Das Geheimnis der vergessenen Höhle (The Adventure Company) Geschrieben von Anke Morbitzer
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"Das Geheimnis der vergessenen Höhle" könnte als klassisches Point & Click-Adventure durchgehen, wäre da nicht der einzigartige Hintergrund, der es aus der Masse herausstechen lässt. Er wird durch die "Höhle von Lascaux" in der Dordogne in Frankreich geliefert, die 1940 entdeckt wurde und einige der ältesten und bedeutendsten Wandmalereien der Steinzeit enthält. Durch den starken Besucheranstrom wurden die Kunstwerke jedoch sehr in Mitleidenschaft gezogen, so dass die Höhle 1963 für die Öffentlichkeit geschlossen wurde. Die Höhlenmalereien wurden ca. 15.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung erstellt und zeigen Bilder von Auerochsen, Pferden und Hirschen. Ein häufiges Motiv ist auch der Handabdruck, der auch im Spiel eine wichtige Rolle spielt. Inzwischen kann eine Nachbildung der Höhle im Museum für prähistorische Kunst in Le Thot bei Montignac besichtigt werden. Wem dieser Weg zu weit ist, dem sei "Das Geheimnis der vergessenen Höhle" empfohlen. Denn hier werden die beeindruckenden Malereien zum ersten Mal in 3D animiert und im wahrsten Sinne des Wortes "lebendig". Story Am Anfang des Spiels steht eine Zeitreise. Der Spieler wird zurückversetzt in die Zeit des Paläolithikums, also der Altsteinzeit, die vor zwei Millionen Jahren begann. Dort schlüpft er in die Rolle des jungen Arok, eines Kriegers, der sich auf der Jagd nach einem Hirsch in eine Höhle flüchtet, um vor einer Löwin Schutz zu suchen. In der Höhle stößt er auf Malereien, die ihn an Klem erinnern, einen Maler, den er als Kind kennen gelernt hat. Er macht sich auf den Weg, um die weiße Grotte zu suchen, einen magischen Ort, von dem Klem ihm erzählt hat. Unterwegs muss er verschiedene Hindernisse überwinden und Rätsel lösen und das fängt mit dem Entzünden eines Feuers erst an. Immer wieder stehen Malereien im Mittelpunkt, die er vervollständigen muss, und oft weisen ihm die Geister der Tiere den Weg. Nachdem er einen Höhlenbären verscheucht und den Weg durch den unterirdischen Fluss gefunden hat, trifft er auf Toar, der Steinklingen herstellen kann. In der Nähe befinden sich Wohnhöhlen und so macht sich Arok dorthin auf den Weg. Er trifft auf Tika, die ihm bei seiner Suche nach Klem weiterhelfen kann, doch zunächst muss er seine Geschichte erzählen. Bei der Restaurierung einer Wandmalerei kann er sein Talent beweisen und so führt sie Arok zur weißen Grotte, wo er Lahrik und Klem begegnet. Mit deren Hilfe gelingt es ihm, die Höhle auszumalen und in einer Zeremonie die Geister zum Leben zu erwecken. Ein wichtiger Bestandteil des Spiels ist die mehr als ausführliche Enzyklopädie, die der Spieler immer wieder zurate ziehen sollte. Dort erfährt man alles Wichtige über die Altsteinzeit. Wie konnte man ein Feuer entfachen und welche Werkzeuge wurden benutzt? Welche Jagdtechniken gab es? Mit welchen Tieren bekam man es zu tun und welche Rolle spielten sie im Leben der Cro-Magnon-Menschen? Auch über Musik und Kunst erfährt man etwas, denn nicht nur Malerei, auch Musik spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die gestellten Rätsel zu lösen. Die Idee zum Spiel lieferten Funde und Wandmalereien aus der Höhle von Lascaux und diese Höhle wird dann auch im Lexikon ausführlich in Wort und Bild beschrieben. Die Mitarbeit von Archäologen bei der Spielentwicklung lässt sich nicht verleugnen und so sind alle Artikel wissenschaftlich sehr fundiert. Auch Fachausdrücke kommen vor, trotzdem bleibt alles anschaulich und verständlich. Installation Das Spiel wird auf 2 CDs geliefert und bei der Installation werden beide benötigt, die zweite muss dann während des Spiels im Laufwerk eingelegt bleiben. Zum Spiel gibt es kein Handbuch und auch sonst keine Anleitung bis auf eine knappe Readme-Datei, die aber nur die Systemanforderungen enthält. Die Installation verläuft problemlos und das Spiel belegt etwas mehr als 1 GB an Festplattenplatz. Die Ladezeiten sind sehr kurz und das Spiel läuft fehlerfrei und flüssig. Gameplay Bei "Das Geheimnis der vergessenen Höhle" handelt es sich um ein Adventure, bei dem alles mit Click-and-Play erledigt wird. Der Mauszeiger wechselt das Erscheinungsbild, wenn eine Aktion getätigt werden kann. Dazu gehören typischerweise das Sammeln von Gegenständen, die Fortbewegung und das Benutzen von Werkzeugen. Man bewegt sich immer von Punkt zu Punkt fort, was den Ablauf schneller macht. Manchmal fällt die Orientierung danach etwas schwer, aber die 3D-Rundumsicht an jedem Punkt hilft dabei. Im Spiel gibt es nicht nur Puzzles und Schieberätsel, sondern fast alle wichtigen Techniken der damaligen Zeit müssen erlernt werden. Feuer machen oder Fische fangen, Tee kochen, Feuerstein bearbeiten oder eine Speerschleuder herstellen gehören dazu. An manchen Aufgaben hat man länger zu knobeln, aber man kann sich kaum völlig verlaufen oder Aufgaben in der falschen Reihenfolge lösen, denn man bekommt immer wieder Hinweise. Für erfahrene Adventure-Spieler mag der Handlungsstrang etwas zu linear sein, aber Genre-Neulingen bleibt so jede Menge Frust erspart. Die Menschen, denen man begegnet, geben die wichtigsten Tipps, aber auch die Malereien "sprechen" oft und zur Not kann man immer noch das Lexikon zurate ziehen. Ein Teil der Artikel wird erst im Verlauf des Spiels freigeschaltet, so dass die Neugier immer wieder geschürt wird. Der Verlauf der Geschichte bleibt wie in einem Tagebuch abrufbar. Das ist hilfreich, wenn man eine längere Spielpause eingelegt hat und wieder in die Geschichte hineinfinden will. Besonders nützlich ist es, wenn Arok im Spiel seine Geschichte erzählen soll und dazu verschiedene Gegenstände in die chronologische Reihenfolge gebracht werden müssen. Der Spielverlauf wird immer wieder von Videosequenzen in In-Game-Grafik unterbrochen, in denen zum nächsten Abschnitt des Spiels übergeleitet und die Handlung noch mehr ausgeschmückt wird. Regelmäßiges Abspeichern ist sinnvoll, auch wenn man im Spiel nicht sterben kann. Jeder Zwischenstand wird mit Datum und Uhrzeit und einem Screenshot gespeichert, so dass man den richtigen Spielstand leicht findet. Optional können Zwischenstände von bis zu fünf Spielern gespeichert werden, dazu muss nur das Bild einer Figur angeklickt werden. Grafik Das Spiel beeindruckt mit einer bemerkenswerten Grafik. Die Figuren und die Umgebung sind wunderschön und detailreich modelliert und sehr realistisch. Schön gelungen ist der Wechsel zwischen manchmal etwas zu dunklen Höhlen und der sonnigen Landschaft und an liebevollen Details wird nicht gespart. Wildpferde grasen im Tal, im Sonnenschein flattern Schmetterlinge und entlang des Weges blühen die verschiedensten Blumen. Auch die Gegenstände, die Arok aufsammeln muss und die Ausschmückung der Höhlen sind unglaublich detailliert und wirken sehr realistisch. Der Schein des Feuers und das Licht der flackernden Öllampen sorgen für die richtige Stimmung. Die Figuren sind gut animiert und zwischen Spiel und Videosequenzen ist kaum ein Unterschied. Besonders beeindruckend ist die fotorealistische Umsetzung der originalen Höhlenmalereien, besonders wenn sie durch Aroks magische Kräfte plötzlich zum Leben erweckt werden. Dann galoppieren Hirsche und Ochsen schnaubend über die vom flackernden Feuer erhellten Höhlenwände. Im Optionsmenü kann zwischen Hard- und Software-Rendering gewählt werden. Der Unterschied ist zwar nicht dramatisch, aber je nach Ausstattung sichtbar. Man kann die Funktion im Spiel umschalten und sich so für die optimale Einstellung entscheiden. Sound Das ganze Spiel ist mit schöner Hintergrundmusik unterlegt, die gut zur Stimmung passt und dabei hilft, den Spieler auf eine Zeitreise mitzunehmen. Die Instrumentierung folgt sogar weitgehend der Ausstattung, die in der Steinzeit vermutlich zur Verfügung stand. Die Umgebungsgeräusche sind ebenfalls sehr schön umgesetzt, rauschende Bäche und heulende Wölfe, das Getrappel der Herden oder das Knistern des Feuers tragen ihren Teil zur Stimmung des Spiels bei. Ebenfalls gelungen ist die Synchronisation der Figuren, denn die Charaktere der Personen kommen sehr gut zur Geltung. Ein gelungenes Adventure, mit dem man auf eine mystische Reise zu den kulturellen Wurzeln der Menschheit gehen kann. Beeindruckende Bilder gepaart mit einer durchdachten und abwechslungsreichen Handlung, bei deren Entwicklung man sich sehr an die Erkenntnisse der Archäologen gehalten hat. Dazu in der Enzyklopädie das gesammelte Wissen über die Kultur der Steinzeitmenschen, in kurzen, anschaulichen Artikeln und mit übersichtlichen Abbildungen präsentiert und mit jeder Menge Querverweisen versehen. "Das Geheimnis der vergessenen Höhle" ist ein gelungenes Spiel für ältere Kinder und Erwachsene, in dem Spielspaß und Wissensvermittlung eine erstaunliche Symbiose eingehen. Schade ist, dass die Dialoge vom Stil etwas zu gewählt wirken, was nicht ganz zur Stimmung des Spiels passt. Das Spiel beweist, dass Archäologie nicht trocken und verstaubt sein muss, sondern auch in farbenfrohen, detaillierten Szenen und spielerischer Leichtigkeit vermittelt werden kann. Aus diesem Grund ist das Spiel eine Empfehlung wert. (26.07.2005)
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