Gary Grigsby's World at War (Black Bean Games) geschrieben von Christian Graser
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Strategiefreunde, die auf der Suche nach dem passenden Gesellschaftsspiel sind, haben es nicht gerade leicht. Während den meisten das leicht zu erlernende "Risiko" durchaus ein Begriff ist, wird es von anspruchsvollen Strategen meist gemieden, da der Würfel das Spiel deutlicher beeinflusst als die eigene Taktik. Vielfältiger, aber sehr viel zeitintensiver spielt sich das langatmige "Diplomacy", bei dem aus einem gemütlichen Spieleabend ganz schnell die eine oder andere Woche werden kann. Eine gute Mischung aus Würfelglück und notwendiger Strategie bietet das US-Import-Spiel "Axis & Allies", welches den Zweiten Weltkrieg als Szenario hat, und sich hierzulande einer immer größeren Popularität erfreut. Unter dem Namen "Gary Grigsby's World at War" wurde dieser Titel jetzt mit erweiterten Möglichkeiten für den PC umgesetzt. Vom Tisch auf den Monitor Kenner der Brettspielvariante werden sich auf den ersten Blick auch am Bildschirm heimisch fühlen, weil vieles eins zu eins übernommen wurde. Kontinente und Ozeane sind in verschiedene Gebiete aufgeteilt - die sogenannten Regionen. Diese stellen oftmals Infrastruktur wie Häfen, Flughäfen oder Eisenbahn zur Verfügung oder beheimaten für die Produktion notwendige Fabriken und Ressourcen. Auf dieser Karte streiten sich rundenbasiert fünf Weltmächte, aufgeteilt auf zwei Seiten, um die Vorherrschaft: Deutschland und Japan bilden die Achsenmächte, welche versuchen, die Macht über die Welt an sich zu reißen, wohingegen die Alliierten, bestehend aus China, der Sowjetunion und den Westalliierten, bestrebt sind, die Achse an deren Vorhaben zu hindern. Nach dem Studium des sehr umfangreichen Handbuchs und dem Spielen der beiden Tutorials sind Sie gewappnet für eine der vier Kampagnen. Diese unterscheiden sich lediglich durch den Zeitpunkt, an dem Sie in den Zweiten Weltkrieg einsteigen, bei den Weltmächten haben Sie freie Wahl. Entscheiden Sie sich für das Frühjahr 1940 und Deutschland, beginnen Sie sofort damit, Ihr noch kleines Reich zu vergrößern, während Sie in der spätesten Kampagne mit Deutschland schon von Beginn an über nahezu ganz Europa herrschen. Runde für Runde Jede Runde teilt sich in zwei Phasen: die Bewegungs- und Kampfphase sowie die Produktionsphase. Mit Ihren Einheiten versuchen Sie, andere Regionen einzunehmen, um so Ihr Reich zu vergrößern, mehr Ressourcen zu bekommen oder aber die Ländereien von feindlichen Besatzern zu befreien. Infanterie, Artillerie und Flakgeschütze können sich pro Runde immer nur in die nächste Region bewegen, Kavallerie (in Form von Panzern) kann außer in besonders unebenem Gelände sogar zwei Regionen weit fahren und die Reichweite von Flugzeugen oder Schiffen ist je nach Typ sogar noch größer. Neben dieser taktischen Bewegung, die notwendig ist, um sich in Feindesland zu begeben, können Einheiten auch strategisch bewegt werden, jedoch nur innerhalb des eigenen Reichs. Dieser Transport erfolgt mit Hilfe von Zügen, Transportflugzeugen oder -schiffen und ist lediglich durch die Transportkapazität einer Region beschränkt. Während eines Kampfes wird Infrastruktur wie Gleise oder Flughäfen beschädigt, was die Transportkapazität so lange mindert, bis diese Schäden von Ihnen behoben werden. Einige Regionen wie die Schweiz oder die Sahara sind während des gesamten Spiels neutral, andere Nationen sind politisch eingefroren und ergreifen erst Partei, wenn bestimmte Schlüsselereignisse ausgelöst werden. Ein Angriff auf die Türkei hat beispielsweise die Mobilmachung der Sowjetunion zur Folge, während der Angriff auf Pearl Harbor vonseiten der Japaner die USA endgültig dem Krieg beitreten lässt. Wenn Sie sich entschließen, eine feindliche Region anzugreifen, errechnet das Programm vorab die wahrscheinlich eintretenden Verluste auf beiden Seiten und gibt eine allgemeine Erfolgsprognose für diesen Angriff ab. Da aber die Kämpfe letztendlich durch Würfelglück entschieden werden, können durchaus andere Ergebnisse eintreten. Der Kampf selbst wird in einer hässlichen Seitenansicht präsentiert, in der sich die beiden Armeen reglos gegenüberstehen, während der Computer die Würfelwürfe durchführt. Da dieser Bildschirm weder Information noch Unterhaltung bietet, können Sie ihn glücklicherweise wegklicken, so dass Sie direkt zur deutlich nützlicheren Kampfauswertung gelangen. Hier erfahren Sie, welche Einheiten von beiden Seiten beschädigt oder zerstört wurden und ob es dem Angreifer gelungen ist, die Region einzunehmen. In dieser Phase verbringen Sie mit Abstand die meiste Zeit und da alle Aktionen wohlüberlegt sein wollen, dauert der Zug gerne eine Viertelstunde oder länger, was den "Hot-Seat"-Modus (mehrere Spieler tätigen an einem Rechner nacheinander ihre Züge) für bis zu vier Mitspieler unattraktiv macht. Alleine vor dem PC oder im "Play-by-Email"-Modus können Sie dagegen Ihre taktischen Finessen ausspielen, Transportketten über den Ozean bilden, Regionen an Meerengen mit Artillerie besetzen, Infrastruktur des Feindes zerstören, hinterhältige U-Boot-Angriffe auf seine Transportflotte starten und sich nach und nach durch geschicktes Annektieren wichtiger Schlüsselregionen dem großen Ziel der Weltherrschaft in schnellen Schritten nähern. Dies versucht die andere Seite so gut wie möglich zu verhindern. Die KI spielt strategisch sehr gut, erkennt Ihre Schwachstellen und startet immer wieder Angriffe auf Ihre Produktionsstätten oder Nachschublinien. Die Schwierigkeitsgrade unterscheiden sich lediglich durch die Höhe von Bonus oder Malus, den die computergesteuerten Weltmächte auf ihre Würfelwürfe bekommen, verschieden stark spielende Gegner wären hier also wesentlich reizvoller und motivierender gewesen. Die Produktionsphase Nachdem alle Bewegungen und Kämpfe einer Weltmacht abgeschlossen sind, beginnt die Produktionsphase. Hier planen Sie (oder auf Wunsch der PC), welche Einheiten in welchen Fabriken wann hergestellt werden sollen. Ausschlaggebend sind hierfür neben der Zahl der Fabriken auch die der Ressourcenquellen und die Bevölkerungszahl, aus denen die Soldaten rekrutiert werden. In dieser Phase kommt dem vorausschauenden Planen eine besonders wichtige Rolle zu, denn während die schwachen Milizen automatisch am Ende jeder Runde ausgebildet werden und Infanterie in der nächsten Runde bereitsteht, benötigt es für einen Flugzeugträger die sechsfache Zeit. Wohl dem, der vorausahnt, wie sich sein Reich in den nächsten Zügen entwickeln wird, und wo welches Militärgerät wann vonnöten ist. Ähnlich wie im Brettspiel kann in dieser Phase auch Forschung betrieben werden, um eigene Einheiten zu verbessern. Durch Zusatztanks lässt sich die Reichweite der Flugzeuge vergrößern, durch andere Upgrades der Rüstungswert eines Panzers oder der Schaden von Artilleriegeschützen. Bei all Ihren Entscheidungen können Sie sich von den umfangreichen Statistiken in "World at War" helfen lassen. Hier sehen Sie auf Wunsch alle Nationen und deren politische Haltung gegenüber Ihrer Weltmacht. Die Übersicht über die Größe der Armeen der einzelnen Regionen sowie die bisher erlittenen Verluste helfen ebenso, das Risiko eines Angriffs einzuschätzen, wie die Auflistung aller vorkommenden Ressourcen und der Infrastruktur eines Landes. Optisch und akustisch fast ein Brettspiel Bei der Grafik bleibt die PC-Umsetzung sehr nahe am Original. Die 2D-Landkarte ist übersichtlich, bunt und passend, aber alles andere als spektakulär. Die Einheiten erinnern durch ihren Plastiklook ebenfalls stark an ihre alten Vorbilder, haben aber den großen Vorteil, nicht umzufallen, wenn jemand an den Tisch stößt. Animationen sucht man im gesamten Spiel vergeblich, lediglich die authentischen Schwarz-Weiß-Filmsequenzen, die beim Eintreten bestimmter Schlüsselereignisse (wie dem Fall Berlins) im Fenster eingespielt werden, sorgen für etwas Bewegung. Kann man auf der Weltkarte ohne Animationen gut auskommen, so wäre spätestens in den Kampfsequenzen etwas Leben dringend notwendig gewesen. Doch so steif und hässlich, wie sie sich geben, verlieren sie jegliche Daseinsberechtigung und halten nur auf. Die bombastische Musik, die Sie im Intro empfängt, macht Lust auf mehr und begleitet Sie glücklicherweise durch das ganze Spiel. Die Stücke machen einen Großteil der Feldherrenatmosphäre aus und bleiben doch angenehm unaufdringlich im Hintergrund. Die wenigen vorhandenen Soundeffekte tragen jedoch nicht zur Steigerung des Spielspaßes bei und beschränken sich auf Schuss- und Explosionsgeräusche in Kampfsequenzen. Minimale - Windows 98/ME/2000/XP - Pentium III 800 MHz oder höher (oder vergleichbarer AMD) - 512 MB RAM - Grafikkarte mit mind. 32 MB - 8-fach CD-Rom/DVD-Rom - mind. 500 MB freier Festplattenspeicher - Soundkarte (DirectX-kompatibel)
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