007 - Ein Quantum Trost (PS3) (Activision) geschrieben von Witali Blum
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Als der britische Schriftsteller Ian Lancaster Fleming im Jahre 1953 einen damals noch unbedeutenden Spionageroman namens "Casino Royale" schrieb, schuf er einen Helden, der viele Menschen auf der ganzen Welt noch bis heute begeistert. Die Rede ist von James Bond, besser bekannt als Agent 007. Bewaffnet mit coolen Sprüchen und unverhohlenem Selbstbewusstsein, erobert der Charmeur die Herzen der Frauen und erledigt nebenbei mächtige Gegner, die seinem Arbeitgeber, dem britischen Geheimdienst MI6, in die Quere kommen. Viele Bücher und noch mehr Filme befassen sich mit dem Leben und Wirken der fiktiven Figur, so dass die aktuelle Verfilmung trotz ihres sehr guten Unterhaltungswerts nicht stark ins Gewicht fällt. Allerdings gilt dies nicht für die Videospielbranche, denn gute Bond-Spiele kann man fast an einer Hand abzählen. "007 - Ein Quantum Trost" versucht, diesem Missstand ein Ende zu setzen, indem es die Handlung der letzten beiden Filme, nämlich "Casino Royale" und "Ein Quantum Trost", aufgreift und im Gewand der Grafik der nächsten Generation präsentiert. Im Geheimdienst Ihrer Majestä Die Handlung von "007 - Ein Quantum Trost" ist dieselbe wie im gleichnamigen Film - mit der Ausnahme, dass in mehreren Rückblenden der Spieler auch James Bonds Erlebnisse aus "Casino Royale" aktiv mitverfolgt. Dabei geht es um eine mächtige Organisation, die so einflussreich ist, dass sie die meisten Geheimdienste unterwandert hat und genug Ressourcen besitzt, um ganze Regierungen zu stürzen. Während der MI6 zuerst von einem Einzeltäter namens LeChiffre ausgegangen war, der mit Bombenattentaten auf ausgewählte Ziele für Chaos gesorgt und anschließend an der Börse davon profitiert hat, erhält Agent 007 Informationen über die Existenz der wahren Strippenzieher im Hintergrund. Bond gelingt es, den Finanzier LeChiffre in einem Pokerturnier um sein Vermögen zu erleichtern und verursacht damit ein großes Loch in der Haushaltskasse von "Quantum" - der zuvor erwähnten Organisation. Natürlich versuchen die Bösewichte, sich ihr Geld mit unredlichen Mitteln zurückzuholen und erpressen James' jungen Schützling Vesper Lynd. 007 kann rechtzeitig intervenieren, doch leider kommt die junge Frau, in die sich der Geheimagent verliebt hat, ums Leben. Daraufhin entführt Bond Quantums Kontaktmann Mr. White, um diesen in Sienna verhören zu lassen. Bevor man jedoch den Informanten in Gegenwart der Chefin des MI6, M, zum "singen" bringen kann, ermöglicht ein Doppelagent dem Gefangenen die Flucht. James setzt seine Ermittlungen fort, um schließlich den Schuldigen für Vespers Tod zu finden. Lizenz zum Töten "007 - Ein Quantum Trost" beginnt im Einzelspielermodus in jeweils vier Schwierigkeitsgraden, die als "Neuer Rekrut", "Feldagent", "Agent" und "007" bezeichnet werden. Je höher der Rang in der MI6-Agentenhierarchie, desto klüger agieren die Gegner, auf die man trifft, und desto mehr Treffer können sie verkraften. Obwohl das Spiel sich am Inhalt eines Spionagefilms orientiert, handelt es sich bei dem Titel um einen reinen Ego-Shooter. Zugegebenermaßen gibt es einige Schleicheinlagen, um zum Beispiel einige Kameras zu überwinden. Jedoch führt ein Versagen nicht gleich zum Fehlschlag. James Bond muss sich lediglich auf heftige Gegenwehr durch Elite-Einheiten einstellen, die aber Dank massiver Feuerkraft leicht überwunden werden können. Während man die Handlung der Filme aus der Ich-Perspektive nachspielt, stehen dem Spieler jede Menge Schusswaffen zur Verfügung, um die Quantum-Söldner zu erledigen. So kann Bond neben seiner "Walther P99" zahlreiche andere Pistolen, Maschinen-, Scharfschützen- sowie Sturmgewehre und sogar einen Granatwerfer verwenden. Auf die meisten Tötungswerkzeuge kann man einen Schalldämpfer montieren, wenn man verhindern möchte, dass der Gegner allzu früh in den Sturmangriff übergeht, weil er durch zu laute Schüsse vorgewarnt worden ist. Die einzige Einschränkung des Inventars ist, dass Bond neben seiner Lieblingspistole nur zwei weitere Waffen tragen kann. Normalerweise würde man einen Kompromiss eingehen zwischen Schusskraft und verfügbarer Munition im Level, was bei "007 - Ein Quantum Trost" aber eher unnötig ist, da feindliche Söldner dasselbe Arsenal und folglich auch das gleiche Kaliber benutzen wie der Protagonist. Man kann sich nach dem Ableben der Kontrahenten jederzeit an ihrer Ausrüstung vergreifen. Technische Spielereien wie Laseruhren oder Mini-Kletterhaken sucht man im Spiel vergeblich, denn die Entwickler orientierten sich stark an der Filmvorlage, und dort musste Bond bekanntlich auch ohne Gadgets auskommen. Die einzige Ausnahme bildet das Handy des Agenten, das neben der sicheren Kommunikation mit der Zentrale die Funktionen eines Infologbuchs und einer Minikarte mit Radar besitzt. Außerdem kann 007 sich damit in Systeme hacken, um beispielsweise die installierten Kameras anzuzapfen. Bedauerlicherweise muss James Bond auch auf seinen Aston Martin verzichten und seine Feinde zu Fuß verfolgen. Nur in den Zwischensequenzen sieht man den Agenten manchmal ein Fahrzeug steuern. Eine große Ähnlichkeit mit dem Filmuniversum besteht darin, dass der MI6-Agent nahezu unverwüstlich ist. So kann er bis zu fünf direkte Treffer einstecken, bevor er ab dem letzten Kontrollpunkt die Mission fortsetzen muss. Gelingt es dem Spieler, mit seiner Figur in Deckung zu gehen, dann erholt sich die Gesundheit des Verwundeten komplett. Ein ähnliches Gesundheitssystem wurde zum Beispiel auch in "Uncharted - Drakes Schicksal" eingesetzt. Insgesamt bietet der Einzelspielermodus von "Ein Quantum Trost" eine recht kurze Spielzeit von sechs bis acht Stunden, wobei der Spieler zusätzlich während der Einsätze Trophäen für besondere Ziele erlangen kann, wie etwa das Töten von zehn Gegnern mit nur einem Schuss. Da die Missionen in allen Schwierigkeitsstufen fast identisch ablaufen, besteht in dieser Hinsicht keine Motivation, das Spiel mehr als ein Mal durchzuspielen. Dafür aber kann man sich im Mehrspielermodus nach Herzenslust austoben und gegen maximal elf Mitspieler über das Internet sein Können zeigen. Neben den klassischen Modi "Deathmatch" sowie "Team-Match", die sofort von "Unreal Tournament"-Profis dominiert werden, gibt es noch so genannte "Bond-Modi. Im "Bond VS" muss sich ein Agent gegen eine Gruppe behaupten, während der "Golden Gun"-Modus eine heiß begehrte Waffe im Level platziert, die jeden Kontrahenten mit nur einem Schuss töten kann. Vor allem letztere Option erinnert stark an den indizierten Titel "Golden Eye" für den Nintendo 64. Moonraker - Streng geheim Ego-Shooter-Veteranen auf der Konsole werden sich in "007 - Ein Quantum Trost" gleich heimisch fühlen, denn die Steuerung ist genretypisch. Während der linke Analogstick hauptsächlich der Fortbewegung dient, bewegt man mit dem rechten die Sichtkamera beziehungsweise das Fadenkreuz der aktuell gewählten Waffe. Möchte man einen Gegner genau anvisieren, dann hilft in diesem Falle die "L1"-Taste weiter, während "R1" dem Bösewicht endgültig die Lichter ausbläst. Mit "L2" wechselt man zwischen den maximal drei Waffen, die James tragen kann, und "R2" erlaubt es, eine Granate zu werfen, die aber eher dazu dient, die feindlichen Söldner aus der Reserve zu locken, als sie ernsthaft zu verletzen. Bonds besondere Fähigkeiten löst man mit den Symbolknöpfen des Controllers aus. So kann man mit dem "Dreieck" springen oder über Hindernisse hinweg klettern, das "Quadrat" aktiviert Interaktionen mit der Umwelt wie zum Beispiel, sich in ein Kamerasystem einzuklinken, der "Kreis" lässt den Agenten in die Hocke gehen und mit dem "X" nahegelegene Deckungsmöglichkeiten sinnvoll nutzen. Vor allem die letztgenannte Funktion ist äußerst praktisch, denn sie erlaubt dem Spieler, Schüsse auf anstürmende Gegner abzugeben, ohne sich direktem Feindfeuer auszusetzen. Das Ganze geht natürlich auf Kosten der Zielgenauigkeit, was bei Maschinenpistolen aber keine große Rolle spielt. Außerdem kann man immer noch mit "L2" ab und zu die Sicherheit der Deckung für genauere Feuerstöße verlassen. Sollte man als Anfänger immer noch Probleme haben, sich zu behaupten, dann wäre es besser, die Autozielhilfe im Optionsmenü zuzuschalten, mit der man Kontrahenten leichter aufs Korn nehmen kann. Darüber hinaus kann der Spieler beim Drücken des linken Analogsticks - "L3" - Agent 007 zu einem kurzen Sprint motivieren, um sich beispielsweise einem Gegner auf Nahkampfdistanz zu nähern, und schließlich mit "R3" ein so genanntes "Quicktime-Event" einleiten, bei dem er ähnlich dem Kampfsystem bei "God of War" in schneller Abfolge die geforderten Knöpfe betätigen muss. Wenn man innerhalb der vorgegebenen Zeit rechtzeitig reagiert hat, schaltet James mit einer Kombination aus seinem Jiu-Jitsu-Repertoire feindliche Söldner aus, die sonst vielleicht Dank ihrer schusssicheren Westen mehrere Kugeln überlebt hätten. Auch Endbosse erledigt man auf diese Weise. Zusätzlich gibt es in "007 - Ein Quantum Trost" ein Minispiel, das immer dann auftaucht, wenn ein Schloss geknackt werden muss. Hierbei soll der Spieler das Steuerkreuz entsprechend den grünen Pfeilen auf dem Bildschirm bedienen, um so die Zahlen eines Passworts zu entschlüsseln. In seltenen Fällen muss Bond über Balken balancieren, was man jedoch mit dem Analogstick erledigen muss, da es keine 6-Axis-Unterstützung gibt. Zuletzt wäre noch die "Select"-Taste wichtig zu erwähnen, da man mit ihr das multifunktionale Handy aufruft, über das 007 seine Informationen bezieht und weitergibt. Golden Eye Obwohl die Grafik in "007 - Ein Quantum Trost" weit davon entfernt ist, so realistisch zu sein wie ein Kinofilm, machten die Entwickler mit der Levelgestaltung einen großen Schritt in die richtige Richtung. Dank der "Call-of-Duty-4-Engine werden Lichtquellen, Schatten und Explosionen korrekt und vor allem authentisch berechnet. Wenn auch noch viele Gegenstände zu Bruch gehen oder durch die Gegend wirbeln, macht es gleich doppelt Spaß, auf brisante Behälter wie Gastanks zu schießen. Neben optischen Reizen hat das rabiate Vorgehen den Vorteil, dass man Munition spart, denn riesige Feuerbälle sind für Gegner ebenso ungesund wie für das Inventar. Die Animationen der Kontrahenten sind nahezu filmreif, denn am Bein verwundete Kämpfer humpeln und schreien vor Schmerz auf, während tödlich Verletzte zusammensacken oder von ihrer hohen Position - wie einem Balkon - in die Tiefe stürzen. Darüber hinaus muss man die Detailversessenheit loben, mit der die Akteure der letzten beiden Bond-Filme in das Spiel übertragen worden sind. Daniel Craig, Judi Dench, Mads Mikkelsen und Mathieu Amalric sind nur einige der zahlreichen Schauspieler, die sowohl auf der Kinoleinwand als auch im Spiel in den entsprechenden Rollen zu finden sind, wie etwa James Bond, M, LeChiffre und Dominic Greene. Trotz aller Vorzüge gibt es auch einige Kritikpunkte, beispielsweise die lineare Umgebung, in der Agent 007 seine Feinde bekämpft. So wird jeder Level praktisch von einem Kontrollpunkt zum nächsten in feste Bereiche eingeteilt, in denen bestimmte Missionen erfüllt werden müssen. Ein Umweg wird meistens durch verschlossene Türen verhindert. Ferner sehen die meisten Angreifer ziemlich ähnlich aus, da man sich verständlicherweise bei der großen Menge an Kanonenfutter nicht verkünsteln wollte, jedem Söldner oder besser jeder Leiche einzigartige Gesichtszüge zu verleihen. Schließlich könnte man sich darüber beschweren, dass "007 - Ein Quantum Trost" trotz fehlender Jugendfreigabe keinen einzigen Tropfen Blut auf dem deutschen Bildschirm sehen lässt. Dies ist vor allem sonderbar, wenn man bedenkt, dass im aktuellen Kinofilm, der ab zwölf Jahren freigegeben ist, James Bond in einer Messerstecherei einen Bösewicht mit einer Schere ersticht und ausbluten lässt. Ähnliche Zensur ist man aber schon aus anderen Spielen gewohnt, so dass die Entwickler nicht wirklich dafür verantwortlich gemacht werden können. Vermutlich wollte man nicht das Schicksal eines auf dem Index stehenden Nintendo-64-Spiels teilen, das auch James Bond zum Inhalt hatte. Octopussy Der Soundtrack zum Spiel orientiert sich größtenteils an der Filmmusik, die wie in der Kinoproduktion sich einerseits dezent im Hintergrund hält und andererseits für Atmosphäre sorgt. So ertönt zum Beispiel in kritischen Situationen immer wieder das beliebte Bond-Motiv, das hohen Wiedererkennungswert besitzt. Erfreulich ist die Tatsache, dass alle Rollen von den deutschen Originalsynchronstimmen gesprochen werden. Leider ist die wörtliche Rede immer etwas schneller als die Lippenbewegungen der digitalen Alter-Egos. Ansonsten ist die Lokalisierung von "007 - Ein Quantum Trost" gut gelungen, da sogar die Gegner sich gegenseitig auf Deutsch Befehle zurufen. Die Soundeffekte der Waffen, Explosionen sowie technischer Geräte wie Überwachungskameras erhöhen durch ihre gute Qualität den Grad an Realismus. Fazit oder: Sag niemals nie "007 - Ein Quantum Trost" ist ein verhältnismäßig gut gelungener Lizenztitel zu einem äußerst unterhaltsamen Film und orientiert sich sehr stark an der Drehbuchvorlage. Deswegen sollte man an dieser Stelle möglichen Käufern empfehlen, erst den neuesten Film zu sehen, denn die interessantesten Momente werden im Spiel vorweggenommen. Da "Ein Quantum Trost" mit seinen 106 Minuten der bisher kürzeste Bond-Film ist, wäre es doch äußerst schade, wenn man bereits vorher den Großteil der Handlung erführe. Ansonsten bietet der Titel kurzweilige Action, die zweifelsohne nach der Spielzeit im Einzelspielermodus im Mehrspielermodus fortgesetzt wird. Ich persönlich würde mit dem Kauf allerdings warten, bis der Preis sich der 50 Euro-Marke genähert hat, da man meiner Meinung nach für das geforderte Geld mehr Einzelspielerinhalte hätte erwarten können. (23.11.2008) |