Curling 2006

Curling 2006

(Ubisoft)

geschrieben von Axel Kleps

 

Einfach nur Steine schubsen?

Curling. Ein Sport, der bereits seit mehreren hundert Jahren gespielt wird, aber vielen Menschen nicht vertraut ist. Der älteste gut erhaltene Curlingstein stammt aus dem Jahre 1511. Er trug die Inschrift St. Js B Stirling, weshalb der Stein auch Stirlingstein genannt wird. Die Gründung des ersten Curlingclubs im schottischen Kilsyth 1716 löste einen wahren Boom unter den Clans aus. Schließlich wurde der Grand Caledonian Curling Club inklusive einer Gesetzgebung für den Curlingsport gegründet. Die Entwicklung ging im Laufe der Jahre weiter, die World Curling Federation entstand und seit Nagano 1998 ist Curling sogar olympische Disziplin. Dass die Spieler meist mehrere Züge im Voraus planen müssen, macht diese Sportart so interessant, bei der ein genormter Stein mittels eines gut getimten Anstoßes so gut wie möglich im Mittelpunkt des so genannten Hauses platziert werden muss - und zwar näher als die gegnerischen Steine. Auf diese Weise wird auch die Punktezahl ermittelt, bei der alle Steine der einen Mannschaft gezählt werden, die innerhalb des Hauses besser positioniert sind, als der bestplatzierte Stein der gegnerischen Mannschaft.

Eiskaltes Spiel

Mit Curling 2006 wird eine weitere Wintersportart ins Leben gerufen, die wohl nicht dem Mainstream der Sportspiele entspricht, aber einem Nischenpublikum durchaus gefallen könnte. Nach erfolgreicher Installation muss der Spieler erst einmal die Einstellungen im Bereich Video, Audio und Steuerung vornehmen, da diese auf absoluter Minimalkonfiguration eingestellt sind. Nervig dabei ist allerdings die Art und Weise, wie man die Einstellungen ändern kann. Statt einer Liste, die mit einem Klick geöffnet werden kann, muss man stattdessen solange nach rechts oder links klicken, bis die gewünschte Auflösung erscheint. Funktioniert zwar einwandfrei, ist aber unpraktisch gelöst. Nachdem der Menümarathon erledigt ist, kann man sich nun ganz und gar dem Spiel widmen. Es stehen zwei Spielarten zur Verfügung: Der Skip- und der Team-Modus. Beim Skip übernimmt der Spieler die Funktion des Teamkapitäns, der alle Spielzüge allein übernimmt, beim Team-Modus muss ein komplettes Viermannteam übernommen werden, wobei jedes Teammitglied jeweils zwei Steine zur Verfügung hat. Dabei bleibt der Skip im Haus und zeigt mit einem Besen die Schussrichtung und den Curl, sprich die Drehung des Steins, an. Wenn der Skip an der Reihe ist, seine Steine zu schießen, dann übernimmt der Vize die Funktion des Skips. Das Punktesystem basiert auf den Ends, bei denen pro End sechzehn Steine gespielt werden. Das Spiel endet nach zehn Ends und der Gewinner ist das Team, bei dem alle addierten Punkte aus den Ends die höhere Summe ergeben.

Anfangs sollte sich der Spieler im Trainingsmodus mit den einzelnen Funktionen und Zügen auseinander setzen. Dabei werden auch die Fähigkeiten des Charakters trainiert und verbessert, welche sich bei Turnieren oder Onlinegefechten als sehr vorteilhaft erweisen. Die Grundfunktionen wie Draw, Raise, Takeout und Guard können geübt werden, also vom punktgenauen Ablegen des Steins im Haus, über das Berühren eines anderen Steins zum besseren Positionieren, dem Hinauswerfen gegnerischer Steine bis hin zur Guard-Funktion, bei der ein Stein so vor das Haus gesetzt wird, dass er gut liegende Steine vor dem Hinauswurf beschützt, also eine Art Wache, daher auch der Name. Nachdem sich der Spieler mit allen Funktionen vertraut gemacht hat, besteht die Möglichkeit, gegen den Computer, einen Mitspieler am PC oder im LAN sowie auch online gegen andere Curler weltweit anzutreten. Auch hier können erfreulicherweise beide Modi gespielt werden, welche vor dem Start ausgemacht werden müssen. Viele Spieler bevorzugen die leichte Variante, aber auch der Realismus kommt nicht zu kurz. Geübte Spieler verlangen die so genannte Free Guard Zone-Regel, bei der die ersten vier Steine des Ends gespielt sein müssen, bevor die Gegner ihre Steine gegenseitig herauskegeln dürfen. Die Free Guard-Zone ist eine 4,75 m breite und 6,40 m lange Zone, die sich vom Mittelpunkt des Hauses in Richtung des Schützen erstreckt. Diese Regel ermöglicht also einen strategischen Aufbau der ersten zwei Steine pro Mannschaft, welcher anschließend sehr wichtig für den weiteren Verlauf des Matches ist. Man kann also erkennen, dass es sich wirklich um ein sehr intelligentes Spiel handelt und nicht nur um stupides Steineschubsen, wie es häufig in den Luxuswintersportorten wie beispielsweise St. Moritz vorkommt.

Genial einfach oder einfach genial?

Als Laie bekommt man schon große Augen, wenn man Begriffe wie Hit and Roll, come around, peeling, Raise-Takeout oder Brick liest. Im Trainingsmodus kann man diese Begriffe erlernen und es stellt sich schnell heraus, das Brick der Vorteil des letzten Steins im End bedeutet oder ein Hit and Roll nichts anderes ist als ein Stein, der einerseits einen gegnerischen Stein aus dem Spiel befördert und andererseits sich selbst dadurch in eine bessere Position bringt. Hat man erst einmal diese Begriffe verinnerlicht, so stehen spannende Partien auf dem Tagesplan. Die Steuerung ist eigentlich so simpel, dass selbst Intelligenzbestien vom Kaliber einer Paris Hilton damit klarkommen sollten. Mittels Schieberegler wird der Curl, also die Drehung eingestellt. Dabei wird mit der Maus der Regler nach rechts oder links bewegt, je nach Drehrichtung und anschließend nach oben bis hin zur gewünschten Schussstärke. Der Skip wird ebenfalls per Mausklick positioniert. Sind die Einstellungen vorgenommen, reicht ein Klick auf den Startbutton und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Mit der Leertaste kann eine Zeitraffer einschaltet werden, mit den Tasten Q, W, und E können die beiden Feldspieler mit ihren Besen den Stein durch verschieden starkes Wischen noch etwas beschleunigen oder in eine andere Richtung befördern. Und ob man es glaubt oder nicht, denn das sind alle spielrelevanten Funktionen, mehr wird nicht benötigt, um ein doch sehr komplexes Spiel zu steuern. Zwar reduziert sich das Spiel auf das Einstellen der Schussfunktionen und der Wischerei, dafür erspart sich der Couchsportler die anstrengenden Schüsse und die Lauferei auf glattem Untergrund. Klingt alles sehr linear, ist es aber nicht, da sich menschliche Gegner immer anders verhalten, als man denkt.

Schön anzuschauen?

Nun, das Gameplay ist durchaus gelungen und das Spiel macht Spaß, was allerdings nicht an der Grafik liegt. Man könnte sagen, Eis ist weiß und die Curls sind grau, aber das kann ja nicht die Mutter aller Weisheiten sein. Die grafische Darstellung wirkt überholt und zweckmäßig und die Animationen sind kantig und grob. Es spielt zwar keine Rolle, aber ein bisschen mehr Liebe zum Detail und schönere Models sowie sanftere Animationen sollten es heutzutage schon sein. Es ist doch möglich, im Internet nach Zahlung einer Lizenzgebühr fertige Animationen zu erwerben und diese Motion-Captures in das eigene Produkt ohne viel Aufwand einzubauen. Das Spiel wird im Endeffekt dadurch in keiner Weise beeinflusst, aber das sprichwörtliche Auge isst wie immer mit.

Coole Sounds

Die Soundkulisse von Curling 2006 kann man sich getrost wie die einer Bowlinghalle vorstellen. Das brummelige Geräusch, wenn der Curl über die Eisfläche rutscht, das kristallene Krachen, wenn die Steine aufeinander prallen, der Beifall der Zuschauer, die Rufe und Befehle der Mannschaftsmitglieder. Alles realistische Soundeffekte, die aber durch eine nach kurzer Zeit recht nervige Hintergrundmusik überlagert werden. Nach deren Abschaltung kann der Spieler sich wieder wohl gesonnen dem Spielgeschehen widmen und die Atmosphäre des Spiels genießen, welche dem Original soundtechnisch in nichts nachsteht.

Mit Curling 2006 wird ein äußerst interessantes Spiel in einer uninteressanten Verpackung präsentiert. Zwar leidet der Spielspaß keinesfalls unter der minderwertigeren Grafik, dennoch wäre eine schönere Aufmachung ein weiterer Kaufgrund gewesen. Die Liebe zum Detail beim Sound reißt einiges heraus und die Komplexität des Spiels an sich ist es auch, was diesen Titel so wertvoll macht. Anfangs ist das Spiel für Laien schwer zu verstehen, allerdings findet man mit der Zeit heraus, dass Strategie nicht immer etwas mit Panzern oder Ähnlichem zu tun haben muss: Es geht auch anders, nämlich auf sportlicher Basis. Und so freut uns das...

(15.02.2006)

- Windows 98/ME/2000/XP

- Intel Pentium 3 oder Athlon mit 1,2 GHz

- 256 MB RAM

- DirectX 8.1 kompatible Grafikkarte mit 64 MB

- Soundkarte

- 800 MB unkomprimierter Festplattenspeicher

Entwickler: SoWhat! Software Studios
Publisher: Ubisoft
Genre: Sport
Releasedate: bereits erschienen
Homepage: Curling 2006
Preis: ab € 19,95.- UVP
Altersfreigabe: Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß §14 JuSchG

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