sich darin, dass mit zunehmender Spielzeit und mehr und mehr Ortschaften, die Sie eingenommen haben, auch die Anzahl an Subquests ansteigt. Nicht bloß Deidrenna zu töten und das Drogenkartell zu eliminieren, sind ihre Aufgaben, nein, auch ein entführtes Mädchen, das zur Prostitution gezwungen worden ist, gilt es aus den Händen skrupelloser Kinderschänder zu retten, den Pastor müssen Sie aufsuchen, um die Versorgung der Zivilbevölkerung, die Deidrenna sträflichst vernachlässigt, zu gewährleisten oder ein verirrtes Touristenpaar aus Cleveland dürfen Sie ins Sichere geleiten. Jaja, zwischen Arubien und Arulco besteht nicht nur von der Ausschreibung her ein Unterschied. Bei steigender Popularität in der verarmten Bevölkerung, die Sie gewinnen, wenn Sie diese anständig behandeln und ihnen helfen, folgen immer mehr Anfragen auf Unterstützung. Diese gereichen nicht nur denen, die Sie bitten, zum Vorteil, sondern auch Ihnen, weil Sie nähere Hinweise auf Waffendepots, versteckte Lager und Basen erhalten. Zuletzt zahlt es sich auch in barer Münze aus, weil Sie bereits nach wenigen Tagen keine weiteren Zuwendungen der CIA erhalten und von diesem Zeitpunkt an darum bangen müssen, ihre Söldner nicht mehr bezahlen zu können. Und das ist das nahezu Schlimmste, was Ihnen widerfahren kann: Ein Söldner, dessen Gehaltscheck soeben geplatzt ist, wirkt demoralisierend auf seine Kameraden und somit destruktiv hinsichtlich ihres Auftragsziels, Ruhe und Ordnung in Arulco wiederherzustellen.

Im Laufe der Geschichte können Sie natürlich wie im klassischen JA2 die M.E.R.C., die Konkurrenz -Vereinigung für Söldner, aufsuchen und dort neue Mitstreiter anwerben, bei Bobby Rays Waffenfundgrube und andere Geschäften sich mit mehr Waffen und Modifikationen sowie Rüstungen eindecken und ein Blumengeschenk an Deidrenna persönlich versenden.

Insgesamt wirkt der rote Faden aus Jagged Alliance 2 hier fort, sprich viele Subquests und Ereignisse entstammen denen aus dem originalen Spiel. Inhaltlich weist Wildfire deshalb sehr viel Ähnlichkeit auf und ist somit auch von ähnlich guter Qualität.

Darstellung und Technik oder Vorsichtsmaßnahmen ... welche überhaupt?

Wie allgemein üblich wird im Handbuch eines jeden PC- und Videospiels ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Spieler sich so weit wie möglich vom Monitor entfernt hinsetzen sollte, um das Risiko, der Epilepsie oder einer Augenerkrankung zum Opfer zu fallen, möglichst gering zu halten.

So steht diese Warnung natürlich auch hier, im Kapitel 1.3 Epilepsiewarnung , die nachdrücklich durch erhobene Zeigefinger am linken Rand gekennzeichnet ist. Doch im Gegensatz zu anderen Spielen erweist sich dieser Hinweis als der blanke Hohn: Die Auflösung des Spiels von 1024*768 Bildpunkten, die sich nicht verändern lässt, hat dazu geführt, dass viele Menüelemente winzig klein geraten sind, sodass es zwingend erforderlich ist, sich bis auf wenige Zentimeter, zumindest bis auf zwei Dezimeter, dem Bildschirm zu nähern.

Unter anderem umfasst der Laptop, über den der Spieler auf das A.I.M.- und später M.E.R.C.-Netzwerk, seine E-Mails, seinen so genannten Datei- und Personalmanager, sein Logbuch, das wichtige Ereignisse des Spielverlaufes automatisch festhält, und auf seine Finanzen zugreifen kann, nicht mehr die Bildfläche vollständig, sondern ist durch die Anpassung auf 1024*768 Pixel erheblich zusammengeschrumpft. Dies hat dazu geführt, dass sich zu den Seiten nach oben und unten sowie rechts und links unschöne breite Balken als Ränder auftun. Im Kartenbildschirm erweist sich diese Bildschirmauflösung dagegen nicht als derartig großes Problem, im Gegenteil, die Vervielfachung der Auflösung ist darin resultiert, dass der Spieler die Bedienleiste, in der aktuelle Nachrichten, Unterhaltungen und Ereignisse angezeigt werden, nicht mehr soweit herunter- bzw. hinaufscrollen muss wie in Jagged Alliance 2, um ältere Nachrichten zu lesen, die dem JA-Fan im Laufe des spannenden Spielgeschehens möglicherweise entfallen sind. Im Taktikbildschirm sind schließlich die Menüs für die Söldnerportraits und deren Inventar kleiner geworden, weshalb sich hier dasselbe Problem wie in der Ansicht des Laptops äußert.

Dieses Defizit lässt sich leider nicht ab- bzw. umschalten, weil i-Deal Games am Interface und der Technik des Basisspiels von vor sechs Jahren festgehalten hat.

Im Laufe des Spiels müssen Sie sich aus diesem Grund mehr und mehr daran gewöhnen, dass die Menüs so klein sind, Ihr Abstand zum Monitor bleibt deshalb nach wie vor ungewöhnlich gering.

Als unnötig umständlich stellt sich heraus, dass das Spiel nicht über das Menü, das nach dem Einlegen der CD erscheint, gestartet werden kann, sondern über den Umweg Start->Programme->Wildfire-Verzeichnis oder über die jeweiligen Ordner. Dies ist kein schwerwiegender Fehler, es hätte aber wahrlich besser gemacht werden können. Das ist unbestreitbar.

Es ist jedoch nicht alles, was den Aspekt der Darstellung und Spielens Wildfires anbelangt, klein, umständlich und beklagenswert geworden. So bestätigt sich die bessere Übersicht über das Kampfgeschehen durch die Vervielfachung der Bildschirmauflösung an heutige Standards, die auf der Rückseite des Kartons angepriesen wird: Weil die Auflösung erhöht wurde, die Größe der Sektoren währenddessen nach wie vor der aus Jagged Alliance 2 entspricht, beträgt die gesamte Fläche nicht mehr so viele Bildschirmeinheiten - es sind jetzt nur etwa vier. Besonders hervorzuheben ist neben dieser eher oberflächlichen Betrachtung vor allem, dass nahezu alle originalen Sektoren vollständig überarbeitet wurden, sodass Wildfire nicht nur durch schönere und höher aufgelöste Texturen die Blicke auf sich zieht, sondern sich im Endeffekt Jagged Alliance 2: Wildfire noch realistischer und fordernder spielt als zuvor. Nämlich beispielsweise durch die nun wirklich authentischen Waffeneigenschaften und ihren jeweiligen Klang, die dichtere Vegetation, die Schutz bietet, um sich fast unbemerkt bis auf wenige Meter oder gar Zentimeter an die gegnerische Einheit heranzupirschen - und leider die Gefahr für sich selbst in sich birgt, weil der Gegner diese Möglichkeit natürlich auch wahrnimmt. Zudem die erhöhte Anzahl an Gegnern, deren künstliche Intelligenz erhöht bzw. Hemmschwelle gesenkt worden ist, sodass auch Sie aufgefordert sind, sich spielerisch zu verbessern.

Dieser Schritt ist nämlich bitter nötig, denn die gegnerische KI ist im Vergleich zu Jagged Alliance 2 von 1999 erhöht und die Waffen näher am realen Vorbild gehalten und somit wirkungsvoller. Die Gegner verhalten sich bereits zu Beginn weitaus klüger als vor sechs Jahren, greifen aggressiver und in größeren Verbänden, von mehreren Seiten jeweils, an. Bewaffnet sind sie schon zu Beginn mit Maschinenpistolen und Schrotgewehren. Die Zeiten, in denen eigene und generische Kräfte sich mit Pistolen und anderen winzigen Feuerwaffen begegneten, sind demzufolge in Wildfire 2005 vorbei.

Die Veränderung der Eigenschaften der Waffen, die Gewicht sowie Reichweite und Schaden anbelangt, hat auch nicht vor den übrigen Gegenständen und Modifikationen für die Waffen Halt gemacht. Das Feldlazarett, der große Medizinkoffer, macht jetzt bis zu drei Viertel der maximalen Last, die ein Söldner wie Thor Kaufman transportieren kann, aus. Ebenso gestaltet es sich beim Werkzeugkasten, dessen Gewicht drastisch erhöht worden ist. Solche schweren Lasten den RPCs wie Dimitri oder Ira aufzubürden, die in Jagged Alliance 2 verhältnismäßig wenig leisten konnten, ist somit nicht mehr möglich.

Denen diese aufzubürden, weil sie ja doch eh zu nichts zu gebrauchen sind als in der Funktion als Lastesel des Trupps , ist in Wildfire teilweise verschwenderisch. Intelligenz, Kraft und Treffsicherheit ist nicht mehr nur den Söldnern des A.I.M. vorbehalten, auch die Rebellen unter Miguel Cordona verstehen etwas von ihrem Fach.

Dieses versteht auch der jetzige deutsche Publisher Zuxxez Entertainment, der den Wert der Lokalisation TopWares (der Publisher, der Jagged Alliance 2 1999 lokalisierte, UB jedoch nicht mehr für die deutschsprachigen Nutzer bearbeiten konnte, weil er zuvor bankrott ging) erkannt und deshalb eben nicht die verkorkste von Innonics übernommen hat. Die Söldner sprechen und klingen nun wieder in angemessener Sprache und Tonlage. Zudem hat Zuxxez Entertainment auch die Sounds der Waffen aufgewertet, indem nun die dazugehörigen verwendet wurden. Selbst der metallene Klang des Pistolenlaufs lässt sich heraushören. Die Hintergrundmusik dagegen bedurfte keiner Aufwertung. Diese erklingt nach wie vor auf demselben passenden Niveau. In kritischen, geradezu desaströsen Momenten umso dramatischer, in den Augenblicken des Sieges desto erhebender.

In der Einleitung habe ich gefragt, ob Jagged Alliance 2: Wildfire die Messlatte, die Jagged Alliance 2 vor sechs Jahren selbst gesetzt hat, überwinden kann. Die Antwort ist ... Jein.

Auf der einen Seite stehen die neuen Waffen und die neue Bewertung dieser, sodass sie authentischer klingen und realistischer wirken, die verbesserte KI und die dichte Vegetation, die den Weg freimacht für neue Taktiken und mehr Schutz und zuletzt der höhere Realismus, der zu noch mehr Spannung führt. Auf der anderen Seite stehen die verschlimmbesserte Auflösung von 640*480 auf 1024*768 Bildschirmpunkte, die das Betrachten der Gefechte so augenunfreundlich gestaltet und der Preis von knapp 30 € für eine Erweiterung, bei der es sich ursprünglich bloß um eine kostenlose Modifikation handelt. Letzteres war Counter-Strike aber auch und ist deshalb nicht entscheidend für eine negative Bewertung.

Ergo, dieses Spiel ist empfehlenswert für all jene, die einen schwachbrüstigen PC unter ihrem Schreibtisch stehen haben und besonders an Fans spannender Gefechte mit schwarzem Humor, für die eine ausgefeilte Taktik wertvoller erscheint als ein zittriger Finger, der in schnöden Ballerspielen von Nöten ist.

(29.04.2005)

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