Silent Hunter III (UbiSoft) Geschrieben von Anke Morbitzer
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Einleitung Die lang ersehnte Fortsetzung der erfolgreichen U-Boot-Simulation ist nach langem Warten endlich fertig. Wie im Vorgänger schlüpft man auch diesmal wieder in das graue Lederpäckchen eines deutschen U-Boot-Kommandanten im Zweiten Weltkrieg. Schauplatz ist der gesamte Atlantik. Das Zitat Winston Churchills “Das Einzige, wovor ich mich während des Krieges wirklich fürchtete, war die Gefahr der U-Boote” ist dem Handbuch vorangestellt und vermittelt einen Eindruck von der Bedeutung des U-Boot-Kriegs für den Verlauf des zweiten Weltkriegs. Beide Seiten bezahlten einen hohen Preis: 30.000 Seeleute auf Handelsschiffen und tausende alliierter Soldaten verloren ihr Leben, von 40.000 deutschen U-Boot-Fahrern kehrten über 30.000 nicht zurück. Das Spiel liegt auf DVD-ROM vor und enthält ein 60-seitiges ausführliches Handbuch. Darin sind alle Funktionen und Techniken ausführlich beschrieben und auch der technische Hintergrund sowie Tipps und Hinweise kommen nicht zu kurz. Das Handbuch zum Spiel und zum enthaltenen Missionseditor befindet sich als Pdf-Datei zusätzlich auf der DVD. Auf der beigelegten Karte des Atlantiks sind die wichtigsten Kriegsschauplätze und Konvoirouten markiert. Zusätzlich sind alle wichtigen Stützpunkte und Konvoibezeichnungen sowie die Reichweite der alliierten Luftüberwachung eingezeichnet. Der beigelegten Tastaturübersicht kann man die Funktion aller Tasten beziehungsweise der Maus entnehmen, da fast alle Tasten auch eine Funktion haben und man sonst den Überblick verliert. Obwohl das Spiel auf DVD vorliegt und ein 4-fach Laufwerk verlangt, beträgt der benötigte Festplattenplatz immer noch stattliche 2,6 GB. Die Angabe auf der Verpackung ist da mit 2 GB doch deutlich nach unten gerundet worden. Entsprechend ist bei der Installation Ausdauer gefragt, sie verläuft aber problemlos. Zu guter Letzt wird der Code des Kopierschutzes abgefragt, der auf der DVD aufgedruckt ist. Auffällig ist, dass jetzt alle Soundfiles nicht mehr als Wave Audio, sondern im Ogg Vorbis-Format vorliegen. Inzwischen liegt bereits der erste Patch vor, der einige Grafikartefakte wie den körperlosen Wachoffizier behebt und zusätzlich einige Ungenauigkeiten im Spielablauf ausbügelt. Trotzdem hat auch nach der Installation des Patches die Brückenwache kein Fernglas in der Hand. Die Grafik unterstützt ausdrücklich nur GeForce-Karten der 3er-, 4er- und FX-Serie sowie Radeon-Karten der Serien 8500/9000 oder neuer. Gameplay Das Spiel enthält drei unterschiedliche Spielvarianten: Den Karrieremodus, verschiedene sehr nah an historische Ereignisse angelehnte Einzelmissionen und die Marineakademie. Hier kann man vor Beginn einer Karriere die verschiedenen Waffen und Techniken trainieren. Dazu gehört zum Beispiel Navigation, die Bedienung von einem Flak- oder Deckgeschütz, das Torpedoschießen oder ein Geleitzugangriff. Als Hilfe gibt es schön gemachte Lehrvideos. Schließt man die Prüfungen der Marineakademie erfolgreich ab, so erhält man einen Karrierebonus. Ein Multiplayer-Modus ist möglich und ein Missionseditor ebenfalls enthalten. Die Karriere ist jetzt wesentlich aufwendiger aufgebaut und man hat mehr Möglichkeiten, aber auch mehr Pflichten. Man kann das Jahr des Beginns wählen und hat verschiedene Flottillen zur Auswahl. Je nachdem, für welche man sich entschieden hat, stehen andere Boote zur Verfügung und man startet aus Stützpunkten, die für die jeweilige Mission ausgesucht wurden. Die gesamte Karriereplanung ist von Bonuspunkten abhängig, man erwirbt durch gute Leistungen Ansehen und kann mit diesen Punkten sein Boot besser ausrüsten oder erfahrene Besatzungsmitglieder anheuern. Vor Beginn einer Mission startet man mit einer Rumpfbesatzung und kann dem Punktekonto entsprechend Offiziere und Mannschaften ergänzen. Hinter jedem Mannschaftsmitglied verbirgt sich ein eigenständiger Charakter und jeder hat andere Fähigkeiten und Qualifikationen. Die Mannschaft spielt auch während der Feindfahrt eine wichtige Rolle: Man muss die Leute auf Gefechtstationen befehlen oder Erschöpfte in den Bug- oder Heckraum in die Kojen schicken. Gibt es Gefallene, so müssen diese sogar bestattet werden. Bei Angriffen kann ein Reparaturteam bereitgehalten werden, das je nach Dringlichkeit Schäden behebt. Daher ist es nicht mehr möglich, mit hoher Zeitkompression dem Ziel zuzustreben. Zwischendurch muss der Kommandant immer wieder eingreifen, sonst sinkt die Moral der Besatzung schnell. Am wichtigsten ist die Rolle der Offiziere. Auf dem Weg durch das wunderschön in 3D gerenderte Boot begegnet der Kommandant den Besatzungsmitgliedern auf ihren Stationen, die sich fragend zu ihm umsehen. Wählt man eine Station aus, so erscheint ein kleines Menü, aus dem man unterschiedliche Tätigkeiten auswählen kann. Der Wachoffizier kann Stationen besetzen und befehligt die Geschützbedienung, der leitende Ingenieur leitet Fahrt- oder Notfallmanöver ein, der Waffenoffizier identifiziert ein Schiff und stellt die Ziellösung im Torpedovorhaltrechner ein, der Steuermann berechnet den Kurs, der Funker bedient Hydrophon und Funk oder legt am Grammophon eine Platte auf. Natürlich kann man fast alle Funktionen auch selbst bedienen. Bei der Verteilung der Leute auf die Stationen sollte man beachten, welche Posten besetzt sind, denn ohne Navigator nützt der schönste festgelegte Kurs nichts. Auch die Qualifikation spielt eine Rolle, wie gut auf einer Station die Arbeit verrichtet wird. Auch die Verbrauchswerte von Diesel und Batterie sowie Kohlendioxid- und Sauerstoffgehalt der Luft müssen im Auge behalten werden. Nach der Rückkehr in den Stützpunkt kann man Besatzungsmitglieder austauschen oder ergänzen, Auszeichnungen und Orden verteilen, Verletzte ins Lazarett schicken und das Boot reparieren und neu ausrüsten lassen. Vor und nach jeder Mission wird automatisch gespeichert, Zwischenspeichern ist aber auch möglich. Man benötigt zur Bedienung fast die komplette Tastatur und die Maus, die Steuerung ist trotzdem nicht schwer zu erlernen. Ein Scrollrad an der Maus dient zum Zoomen und sollte nicht fehlen. Links im Bild befindet sich eine Menüleiste, mit der man die verschiedenen Stationen auswählen kann. Waffen und Einrichtungen steuert man am besten aus ihren eigenen Menüs, besonders häufig benötigt man das Menü, in dem man Besatzung und Schäden verwaltet. Alle Menüs kann man auch mit Hilfe der Funktionstasten auswählen. Unten links im Bild sieht man seine Offiziere, durch Anklicken erhält man ein Zusatzmenü, aus dem man verschiedene Tätigkeiten mit der Maus wählen kann. Rechts unten sind permanent die wichtigsten Instrumente wie Tiefenmesser und Kompass angezeigt, der Knopf neben jedem Instrument dient zum Wechseln der verschiedenen Anzeigearten. Als zusätzliches Detail kann man in der Realismuseinstellung eine Anzeige wählen, die Auskunft darüber gibt, wie gut man vom Feind geortet werden kann. Zur Bedienung der Waffen kann der Spieler sowohl die Maus als auch die Pfeiltasten benutzen. Einmaliges Klicken im Bild wechselt zwischen Mauszeiger und Richtungsänderung. Im Boot kann man Offiziere durch Anklicken “ansprechen” oder mit einem Klick auf ein Schott in den nächsten Raum wechseln. Befehle und Meldungen werden angezeigt, der Kommandant kann Offiziere auch danach fragen oder die letzten Meldungen wiederholen lassen. Den gewünschten Kurs legt man einfach auf der Navigationskarte fest. Je nach Bootstyp hat man verschiedene Torpedos und andere Waffen zur Verfügung. In das Spiel ist dabei großes technisches Know-How eingeflossen und fast alle Errungenschaften der Ingenieure auf beiden Seiten sind berücksichtigt. Allein bei Torpedos hat man im Zielrechner die Wahl: Einzelschuss oder Fächer? Mit Dampf oder elektrisch angetrieben? Aufschlag- oder Magnetzündpistole oder beides? Später stehen auch der FAT (Feder-Apparat-Torpedo, der in Schleifen läuft, bis er trifft oder das Ende der Laufstrecke erreicht) und der Zaunkönig genannte LUT (Lageunabhängiger Torpedo, kann getaucht abgeschossen werden und zielt auf Geräuschquellen) zur Verfügung. Je nach Realismus werden die Zieldaten automatisch erfasst oder müssen von Hand durch Abhaken auf dem Notizblock in den Vorhaltrechner übernommen werden. Auf alliierter Seite gibt es zum Beispiel das Hedgehog, mit dem “Teppichwürfe” von 24 Wasserbomben erfolgen. Andere Ortungsmaßnahmen wie ASDIC und Radar entsprechen den tatsächlichen Gegebenheiten. An Oberdeck befinden sich je nach Bootstyp ein Deckgeschütz, Maschinenwaffen und eine Flugabwehrkanone. Die technischen Eigenheiten wie unterschiedliche Munition oder realistisches Verhalten und Ladezeiten sind berücksichtigt. Bei Sturm können natürlich die Waffen an Oberdeck nicht besetzt werden. Auf der Brücke befindet sich noch die UZO, die U-Boot-Zieloptik, ein spezielles Fernglas, mit dem Torpedoziele erfasst und die Daten in den Torpedovorhaltrechner übertragen werden können. Bei Unterwasserfahrt kommt das Sehrohr zum Einsatz, das, anders als in der Vorgängerversion, jetzt schrittweise ein- und ausgefahren werden kann. Steckt man den “Spargel” zu weit heraus, wird man schnell vom Gegner aufgefasst. Ist man zu vorsichtig, wird die Optik von Wellen überspült und man sieht eine Weile nur Schlieren und erst langsam wird das Bild wieder scharf und klar. Grafik Man kann jetzt die wichtigsten Stationen im Boot betreten und muss sich seinen Weg vorbei an Schinken, Würsten und Bananen, die von der Decke baumeln, bahnen. Die Ausstattung ist detailreich umgesetzt, die Instrumente liefern korrekte Anzeigen und je nach Befehl werden Knöpfe gedrückt, Hebel umgelegt und Handräder gedreht. Leider bleiben die Soldaten auch bei schwerstem Seegang aufrecht stehen. Die Waffen sind ebenfalls gut umgesetzt. Als zusätzliches Feature gibt es eine Ereigniskamera, mit der man zum Beispiel den Lauf des Torpedos verfolgen kann. Der Modus “Freie Sicht” ermöglicht den Blick von außen auf die Szenerie und lässt alles wie einen Film wirken. Der Detailreichtum bei U-Booten, Schiffen und Flugzeugen ist überwältigend. Das Wetter und die Wasseroberfläche sind sehr realistisch und man kann, wie man es schon von Silent Hunter II kennt, wunderschöne Sonnenuntergänge oder den nächtlichen Sternenhimmel bewundern. Keine Frage, dass die Sternbilder oder Mondphasen dem jeweiligen Datum entsprechen! Küstenlandschaften und Häfen sind schön und realistisch und auf der Brücke wird man in Küstennähe nicht selten von schreienden Möwen umflattert. Die Kleidung der Brückenwache wird angepasst, bei Sturm sieht man sie mit Ölzeug und Südwester nach Feinden Ausschau halten. In das Spiel ist eine beeindruckende Vielfalt an Fahrzeugen eingebaut. Man kann sich davon im Museum überzeugen, wo die wichtigsten Schiffe und Flugzeuge vieler Nationen von allen Seiten betrachtet werden können. Die richtige Geräuschkulisse fehlt natürlich auch nicht und alle technischen Daten sind aufgeführt. Eine gute Möglichkeit, sich mit den Fahrzeugen vor einer Mission vertraut zu machen. Die verwendeten Schadensmodelle sind viel besser geworden; es hat großen Einfluss, wo man Treffer erzielt. Wird auf einem Schiff der Mast getroffen oder der Maschinenraum? Erfolgt der Torpedotreffer am Bug oder achtern? Benutzt man die Magnetzündpistole oder einen Aufschlagzünder? All das beeinflusst die entstehenden Schäden und das Sinkverhalten von Schiffen. Sound Natürlich steht die Geräuschkulisse den anderen Features in nichts nach. Das Rauschen der Sturmsee, stampfende Dieselmotoren, das Summen der E-Maschinen, das Belfern der Flak, Schraubengeräusche eines anlaufenden Zerstörers oder die bei Alarm vom Turm in die Zentrale polternde Brückenwache sind nur einige Details. Auch die Sprachausgabe bei Meldungen und Befehlen ist gut, man bekommt jetzt zum Beispiel den genauen Kurs des Bootes genannt. Die Stimme des Meldenden ändert sich, wenn man zum Beispiel jemand anders auf den Posten des Wachoffiziers gesetzt hat. Die Hintergrundmusik ist unaufdringlich und stört nicht und man kann die Lautstärke von Musik und Effekten getrennt regeln. Schaltet man die Musik aus, kommt man auch leider nicht mehr in Genuss, wenn der Funker eine Platte auflegt. Eine herausragende U-Boot-Simulation mit beeindruckender Grafik, tollem Sound und sehr hoher Spielintelligenz. Die 3D-Umsetzung des Bootsinnern ist gelungen und bringt großen Spielspaß. Die ganze Fülle an Details ist umwerfend und erschließt sich erst nach längerer Zeit. Die komplette Schiffstechnik ist sehr gründlich recherchiert und gut umgesetzt worden. Das Spiel ist noch näher an historische Daten angelehnt als der Vorgänger SH II: so erfährt man bei Einzelmissionen genau, in wessen Rolle man schlüpft. Im Spiel sind nur wenige Fehler aufgefallen, am häufigsten noch Grafikartefakte oder kleinere Ungenauigkeiten in der Übersetzung. Das Spiel läuft stabil, aber die Anforderungen an das System sind hoch. Die Ladezeiten sind auch etwas lang. Alles in allem ein sehr gelungenes Spiel, das für U-Boot-Enthusiasten eine wahre Freude sein sollte. Die ganze Komplexität erschließt sich erst nach für nach, so dass lange anhaltender Spielspaß garantiert ist. (31.03.2005)
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