Dirge of Cerberus - Final Fantasy VII (PS2) (Koch Media) geschrieben von René Hintz
| ||||||||||||||||||||
Spin-off einer Legende "Final Fantasy VII" aus dem Jahre 1997 dürfte jedem ein Begriff sein, erst recht allen ambitionierten Nippon-RPG-Veteranen. Bis heute stellt sich für viele Fans der siebte Teil der legendären Square-Reihe als der beste seiner Art dar, bot das Spiel doch zu seiner Zeit eine komplexe Story mit epischen Ausmaßen, unverwechselbare Charaktere mit Tiefgang und ein motivierendes Rollenspielsystem, das selbst nach knapp zehn Jahren immer noch so manchen Zocker vor die Konsole locken kann. Square Enix wissen um den Erfolg und das große Verlangen der Fangemeinde nach neuem Material. Nach dem CGI-Spektakel "Final Fantasy VII - Advent Children" und dem Handygame-Prequel "Before Crisis - Final Fantasy VII" bringen die Entwickler nun ein weiteres Spin-off in Form eines Third-Person-Shooters mit RPG-Elementen auf den Markt. Hier schlüpft der Spieler in die Rolle von Vincent Valentine, der amüsanterweise damals im eigentlichen Spiel nur als optionaler Nebencharakter agierte. In "Dirge of Cerberus - Final Fantasy VII" allerdings ist er der Held des Geschehens und setzt sich mit seinen überdimensionierten Handknarren gegen Horden von Gegnern zur Wehr. Advent Children Auch ohne Sephiroth & Jenova gibt es Ärger Etwa ein Jahr nach den Geschehnissen von "Advent Children" ist scheinbar endlich Frieden auf der Welt eingekehrt. Sephiroth wurde endgültig von Cloud geschlagen und Jenova stellt somit keinerlei Bedrohung mehr für den hiesigen Planeten dar. Jedoch bahnt sich erneut eine große Bedrohung in Form der Deepground-Organisation an. Diese gefährliche Sondereinheit entstand bei einem Experiment des Shinra-Konzerns, wurde aber wegen des Krieges mit Meteor lahmgelegt und sollte auf immer tief unterhalb Midgards in Vergessenheit geraten. Plötzlich aber wird die - auf die Vernichtung allen Lebens gedrillte Armee wieder aktiv und ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass Hunderte von Menschen vom Erdboden verschwinden. Die einzige Hoffnung der Menschheit ist die World Regenesis Organisation (WRO), angeführt von Reeve Tuesti. Etwas widerwillig bietet Vincent Valentine ebenfalls seine Hilfe an und versucht mit seinen meisterlichen Schießkünsten auszuhelfen. Dabei muss sich Vincent den gefährlichen Tsviets stellen (die Elite von Deepground) und Nachforschungen über die eigene Vergangenheit anstellen. Zu diesem Zweck begibt er sich zurück zur alten Shinra-Villa, um dort Klarheit über die damaligen Ereignisse zu seiner Zeit als Turk zu erlangen. Seine alte Flamme, die Wissenschaftlerin Lucretia und der ominöse Doktor Hojo spielen dabei eine wichtige Rolle. Wie bei Square-Spielen üblich, gestaltet sich auch die Story von "Dirge of Cerberus" als überaus komplex. Jedoch wird man als absoluter Neueinsteiger mit der Geschichte völlig überfordert und verwirrt sein. Es gibt keinerlei einleuchtende Flashbacks und als Nichtkenner von "Final Fantasy VII" und "Advent Children" hat man keinerlei Bezug zu den Charakteren und wird dem Geschehen nur mit Mühe folgen können. Ein ungelenkiger Waffennarr in linearen Welten Der spielerische Einstieg gestaltet sich zunächst als etwas schwierig. Die Steuerung ist teilweise umständlich, geht aber nach ein paar Spielstunden intuitiv von der Hand und lässt sich im Notfall jederzeit den eigenen Gewohnheiten anpassen. Zum Einstieg gibt es ein nettes Tutorial, in dem alle grundlegenden Elemente des Spieles erläutert werden. Die meiste Zeit kämpft Vincent auf größere Distanz gegen riesige Gegnermassen. Dabei greift er auf insgesamt drei Waffenarten zurück: die berühmte Cerberus-Pistole, eine MP und ein Gewehr. Die drei Schießeisen allein bilden nicht gerade eine große Waffenvielfalt, lassen sich jedoch durch ihre freien Slots im Laufe des Abenteuers mit verschiedenen Extras aufrüsten. Das Repertoire umfasst hierbei unterschiedlich lange Läufe, Scharfschützenvisiere, Materia-Elemente (die aus "Final Fantasy VII" bekannte Form der Magie) oder allerlei Auftriebe und Verstärker, um beispielsweise das Gewicht oder die Leistungsfähigkeit der eigenen Wummen zu optimieren. Dank dieses netten Waffenbastel-Features kann man sich aussuchen, ob man lieber ein langsames, aber dafür durchschlagkräftiges Scharfschützengewehr oder aber eine schnell feuernde MP, die insbesondere für kurze Distanzen taugt, zusammenstellen möchte. Nahkämpfe gegen die Gegner sind zwar möglich, jedoch ist in der Regel davon abzuraten, denn Vincent beherrscht lediglich eine eher maue Dreischlagkombination, die gegen die prügelfreudigen Schergen nicht sonderlich hilfreich ist. Zu den Fäusten sollte man nur greifen, wenn man diverse Itemkisten zerstören möchte (um Munition zu sparen) oder aber, wenn man mithilfe eines Limit-Aktivators vorübergehend in Vincents übernatürlich starke Monsterform schlüpft. "Dirge of Cerberus" unterscheidet sich dadurch von sonstigen Third-Person-Shootern, dass Square Enix an allen Ecken und Enden typische Rollenspielelemente eingebaut haben. Vincent kann in seiner eigenen Charakterstufe aufsteigen, indem er Gil - die Währung in allen "Final Fantasy"-Spielen - sammelt und sie am Ende jeder Mission in Erfahrungspunkte umwandelt. Sofern man als Spieler keinen allzu großen Wert auf die Anzahl seiner maximalen Lebenspunkte legt, kauft man sich stattdessen lieber schöne Upgrades für seine Waffen. In der Regel gibt es genug Gelegenheiten, um Kohle zu scheffeln, sei es durch die Beseitigung von Gegnern oder die Rettung von Zivilisten beziehungsweise WRO-Soldaten. Ansonsten findet man innerhalb der Levels viele hilfreiche Items wie beispielsweise lebensspendende Potions, Munition, die bereits erwähnten Limit-Aktivatoren, und an großzügig verteilten Stellen gibt es auch Jukeboxes, an denen man jederzeit innerhalb einer Mission shoppen kann. Ebenfalls hilfreich gestaltet sich die stets aufrufbare Weltkarte, die dem Spieler in vorbildlicher Weise zeigt, wohin man sich als nächstes begeben muss. Doch selbst ohne Karte hat man in der Regel keine großen Probleme, vorwärts zu kommen, denn die Levels sind sehr linear ausgefallen. Der Aufbau der Welten ist zudem extrem undynamisch, was sich besonders deutlich darin äußert, dass Vincent nur selten irgendwo hoch- oder von Erhöhungen herunterspringen kann. Ziemlich unglaubwürdig, da Herr Valentine doch sonst in den Zwischensequenzen gut und gerne Dutzende von Metern hoch durch die Luft fliegt. Die Schießereien gestalten sich auf Dauer als sehr eintönig und sind alles andere als herausfordernd oder innovativ. Der Protagonist ist bei weitem nicht so agil wie ein gewisser Dante (aus "Devil May Cry"), und Versuche, den Gegnermassen auszuweichen, sind kontraproduktiv. Vielmehr ergibt es Sinn, stumpfsinnig mit einer für den Fernkampf aufgerüsteten Waffe durch die geradlinigen Levels zu hechten, wobei man sich die Fingerarbeit erspart, wenn man die R1-Taste mit einem Stück Tesastreifen festklebt. Selbst die Endgegner lassen sich mit angemessener Waffenkonfiguration recht flott über den Haufen schießen und bei normalem Schwierigkeitsgrad dürfte jeder Spieler in spätestens zehn Stunden alle zwölf Missionen absolviert haben und den Abspann zu Gesicht bekommen. Wer vom Spiel mehr Umfang und Herausforderung haben möchte, kann sich an zwei weiteren Schwierigkeitsgraden versuchen, die Zielsteuerung komplett auf manuell umstellen und bei der Erkundung der Welt explizit per Scharfschützen-Zoom Ausschau nach sogenannten Memory Capsules halten. Wer alle davon findet und abschießt, darf sich im Hauptmenü an zusätzlich freischaltbarem Material erfreuen und somit auf Videosequenzen, Soundgalerien oder Zusatzmissionen zurückgreifen. Zwischensequenzen en masse Auch wenn sie sich bisweilen als langatmig erweisen und den Spielfluss stark hemmen, kann man die zahlreichen Zwischensequenzen in "Dirge of Cerberus" einfach nur loben. Die Charaktere bewegen sich glaubhaft und ihre Gesichtszüge sind liebevoll detailliert und ansehnlich gestaltet. Ebenfalls ein Traum sind die nicht gerade wenigen CQI-Sequenzen, die spektakulär und in Hollywood-Manier die Geschichte vorantreiben. Es ist schlichtweg ein Augenschmaus, dabei zuzusehen, wie die Fetzen fliegen und Explosionen an allen Ecken einschlagen, wenn die Heldentruppe in einer epischen Schlacht zusammen mit hunderten WRO-Soldaten gegen eine gewaltige Deepground-Armee ins Gefecht zieht. Innerhalb des Spiels macht sich in optischer Hinsicht jedoch etwas Ernüchterung breit. Die Levels besitzen teilweise ein wunderschönes Setting und veranschaulichen gigantische Areale, die zum Erkunden einladen, bieten aber aufgrund ihrer strengen Linearität nur wenig Freiheit. In großer Distanz wirken die Details unklar und verschwommen, obgleich die Entwickler manchmal versucht haben, das Blickfeld durch unschönen Nebel künstlich aufzupeppen. Solider Soundtrack Den Score liefert wie auch schon in "Final Fantasy X" (damals noch in Zusammenarbeit mit Nobuo Uematsu und Junya Nakano) der japanische Komponist Masashi Hamauzu und leistet dabei sehr gute Arbeit. Der Soundtrack gestaltet sich mit seinen vielen unterschiedlichen Stücken abwechslungsreich und untermalt sehr schön sowohl das Spielgeschehen als auch die Zwischensequenzen. Richtige Ohrwürmer oder Melodien, die nachhaltig im Ohr bleiben, fehlen allerdings. Hier merkt man letztlich doch, dass der große Uematsu an der Produktion nicht beteiligt war. Trotz alledem ist die musikalische Inszenierung hörenswert und trägt maßgeblich zur Gesamtatmosphäre bei. Abseits des eigentlichen Spielesoundtracks darf man jeweils beim Showdown und in den Credits einen Song des in Japan populären Sängers Gackt hören. Eine nette Dreingabe, allerdings auch eine aufdringliche Schleichwerbung des Interpreten und unschöner Kommerz, erst recht, wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass er sich mit einer kleinen Charakterrolle in der Story des Spieles hat verewigen lassen. Auf eine deutsche Synchronisation der Sprachausgabe wurde verzichtet, was dem Erlebnis aber keinen Abbruch tut, denn die englischen Stimmen sind (ganz im Gegensatz zur kommenden deutschen Version von "Final Fantasy VII - Advent Children") solide besetzt und orientieren sich an dem japanischen Original. Etwas unglücklich geraten sind allerdings so manche Übersetzungen der deutschen Untertitel, die ab und zu kleinere gesprochene Sätze schlichtweg vergessen.
|