Dracula 3 (Peter Games) geschrieben von Jana Voth
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Unzählige Verkorksungen der alten Geschichte von "Graf Dracula", eigentlich "Vlad Draculea", kursieren auf dem Markt seien es Bücher, Comics, Filme, Gesellschaftsspiele, Actionfiguren und weiß der Kuckuck was - von "Angel"/"Buffy" bis "Moonlight", von "Alucard" bis "Van Helsing" - und allzu oft ist doch eines schlimmer als das andere. Da werden Vampire zu hirnlosen, obskuren Monstern degradiert oder zu Seifenopernstars gemacht. Was schlimmer ist, soll woanders diskutiert werden. "Dracula 3" reiht sich ein und fällt doch gleich durchs Raster, denn man hat sich ausnahmsweise mal richtig etwas dabei gedacht, so viel sei schon einmal verraten. Wie der Priester in Teufels Küche kam Das Schicksal brachte Martha Calugarul in ein kleines Dorf in Siebenbürgen. Leidenschaftlich half sie den Einwohnern bei kleinen und großen Problemen. Als der Erste Weltkrieg ausbrach und sozusagen bis vor die Tore des Dorfes zog, kümmerte sie sich um die Verwundeten auf beiden Seiten. Furchtlos schlug sie sich durch die Fronten. Ihre großen Leistungen brachten ihr die Anerkennung der Ortsansässigen und der Ärztefachschaft gleichermaßen ein. Schließlich starb sie mit Mitte fünfzig. Nach offizieller Meinung war es schließlich ihr großer Arbeitseifer, der sie umbrachte, doch noch nach ihrem Tod half sie den Menschen im Dorf. Gebete an ihrem Grab brächten Glück und mitunter sofortige Heilung - fast noch besser, als Martha es zu Lebzeiten bewirkte. Unter den Leuten wurde der Gedanke laut, dass sie eine Heilige sei, was, nach Prüfung und Heiligsprechung durch den Vatikan, dazu führen würde, dass ihr Grab zur Pilgerstätte werden würde. Das wiederum würde nicht nur dem Dorf gut tun, sondern auch dem Vatikan gefallen, da die katholische Kirche sich zu jener Zeit in Transsilvanien noch gegen die Orthodoxen beweisen musste. Deswegen bekommt die Prüfung der Dame hohe Priorität. Der Spieler - in Gestalt von Priester Moriani - wird in das kleine Dorf geschickt. Kaum angekommen führen Morianis Untersuchungen ihn überall hin, nur nicht dahin, wo er sie gerne hätte/er sie erwartet hätte. Da scheint der Tod der Frau doch nicht so simpel abgelaufen zu sein und sie selbst so manche Krankheit nicht mit den "üblichen" Medikamenten bekämpft zu haben. Dazu noch Unmengen von Meinungen, die alle Gegensätzliches behaupten. Als wäre das nicht genug, wird so manche scheinbar seriöse Meinung durch einen Wink mit der (realen) Geschichte verspottet. Es geht drunter und drüber, und wer dieses kleine Spektakel nicht genießt und auf sich wirken lässt, ist selbst schuld. Steuerung Ganz das typische Adventure, heißt's in "Dracula 3", mit dem Mauszeiger in die Landschaft zu zeigen und dann zu klicken... und dann, je nach Aussehen des Zeigers, zu schauen, was passiert. Die Steuerung ist durchaus simpel, so wie es eben sein sollte. Ob um mit Leuten zu reden, Dinge aufzuheben, zu tragen oder durch die Gegend zu laufen - immer tut es ein einfacher Klick mit der linken Maustaste. Betätigt man die rechte Taste, gelangt man zum Inventar, den Missionen, den geführten Dialogen, den Dokumenten und zum Menü. Alles ist übersichtlich und angenehm organisiert. So muss man nicht jedes Buch mitnehmen und jedes Gemälde abfotografieren oder wieder aufsuchen, um es sich erneut anzusehen. Die Originale bleiben liegen, wo man sie gefunden hat, aber eine Art Kopie landet im Ordner "Dokumente". Nach einer Weile werden sich dort eine komplette Bibel und Bram Stokers "Dracula" einfinden. Natürlich wurde hier ab und an mehr auf Spielerfreundlichkeit als auf Realitätsnähe geachtet. So gibt es bei längeren Dokumenten die Möglichkeit, eine zufällige Seite aufzuschlagen, von der eine zufällige Stelle markiert wird. Blinkt das Symbol für diese Funktion, will das Schicksal dem Spieler etwas sagen. Klickt man dann auf die Schaltfläche, landet man "zufällig" bei einer Textpassage, die ausgesprochen gut zur aktuellen Spielsituation passt. Die Passage kann Hinweise auf weiteres Vorgehen geben, Zusatzinformationen beinhalten oder einfach nur Erstaunen erregen. Sämtliche unterstrichenen Stellen lassen sich nacheinander per Mausklick erneut abrufen. Eine Übersicht, die alle mit einem Mal darstellt, fehlt leider. Die Unterhaltungen Um mit jemandem zu sprechen, klickt man ihn einfach an. Trotz der Linearität des ganzen Spiels, sind teilweise sich ausschließende Antworten möglich, die sich aber nicht groß auf die Story auswirken, geschweige denn einen neuen Handlungsstrang aufbauen. Ausgenommen sind natürlich Unterhaltungen, die Rätsel darstellen. Allgemein muss man mit jedem reden, den man irgendwie antrifft. Hat derjenige gerade nichts Neues zu erzählen, wiederholt er einen bestimmten Satz immer wieder, wenn man ihn anspricht. Das heißt, jeder, den man trifft, ist irgendwie wichtig für die Geschichte. Das macht das Spielen einfacher, verursacht leider aber auch sehr leer gefegte Straßen im Dorf, da man halt auch nicht so viele Charaktere hat, die fürs Spiel wichtig sind. Rätsel "Der Pfad des Drachen" ist kein einfacher und leider auch nicht in allen Fällen ein logischer. Je weiter man im Spiel voranschreitet, desto häufiger trifft man auf Mechanismen, die so eher an eine Fantasiewelt als an das Transsilvanien von 1920 erinnern. Sie wirken, wie aus "Myst entführt. Hier soll jedoch betont werden, dass es keine "schlechten Kopien" sind; sie machen Spaß und sind zu schaffen. Ärgerlich ist es nur, wenn eine Art Wörtersuchspiel ansteht, aber die Sprache nicht recht geklärt wurde - Deutsch war es nicht. Ansonsten gibt es auch viele Rätsel, zu denen man erst gründliche Nachforschungen in den gesammelten Dokumenten anstellen muss. Sogar ein wenig zwischen den Zeilen zu lesen, ist hin und wieder angebracht. Die Schwierigkeit und der Umfang der Rätsel treiben die Spielzeit gewaltig nach oben, machen das Spiel aber auch zu einem Unding für Anfänger und Ungeduldige. Allerdings sind die normalen Aufgaben im Gegensatz zu den eigentlichen Rätseln sehr einfach gehalten. Es wird oft sehr genau gesagt, was als nächstes zu tun ist. Das lässt den Spieler die Linearität unangenehm spüren. Das Drumherum In letzter Zeit geschieht es nur allzu oft, dass das beigelegte "Handbuch" ein Zettel im A5-Format ist, auf dem ein Hinweis zur Homepage des Spieles steht und das war's. Deswegen soll hier das positive Gegenbeispiel hervorgehoben werden: "Dracula 3" bietet für diesen Preis ein wunderbares Beiwerk in Heftform, das sich für die Verhältnisse einer Spielanleitung ungemein ausführlich mit dem Thema Vlad Draculea beschäftigt. Ein kleiner Widerspruch im Inhalt hier und da, aber nichts Weltbewegendes, und dann findet man auch noch eine umfassende Erklärung zum Spiel. Hier kann selbst so manche "Collectors Edition" oder "Gold Edition" nicht mithalten. Das Gesicht Draculas Die Zwischensequenzen sowie auch die Ingame-Grafik sind sehr gut gelungen und strahlen eine herrlich düstere Stimmung aus, soviel vorweg, auch wenn jetzt ein paar Mankos folgen. So herrscht im Dorf die ganze Zeit über dieselbe Tageszeit und das, obwohl die Uhrzeit explizit in der Geschichte und im Tagebuch eine Rolle spielt. Es ist immer so eine leicht verschwommene Sonnenuntergangsatmosphäre, die wunderschön aussieht, aber ruhig hin und wieder von einem blauen Himmel abgelöst werden könnte. Die Umgebungen sind einfach herrlich und es tauchen ungewöhnlich viele verwendbare Gegenstände auf. Natürlich kann man nicht immer alles benutzen, aber im Gegensatz zu anderen Spielen dieses Genres, kommt beim Versuch nicht einfach ein "Was zum *piep* soll ich denn damit?", sondern stets eine vernünftige Begründung des Priesters. Weiterhin fällt auf, dass die begehbaren Regionen etwas klein gehalten sind und man dann lieber mehr abbrechbare Zwischensequenzen eingebaut hat. So bewegt man sich mit wenigen Klicks durchs Dorf. Im Gegensatz zum Rest sind die Charaktere oft etwas zu "blumig" geraten, etwas zu klischeehaft oder künstlich. So fehlen dem einen oder anderen ein paar Animationen in der Bewegung, weshalb er wirkt, als würde er wie angewurzelt dastehen. Die Stimme, die dich heimsucht Die Hintergrundmusik ist stimmig, angenehm und nicht zu aufdringlich, die Soundeffekte passen hervorragend ins Gesamtbild, und wenn an bestimmten Stellen das Herz des Priesters mit einem Mal lauter schlägt, passt das so gut in die Situation, dass des Spielers Herz oft gleich mal mitmacht. Fast genauso gut sind die Synchronisationen, nur manchmal sind sie etwas zu abgehackt oder gekünstelt.
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Fazit
"Dracula 3" gehört definitiv zu den drei besten Spielen, die ich in den letzten paar Monaten in die Hand bekommen habe. Die Rätsel sind nicht immer, sondern nur fast immer logisch, das Charakterdesign könnte noch ein kleines bisschen realistischer sein und die Story hat am Anfang ein paar Umschwünge zu viel, aber über die restlichen Mankos konnte zumindest ich sehr gut hinwegsehen. (01.09.2008)