Guild Wars: Factions

Guild Wars: Factions

(NCSoft)

geschrieben von Christiane Hamacher

 

Vor 200 Jahren herrschte ein großer Kaiser über Cantha, er setzte seine mächtigen magischen Kräfte zum Schutz seines Volkes ein und dafür wurde er verehrt. Doch Neid und Missgunst bereiteten diesem Frieden ein jähes Ende. Shiro Tagachi, der Leibwächter des Kaisers, hielt sich schon immer für den befähigteren Regenten, feige ermordete er seinen Herrn im Gebet und nahm dessen gesamte Macht in sich auf. In einem langen und verlustreichen Kampf gelang es jedoch den Vasallenfraktionen der Luxon und Kurzick, Shiro niederzuringen und zu töten. In seinem letzten Todesschrei setzte der Mörder all die unrechtmäßig erworbene Macht und seinen Hass frei. Dieser kurze Augenblick sollte das Gesicht Canthas für immer verändern, der Echowald wurde versteinert und das Große Meer verwandelte sich in Jade. Tausende Luxon und Kurzick starben, als der Jadewind genannte Sturm über das Land tobte. Doch der Feind war besiegt und der Tod des Kaisers gerächt.

Cantha heute: ein Kontinent, der von fernöstlicher Kultur, Magie und Bürokratie geprägt ist. Weite Wiesen prägen das Landschaftsbild und der Wind streift sanft über die Tempeldächer. Langsam erholt sich das Land von den schrecklichen Verwüstungen der damaligen Ereignisse, die Wunden beginnen sich zu schließen. Doch erneut ziehen dunkle Schatten herauf und bedrohen das Reich. Eine Seuche greift um sich und verbreitet eine mysteriöse Krankheit. Deren Ursache? Shiro Tagachi ist von den Toten zurückgekehrt und sinnt auf Rache.

Am Anfang war die Charaktererstellung

Eines hat sich im Vergleich zum Hauptspiel nicht verändert: Die Anzahl der erstellbaren Charaktere ist auch in "Factions" auf vier begrenzt. Besitzt man sowohl "Guild Wars" als auch "Factions", sind immerhin sechs möglich. Bevor man jedoch ins Spielgeschehen einsteigen kann, wird man vor die Wahl zwischen Rollenspiel- oder PvP-Charakter gestellt. Entscheidet man sich für einen PvP-Charakter, hat man direkt die Möglichkeit, eine primäre und sekundäre Klasse zu wählen, Fertigkeitenpunkte zu vergeben und sich die Ausrüstung auszusuchen. Man betritt dann mit einem voll ausgebildeten Stufe-20-Charakter die Welt und kann sich sofort ins Getümmel stürzen. Mit einigen Einschränkungen: PvP-Charaktere haben eine eigene Insel, die nicht verlassen werden kann und sie erhalten eigene Missionen. Anders verhält es sich, wenn man einen Rollenspiel-Helden wählt. Dieser startet auf Stufe eins und man kann zunächst nur seine primäre Klasse wählen. Zur Auswahl stehen (wie im PvP natürlich auch) die schon aus "Guild Wars" bekannten Klassen Krieger, Mesmer, Elementarmagier, Waldläufer, Mönch, Nekromant sowie die beiden mit "Factions" neu hinzugekommenen Klassen Assassine und Ritualist. Bei den Assassinen handelt es sich um Meuchelmörder, die sich von hinten an ihre Feinde heranschleichen und sie mit Giften und versteckten Angriffen umbringen. Ritualisten hingegen rufen Diener aus dem Jenseits herbei und zwingen ihnen ihren Willen auf. Jede Klasse besitzt primäre und sekundäre Attribute, erstere werden nur zugänglich, wenn man die jeweilige Klasse als seine primäre wählt. Für Nekromanten ist das zum Beispiel "Seelensammlung", wenn man nur sekundär diese Klasse wählt, ist das Talent nicht verfügbar. Hat man all diese schwierigen Entscheidungen getroffen und das Design seines Charakters den eigenen Wünschen angepasst, ist man bereit, die Welt Canthas zu betreten - und zwar nur die Welt Canthas. Wer "Guild Wars" nicht besitzt, hat nämlich keinen Zugang zur "alten" Welt - und umgekehrt. Mit den Spielern auf der "anderen Seite" kann man sich übrigens trotzdem unterhalten.

Ein kleines Tutorial führt Neulinge in das Spiel ein und erklärt ihnen die ersten Schritte auf dem Weg zum wahren Helden. Man absolviert verschiedene Trainingsmissionen und erhält so seine ersten Fertigkeiten und Erfahrungspunkte. Leider kann man von den vielfältigen Zaubern nie mehr als acht in seiner Aktionsleiste ablegen. Das Austauschen von Fertigkeiten ist ärgerlicherweise nur in Städten möglich, man sollte sich also bereits im Voraus überlegen, welche Zauber für den erfolgreichen Abschluss einer Mission hilfreich sind. Neben den, die Handlung vorantreibenden, Aufträgen findet man auch noch andere Quests, die auf dem Weg zur nächsten Mission erledigt werden können und Erfahrung sowie Geld und Fertigkeiten einbringen. Hat man sich schon ein wenig in der Welt von Cantha eingelebt und orientiert, wird man vor die Wahl seiner sekundären Klasse gestellt. Sobald dies geschehen ist, kann man sich endgültig auf den Weg hinaus in die Welt machen, Ruhm und Ehre erlangen und möglichst viele Gegner umnieten. Um die Geschichte voranzutreiben, gibt es Missionen, (nicht zu verwechseln mit Quests, die zwar Erfahrung, Geld und manchmal auch Fertigkeiten bringen, aber für die eigentliche Handlung nicht relevant sind), die gleichzeitig auch neue Gebiete freischalten, je weiter man voranschreitet. Dass dies im Alleingang nicht möglich ist, versteht sich in einem MMOG von selbst. Man muss also tapfere Mitstreiter finden. Wer keine Lust hat, sich dazu eine Gruppe aus menschlichen Spielern zu suchen, kann auch NPCs anheuern - die tun wenigstens widerspruchslos, was man ihnen sagt, denn mit der [Strg]-Taste kann man ihnen befehlen, welches Ziel anzugreifen ist. Diese Helfer findet man in jeder Stadt, ihr Level entspricht ungefähr dem des Gebiets, in dem man sich befindet. Im Vergleich zum Hauptspiel ist die Anzahl der verfügbaren Hilfskräfte spürbar gestiegen, es stehen unterschiedliche Skillungen zur Auswahl, wie auch die beiden neuen Klassen.

War das schon alles?

Nicht ganz - die wichtigste Neuerung an "Factions" ist sicher der Konflikt zwischen den Völkern der Kurzick und der Luxon. Nachdem sich beide 200 Jahre zuvor kurz geeint hatten, um den gemeinsamen Feind zu vernichten, leben sie nun wieder im Krieg und tiefem Misstrauen gegeneinander. Im Verlauf der Handlung wird der Spieler vor eine schwere Wahl gestellt: Schließe ich mich den tief religiösen Kurzick an oder doch lieber den erfinderischen Luxon? Man sollte weise wählen, denn der Wechsel zurück auf die andere Seite ist nicht gerade einfach. Im Verlauf des Spiels erhält man Ansehen der einen Fraktion, während es bei der gegnerischen Partei sinkt. So kann es auch passieren, dass man von NPCs beschimpft wird, nur weil man offen zugibt, dass man zu den Luxon steht. Die Fraktionszugehörigkeit entscheidet auch, wie die künftigen Quests aussehen, es gibt besondere Missionen, die nur in Allianzen zu zwölf Spielern absolviert werden können. Sie spielen für beide Gruppen in derselben Umgebung, doch verfolgt jede ein anderes Ziel. Jeder kämpft für sein Volk und gegen die Gruppe der anderen Spieler. Wem das nicht genug ist, der kann sich an die Eroberung feindlicher Außenposten machen. Städte, die in der Nähe der Grenze sind, können überfallen werden und man sammelt Punkte. Alle 24 Stunden wird dann abgerechnet, welche Fraktion erfolgreicher war. Diese nimmt dann den Posten in Besitz und erhält außerdem wertvolle Boni. Damit man sich im Kampf gegen Feinde aber nicht ganz auf sich selbst verlassen muss, kann man sich göttliche Hilfe holen. Das heißt im Grunde: Wenn man fleißig die fünf Gottheiten anbetet und ihnen kleine Spenden bringt, dann sind diese bereit, den Helden auf seinem Weg zu unterstützen.

Das Auge spielt mit

"Guild Wars" war bereits ein optischer Leckerbissen und schlug den großen Konkurrenten "World of Warcraft" um Längen. "Factions" toppt diese Leistung nochmals - die neue Welt sieht einfach wunderschön aus. Die Landschaft passt perfekt zum fernöstlichen Charakter des Addons und ist abwechslungsreich. Weite Ebenen, schneebedeckte Berge und kleine verschlafene Bauerndörfer ergeben ein rundum atmosphärisches Bild. Trotz der Detailfülle, die ihre ganze Pracht selbst auf einem durchschnittlichen Rechner enthüllt, wird man beim Spielen nicht durch nervige Ruckler gestört. Auch die Charaktererstellung ist eine Freude: Die zahlreichen Einstellungsoptionen ermöglichen es, seinen Helden beziehungsweise Heldin individuell zu gestalten, so dass es nahezu ausgeschlossen ist, seinen Zwilling zu treffen.

Leider hört das Ohr auch mit

In der Kategorie Sound hat "Factions" zwei Gesichter: Am Anfang klingt die Musik noch bombastisch und stimmungsvoll, mit längerer Spielzeit hört sie sich jedoch eintönig, sogar nervig an, da der Abwechslungsreichtum zu wünschen übrig lässt. Ähnlich verhält es sich mit den Umgebungsgeräuschen, zwar ist es am Anfang ganz schön, dass die Laufgeräusche sich dem Untergrund anpassen, doch sie sind genau wie das Feuerwerk bei Kämpfen nach einer Weile auch störend.

Der Einstieg in "Guild Wars: Factions" ist sicher spannend, es gibt unglaublich viel zu entdecken und auszuprobieren. Die Quests und Missionen sind vielfältig und herausfordernd, werden aber schnell zur Routine. Routine und Langeweile dürften auch auf der höchsten Stufe, die man übrigens ziemlich schnell erreicht, Einzug halten denn außer Gildenkämpfen und Ausrüstungsgegenstände sammeln bietet "Factions" wenig Motivation, lange auf dem obersten Level zu spielen. Für PvP-Süchtige ist "Guild Wars: Factions" sicher interessant und erzeugt einiges an Suchtpotenzial, aber für Rollenspielfans geht der Spielspaß durch die wenigen Herausforderungen im Endgame schnell den Bach hinunter. Ein weiterer Nachteil ist der große Zeitaufwand: Wer Erfolg haben will, muss sich mit seiner Gilde einer großen Allianz anschließen und dort mitarbeiten. Wenn dann noch die fehlende oder schwierige Gruppenbildung beziehungsweise die egoistische Community hinzukommt, fühlt man sich als Neuling schnell ausgegrenzt, erst recht, wenn man sich nicht für die Standard-Klassenkombination (z.B. Krieger/Mönch) entschieden hat. Damit verdient "Guild Wars: Factions" meiner Meinung nach nicht die Bezeichnung MMORPG - aber diesen Anspruch hat es ja auch gar nicht. Erwähnenswert ist natürlich, dass auch "Factions", wie sein Vorgänger, nach dem Kauf absolut kostenlos ist.

(25.05.2006)

Entwickler: ArenaNet
Publisher: NCSoft
Genre: MMORPG
Releasedate: 26. April 2005
Homepage: Guild Wars
Preis: 36,95 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

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