Crash Tag Team Racing (PS2) (Vivendi Universal) geschrieben von Florian Piesche
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Crash Bandicoot dürfte eine der ältesten Franchises sein, die auf Sonys Konsolen den Anfang gefunden hat - bereits zu Zeiten der ersten PlayStation erfreuten sich die beiden 3D-Jump'n'Runs, die die Reihe eröffneten, großer Beliebtheit. Mit dem leicht durchgeknallten Crash in der Hauptrolle hat sich die Serie bis heute gehalten, jedoch nicht mehr im ursprünglichen Konzept. Der letzte größere PS1-Titel unter dem Namen Crash Bandicoot war Crash Team Racing, ein Renn-Actionspiel im Stil von Mario Kart oder Diddy Kong Racing. Crash Tag Team Racing als neueste Inkarnation setzt das Rennspielkonzept mit dem schrägen Humor auf der PS2 sowie der XBox und dem GameCube fort. Plutonium, explosive Hühner und Kamikaze-Schimpansen Als Hintergrund für Crash Tag Team Racing haben sich Radical Entertainment auch gleich ein Konzept ausgesucht, das ein wenig an Diddy Kong Racing erinnert - das Spiel ist komplett in einem großen Vergnügungspark angesiedelt, der in fünf unterschiedlich thematisierte Parks und ein zentrales Verbindungsstück aufgeteilt ist. Die Themenparks sind die karibische Piratenwelt Mystery Island, die Dinosaurierinsel Tyrannosaurus Wrecks, der Science-Fiction-Bereich Astro Land, die ägyptische Wüsten- und Pyramidenlandschaft Tomb Town und das Märchenland Happily Ever Faster. In jedem der Parks gibt es wiederum ein zentrales Gebiet, von dem aus man je drei Rennstrecken erreichen, einige Minigames finden sowie diverse kleinere Nebenziele erledigen kann. Selbige reichen vom Sammeln von Münzen, mit denen man neue Outfits für die Charaktere kaufen kann über das Öffnen geheimer Abkürzungen auf den Rennstrecken bis hin zum Finden von Energiekristallen, mit denen man neue Fahrzeuge und neue Bereiche in den einzelnen Parks zugänglich machen kann. Zusätzlich zu den drei Rennstrecken gibt es in jedem der fünf Gebiete außerdem noch eine Arena zu finden, in der man sich im Mehrspieler- oder Stuntmodus vergnügen kann. Damit man bei so vielen Aufgaben nicht die Übersicht verliert, gibt es im Pausenmenü eine schöne Übersicht über sämtliche aktuellen Missionen inklusive eventueller - teils herrlich amüsant formulierter - Hinweise, die man von den diversen Figuren gesammelt hat. Viele der Missionen beschränken sich auf das banale Sammeln von Münzen und Energiekristallen; andere sind etwas komplizierter und haben spezielle Ziele, wie zum Beispiel das Finden eines Kanisters Plutonium, den eine der Figuren benötigt, um ihr neues Fahrzeug funktionstüchtig zu machen - dieser liegt, wie man es von Plutoniumkanistern in Vergnügungsparks erwartet, einfach so herum - man muss lediglich einen Weg zu ihm finden. Ein weiteres Beispiel wäre das Kaufen eines Ballerinakostüms für den durchgeknallten Wissenschaftler, der sich selbst (zu Recht) fürchterlich hässlich findet. Die Bereiche, die man zu Fuß erkundet, spielen sich prinzipiell genau so, wie es damals die Jump'n'Runs der Crash-Reihe getan haben: Man läuft herum, zertrümmert Kisten, um Münzen zu finden und erforscht den Vergnügungspark auf der Suche nach den Energiekristallen und den Schlüsseln für die verschiedenen Themenparks. Zu Beginn ist nur Mystery Island zugänglich und in jedem der Themenparks findet man den Schlüssel, der die Tür zu einem Weiteren öffnet. Mit vielen Figuren kann man reden; die spielbaren Charaktere bieten einem hierbei manchmal neue Missionen, manchmal nur mehr oder weniger dämliche Kommentare an und die Parkbesucher grundsätzlich nur Letztere. Als kleines Extra gibt es außerdem diverse Stellen, an denen man kleine Zwischensequenzen auslösen kann - seien es nun einfache kleine Späße oder dramatisch-alberne Videos, die mit dem Tod von Crash enden. Sämtliche dieser Videos kann man, wenn man sie einmal gesehen hat, auch jederzeit über das Hauptmenü aufrufen. Einziger größerer Unterschied zu "normalen" Jump'n'Runs ist, dass es keine Begrenzung an Leben gibt - man kann sterben, so oft man will, das Spiel kann kein vorzeitiges Ende nehmen und Crash zum letzten Speicherpunkt zurückversetzen. Stirbt man, so wird man sofort wieder an die Stelle versetzt, von der aus man den letzten Schritt in den Tod gemacht hat. Die Rennsequenzen sind an sich vollkommenes Standardmaterial, aber mit einigen Zusatzfeatures, um das Ganze etwas zu würzen: Während man um die Rundkurse fährt, kann man nicht nur Powerups aufsammeln, die ungewollte Konkurrenten mit explosiven Hühnern, Schimpansen mit Dynamitstangen und zielsuchenden Feuerbällen aus dem Weg räumen, sondern auch spontan mal mit einem der Gegner verschmelzen. Hierbei ergibt sich dann eine Kombination ähnlich Mario Kart Double Dash - einer der beiden Charaktere wird zum Fahrer, der andere zum Schützen. Die Positionen kann man beliebig wechseln; selbst im Einzelspielermodus kann man dem temporären Computerpartner das Steuer übergeben und sich selbst darauf konzentrieren, den Weg mit dem charakterabhängigen Geschütz freizuräumen. Leider ist der Bildschirm im Rennmodus etwas unübersichtlich - es gibt zwar einen Rückspiegel, aber auf diesem ist kaum etwas zu erkennen, und es gibt keinerlei Anzeige dafür, welches Powerup man gerade hat - so muss man immer kurz die Augen von der Strecke nehmen und einen Blick aufs eigene Fahrzeug werfen, um zu sehen, was man denn gerade in der Hand hat. Abhängig davon, wie man sich im Rennen geschlagen hat, bekommt man nach Ende der drei-ründigen Raserei Geld; zusätzlich gibt es einen Zuschlag für ausgeschaltete Gegenspieler, Preisgelder für die ersten drei Plätze und Energiekristalle für den Erstplatzierten. Die Rennstrecken lassen sich außerdem in einem von fünf Modi spielen, die jeweils andere Zielsetzungen haben. In Crashinator werden unbewegliche Ziele auf der Strecke platziert, von denen man innerhalb einer zeitlich begrenzten Runde möglichst viele umfahren sollte. Rennen ist, wie der Name vermuten lässt, ein normaler Wettbewerb mit einem frei auswählbaren Charakter gegen die anderen, Schnellrunde hat zum Ziel, eine komplette Runde in möglichst kurzer Zeit zu fahren. Im "Grollender Donner"-Modus muss man innerhalb einer Runde mit einem zufällig ausgewählten Charakter und seinem Geschütz möglichst viele Kills bei anderen Fahrern erzielen und in "Drauf und Weg" auf Zielscheiben außer Rammreichweite schießen. Grafik Die Grafik ist, wie es sich für ein Crash Bandicoot-Spiel gehört, bunt, um nicht zu sagen grellbunt. Die Figuren wie Landschaften sparen an vielen Stellen bewusst mit Polygonen, um den comicartigen Stil der Grafik weiter zu untermalen, die Texturen haben meist gestochen scharfe Farbübergänge und allgemein viele große Farbflächen. Die Animationen sind flüssig, detailliert und ebenfalls comichaft überzogen, wenn auch manchmal in der Anzahl etwas gering - so wartet selbst Crash als Hauptfigur zum Beispiel mit nur drei verschiedenen Animationen auf, wenn man ihn einfach mal herumstehen lässt. Insgesamt hat das Spiel aber dennoch einen durchgängigen und konsistenten Stil und setzt eher auf Einfachheit statt überzogenen Detailreichtum in seiner Darstellung. Obendrein gibt es weder auffällige Ruckeleien noch Grafikfehler - die Grafik ist zwar weder technisch noch stilistisch herausragend, aber dennoch hervorragend und konsequent ausgeführt. "Ze violence, it is vonderful!" Das herausragendste Merkmal am Ton von Crash Tag Team Racing ist mit Sicherheit die Sprachausgabe: Die Charaktere haben hervorragende, wenn auch oft recht alberne, Dialoge im Jump'n'Run-Modus. Springt man irgendwelchen Parkbesuchern oder gar anderen Charakteren auf dem Kopf herum, schlägt oder misshandelt sie auf andere Arten, so geben sie entsprechende amüsante Kommentare von sich (ich persönlich habe erschreckend viel Zeit damit zugebracht, wahllos Leuten auf den Kopf zu springen, nur um ihre Reaktionen zu hören) und auch im Rennmodus haben die Figuren diverse belustigende Oneliner zum Geschehen abzugeben. Die Übersetzung ist ebenfalls durchgehend gut gelungen - nicht immer wort- und sinngetreu, aber immer belustigend und ohne merkliche Stolperer. Die Musik ist ... nun ja, eigen. Ähnlich wie in bisher wohl sämtlichen Spielen der Serie hat auch Tag Team Racing "typische" Videospielmusik - es dudelt, mehr oder weniger, mit eingängigen, kurzen und einfachen Melodien und simplen Rhythmen darunter. Die Instrumentalisierung ist teils albern, passt sich damit aber hervorragend in den Rest des Spiels ein. Wenn man nicht das Spiel dazu spielte, würde die Musik wahrscheinlich selbst Gehörlose innerhalb kürzester Zeit in den Wahnsinn treiben. Die Soundeffekte sind, ähnlich wie die Musik und die Sprachausgabe, albern, aber passend. Das plötzlich abreißende Gackern der explosiven Hühner, das Kreischen der Kamikaze-Äffchen und die Explosionen untermalen das Geschehen sehr schön. Die englische Sprachversion von CTTR ist ebenfalls auf der DVD enthalten und hat meiner Meinung nach eine noch bessere Sprachausgabe - insbesondere Ebeneezer von Clutch, der in der deutschen Sprachversion sächselt, ist in der englischen Fassung "der Deutsche" - mit bestem Indiana Jones-Nazi-Englisch inklusive heftigem Akzent und immer wieder eingeworfenem "Ja". Das Spiel richtet sich bei seiner Sprache nach den Spracheinstellungen der PlayStation 2 - wer den englischen Originalton hören will, kann also einfach sein Menü auf Englisch schalten und losspielen. Die Xbox- und GameCube-Versionen verhalten sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht anders; zum Ausprobieren dieser Theorie liegt hier allerdings keine von beiden vor. Fazit: Dinge, die ich aus Crash Tag Team Racing gelernt habe Wenn man mal dringend Plutonium braucht, sollte man sich einfach mal in einem Vergnügungspark umschauen. Und wenn man wahllos Leuten auf dem Kopf herumspringt, macht einen das nicht zu einem besseren Menschen, provoziert aber zumindest belustigende Kommentare. Und es macht einen Heidenspaß, wie auch der ganze Rest des Spiels. Der Humor ist stellenweise etwas arg pubertär ("Mein Gott, es ist voller Furzwitze"), aber meist auf verwertbare und angenehme Art skurril. Den Mehrspielermodus konnte ich leider nicht ausprobieren, da ich nur einen PS2-Controller besitze und Crash Tag Team Racing sich absolut nicht dazu bewegen ließ, meine drei PS1-Joypads auch nur als angeschlossen zu erkennen. Hieraus lässt sich aber mit Sicherheit noch mehr Wiederspielwert ziehen. Kaufempfehlung? Von meinem Blickpunkt aus definitiv. (13.12.2005)
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