Lego Indiana Jones: Die legendären Abenteuer (Wii) (Activision) geschrieben von Oliver Domke
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Passend zum Kinostart des lang ersehnten vierten Teils der "Indiana Jones"-Saga veröffentlicht Activision "Lego Indiana Jones: Die legendären Abenteuer". Mit "legendär" sind in diesem Fall die drei Klassiker "Jäger des verlorenen Schatzes", "Der Tempel des Todes" und "Der letzte Kreuzzug" gemeint, die Sie nun unter anderem an Ihrer Wii in der Bauklötzchenversion nachspielen dürfen. "Nenn mich nicht Junior!" Das Spiel beginnt im Jahr 1936. Henry "Indiana" Jones Jr. bahnt sich gerade seinen Weg durch einen südamerikanischen Urwald auf der Suche nach dem verlorenen Tempel. Es handelt sich um die Expedition, in deren Anschluss Indy im ersten Film den Auftrag bekommt, die verschollene Bundeslade wieder zu finden. Bereits die erste Mission erinnert in vielen Details an die "Lego Star Wars"-Reihe, die ebenfalls vom Entwickler Travellers Tales stammt; das Interface, die Sammelelemente, die ständige Kooperation mit einer zweiten Spielfigur und auch das Kampfsystem sind im Wesentlichen gleich geblieben. Das Laserschwert wurde durch eine Peitsche ersetzt, die Sie bei Bedarf auch durch Schütteln der Wiimote einsetzen dürfen. Die Steuerung ist allgemein sehr einfach gestaltet und binnen weniger Minuten zu erlernen; auf Spielereien mit der Bewegungserkennung wurde bis auf die erwähnte Ausnahme verzichtet. Die erste Reise durch Peru gehört zum Pflichtprogramm. Nach der Rückkehr in die Barnett-Universität, die wie die Cantina in den "Star Wars"-Spielen hauptsächlich den Zweck der Missionsauswahl erfüllt, dürfen Sie fortan die Reihenfolge Ihrer Aufträge frei bestimmen. Ob Sie nun also weiterhin versuchen, den Nazis die Bundeslade vor der Nase wegzuschnappen oder sich lieber erst einmal auf die Suche nach dem Heiligen Gral und den Sankara-Steinen machen, bleibt Ihnen überlassen. Sie können also theoretisch die drei Filme, die jeweils in sechs Kapitel unterteilt sind, parallel abhandeln. Im Vergleich zur "weit, weit entfernten Galaxis" sind die Levels deutlich rätsellastiger ausgefallen. Die Zeiten, in den man sich nur auf den richtigen Schalter stellen musste, sind also vorbei richtig knifflig wird es allerdings nie; meist entdecken Sie die Lösungen wie zum Beispiel versteckte Hebel oder fehlende Elemente einer Konstruktion recht schnell. Natürlich gibt es in Tempelanlagen auch wesentlich mehr Fallen als im Weltraum. Daher sollten Sie stets gut darauf achten, wohin Sie treten und was Sie anfassen, sonst wird der virtuelle Indy blitzschnell aufgespießt oder platt gewalzt. Um die Flucht vor der rollenden Felskugel werden Sie zwar nicht herumkommen, die übrigen Todesursachen sollten Sie jedoch vermeiden, da sie richtig ins Geld gehen: Sie haben zwar eine unbegrenzte Menge an Extraleben, jedoch verlieren Sie mit jedem Tod etwas von Ihrem Ersparten, also Ihrer Ansammlung von Lego-Münzen, die überall in der Welt verteilt sind. In Anbetracht der über 60 im Spiel enthaltenen Charaktere, von denen Sie einen Großteil käuflich erwerben müssen, wäre das besonders ärgerlich. Aufgefrischt wird der Spielablauf regelmäßig durch Bosskämpfe, Abschnitte, die mit Fahrzeugen zurückgelegt werden, oder sogar Prügeleien auf LKW-Dächern. "Nimm die Fackel! Schwenke sie gegen alles, was sich schlängelt!" Die Eigenschaften der unzähligen Figuren wirken sich in "Lego Indiana Jones" stark auf das Spielgeschehen aus. Zum einen besitzt jeder Charakter unterschiedliche Fähigkeiten. Nur Jones kann sich mit seiner Peitsche über Abgründe schwingen, nur Frauen können besonders hochspringen und nur kleine Charaktere können durch Luken krabbeln und auf diesem Wege abseits gelegene Gegenstände erreichen. Zum anderen und das ist neu haben die Helden auch unterschiedliche Ängste. So fürchtet sich der Namensgeber des Spiels bekanntermaßen vor Schlangen, sein Vater leidet an einer Rattenphobie und der sonst so kessen Willie schlottern beim Anblick von Spinnen die Knie. Kann ein sich fürchtender Charakter eine bestimmte Stelle im Spiel aufgrund des entsprechenden Ungeziefers nicht überwinden, muss sein Begleiter einen Weg aus der Situation finden. Mit einem Druck auf den "C"-Knopf des Nunchuks übernehmen Sie die Kontrolle der anderen Figur und machen sich in der näheren Umgebung meist auf die Suche nach einer Fackel, mit der Sie die Lego-Tierchen verscheuchen können. Die Personen, mit denen Sie ein Kapitel der Geschichte bestreiten, sind im ersten Durchlauf stets vorgegeben. Wenn Sie anschließend eine erfolgreich beendete Mission im freien Modus wiederholen möchten, dürfen Sie Ihre Helden selbst wählen. Das ist auch dringend nötig: In den Levels sind unzählige Geheimnisse versteckt, die Sie unmöglich alle auf Anhieb lüften können. Oftmals wird an bestimmten Orten eine besondere Figur verlangt, da sie über das nötige Equipment zum Öffnen eines Geheimgangs oder Ähnlichem verfügt. Mehr als zwei bis drei Anläufe pro Level sind aber nicht nötig, da zum Glück nicht in jeder Mission für jeden Charakter etwas verborgen ist. Wenn Sie sich besonders anstrengen, finden Sie in der Universität übrigens noch einige zusätzliche Levels. "Dr. Jones, höre auf Shorty, dann lebst du länger." Leider erbt "Lego Indiana Jones" nicht nur die Stärken des "Star Wars"-Vorgängers, sondern auch seine Schwächen. Die Intelligenz der vom Spiel gesteuerten Begleiter ist immer noch nicht allzu hoch. Bei Sprungeinlagen stehen sie meist nur im Weg, in Kämpfen sind sie keine große Unterstützung und an Leitern oder Ecken bleiben sie gern auch mal hängen. Freundlicherweise haben die Entwickler wieder an einen kooperativen Zweispielermodus gedacht. Mit einer weiteren Wiimote-Nunchuk-Kombination kann ein weiterer Spieler jederzeit ins Geschehen eingreifen und das Manko der KI damit umgehen. Auch die Kamera ist immer noch nicht optimal. Zwar verrichtet die automatische Justierung einen recht brauchbaren Dienst, in einigen Situationen wird das Geschehen jedoch nicht sehr vorteilhaft eingefangen; die Resultate sind mangelnder Überblick und ungewollte Sprünge in Abgründe. Am ärgerlichsten sind jedoch die seltenen unfairen Stellen im Spiel, in denen ein Tod und der damit verbundene Geldverlust unausweichlich sind. So laufen Sie manchmal geradewegs auf die Kamera zu, übersehen aber dabei ein Loch oder eine Grube. Besonders aufgefallen ist ein Kapitel aus "Indiana Jones und der letzte Kreuzzug". Mehrere Bazookaschützen, die unaufhörlich aus ihren Verstecken kommen und Ihnen bereits mit einem (!) Treffer den Garaus machen können, befeuern Sie permanent, während Sie den Level erkunden, um weitere Geheimnisse zu entdecken. Das kostet unnötig Geld und Nerven; ein versiegender Gegnerstrom hätte hier genügt. Glücklicherweise sind solche Situationen eher die Ausnahme als die Regel. "Lass meine Armeen Bäume und Felsen und Vögel am Himmel sein." Natürlich hat auch "Lego Indiana Jones" alles, was ein Lego-Spiel ausmacht. Zwar sind es keine Felsen, die Henry Jones Senior in seinem Zitat von Karl dem Großen anspricht, aber immerhin die allseits bekannten Steine Lego-Steine, um genau zu sein. Die gesamte Welt des abenteuerlustigen Archäologieprofessors ist aus unzähligen Elementen des dänischen Unternehmens aufgebaut. Die Welt erscheint nicht nur weit detaillierter und hübscher als die in "Lego Star Wars", sondern wirkt auch nicht zuletzt wegen der größeren Anzahl an Rätselelementen wesentlich interaktiver. Zwar gab es beispielsweise die Lego-Bausätze, aus denen die Charaktere Schalter, Treppen oder Fahrzeuge zusammenstecken können, schon im Weltraum; bei Indy wollen jedoch häufig erst einmal mehrere Teile in der Welt gefunden und dann zu einem Ganzen zusammengesetzt werden. Der tolle Humor ist selbstverständlich inklusive zahlreicher Slapstick-Einlagen ebenfalls wieder mit an Bord. Auch wenn die Personen mangels Sprachausgabe nicht miteinander reden können, sorgen allein die Gestik und Mimik der Plastikfiguren für den einen oder anderen Lacher. Wenn ein ganzer Expeditionstrupp vor riesigen Lego-Fledermäusen flieht oder Indy eine gegnerische Wache mit einem Scherzfernglas veralbert, kann man sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Kenner der Vorlage werden viele Szenen aus den Filmen wiedererkennen; wer die Filme nicht gesehen hat, wird der Story zwar grob folgen können, viele Anspielungen aber nicht verstehen. Indiana selbst hat im Übrigen sogar noch einige Kampfanimationen spendiert bekommen, die immer wieder zufällig eingebunden werden. In welchem Spiel sonst setzt der Protagonist seine Widersacher schon mit einer Kopfnuss außer Gefecht?
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