True Crime - New York City

True Crime - New York City

(dtp entertainment)

geschrieben von Jana Voth

 

Nun hat es der Nachfolger von "True Crime - Los Angeles" also auch auf den PC geschafft. Bereits der PS-Variante wurden manche Mängel in Grafik und Steuerung nachgesagt. Es ist zu hoffen, dass die Fehler bei der etwas später erschienenen PC-Version ausgebügelt werden konnten. Ansonsten wird sich so mancher fragen, ob hier echte Konkurrenz für GTA besteht, aber das entscheide jeder selbst.

Mal wieder ein rachsüchtiger Cop ...

In diesem Spiel schlüpfen wir in die Rolle von Marcus Reed, Sohn eines berühmt-berüchtigten Gangsters und anfangs auf dem besten Wege, in seine Fußstapfen zu treten. Während Daddy für einige Jahre im Knast sitzt, übernimmt der Sohnemann das Unternehmen, verlässt sich aber auf die Hilfe von gewissen "Freunden". Das Geschehen setzt ein, als einer dieser "Berater" den Jungen verrät. Die erste Szene im Intro zeigt einen sichtlich angeschlagenen kleinen Reed, was auf eine vorausgegangene Schlägerei als Folge des Betrugs schließen lässt. Nichts ahnend lassen ihn einige Gangmitglieder einfach durch ihre Wohnung gehen, schwankenderweise, bis dahin, wo der eigentliche Verräter gerade gemütlich auf der Couch sitzt. Ein paar Schüsse fallen, die gesamte Gang wird kurz aufgemischt und ehe man sich versieht, hat man die Steuerung in der Hand und darf das Grobe selbst übernehmen. Wenige Ballerszenen später findet man sich in einer Art Keller oder Tiefgarage wieder; der Verräter ist erledigt, zusammen mit den Gangmitgliedern, die sich nicht sofort ergeben oder das Weite gesucht haben. Nun tritt zum ersten Mal unser Patenonkel Terry Higgins auf. Er ist Detective und scheint solche Aktionen schon gewohnt zu sein, denn er nimmt es relativ ruhig hin, ermahnt Marcus zwar kurz, verhaftet ihn aber nicht, sondern meint nur, er werde sich "darum kümmern", was immer das heißen mag.

Fünf Jahre später geht es weiter. Marcus hat mittlerweile die Seiten gewechselt und ist Polizist geworden. Nun soll er auch noch die Prüfung zum Detective schaffen und genau da dürfen wir wieder ans Werk. Nach dem tutorial-ähnlichen Test ist der Chef immer noch nicht zufrieden, sondern schickt Marcus samt Patenonkel wieder auf Streife. Bei einem Auftrag gibt sich Higgins etwas geheimniskrämerisch und besteht darauf, einen bestimmten Koffer alleine abzuliefern. Kaum ist er im Haus verschwunden, gibt es eine riesige Explosion und der Detective ist Geschichte. Genau da setzt nun die wirkliche Handlung des Spiels ein. Denn unsere Aufgabe ist es, den Mörder zu finden; doch wie wir das tun, bleibt uns überlassen.

Gameplay

Etwas, das sofort ins Auge sticht, ist das von der Playstation übernommene Menü, das für Leute, die eher an den PC gewöhnt sind, schwierig werden dürfte. Oft wird zwar angegeben, welche Tasten man drücken muss, um das Erwünschte zu erreichen, aber wer kommt beispielsweise darauf, dass mit "Rückschritt" die linke Maustaste gemeint ist? Hat man sich durchgefummelt, wird man trotzdem vergebens nach wirklich umfangreichen Einstellungsmöglichkeiten suchen. Im Spiel selbst jedoch gibt das Menü viele wichtige Informationen, da dort neben einer Karte von ganz New York mit entsprechenden Eintragungen für Missionsziele auch Statistiken über den Spielfortschritt, die Gesinnung des Spielers und viele weitere Informationen zu finden sind.

Obwohl man schon die erste "Reinigungsaktion" selbst vornehmen darf, fehlt leider noch eine Art Tutorial, das dem Spieler erklärt, wie man das gute Dutzend Leute abknallen soll, das sich Marcus sogleich in den Weg stellt. Es handelt sich zwar zugegebenermaßen um recht einfache Gegner, bei denen man sich schon einige Fehler erlauben darf, aber Einsteiger dürften mehr als einen Versuch benötigen - und das gleich am Anfang. Das lässt Frust aufkommen. Wenn auch das Kämpfen anfangs nicht erklärt wird, erfährt man immerhin, wie man eine Leiter hinabsteigt oder durch ein Fenster kommt. Läuft man etwas aufmerksamer durch die Gegend, kann man hier auch schon erste Grundprinzipien im Spiel erkennen: Zum einen sind da zwar einige NPCs, die dem Spieler ans Leder wollen, daneben aber hocken manche ängstlich in Ecken herum, die Arme über dem Kopf verschränkt; wieder andere laufen weg. Diese Gangster kann man genauso abschießen wie die bewaffneten auch, aber "gut" ist das nicht. Befördert man sie trotzdem ins Jenseits, rutscht man auf der Skala von Gut und Böse ein wenig mehr in Richtung Böse.

Darüber hinaus kann man schon beim ersten Gemetzel feststellen, dass einige Gegenstände kaputtgeschossen werden können und Gegner, die sich dahinter versteckt hielten, dadurch leichter erreichbar werden. Handelt es sich bei dem Gegenstand auch noch um beispielsweise ein Auto, macht es kräftig "Bumm!" und die Feiglinge, die sich hinter dem Gefährt versteckt hielten, werden gleich mit in die Luft gejagt. Und schließlich merkt man schon zu Beginn, dass die Munition für die Hauptwaffen unbegrenzt ist. Dennoch muss nachgeladen werden, und das kostet unter Umständen entscheidende Sekundenbruchteile.

Während man im ersten Kampf noch recht gut mit WASD zur Fortbewegung und der Maus für die Blickrichtung auskommt, werden schon im zweiten Teil der Prüfung zum Detective die großen Mängel der Bedienung klar, denn von den Grundeinstellungen her kann man WASD und die Pfeiltasten zwar zum Laufen benutzen, aber für den Nahkampf sind die Tasten "7", "9" sowie "+" auf dem Nummernblock vorgesehen und überdies noch "R" zum Blocken. Fingerknoten noch nicht perfekt? Dann weiter: Man schießt mit "F", aber genaues Zielen geht wieder mit dem Nummernblock. Also bräuchte man theoretisch beide Hände auf der Tastatur, und normalerweise passt sich die Kameraführung auch automatisch den Bewegungen von Marcus an, aber gerade beim Zielen ist die Maus unverzichtbar, sonst wird es fummelig. Also entweder kennt man die Tastatur so blind, dass man mit der breitflächigen Belegung klarkommt, oder man gestaltet die Belegung um.

Hat man sich dann irgendwann an die Steuerung gewöhnt, sind die Kämpfe recht spaßig. Die Grundaktionen, wie das Festhalten von hinten und die leichteren und härteren Schläge, bleiben zwar dieselben, aber ab und an kann man das Spielchen durch bestimmte Hilfsmittel interessanter gestalten. Genauso, wie Marcus im waffenlosen Nahkampf mit stumpfen Gegenständen oder mit Schusswaffen kämpfen kann, können dies auch die NPCs. Logischerweise sind Gegner mit einer Pistole im Normalfall gefährlicher als unbewaffnete. Schafft man es, einen Widersacher in den Polizeigriff zu bekommen, wird er automatisch entwaffnet. Entwischt er allerdings wieder, versucht er, eine neue Waffe zu erlangen - und die Auswahl ist nicht gering. Je nach Umgebung steht alles zur Verfügung, vom Stuhlbein bis zum Raketenwerfer, und alles hat seine Vor- und Nachteile.

Im Grunde geht es in diesem Spiel ja um die Aufklärung des Mordes an Terry Higgins; das ist die Hauptstory. Hier muss man zumeist irgendein Gangsterloch aufsuchen, da eine Menge Leute aus dem Weg räumen und am Ende eine Person befragen, die verrät, wo der nächste Gangster zu finden ist. Also warten auch Verhöre auf den Spieler. Diese laufen in einem Minispiel ab, in dem man den zu Befragenden dreimal in die richtige Laune zum Reden bringen muss. Nein - nicht durch gutes Zureden, sondern durch Schläge! Falls man sich für die "dunkle" Seite entschieden hat und Lust verspürt, einen Ladenbesitzer zu erpressen, läuft das übrigens auf die gleiche Art und Weise ab.

Neben der Hauptmission gibt es noch drei Arten von Nebenmissionen: Senken der Verbrechensrate in New York, Kontaktaufnahme mit Informanten, die dem Spieler dann Aufträge erteilen und schließlich Rennen oder Kämpfe, die in ganz New York stattfinden. Zum Senken der Verbrechensrate muss man wissen, dass der Teil New Yorks, in dem die Handlung stattfindet, in 20 Bezirke eingeteilt ist und jeder einzeln von Verbrechern gesäubert werden muss. Dies geschieht, indem man beispielsweise Ladendiebe verhaftet, Geiselnehmer aufhält oder einfach die Teilnehmer eines unglücklich verlaufenen Doppel-Dates daran hindert, sich die Köpfe einzuschlagen. Über eben solche Verbrechen bekommt man die ganze Zeit Meldungen, aber wenn man lieber im Kleinen anfängt, können auch wahllos Passanten durchsucht werden. In Bezirken mit hoher Verbrechensrate lohnt sich das mitunter sogar.

Nachrichten darüber, wo sich Informanten aufhalten, erhält man nach jedem erfüllten Teil der Hauptquest. Die Aufgaben, die man von ihnen erhält, sind vielfältig. Es kann sich um einen Taxifahrer handeln, für den man ein wenig die Arbeit erledigen soll oder auch um den eigenen Daddy, dessen etwas schmutzige Wäsche man waschen darf. Immer gibt es Belohnungen für erfüllte Aufgaben, vor allem Geld. Ähnlich ist es bei den Rennen und Kämpfen: man tritt gegen einen oder mehrere Gegner an und muss seinen Einsatz im Voraus bezahlen. Gewinnt man, erhält man das Preisgeld. Bei allem, was man im Spiel tut, kann man zwischen Gut und Böse wählen. Geht man den Weg des Guten, bringt das vor allem Karrierepunkte, die zur Beförderung und damit zum Freischalten von speziellen Moves, Gegenständen oder schlicht und einfach zu einem höheren Gehalt führen. Der Weg des Bösen bringt vor allem mehr Geld ein.

Manchmal tut man aber auch unwillkürlich etwas Böses, beispielsweise beim Fahren durch die Stadt, wenn man aus Versehen einen Passanten oder auch mehrere "mitnimmt". Ja, auch der fahrbare Untersatz und dessen Benutzung bilden einen wichtigen Teil des Spiels. Von Anfang an steht ein normales Auto zur Verfügung, das man sich von jedem Polizeistand in der Stadt holen kann. Mit der Zeit können weitere Autos gekauft werden, aber die einfachste Methode besteht darin, sich einfach auf die Straße zu stellen, die Marke hochzuhalten und laut "Stopp, Polizei!" zu rufen. Schon kann man alles fahren, was gerade vorbeikommt - sei es ein Motorrad, ein Bus, ein Taxi, ein Rennwagen oder ein Streifenwagen. Alle Gefährte sind unterschiedlich schnell und unterschiedlich groß, aber eines haben sie gemeinsam: die recht bescheidene Lenkung. Ein weiteres Problem besteht darin, dass man sich nun einmal durch eine Großstadt bewegt, und da ist auch entsprechender Verkehr mit entsprechenden Ampelphasen. Natürlich hält man sich nicht an das allgemeine Schneckentempo, denn auch das langsamste Auto gibt noch etwa das Doppelte her, aber es ist nicht einfach, den anderen Autos auszuweichen. Daher dann auch der Ärger mit dem einen oder anderen Fußgänger, den es unterwegs erwischt. Problematisch ist auch, dass die Gefährte bei jedem Aufprall in Mitleidenschaft gezogen werden. So mag mancher Spieler einen ganz schönen Verschleiß haben, aber man hat ja genügend Ersatz.

Schließlich noch ein größeres Problem im Gameplay: die KI. Schafft man es, in den Gangsterwohnungen an einigen der Ganoven vorbeizukommen, laufen sie dem Spieler nicht etwa nach, um den Boss zu retten, sondern nehmen nur zögernd oder gar nicht die Verfolgung auf. Wenn man ein Fluchtauto so weit zusammengeschossen hat, dass der Verbrecher aussteigt, versucht er nicht, ein neues Auto zu ergattern, sondern steht erst einmal dumm rum. Nachdem man in einem Gebäude etwas Radau gemacht hat, versuchen die Personen, durch die Eingangstür zu fliehen, aber sie müssen erst einige Male vor der Tür hin und her rennen, bis sie endlich das richtige Loch gefunden haben. Läuft man auf der Straße herum, bemerkt man häufig das Phänomen, dass alle NPCs in der Umgebung mit einem Mal die gleiche Bewegung ausführen. Das sind nur einige Beispiele, aber solche Eigenarten sind über das ganze Spiel verteilt und nehmen eine Menge der Atmosphäre und bisweilen auch vom Spielspaß.

Grafik

Man hat hier versucht, eine riesige Stadt in eine Spielwelt zu übertragen, sodass man im Spiel selbst mit dem schnellsten Auto einige Minuten von einem zum anderen Ende benötigt. Das aber hat einen hohen Preis: Die Qualität im Ganzen musste dran glauben. Es laufen Unmengen an NPCs auf den Straßen herum, aber je nach Bezirk sehen sie fast alle gleich aus. Der Großteil der Straßen ist nicht voneinander zu unterscheiden und wirkt dadurch sehr eintönig. Auch bei den Autos und Waffen ist deutlich zu merken, dass man sich übernommen hat. Viele Autos begegnen dem Spieler immer und immer wieder. Schlimmer ist aber, dass die Texturen durchweg sehr eintönig sind; die größte Abwechslung erfährt der Spieler durch die recht häufig auftretenden Grafikfehler. Eines aber haucht dem Ganzen doch noch etwas Leben ein: Es ist zwar etwas unrealistisch, aber in den Straßen werden oft viele kleine Papierreste durch die Gegend geweht; ab und an regnet und donnert es auch - aber viel Abwechslung bringt das nicht.

Des Weiteren ist die Kameraführung, die eigentlich aus der Verfolgerperspektive auf Marcus heruntersehen sollte, oft ungünstig bis total nervig, weil man gerade mal wieder in einer Wand verschwunden ist oder gar im Kopf des Protagonisten. Aber nicht nur die Kamera verschwindet gerne einmal in Wänden, sondern auch die NPCs oder Marcus selbst, den herauszumanövrieren mitunter ein schwieriges Unterfangen ist. Im schlimmsten Fall muss das Spiel an der Stelle abgebrochen und am letzten Speicherpunkt geladen werden. Das wäre direkt nach dem Erledigen der letzten größeren Quest. Wenn man Pech hat, hat man in der Zwischenzeit einen oder zwei Bezirke gesäubert und darf dies nun erneut tun.

Sound

Der Sound ist einer der wenigen Lichtblicke in diesem Spiel. Auch wenn selbst in der deutschen Version die Dialoge durchweg in Englisch mit deutschen Untertiteln sind, ist die Vertonung sehr gut gelungen. Dies gilt nicht nur für Gespräche mit den Hauptpersonen, wo so mancher Slang vorkommt, sondern auch für die Straße, da die Passanten den Detective nach einer Untersuchung gerne noch beschimpfen, und zwar nicht nur auf Englisch, sondern in allen möglichen Sprachen (unter anderem auch Japanisch und Spanisch). Die Hintergrund- oder Radiomusik, die je nach Umgebung und Auto wechselt, ist ebenfalls hörenswert. Wem der Musikstil nicht zusagt, der kann auch einfach umschalten. Gelungen sind auch die Soundeffekte, die vor allem bei Gefechten wichtig sind, da man sonst unter Umständen zu spät bemerkt, dass man unter Beschuss steht. Aber auch die Explosionen bei größeren Geschossen klingen gut und glaubwürdig.

"True Crime - New York City" besticht nicht gerade durch benutzerfreundliche Bedienung und schon gar nicht durch gut gelungene Grafik oder besonders realistische KI. Auch die Atmosphäre von New York kommt nicht wirklich rüber. Dennoch muss ich zugeben, dass ich so manchen Abend ein paar Stunden länger dran saß als geplant, ohne es zu merken. Vielleicht auch deshalb, weil die womöglich größte Herausforderung darin bestand, mit der Steuerung und dem Menü endlich klarzukommen. Andererseits aber ist für viele verschiedene Geschmäcker etwas dabei - nicht nur Schießereien und Straßenkämpfe, sondern auch Autorennen und ähnliches. Es nervt dann nur etwas, wenn das Speichersystem so schlecht durchdacht ist, dass man gezwungen ist, vor dem Sichern bestimmte Dinge zu erledigen, um den erreichten Spielfortschritt nicht zu verlieren. Noch ärgerlicher ist es, wenn das Spiel genau dann einen Absturz hinlegt. Im Großen und Ganzen werden nicht alle Fans des Vorgängers mit dem Nachfolger zufrieden sein, aber mit etwas Geduld ist auch dieser Titel zum Aggressionsabbau sehr gut geeignet.

(31.05.2006)

Entwickler: Luxoflux, Aspyr
Publisher: dtp entertainment AG
Genre: Action
Releasedate: bereits erschienen
Homepage: True Crime - New York City
Preis: 44,99 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 18 Jahren gemäß §14 JuSchG

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