Daemonica (Frogster Interactive) geschrieben von Jana Voth Grundlage für diese Preview: Demoversion vom 12.04.2006
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"Daemonica", das klingt wie ein weiteres dieser Action-Adventures, in denen es gilt, die Welt vor möglichst vielen Dämonen zu retten, sei es mit Schwert oder Magie. Bereits nach kurzer Spielzeit oder einem einfachen Blick in das digitale Handbuch stellt man fest, dass dies nur vom Grundgedanken her stimmt, denn es ist durchaus das Ziel, die Welt vor Dämonen oder besser: Biestern zu retten, aber nicht auf die konventionelle Art und Weise. Außerdem versprechen die Macher eine "dichte, romanähnliche Handlung". Das ist wörtlich zu nehmen. Die Geschichte des Dämonenjägers Der Name des Protagonisten ist Nicholas Farepoynt, 1324 in Frankreich als John Mortimer geboren, Sohn des Mortimers, der Eduard II durch eine Bluttat brutal vom englischen Thron stieß. Unseren Helden mit dem symbolträchtigen Namen traf das Schicksal schwer und er selbst schämte sich für die Vergangenheit seiner Familie. So strebte er nach einer Möglichkeit, die Schande von sich zu nehmen und das Glück war auf seiner Seite: Es gelang ihm, in die Dienste Eduard III, des alten Königs Sohn, zu treten und diesen in einer Schlacht durch Einsatz seines eigenen Lebens vor dem Tod zu bewahren. Noch nicht ganz genesen reiste er nach London, wo die Pest herrschte. Dort wartete er mehr oder weniger auf sein eigenes Ende, doch statt des Nirwanas fand er Clarice. Mehr tot als lebendig lag sie in einer Kirche und er nahm sie mit sich. Als er sie in seiner Wohnung pflegte, merkte er schnell, dass es sich um keine normale Frau handelte, sondern um eine Hexe, besser: eine Dämonenjägerin. Der Fortlauf erschließt sich: Clarice lehrt Nicholas das Dämonenjägerdasein, d.h. die beiden klären mysteriöse Morde auf, indem sie sich die betroffenen Leichen vom Schauplatz des Verbrechens holen, an einen sicheren Platz bringen und dort ein Ritual durchführen. Dazu nimmt der Jäger eine Substanz zu sich, die ihn langsam sterben lässt. Während er stirbt, kommt ein Dämon, um seine Seele ins Reich der Toten zu bringen. In diesem Moment ist eine besondere Eigenschaft der Dämonenjäger von großer Bedeutung: Daemonica, die geheime Sprache der Dämonen, die ein jeder aus ihren Reihen beherrscht. Wenn nun der Dämon erscheint, befehlen sie ihm, sie nicht in das "Reich des Vergessens" zu bringen, sondern zum "Tempel der Opfer". Im Tempel wird der Tote, mit dem Kontakt aufgenommen werden soll, identifiziert und verschiedene Opfer (bestehend aus Blut) dafür dargebracht. Wird alles richtig gemacht, kann mit dem Toten gesprochen werden, um zu klären, wie er starb oder zumindest Anhaltspunkte zu gewinnen. Im Anschluss kehrt die Seele des Jägers zum Körper zurück. Geht bei diesem Ritual etwas daneben, bezahlt man für gewöhnlich mit seinem Leben. So ging die Arbeit der beiden eine Weile gut, bis zum Fall des kleinen John Grystok. Er wurde von einem Serientäter ermordet und eben dieser Mörder war es, bei dem Clarice einen Fehler machte und mit dem Leben bezahlte. Nicholas rächte Blut mit Blut und führte die Arbeit allein fort. Einige Monate nach diesem Vorfall bekommt er den an den "Bestienjäger" adressierten Brief aus Cavorn. Soweit zur Vorgeschichte Nicholas'. Nun kommt er in dem recht kleinen Dorf an, ein verstoßener, einsamer Reisender, der nirgends wirklich willkommen ist und bei dem die Leute eher froh sind, wenn er wieder von dannen zieht. Dazu die Gefahr, dass seine unkonventionellen Methoden bemerkt würden und er dafür Clarice vorzeitig folgen müsste. Gameplay oder "Klick, klick, lies, lies!" Es empfiehlt sich, die ersten Minuten für das Lesen der Vorgeschichte zu investieren, die im Hauptmenü nicht ohne Grund ganz oben anzutreffen ist. Dann ein neues Spiel starten und was begrüßt den Spieler? Ein kurzer Ausblick auf die Spielgrafik und gleich der nächste Text, Gedanken des Protagonisten, die im ganzen Spiel immer wieder eingeworfen werden und das wichtigste Geschehene zusammenfassen. Oft werden so auch Ereignisse erläutert, die nicht grafisch umgesetzt wurden. Der Text wird nach und nach eingeblendet. Ein Linksklick lässt sofort den gesamten Abschnitt erscheinen und mit einem weiteren Klick kehrt man ins eigentliche Spiel zurück. Ab hier geht es ausnahmslos per "Point & Click" durch die dreidimensionale Welt. Man beobachtet Nicholas aus der Vogelperspektive und kann mit Maus oder Tastatur minimal herein- und rauszoomen. Ebenfalls mit der Tastatur lässt sich ein Kameraschwenk bewerkstelligen, denn die Kamera passt sich nicht dem Blickwinkel des Dämonenjägers an. Fast den ganzen Spielverlauf hindurch steht dem Spieler ein Interface zur Verfügung, dass sich oben rechts und unten links befindet. Rechts oben befindet sich eine Lebensenergieanzeige mit der maximalen und der momentanen Energie. Die Angaben werden in Zahlen gemacht bzw. auch sehr anschaulich in Form eines Blutgefäßes dargestellt. Ist das Gefäß leer, hat Nicholas das Zeitliche gesegnet. Links unten findet man einen kleinen Kompass, über den man durch einfaches Klicken zu einer Übersichtskarte des ganzen Gebiets gelangt. Ebenso ist das durch Drücken der M-Taste möglich. Wichtige Orte, die man bereits aufgesucht hat, werden mit einem roten Kreuz markiert. Die Position des Charakters wird durch einen Pfeil dargestellt. Bei Bedarf kann man eine Markierung auf der Karte platzieren. Sie erscheint grün und wenn man nun durch Esc zur normalen Oberfläche zurückkehrt, wird mit einem grünen Pfeil am Bildschirm angezeigt, wohin man laufen muss, um die Markierung zu erreichen. Unter dem kleinen Kompass befindet sich ein Button für das Inventar. Hier werden nicht nur alle mitgeführten Gegenstände angezeigt, sondern auch weitere Buttons zum Öffnen des "Diariums", zum Produzieren von Tränken, auch "Latwergen" genannt, zum Ablegen von gerade angewählten Gegenständen und erneut zum Aufrufen der Karte. Worum es sich bei dem Gegenstand handelt, oder wozu der Button dient, wird angezeigt, wenn man mit dem Cursor darüber verweilt. Im Diarium finden sich allerlei Informationen über die Leute, mit denen man bisher sprach, über die Latwergen und deren Zubereitung, über das Ritual im Tempel der Opfer und über die Missionen. Wenn man möglicherweise auch ohne die Punkte eins und vier auskommt, aber zwei und drei sollte man mindestens ein Mal genau studiert und sich Notizen gemacht haben. Denn wenn man es geschafft hat, die entsprechenden Kräuter zu sammeln und den Satz zum Herstellen der Latwergen zu einem sicheren Ort zu bringen, muss man wissen, welche Zutaten was bewirken. Die Kräuter gehen zwar nicht verloren, wenn man einen Fehler macht, aber es geht schneller, wenn man sich die Zusammensetzung notiert hat. Ähnliches gilt für das Ritual zum Befragen der ermordeten Menschen. Man muss zwar nicht Daemonica lernen, allerdings Informationen über die Todesart, den Geburtsmonat und die Ziele des Opfers parat haben. Diese Fakten werden nacheinander im Tempel abgefragt und um an sie zu gelangen, muss man mit einigen Leuten geredet haben. Vorzugsweise solchen, die dem Opfer nahe standen. Allgemein bilden die Dialoge einen großen Teil des Spiels, genauso wie das Lesen überhaupt. In diesen Gesprächen gibt es meist verschiedene Antworten, aus denen man wählen kann. Manchmal beeinflussen sie den weiteren Spielverlauf, oft kann man aber einfach zum Anfang des Gesprächs zurückkehren und etwas anderes sagen bzw. fragen. Kürzere Aussagen werden auch oft nicht durch diese Dialoge dargestellt, sondern durch Anzeigen des Gesagten über dem Kopf des Sprechenden in der normalen Spieloberfläche. Schließlich etwas zum Kampfsystem, das wiederum ziemlich unwichtig ist. In der gesamten Demo war man ein Mal zum Kämpfen gezwungen und konnte an einer weiteren Stelle einen Streit anzetteln, wenn man das für notwenig hielt. Im ersten genannten Fall kann man denjenigen umbringen, muss es aber nicht. Im zweiten Fall kann man ihn nicht umbringen. Beim Kämpfen wird genauso angegriffen, wie man Dinge aufhebt, benutzt oder sich fortbewegt: durch Linksklick. Im späteren Spielverlauf soll eine zweite Angriffstechnik möglich werden. In der Demo war es allerdings auch schon möglich, mit der Leertaste zu blocken. Ansonsten ist das System etwas verkümmert und das Verhalten des Gegners nicht wirklich nachzuvollziehen. Simples Hau-Drauf. Während des Kampfes ist es nicht möglich, ins Inventar zu wechseln, um beispielsweise einen Heiltrank zu sich zu nehmen. Oblivion-Verwöhnte werden das vermissen. Grafik oder "Blut ... überall ist nur Blut ..." Allein schon der erste Eindruck, den man bekommt, wenn man das Spiel startet und der graue Schriftzug mit roten Blutflecken erscheint, spiegelt das Gesamtbild gut wieder. Eine Mischung aus Grautönen, die teilweise mehr oder weniger ins Grüne oder Braune gehen, mal etwas und mal etwas mehr mit Blut dekoriert. Ausnahmen stellen die Kräuter da, die sich sehr vom recht eintönigen Gelände abheben. Auch manche NPCs sind farbenfroher gestaltet, aber das bleibt die Ausnahme. Man versuchte es eindeutig recht realitätsnah mit der Farbgebung und dem Design zu halten, sicherlich, um den gruseligen, mit unter ekligen, Eindruck zu steigern. Gelungen ist dies leider nicht. Zum einen durch die sehr eckige und kantige Grafik, aber auch, weil eben die First-Person-Perspektive fehlt. Es ist, als würde man einen Fantasy-Roman lesen, aber wirklich mitreißen, sodass man den Roman wirklich "erleben" könnte, tut das Design bisher nicht.Die durchweg dreidimensionale Welt mit recht freier Bewegung ist trotzdem lobenswert, genauso wie solche Details wie sich bewegendes Wasser, herumfliegende Vögel und Regen. Sound oder "Daemonica, der Lenz ist da ..." Die Hintergrundmusik reicht von Totenstille bis zum aufdringlichen Kampfgedudel. Genauso ist die Spanne der Klangqualität. Mal möchte man an diesem Ort verweilen, weil man die Musik so gut findet und man genau weiß, dass sie wechselt, sobald man weiterzieht und ein anderes Mal dreht man schnell ein wenig an den Lautsprecherreglern. An Toneffekten wurde nicht gespart: Das Prasseln des Regens, eine Ratte, die quietscht, wenn man ihr zu nahe kommt oder die Klänge im Moor. Also, wenn etwas Stimmung macht, dann das, was aus den Boxen kommt und nicht unbedingt die Grafik. Zwar wurden sämtliche Dialoge nicht vertont, aber zumindest Nicholas darf sich regelmäßig mit wohl klingender Stimme zu Worte melden und seine Gedanken selbst vortragen. Was wird nun mit den Dämonen? Hier und da noch ein Bug und eine viel zu abrupt abbrechende Handlung in der Demo, aber Potenzial ist durchaus erkennbar. Actionfans sollten von diesem Titel dringend die Finger lassen, denn davon gibt es (bisher) wenig zu sehen. Das hier ist etwas für geduldige Bücherwürmer, die mal selbst wenigstens ein bisschen in die Handlung eingreifen wollen. Sehr viel Spielraum gibt es zwar nicht, aber genug, um sich schon zwischen Gut und Böse zu entscheiden. Von der Grafik her sieht es noch nicht wirklich berauschend aus, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Gut hingegen sind die Toneffekte und die Hintergrundmusik ausgefallen, auch wenn man bei den Vertonungen der Dialoge hätte großzügiger sein können. Schließlich und endlich ist Daemonica ein Spiel für Krimifans mit Hang zur Fantasy, die gerne selbst mal knobeln, denn spannend ist der Fall allemal. (04.05.2006)
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