Shadow Warrior

Shadow Warrior (PC)

(Devolver Digital)

geschrieben von Christian Schmitz

 

   
 

Mit "Shadow Warrior" liefert das polnische Entwicklerhaus Flying Wild Hog nach ihrem letztjährigen Debüt, dem Geheimtipp "Hard Reset", einen weiteren Oldschool-Shooter ab und geizen bei ihrer expliziten Actionorgie nicht mit durchschlagender Schusswaffengewalt und handfesten Langschwertkämpfen.

 

Hieb- und stichfeste Story

"Shadow Warrior" dürfte insbesondere Ego-Shooter-Fans der 1990er Jahre ein Begriff sein, denn nur kurze Zeit bevor "Half Life" und "Unreal" das Genre maßgeblich verändern sollten, veröffentlichten die "Duke Nukem"-Erfinder von 3D Realms in ihrer kreativsten Schaffensphase u. a. das fernöstlich angehauchte Gemetzel, welches bis heute auf der Indexliste der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien schlummert. Statt eines originalgetreuen Remakes erwarten Kenner und Neueinsteiger jedoch eine komplette Neuinterpretation der Thematik. Spielcharakter Lo Wang ist Auftragskiller und Liebhaber von Katanas, also japanischen Langschwertern. Er hat es in diesem Fall auf ein ganz spezielles Exemplar abgesehen, nämlich das sogenannte Nobitsura Kage. Um es gegen den Willen der Ungeheuerbrut aus den Höllentiefen zu ergattern, geht er schließlich einen Pakt mit dem scheinbar freundlich gesinnten Dämonen Hoji ein.

In den 17 Kapiteln mit einer Gesamtspielzeit von mindestens 15 Stunden wird die fernöstlich inspirierte Schnitzeljagd mit sarkastischem, nicht selten grenzwertigem Humor, feinen 2D-Cinematics sowie Zwischensequenzen in Spielgrafik bemüht erzählt und dabei nicht mit gelungenen Anspielungen auf unzählige Filme oder Videospiele, beispielsweise "Duke Nukem" oder "Half Life" gegeizt. Zusammenfassend dient die Story als Mittel zum Zweck und bietet wiederum keine wirklich überraschenden Wendungen oder gar Charaktertiefe. Trotzdem reiht sich Lo Wang durch sein Auftreten sicherlich in die Spielfigurenriege um "Serious Sam" und "Duke Nukem Forever" ein.

 

Ungeschnittener Katana-Spaß

Die brutale Ego-Action erscheint hierzulande vollkommen ungeschnitten, obwohl es im Hinblick auf den Gewaltgrad nicht gerade zimperlich zur Sache geht: Auf möglichst brutale Art und Weise werden hier sowohl hartnäckige Dämonen wie vereinzelte menschliche Gegner nach allen Regeln der Schwert- und Waffenkunst wortwörtlich in ihre Einzelstücke zerlegt, begleitet von strömenden Blutfontänen und Schmerzlauten. Je gelungener die Ungeheuer das Zeitliche segnen, desto mehr Karmapunkte werden dem Konto gutgeschrieben. Diese werden zusammen mit gefundenen Ki-Kristallen in sinnvolle Verbesserungen investiert, beispielsweise Katana-Spezialschläge, mehr Gesundheitspunkte, Selbstheilung oder Schutzmaßnahmen. Der Einsatz der letztgenannten Option erweist sich während des Spielverlaufs als essenziell, da "Shadow Warrior" auf modernen Komfort wie Deckungsmöglichkeiten und automatische Gesundheitsregeneration verzichtet. Praktischerweise lassen sich Seelen gefallener Ungeheuer, Medipacks sowie Rüstungen aufnehmen und regelmäßige Ausweichsprünge vollführen, um Schaden zu heilen oder gar zu vermeiden.

Gezielte Schüsse auf explosive Umgebungsobjekte wie Fässer, Autos oder Getränkeautomaten zeigen verheerende Auswirkungen gegen anstürmende Gegnerwellen. Drei kolossale Bossgegner - Widersacher mit Schild, und Ungeheuer mit Schwachstellen an gewissen Körperstellen - erfordern eine deutlich umsichtigere Vorgehensweise mit dem konventionellen Waffenarsenal, bestehend aus Schießprügeln ŕ la Revolver, Maschinenpistole, Schrotflinte, Flammenwerfer, Armbrust und Raketenwerfer. Das Repertoire verfügt zwar über enorme Feuerkraft, ein wenig mehr Fantasie hätte der überschaubaren Auswahl sicherlich nicht geschadet. "Shadow Warrior" bleibt somit ein solider Ego-Shooter im Stil von "Serious Sam" & Co., der sich als solcher nicht wesentlich von Genrekollegen abhebt. Den spaßigen Unterschied macht der dynamische Einsatz des mitgeführten Samurai-Schwertes, was erstaunlich präzise funktioniert und schon nach kurzer Zeit in Fleisch und Blut übergeht.

Ansonsten gestaltet sich der Spielablauf vorhersehbar: In den überwiegend arenaartig aufgebauten Schauplätzen werden regelmäßig Kisten, Schränke und andere Behältnisse geöffnet, nur um noch mehr Munition sowie Geld hervorzubringen. Letzteres lässt sich ebenso als Ansporn für Upgrades wie Schadenssteigerung, sekundärer Schussmodus oder Munitionsaufstockung einsetzen. Geschützstellungen nehmen auf eventuell ausgehendes Schießpulver keine Rücksicht, denn sie durchsieben anrückende Feindesscharen ohne Nachladen und Überhitzung. Weiter voranschreiten kann die Spielfigur erst, wenn alle Gegner vernichtet wurden, was im späteren Spielverlauf aufgrund nicht Enden wollender Gegnerwellen schon mal etwas länger dauert. Außerdem müssen immer wieder magische Siegel gebrochen werden, um die nächste Tür zu öffnen. Auf Dauer wird dieser Ablauf ziemlich langweilig, auch wenn die Kämpfe immer herausfordernd bleiben. Insgesamt wirkt das Geschehen jedoch immer wieder unnötig in die Länge gezogen, zumal es bis auf eine Ausnahme überhaupt keine Rätseleinlagen gibt.

Wesentlich mehr Gedanken haben sich die Entwickler bezüglich Geheimnisse und einfallsreichen Eastereggs gemacht: Sich innig liebende Hasen, die bei Störung zum aggressiven Heavy-Metal-Karnickel mutieren oder kleine Levelabschnitte, die bewusst auf das Grafikniveau von 1997 runtergeschraubt wurden, fügen sich genauso überraschend in das humorvolle Ambiente wie sehenswerte Plakate und Poster, Glückskekse mit witzigen Sprüchen sowie Spielautomaten mit selbstablaufenden Spielausschnitten von "Serious Sam 3: BFE", "Hard Reset" und "Hotline Miami". Mancher Dämon wurde sogar bei einem erfrischenden Bad im Whirlpool aus der Ruhe gerissen. In jedem Fall lohnt sich eine genauere Erkundung der Level, um die ideenreichen Verstecke zu entdecken. Auf Mehrspielerpartien verzichtet das Spiel hingegen komplett.

 

Technisch zweischneidig

Die hauseigene Road Hog Engine erinnert grafisch an die bekannte Unreal Engine 3 mit all ihren Vor- und Nachteilen. Auf der positiven Seite schmeicheln gelungene Schauplätze wie verschneite Berglandschaften, schummrige Katakomben, asiatische Gärten, dichte Bambuswälder, eng besiedelte Stadtgebiete, verregnete Hafengelände oder die düstere Schattenwelt trotz der gewissen Baukastenstruktur mit stellenweise beeindruckender Architektur, scharfen Texturen und grellen Effekten. Im Zusammenspiel mit der grundsätzlich gelungenen Physik geht während der Kämpfe ziemlich viel zu Bruch. Negativer Aspekt der optischen Pracht: Lange Wartezeiten beim Laden des Spielstands oder Start eines neuen Levels und auch kürzere Verschnaufpausen zwischendurch trüben den technischen Eindruck. Außerdem schlagen bei höheren Grafikeinstellungen auch dementsprechend hungrige Systemanforderungen zu Buche.

Schmerzhafte Soundkulisse

Akustisch gibt sich der Ego-Shooter solide. Lo Wangs knappe Kommentare zum Spielgeschehen treffen in der englischen Sprachausgabe mit gut übersetzten deutschen Untertiteln einen zynischen und sarkastischen Unterton, insbesondere die bissigen Dialoge mit Hoji sind absolut hörenswert. Waffengeräusche und Umgebungseffekte bewegen sich auf gutem Niveau. Auch die Musikstücke passen zum Ambiente und wenn schon im Intro das Lied "The Touch" – bekannt durch den "Transformers"-Film aus dem Jahr 1986 – im Autoradio erklingt, schlackern Oldschool-Fans glücklich mit beiden Ohren.

 

 

 


Fazit

Die Neuinterpretation von "Shadow Warrior" ist eine positive Überraschung des ausklingenden Videospieljahres 2013, was in erster Linie Shooter-Fans der alten Schule glücklich macht. Mit seinen dynamischen Katanakämpfen und abgefahrenem Humor hebt sich Lo Wangs Rückkehr angenehm von anderen Genrekollegen ab. Auch grafisch kann der Titel einige sehenswerte Highlights setzen, die über Längen hinsichtlich Spielverlauf sowie den fehlenden Mehrspielermodus hinwegtrösten. (14.11.2013)


Kommentare:
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2013-11-23 17:14:13... - Dä Schmitze

Eine positive Überraschung.


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