Erotic Empire Geschrieben von Bernd Wolffgramm
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"Barkeeper, einen doppelten Scotch, aber flott!" "Wo sind denn heute die Girls, Jack? Sind doch sonst immer jede Menge hier um diese Zeit. Ich brauche dringend neue Models für meine Hochglanzmagazine und Videofilme. Irgendwie haben sich meine Kunden an den alten Weibern satt gesehen, die Umsätze brechen mir weg, die Leute wollen immer nur neue Frauen sehen. Dabei war es echt schon eine übermenschliche Leistung von mir, die alten Models bei Laune zu halten, diese verzogenen Möchtegern-Stars. Erst kassieren sie von mir riesige Monatsgehälter und dann muss ich sie auch nicht mit Geschenken dazu bewegen, überhaupt so etwas wie eine positive Einstellung zu ihrem Modeljob zu entwickeln. Mein Spesenkonto wird ganz schön stark belastet durch die Ausgaben für Blumen, Kosmetik oder Essengehen. Ach, was rede ich, mit diesen Kleinigkeiten kann ich grad mal die Anfängerinnen beeindrucken, die wirklich etablierten Stars lassen sich nur noch mit Schmuck, Pelzen oder Autos dazu bewegen, bei mir zu bleiben und nicht zur Konkurrenz abzuwandern. Also, Jack, wo sind die Mädels?" "Dabei hatte alles so gut angefangen. Damals, als ich meinen Job bei Eate Buhse an den Nagel gehängt habe, um im Auftrag dieses amerikanischen Erotikkonzerns die Deutschlandvertretung aufzubauen. Ich konnte machen, was ich wollte, nichts war da, außer ein bezugfähiges vierstöckiges Haus. Ich konnte selbst entscheiden, womit ich anfangen und wo ich meine Schwerpunkte legen wollte. Als einzige Vorgabe hatte ich, alle fünf Säulen der Produktpalette zu etablieren, also Printerzeugnisse, Videoproduktion, Dessous, Sexspielzeug und Telefonsex. Und das Ganze schien wirklich der Traumberuf zu sein: Die ganze Zeit umgeben von willigen Models, ganz zu schweigen von meiner dickbrüstigen Sekretärin, die den ganzen Tag nur für mich da ist." "Leider hatte ich nicht so viel Geld zur Verfügung, um alles gleichzeitig in Angriff zu nehmen, also habe ich erst einmal mit dem Callcenter angefangen. Ich habe verschiedene Themen-Hotlines erdacht und die entsprechende Werbung geschaltet. Lief von Anfang an ganz gut, die Kosten war erträglich und die Löhne der Agentinnen waren niedrig. Hat mir schon nach ein paar Wochen ganz schön viel Geld in die Kassen gespült. Und, Jack, was glaubst du, was meine erfolgreichste Hotline war, na? 'Oma will dich'! Ich sag dir, alles Perverse." "Nach ein paar Wochen waren dann die Maschinen einsatzbereit und ich hab angefangen, Produkte zu erstellen. Du erinnerst dich ja noch, wie ich hier und in der Disco die Mädels angesprochen habe, damit ich endlich mit Produktion meiner Printmedien und Filme anfangen konnte. Na ja, am Anfang war das echt beschwerlich, mit meinem knappen Budget konnte ich mir die Topmodels nicht leisten und die Anfängerinnen wurden von den Regisseuren und Fotografen, die ich mir leisten konnte, nicht richtig eingesetzt und motiviert. Ich hatte da einen Knipser, der meinte wirklich jedes Foto-Shooting immer mit den Worten "Hält der Gürtel deine Speckrollen zusammen" beginnen zu müssen. Über das Ergebnis des Shootings und die Bereitschaft der Models sich auszuziehen machst du die keine Vorstellung. Unsere Produkte wurden von der Kritik immer auf die unteren Plätze gesetzt." "Jack, gib mir doch noch einen Doppelten!" "Aber den Hammer war der junge Modedesigner, den ich für die Dessous-Kollektion angeheuert hatte. Man hatte mir zwar versprochen, er sei stilsicher, aber seine Kreativität war wirklich schauderlich, der hat die Farben so bunt durcheinander gewürfelt, dass sich selbst unsere eigenen Models mit Grauen abwandten. Und dabei waren unsere Dessous-Girls wirklich motiviert. Sie waren jung und lernwillig und auch mit kleinen Geschenken bei Laune zu halten. Ich hab ihm vertraut und Maschinen zur Produktion seiner Kreationen angeschafft und dann die Wäsche produziert. Du sie lag dann wie Stein in unseren Regalen. Auch eine Werbekampagne konnte den Umsatz nicht ankurbeln. Ich bin wirklich froh, dass ich diesen Heini wieder feuern konnte, als mir die anderen Umsatzbereiche genügend Geld in die Kassen gespült haben und ich mir bessere Designer leisten konnte. Unsere neuste Linie läuft sehr gut und ich komme kaum mit dem Produzieren nach." "Aber wirklich Kohle mache ich mit meinen Sexspielzeugen, die Leute reißen sie mir geradezu aus der Hand. Spezialisiert habe ich mich auf Dildos, Handschellen und Spezialkondome. Meine Produkte gelten in der Branche als die besten. Da hatte ich bei der Verpflichtung des Toy-Designers wirklich Glück." "Ach, Jack, das Leben könnte so schön sein, wäre da nicht dieser andauernde Stress mit der Produktion und den Finanzen. Ich bemühe mich wirklich, die Absatzprognosen richtig zu bewerten und mein Budget einzuhalten. Aber irgendwie erhalte ich aus meiner Diagnose-Software nicht die richtigen Zahlen, z. B. gibt es keine Preis-Absatz-Analyse. Ich weiß wirklich nicht, was diese Amis denken, wie soll ich ohne irgendwelche Analyseinstrumente die richtigen Entscheidungen treffen? Der Markt scheint sich völlig sinnlos zu verhalten oder aber alle gängigen Marktmechanismen treffen für das Erotikgeschäft nicht zu. Da gibt es Produkte, die wirklich Schund und die dazu noch teuer sind, aber trotzdem verkaufen sie sich besser als qualitativ hochwertige und niederpreisige Waren. Nicht dass ich etwas dagegen hätte, aber ist das sinnvoll? Überhaupt der ganze Vertrieb bereitet mir Sorgen. Die Instrumente, die ich zum Ankurbeln des Geschäfts habe, sind viel zu langfristig angelegt und ziemlich unbrauchbar. Damals, vor 10 Jahren, als ich noch für den Fernsehsender Mad TV gearbeitet habe, da waren die Möglichkeiten ähnlich beschränkt, alles erinnert mich hier an die Zeit von damals." "Also, Jack, wo sind die Sternchen nun, die du versprochen hast? Kommen wohl nicht mehr? Ok, dann komme ich morgen wieder 'rein. Jetzt jette ich noch grad 'rüber zur Messe, ich brauche dringend einen neuen Vertriebsmann, mal sehen, ob einer zu haben ist. Und der Disco statte ich auch noch meinen wöchentlichen Besuch ab, meine Videoproduktion braucht dringend Frischfleisch. Und ich auch, wenn ich es recht bedenke, ist es mir lange nicht mehr gelungen eines der Mädchen in mein Penthouse und mein Bett zu locken." "Gib' mir noch einen auf den Weg, Jack, und rufe mich an, wenn mal wieder brauchbare Mädels zu dir ins Café 'reinschneien." Gameplay Zu Beginn des Spiels kann man auswählen, ob man eine bestimmte Mission erfüllen möchte oder ob man lieber ein freies Spiel eingehen will, dessen Ziel die Gewinnmaximierung ist. Die Missionsziele (acht stehen zur Auswahl) lauten in etwa: 'Verkaufe in 50 Wochen 1 Mio. Callcenter-Einheiten' oder 'Engagiere in einem Jahr 20 Models mit mindestens zwei Fähigkeiten'. Jedes Spiel beginnt mit einem Budget von 2 Mio. Euro und einem leeren Haus, es müssen Räume eingerichtet, Maschinen beschafft, Mitarbeiter eingestellt und Produkte kreiert werden. Dabei muss man die Kosten und absatzbegleitenden Maßnahmen im Auge behalten. Läuft der Absatz, müssen die Produkte im eigenen Maschinenpark produziert werden. Grafik Feste 800*600 Grafik, die natürlich nicht mehr zeitgemäß ist. Alles wirkt pixelig und dadurch kaum erotisch. Selbst im Schneideraum für die Videos geht es wegen der beschränkten grafischen Möglichkeiten absolut unerotisch zu. Nur während der Fotosession kommt so etwas wie erotische Spannung auf. Steuerung Mit der Maus scrollt man durch die Etage, auf der man sich gerade befindet, was ziemlich umständlich ist. Will man die Etage wechseln, muss man erst ein Menü aufrufen. Alle Buttons müssen zielgenau angeklickt werden, die Köpfe besitzen keine großzügige Trefferfläche. Die Menüs sind allerdings sehr übersichtlich. Sound Sound ist kaum vorhanden, die Hintergrundmusik nervt sehr schnell, aber man kann sie abschalten. Die Sekretärin spricht manchmal in einzelnen Sätzen mit ihrem Chef und im Schneideraum kann man den selbst gedrehten Videos Stöhngeräusche und Hintergrundmusik hinzufügen. Die Auswahl dazu ist allerdings sehr beschränkt. Wenn man den Spielenamen Erotic Empire sieht, könnte man zwei falsche Rückschlüsse ziehen: 1) Es handelt sich um eine Wirtschaftssimulation und 2) in dem Spiel sind jede Menge scharfe Mädchen zu sehen. Beides suggeriert auch die Verpackung. Unterliegt man diesen Hoffnungen, dann wird man enttäuscht werden. Für eine Wirtschaftssimulation stimmt einfach zu vieles nicht, Marktmechanismen sind nur rudimentär vorhanden, Kontroll- und Analysedaten vermisst man total. Auch mit den Mädels ist das so eine Sache. Die grobkörnige 800*600-Auflösung verhindert von vorn herein 'schöne' Bilder, das Gleiche gilt für die dümmlichen Videos. Aber das Spiel hat auch einige gute Momente. Die Idee, dass Models zusätzlich zu ihrem Lohn auch noch mit Geschenken bei Laune gehalten werden müssen, damit ihre Bereitschaft steigt, sich wirklich anzustrengen und zu entblättern, ist pfiffig. Und jedes Foto-Shooting ist wieder spannend, denn man muss mit der geeigneten Auswahl von Sprüchen die Models zu Höchstleistung antreiben, damit das Endprodukt - das Magazin - von der Kritik hoch genug eingestuft wird. Das Shooting ist der Moment im ganzen Spiel, der am erotischsten ist. Einsteigern in den Bereich der Simulation wird das Spiel gefallen, denn man kann schnell zu wirtschaftlichen und sexuellen Erfolgen kommen. Und auch der Preis des Spiels von 19.90 Euro ist nicht gerade ein Abwehrpreis. (07.01.2005)
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