Wheelman

Wheelman

(Ubisoft)

geschrieben von Witali Blum

 

 
Entwickler: Tigon Studios
Publisher: Ubisoft
Genre: Action
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Wheelman
Preis: 34,97 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 16 Jahren gemäß §14 JuSchG

Normalerweise geht Titeln wie "Vin Diesels Wheelman" ein Blockbuster im Kino voraus, der dann anschließend in ein digitales Abenteuer umgewandelt wird. Dieses Mal scheinen die Entwickler aus den Tigon Studios sich dafür entschieden zu haben, das Pferd von hinten aufzuzäumen, indem sie ihren Chef Vin Diesel zuerst in einem actionlastigen Spiel ins Rampenlicht setzen und damit hoffentlich den Weg für einen erfolgreichen Filmstart bereiten. Im folgenden Test wird sich zeigen, ob ihre Idee sich als vielversprechend erweisen wird.

El Viva Espania

Vin Diesels digitales Alter Ego in "Wheelman" hört auf den Namen Milo Burik und scheint auf den ersten Blick ein knallharter Ganove zu sein, der sich vor allem auf das Fahren von Fluchtfahrzeugen spezialisiert hat. Nur wenige Leute wissen, dass der Muskelprotz mit der großen Knollennase in Wirklichkeit ein verdeckter Ermittler ist, der die Gangsterszene von Barcelona infiltrieren soll. Dementsprechend muss sich der Protagonist von "Wheelman" erst das Vertrauen der lokalen Gangs verdienen, indem er in ihrem Auftrag mehrere illegale Geschäfte erledigt. Die Aufgaben sind nicht besonders einfallsreich, denn als Fahrer muss er entweder Autos stehlen, zum vereinbarten Zielpunkt bringen oder aufgesammelte Passagiere vor Verfolgern beschützen wie etwa Bankräuber vor der Polizei. Dabei macht Milo keinen Unterschied zwischen den drei lokalen "Großmächten" der Unterwelt und arbeitet abwechselnd für alle möglichen Auftraggeber. So kann der Verbündete von heute schon ein Gegenspieler von morgen sein.

Glücklicherweise nimmt keine der Gangs an Milos wechselhafter Loyalität Anstoß und versorgt ihn sogar nach erfolgreichen Missionen mit Garagen für seine dauerhaft geliehenen Fahrzeuge sowie Waffendepots für den Fall, dass halsbrecherische Fahrkünste mal nicht ausreichen sollten, um die Konkurrenz zur Aufgabe zu zwingen. Natürlich muss der verdeckte Ermittler nicht die ganze Zeit in einem Auto verbringen und kann einen Teil seiner Mission auch zu Fuß erledigen, vorausgesetzt, er hat die richtige Schusswaffe mitgenommen. Jedoch ist er per pedes ziemlich langsam unterwegs und kann eventuell zeitkritische Aufträge eventuell nicht erfüllen. Logischerweise sind Verfolgungsjagden ebenso unmöglich. So ist es nur sinnvoll, dass der Protagonist sein gottgegebenes Talent als Fahrer ausgiebig nutzt, um von A nach B zu kommen, wobei er meistens aufgrund seines rüpelhaften Fahrstils zahlreiche Karambolagen im Straßenverkehr verursacht. Bei all den vielen Verstößen gegen das Strafgesetzbuch kann man sich nur wundern, welche "große Sache", die die Gangs planen, es wert ist, auf Kosten von so viel zerstörtem öffentlichem Eigentum aufgedeckt zu werden.

Entrar en Juego

"Wheelman" spielt sich fast genauso wie "GTA IV" - nicht umsonst klingen die Namen der Titelhelden Milo Burik ("Wheelman“) und Niko Bellic ("GTA IV“) ähnlich. Doch der Vergleich hinkt, denn das erstgenannte Spiel kann in vielen Dingen Rockstars Verkaufsschlager nicht das Wasser reichen. Wie im Vorspann erwähnt, verkörpert der Spieler Vin Diesels digitales Alter Ego und begeht in einem fiktiven Barcelona, das von drei Gangs dominiert wird, Straftaten. Alles geschieht im Rahmen von Milos Arbeit als verdeckter Ermittler, so dass man sich angeblich keine Sorgen darum machen muss, exzessive Gewalt im öffentlichen Straßenverkehr anzuwenden. "Wheelman" beginnt mit einem Sprung ins kalte Wasser, indem der Spieler gleich zu Beginn eine hübsche Bankräuberin vor der Polizei in Sicherheit bringen und sich gleichzeitig mit der Fahrphysik vertraut machen muss, die mit der Realität größtenteils wenig zu tun hat.

Zwar ist die allgemeine Lenkung eines Fahrzeugs mit anderen Rennspielen vergleichbar, doch die zusätzlichen Manöver wie "Rammen" oder "Durchbrechen" stören die Glaubwürdigkeit, da sie Milos aktuelles Auto wie einen Gummiball zur Seite beziehungsweise nach vorn schleudern - wie von Gottes Hand und gegen alle Regeln der bekannten Physik. Ebenso wenig glaubhaft sind die Folgen der zuvor erwähnten Aktionen, bei denen zur Seite gedrängte Autos in die Luft gehen und explodieren, als hätten sie einen Kofferraum voller Nitroglyzerin transportiert. Solche Szenen mögen vielleicht gut aussehen, doch sie tragen wenig dazu bei, ein besseres Spielerlebnis zu bieten. Sehr merkwürdig ist auch die Tatsache, dass sich bei Verfolgungsjagden, die ein Teil der Story sind, die Großstadt Barcelona sofort in eine Rennstrecke verwandelt, auf der Pfeile an Schildern stets die geforderte Fahrrichtung vorgeben und man die Polizei im "Need for Speed"-Stil abhängen muss, anstatt sich beispielsweise in einer dunklen Gasse zu verkriechen.

Ferner kann man kritisieren, dass die Hüter des Gesetzes nicht fest in das Stadtleben integriert sind wie beispielsweise in "GTA", sondern scheinbar durch Zufall auf Milos Straftaten reagieren oder erscheinen, wenn dies eine Mission vorsieht. Darüber hinaus ignoriert die KI den Bedrohungsgrad, der am rechten Bildschirmrand durch Sterne repräsentiert wird, und verfolgt den verdeckten Ermittler äußerst hartnäckig. Da fast alle Autos in "Wheelman" eine ähnliche Höchstgeschwindigkeit und Lenkung besitzen, ist es oft fast unmöglich, die Streifenwagen abzuhängen. Selbst wenn man alle Verfolger zerstört hat, kommt man meistens nicht dazu, den "Fahndungsradius" zu verlassen und zu warten, bis die Polizei die Suche eingestellt hat, weil auf mysteriöse Weise sofort neue blau-weiße Fahrzeuge in die Zone teleportiert werden. So mancher Spieler wird sich vermutlich allein aus Frust verhaften lassen, zumal es nur Konsequenzen gibt, wenn man gerade auf Mission ist und diese nicht mehr erfüllen kann. Die Auftraggeber tolerieren nämlich kein Versagen.

Der Protagonist von "Wheelman" würde natürlich nicht umsonst das Gesicht von Vin Diesel tragen, wenn er nicht einige knallharte Tricks in petto hätte. So ist zum Beispiel das normale Stehlen von Autos, indem man das Schloss knackt oder den Fahrer rausschmeißt, nachdem er vor dem Dieb angehalten hat, etwas für Weicheier. Richtige Kerle klauen die Karre noch während der Fahrt. So postiert sich Milo in einem bereits vorhandenen Fahrzeug hinter den Wagen seiner Wahl und führt einen "Air-Jack" durch, bei dem er wie Spiderman von seiner Karre auf das vor ihm fahrende Auto springt. Anschließend befördert er beherzt den Fahrer durch die Tür nach draußen, indem er durch das Beifahrerfenster mit beiden Beinen voran in die Kabine schwingt. Bei ahnungslosen Opfern funktioniert diese Methode problemlos, während missionsbedingte Autodiebstähle schon schwieriger durchzuführen sind, weil die Zielpersonen versuchen, nach besten Kräften zu entkommen. Glücklicherweise hat Milo eine Minikarte, die ihm stets den Standort des gesuchten Autos anzeigt. Außerdem ist der KI-Gegenfahrer ziemlich dumm, weil er nicht komplett "die Kurve kratzt“, sondern außer naher Sichtweite freundlicherweise an der nächsten Kreuzung auf sein Verderben wartet.

Ebenso spektakulär sind die Manöver, die Burik hinter dem Steuer ausführen kann. Wenn der muskelbepackte Fahrer besonders viel Materialschaden erzeugt und gleichzeitig keine Fußgänger überfährt, steigt seine Konzentration, die er bei Bedarf nutzen kann, um etwas mehr Geschwindigkeit aus dem Fahrzeugmotor herauszukitzeln oder um einen "Cyclon" - eine 360-Grad-Wende mit Präzisionsschüssen in Zeitlupe - auszuführen. Zur Not kann man natürlich auch einfach nur rempeln und dabei die Feinde nähere Bekanntschaft mit Häuserkanten machen lassen, die so fest sind wie massiver Stahl. Die auf der Verpackung des Spiels angepriesene freie Zerstörbarkeit der Umgebung ist nur wenig sichtbar. Lediglich Gegenstände wie Kisten, Schilder, Laternenpfähle, Zäune oder gewisse Löwenstatuen, von denen man 100 Stück finden soll, lassen sich leicht zerlegen.

Allgemein ist Barcelona in "Wheelman" für eine Hauptstadt viel zu dünn besiedelt, so dass selbst der Berufsverkehr dort gemütlich wirkt, wie in einer ländlichen Kleinstadt. Wären nicht die spanischen Radiosender in den Autos sowie die erzählte Handlung mit Zwischensequenzen, dann käme der Spieler nie auf die Idee, wo er sich gerade befindet. Die Missionen bieten trotz 24 verschiedener Autos und einer großen Auswahl an Schießprügeln, mit denen Vin Diesels Alter Ego auch zu Fuß kämpfen kann, wenig Abwechslung, weil sie nach "Schema F“ ablaufen: Auto stehlen, Paket holen, Verfolger abschütteln und Ziel erreichen. Zum Glück bleiben dem Spieler wenigstens Frustmomente erspart, wenn er nach Missionszielen suchen soll. Der verdeckte Ermittler besitzt nämlich einen PDA mit GPS-Ortung, der ihn durch die Stadt lotst. Der Spieler sieht dieses Feature als Minikarte, die er auch als großen Stadtplan betrachten kann. Übrigens ist dieser auch in gedruckter Form beim Spiel in der Verpackung dabei. Bei storyrelevanten Aufträgen kann man den Protagonisten sogar direkt zum Zielpunkt teleportieren.

El Control

Die Steuerung in "Wheelman" erfolgt wahlweise mit Maus und Tastatur oder einem Gamepad. Dabei ist die letztgenannte Variante deutlich bequemer, denn mit "WASD" plus Mausbewegung für "Rempeln" und "Durchbrechen" lässt sich ein Auto nur schwierig steuern. Außerdem kann man sich bei Verfolgungsjagden nicht umsehen und muss sich oft stattdessen an der Minikarte orientieren. Dafür kann man aber viel besser mit Waffen zielen, auch wenn diese Option in Fahrzeugen nur bei einer Sonderfähigkeit des Fahrers zum Einsatz kommt. Da alle Autos sich in Kurven, Bremsmanövern oder beim Driften fast gleich verhalten, benötigt der Spieler nur eine kurze Eingewöhnungszeit, um sich in Milo Buriks Welt zurechtzufinden. So dauert es nicht lange und man kann jede Mission mit der höchsten Bewertung abschließen, selbst wenn die KI zu unfairen Mitteln greift, um den verdeckten Ermittler zu fassen.

El Gráfico

"Vin Diesels - Wheelman" kann man mit einem B-Action-Movie vergleichen, da während der Aufträge im Spiel eine übertriebene Actionszene die nächste jagt, wobei vor allem die Crash-Kamera, die alle vom Spieler verursachten, spektakulären Unfälle in Zeitlupe hervorhebt, an der unrealistischen Darstellung schuld ist. Zusammen mit der ungewöhnlichen Physik, die gegnerische Autos nach der Zerstörung im wahrsten Sinne des Wortes fliegen lässt, wirkt alles äußerst künstlich. Ferner muss man die kantige Umgebung bemängeln, die für aktuelle Spiele nicht mehr zeitgemäß ist. Man mag sich fragen, wofür die Entwickler denn die modifizierte Unreal-3-Engine verwendet haben, wenn nicht für eine schöne, detaillierte Levelgestaltung. Die Antwort liegt klar auf der Hand: Vin Diesel beziehungsweise sein digitales Alter Ego Milo Burik. Der Protagonist wird vor allem in den Zwischensequenzen derartig perfekt animiert, dass selbst der kleinste Schattenwurf auf seinen Jeans stimmt. Im Kontrast dazu sind alle anderen Charaktere eher spärlich ausgestattet. Eine so offensichtliche Inszenierung kann man einfach nicht übersehen und muss vielleicht sogar darüber lachen, da sie unfreiwillig komisch erscheint.

La Música Electrónica

Vin Diesel-Fans sind es von seinen Filmen gewohnt, dass er nicht viel (Sinnvolles) zu sagen hat. Warum sollte es in einem von ihm produzierten Computerspiel anders sein? Also klopft Milo Burik mit der deutschen Synchronstimme des Actionstars auch in "Wheelman" Machosprüche, die seine Coolness dem Spieler verdeutlichen sollen, wohl aber eher den gegenteiligen Effekt erzielen. Erfreulicherweise beschränkt sich die deutsche Sprachausgabe nicht nur auf den Protagonisten, denn auch alle anderen Charaktere wurden von Synchronsprechern mehr oder weniger gut vertont. Die Soundkulisse ist ebenso wie das Stadtbild ziemlich spärlich ausgestattet, die keineswegs das Gefühl vermittelt, in einer Millionenstadt zu leben. Die Effekte wie Explosionen oder Schüsse wirken schwammig und oftmals übertrieben. Den einzigen positiven Eindruck vermitteln die Radiosender in den erbeuteten Autos, die authentisch zur Story Hispano-Musik spielen und Moderatoren auf Spanisch reden lassen.

Ich kann nur hoffen, dass der kommende Film mit Vin Diesel mehr zu bieten hat als das Computerspiel "Wheelman", denn nach eingängiger Prüfung erweist sich der Titel als eine deutlich schlechte Kopie von "Grand Theft Auto IV" beziehungsweise "Grand Theft Auto - Vice City". Die Grafik wirkt veraltet, die Physik wurde übertrieben an die Action angepasst und die Levelgestaltung kann man selbst mit gutem Willen nur als spärlich bezeichnen. Da wundert man sich zu Recht, woher dann die hohen Spielanforderungen kommen. Auf jeden Fall sollten selbst die treuesten Fans von Vin Diesel die knapp vierzig Euro eher für ein Spiel aus der "Riddick"-Reihe wie "Escape from Butcher's Bay" oder das neue "Assault on Dark Athena" ausgeben, um nicht eine Enttäuschung zu erleben.

(15.05.2009)


Fazit

oder El Resultado


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