Heavenly Sword (PS3) (SCEE) geschrieben von Christian Graser
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Zu Beginn der Videospielära konnte man regelmäßig unerfahrene Spieler bei dem Versuch beobachten, durch ruckartiges Heben des Joysticks ihre Spielfigur weiter und höher springen zu lassen oder in Rennspielen durch Kippen des Gamepads die Kurve schärfer zu nehmen. Wenn Sie jedoch heute einen Spieler vor der Playstation 3 sitzen sehen, der merkwürdige Verrenkungen mit seinem Eingabegerät durchführt, liegt das nicht daran, dass dort ein blutiger Anfänger am Werk ist, sondern am Spiel "Heavenly Sword", das die Bewegungssensoren des Controllers richtig ausnutzt und sinnvoll in die Handlung integriert. Doch von vorn. Die Prophezeiung Seit Jahrhunderten bewacht ein asiatisch angehauchter Clan eine mächtige Waffe, die bislang noch niemand geführt hatte, weil sie für die Hand eines Auserwählten bestimmt war. Der Legende nach sollte im Jahr des Feuerpferdes dem Stammesoberhaupt ein Sohn geboren werden, der mit dieser Waffe das Volk aus der Unterdrückung des finsteren Königs Bohan führt. Das Kind kommt, doch die Natur folgt nicht der Prophezeiung, sondern schenkt dem Anführer eine Tochter namens Nariko. Wegen dieser Schande verliert der Clan den Glauben an die Befreiung und zwei Jahrzehnte später steht die Armee des Unterdrückers vor den Mauern des Bergdorfes. Gemeinsam mit den Kriegern stellt sich die junge Frau der Bedrohung. Das Himmlische Schwert Ihnen bleibt keine Zeit zum Überlegen. In Gestalt von Nariko helfen Sie, das Dorf zu verteidigen. Das Spiel lässt Sie aber nicht im Stich, sondern erklärt im ersten Gefecht schrittweise die Steuerung, die erstaunlich leicht von der Hand geht. Zwei Tasten genügen, um mit dem Langschwert erste sehenswerte Kombos hinzulegen und sich effektvoll durch die gegnerischen Reihen zu kämpfen. "Heavenly Sword" ist ein waschechtes HacknSlay-Spiel, das Sie kaum zu Atem kommen lässt. Während die erste Verteidigungslinie fällt, erhält Nariko von ihrem Vater den Befehl, das namengebende Schwert in Sicherheit zu bringen und zu fliehen. Doch auch König Bohan ist auf die Waffe scharf. Sobald die Heldin im Besitz der himmlischen Klinge ist, wird sie zur übermächtigen Gegnerin. Das teilbare Schwert lässt sich auf drei verschiedene Arten führen, was vielfältige Kombinationen ermöglicht. Sie können die beiden Hälften an langen Ketten schleudern und so eine Vielzahl von Feinden auf Distanz halten, allerdings fügen Sie ihnen auf diese Weise nur wenig Schaden zu. Führen Sie die Waffe als zwei Schwerter, so sind Sie im Nahkampf äußerst agil und wirbeln wie ein Derwisch zwischen den Feinden umher. Treffen Sie wiederum auf wenige, dafür sehr starke Gegner, empfiehlt sich ihr Einsatz als mächtige Zweihandhiebwaffe. Damit sind Sie zwar ziemlich träge, teilen aber ordentlich aus. Die Steuerung für die drei Stile wurde genial einfach gelöst: Sie halten entweder die linke Schultertaste, die rechte oder keine von ihnen gedrückt und kämpfen auf die gleiche Art und Weise wie zuvor mit dem Langschwert. Tödliche Eleganz Die Gegner verhalten sich nicht sonderlich intelligent, stellen aber oftmals wegen ihrer großen Anzahl eine ernst zu nehmende Bedrohung dar. Hier helfen Ihnen die zahlreichen freischaltbaren Kombos, die Sie jederzeit im Pausenmodus nachschlagen dürfen. Während Sie sich durch die etwas abwechslungsarmen Feindhorden kämpfen, bewertet "Heavenly Sword" Ihren Spielstil. Abhängig von Kombo-Einsatz, Konterangriffen, Abwechslung und eingestecktem Schaden erhalten Sie bis zu drei Glyphen pro Abschnitt, durch die Sie neue Manöver oder Bonusmaterial freischalten können. Dadurch erhalten die Kämpfe eine Ästhetik, die an den Film "300" oder die beiden "God of War"-Titel erinnert. In den Gefechten verfügen Sie über unzählige Möglichkeiten, die Gegner elegant zu dezimieren. Neben den drei Stilen und der Vielzahl von Kombos können Sie in besonders brenzligen Situationen auch auf den Superstil-Angriff zurückgreifen, der meist mehrere Schergen gleichzeitig ausschaltet und Sie so etwas zu Atem kommen lässt. Dieses Manöver ist jedoch nicht ständig verfügbar. Sinnvolle Bewegungssensoren Nariko pariert automatisch gegnerische Attacken, wenn Sie das Himmlische Schwert in der passenden Stellung führen: Pfeile wehren Sie durch Schleudern der Kettenwaffe ab, normale und starke Schläge durch Nutzen des entsprechenden Modus. Kontern Sie unmittelbar nach einem parierten Angriff, vollführt Nariko eine tödliche Aktion, während der die Zeit verlangsamt wird und die Kamera näher ans Geschehen heranzoomt. Solche Szenen motivieren zu stilvollem Spiel, um möglichst häufig in den Genuss dieser spektakulären Sequenzen zu kommen. Als wären das nicht bereits genug Möglichkeiten, sich Ihrer Haut zu erwehren, kommt jetzt noch der Bewegungssensor ins Spiel. Fässer, Kisten, Waffen oder gefallene Feinde dürfen Sie aufnehmen und auf Ihre Opponenten schleudern. So weit, so bekannt. Doch "Heavenly Sword" lässt Sie im Zeitlupenmodus die Steuerung der Wurfgeschosse übernehmen, sodass Sie diese durch Drehen und Kippen des Gamepads eigenhändig ins Ziel manövrieren können. Wie viel Spaß das machen kann, merken Sie spätestens dann, wenn Sie an einer Kanone stehend Kugeln über mehrere hundert Meter tobendes Schlachtfeld lenken, um feindliche Belagerungswaffen Stück für Stück auseinanderzunehmen. Doch auch im normalen Kampfgeschehen kommt die Bewegungssteuerung zum Einsatz: Mit der Kettenwaffe schleudern Sie einen Gegner in die Luft, um dann durch ruckartiges Anheben des Controllers hinterherzuspringen und ihn dort zu attackieren. Wenn Nariko schwere Treffer einstecken muss und zu Boden geht, lässt ein Rütteln dies in einen fließenden Gegenangriff übergehen, der ebenfalls in Zeitlupe dargestellt wird. Die Abwechslung machts Um die großartig inszenierten Kämpfe aufzulockern, gibt Ihnen "Heavenly Sword" die Möglichkeit, die Kontrolle über Narikos Freundin Kai zu übernehmen. Das Mädchen erinnert an ein verstörtes Reh, versteht es aber wie keine Zweite, mit der Armbrust umzugehen. Die Fernduelle mit feindlichen Schützen machen nicht nur wegen der hervorragenden Bewegungssteuerung, mit der Sie die Bolzen lenken, so viel Spaß, sondern auch wegen der zerstörbaren Deckung, wodurch Sie gezwungen werden, regelmäßig Ihre Position zu wechseln. Um der gegnerischen Übermacht Herr zu werden, steuern geschickte Schützen die Bolzen durch Feuerschalen und entzünden damit Pulverfässer Fingerakrobatik wird belohnt. Eine weitere Abwechslung stellen die Reaktionstests dar, die Sie in Form von kurzen Sequenzen absolvieren müssen. Dabei gilt es, beispielsweise beim Erklettern eines Felsens innerhalb einer Sekunde die eingeblendete Taste zu drücken, um nicht abzustürzen und die komplette Sequenz von vorn absolvieren zu müssen. Aufgrund des sehr engen Zeitrahmens sind die Szenen kaum auf Anhieb zu schaffen, sondern nur durch Auswendiglernen. Ein echtes Highlight des Spiels sind dagegen die Bosskämpfe. Die Gegner sind vollständig ausgearbeitete Charaktere, deren Hintergrundgeschichte Sie in vielen Zwischensequenzen erfahren, und die alle einen grundverschiedenen Kampfstil verwenden. Dabei gilt es, die jeweils passende Gegenmaßnahme herauszufinden, um in den bisweilen sehr langen und kniffligen Duellen zu bestehen. Erschwert wird dies durch eingestreute Reaktionstests, bei deren Scheitern Ihr Gegenüber zusätzliche Lebensenergie erhält. Nach dem Überwinden dieser Brocken können Sie sich nicht nur über Ihren Sieg, sondern auch über die anschließenden Zwischensequenzen freuen. Hollywood lässt grüßen Viele Szenen in "Heavenly Sword" erinnern eher an einen Film als an ein Videospiel. Sobald Sie das Making-of sehen, das bereits vor einigen Wochen veröffentlicht wurde oder durch genügend erspielte Glyphen freigeschaltet werden kann, erkennen Sie auch, warum. Die Charaktere werden von Schauspielern dargestellt und gesprochen und mittels Motion-Capturing ins Spiel integriert. Dadurch wirken Bewegungen und Mimik der Figuren sehr realistisch und glaubhaft, insbesondere König Bohan, verkörpert von Gollum-Darsteller Andy Serkis, setzt neue Maßstäbe. Aber auch die malerischen Landschaften brauchen sich nicht zu verstecken. Egal, ob Sie vor einer imposanten Bergfestung oder neben einem idyllischen Wasserfall kämpfen - das Auge wird, insbesondere in den Außenlevels, sehr verwöhnt. Auch die Kamerafahrten erinnern stark an einen Film; stets werden die malerischen Szenerien eindrucksvoll ins Bild gesetzt, worunter die Spielbarkeit allerdings häufig leidet. Die Kamera ist oft zu weit weg vom Geschehen oder legt Fahrten hin, die zwar optisch sehr eindrucksvoll sind, aber hin und wieder auch die Übersicht beeinträchtigen. Die Animationen sind im Gegensatz dazu hervorragend gelungen. Nariko springt, schlägt, tritt oder kämpft wie eine junge Göttin, was vor allem in den Zeitlupennahaufnahmen vortrefflich zur Geltung kommt. Sie werden sich vielleicht ebenfalls dabei ertappen, wie Sie die Heldin dank des Analog-Sticks immer wieder vom langsamen Schlendern stufenlos zum schnellen Sprint wechseln lassen. Die stimmungsvolle Hintergrundmusik untermalt das Spiel mal mit langsamen und düsteren Tönen, mal mit bombastischen Schlachtenklängen. Die asiatisch anmutenden Melodien verstärken besonders in den Panorama-Aufnahmen das Gefühl, dass dem Spieler mit "Heavenly Sword" ein filmisches Erlebnis geboten werden soll. Die Soundeffekte im Kampf wissen ebenso zu überzeugen wie die Synchronsprecher, die Sie auf Wunsch auch im Originalton erleben können. Die Gegner geben zur Situation passende, teils witzige Kommentare ab, die sich aber leider sehr bald wiederholen. Ein richtiges Ärgernis ist hingegen, dass einige Stimmen zu niedrig abgemischt wurden, sodass Sie in den Zwischensequenzen ständig lauter und leiser schalten müssen, um alles mitzubekommen.
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