Serious Sam HD: The First Encounter (CDV) geschrieben von Bernd Wolffgramm
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Als im März 2001 "Serious Sam: The First Encounter" erschien, wurden damit die Ego-Shooter auf einen neuen Level gehoben. Oder vielleicht besser ausgedrückt: auf einen anderen Level. Spiele dieses Genres gab es schon eine Menge und Ende der 1990er Jahre beherrschten sie den PC. Spricht man heutzutage über First Person Shooter wie "Doom", "Quake", "Unreal" oder "Duke Nukem 3D", dann treten den Altvorderen der Zockergemeinde wehmütig die Tränen in die Augen und fast jeder erinnert sich an die Story dieser Spiele, wie man sich damals aus den Fängen der bösen Feinde befreit hat, um die Welt zu retten. Bei "Serious Sam" ist das anders; wenn man nach diesem Spiel fragt, dann erinnern sich die Fans vor allem an eines: Ballern! Niemand weiß, worum es eigentlich ging, denn die erzählte Geschichte war derart zweitrangig, dass niemand sie im Kopf behalten hat. "Serious Sam: The First Encounter" brillierte mit Massen von Feinden, die sich in riesigen Horden in weiten Arealen auf den Protagonisten, Serious Sam, stürzten. Eigentlich hat es dieses Konzept seitdem, außer in den beiden Ablegern "Serious Sam: The Second Encounter" und "Serious Sam 2" nicht wieder gegeben. Das hat sich wohl auch der kroatische Entwickler Croteam gedacht und bringt nun das Spiel mit Namenszusatz HD noch einmal auf den Markt. Ist dies nun "alter Wein in neuen Schläuchen" oder wirklich ein neues Spielgefühl? Das wird herauszufinden sein ... Es gibt eine Story Unglaublich, aber wahr. Ein Artefaktfund im 21. Jahrhundert in einer uralten Kultstätte ermöglicht es der Menschheit, in kürzester Zeit einen gewaltigen technologischen Fortschritt zu verwirklichen. Neben vielen Entwicklungen, die sich vor allem auf das Leben auf der Erde auswirken, wird auch die Beförderungstechnologie vorangetrieben und die Bewohner der Erde beginnen, sich auch im Universum auszubreiten. Irgendwann gelingt dann auch ein Dimensionssprung und die Menschen beginnen, sich in anderen Welten auszubreiten. Damit machen sie sich die Bewohner dieser fremden Sphären zu Feinden, da diese sich zu Recht in ihrem Lebensraum bedroht fühlen und zurückschlagen. Anfangs sind sie damit sehr erfolgreich, denn sie sind den Menschen zahlenmäßig weit überlegen und sie treiben die Erdenbewohner zurück auf ihren Heimatplaneten. Sie beschließen, die Menschheit ein für alle Mal zu besiegen und nutzen das Dimensionstor nun ihrerseits für einen Sprung auf die Erde, um deren Bbevölkerung auszulöschen. Die Bewohner des Blauen Planeten scheinen dem Untergang geweiht, aber dann macht sich ein Mann auf, die Invasoren zurückzuschlagen: Serious Sam; er stellt sich den Eindringlingen, einer gegen Zehntausende. Wird er das wohl überleben? Wahrscheinlich nicht, aber man weiß ja nie, in diesen Videospielen ... Übertreibung muss sein Croteam hatte sich wohl zum Ziel gesetzt, dem Zocker gerade die Anzahl an Feinden zu präsentieren, an der er nicht völlig verzweifelt und dann "Serious Sam" wieder von der Festplatte verbannt. Dabei sind nicht alle Levels auf Massenballerei ausgelegt, aber bei einem Großteil der Missionen sind Waffen mit einem hohen Projektilausstoß ein absolutes Muss für das Überleben. Bei einigen der zwölf Hauptlevels und zwei weiteren Geheimbereichen ist, wie in klassischen Ego-Shootern, das vorsichtig ballernde Vortasten in Dungeons und Städten gefragt. Aber auch dort ist ein Leben am Limit gefordert, denn im Spiel sind sehr viele Trigger versteckt, die einen eigentlich beschaulichen Bereich in Sekundenbruchteilen in den Vorhof der Hölle verwandeln. War man eben noch in einem Stadtteil fast allein unterwegs, kann das Aufheben eines, eigentlich die Gesundheit steigernden, Kekses dazu führen, dass mehrere hausgroße Mechs in direkter Umgebung wie Pilze aus dem Boden schließen und dann ist Guter Rat oft teuer und Laufen die einzige Möglichkeit, noch irgendwie un-gestorben aus dem Gefahrenbereich zu entfliehen. Kämpfen macht dann keinen Sinn mehr, da jeder Treffer zum sofortigen Ableben führt. Aber auch in eher ländlich gestalteten Ebenen - und damit ist hier oftmals fast vegetationslose Wüste gemeint - sieht man von Serious Sam häufig nur die Hacken. Auch hier gibt es jede Menge mögliche Auslöser für potenziell tödlichen Besuch aus der anderen Dimension. So reicht es manchmal aus, dass der Held einem bestimmten, im Voraus nicht erkennbaren, Bereich betritt oder aber dass ein Geheimnis entdeckt wird - fast für jeden Fortschritt im Spiel muss umgehend bezahlt werden. Zwar entwickelt man nach einiger Zeit einen Riecher für schwierige Situationen, aber gerade anfangs ist die Verzweiflung recht hoch. Außerdem ist auch klar: "Gefahr erkannt" heißt hier nicht gleich "Gefahr gebannt". Aber nicht nur die schiere Anzahl der Feinde erstaunt den Zocker, auch bei der individuellen Gestaltung der Aliens hat sich Croteam viel Mühe gegeben und es geschafft, dass der Spieler bei einigen Bösewichten schon ohne jeden Kampf den Rückzug antritt. Ist man von anderen Ego-Shootern entweder humanoide Mutanten oder aber Menschen als Feinde gewohnt, konnten die Designer hier frei walten und schalten. So haben sie sich neben den klassischen Biomechs vor allem solche Gegner ausgedacht, die mit hoher Geschwindigkeit und unter lautem Getöse auf den Helden zulaufen, -fliegen oder -schwimmen. Besonders in Erinnerung werden vor allem zwei Klassen bleiben, die zumindest beim Tester die unguten Erfahrungen des Originalspiels wieder hervorgerufen haben. Da ist zum einen der Enthauptete Kamikaze, ein kopfloser Soldat, der vom Boss der Invasoren zu Attentatszwecken wieder zum Leben erweckt wurde. An seinen Händen trägt er zwei Bomben, die er aktiviert, wenn er nahe genug an seinem Ziel ist. Da er häufig in großen Rotten auftritt, wird er zu einer großen Gefahr für Leib und Leben von Serious Sam. Was ihn aber so nervend macht, ist der hohe metallische Schrei, den er bei seinem Angriff permanent ausstößt. Obwohl der Held selbst eine direkte Detonation dieser Bomben überleben würde, bricht der Zocker beim Erklingen dieses Tons sofort in Panik aus und verhält sich unüberlegt. Noch paranoider wird man aber, wenn man Hufgetrappel hört. Dieses Fortbewegungsgeräusch gehört einem Feindtypus namens Kleer-Skelett, einem Knochengestell, das aussieht, wie ein fast aufrecht gehendes Pferd mit Schwanz, nur ohne jegliches Fleisch; es greift mit geschärften Hufen an oder auf Distanz durch die Beschwörung von Doppelprojektilen. Dabei tritt er auch in geschlossenen Räumen in Massen auf und springt den Helden an. Obwohl auch sein Einzelschaden nicht so groß ist, möchte man doch lieber einem Biomech begegnen. Dieser ist zwar tödlich, aber immerhin kann man ihm entkommen. Schöner sterben Es stellt sich nun die Frage, worin der Unterschied zwischen dem 2001er Spiel und der neuen HD-Version besteht. Bis auf die grafische Aufpolierung sind die beiden Spiele absolut identisch. Die Entscheidung, "Serious Sam HD - The First Encounter" zu kaufen, um zu sehen, wie sich das Spiel weiterentwickelt hat, fällt also leicht. Das kann man getrost unterlassen, denn bis auf vier neue Secrets, die das Spiel im Endlevel etwas erleichtern, gibt es keine Neuerungen. Das Leveldesign ist identisch, die Feinde sind gleich und auch die markigen Sprüche von Serious Sam erklingen an denselben Stellen wie im Original. So ist es zwar immer noch lustig, wenn der Held im Spiel bei id Software anruft, um sich zu erkundigen, wann denn "Duke Nukem Forever" erscheint, offenbar eine Frage, die man sich 2001 auch schon gestellt hat, aber deswegen spielt man keinen Ego-Shooter erneut. Und wenn man das Originalspiel noch nicht kannte oder schlichtweg damals zu jung war? Schließlich prangert im Namen ganz groß das Kürzel HD für High Definition, seit einigen Jahren nun das Zauberwort, um moderne TV- und Computertechnik zu verkaufen. Aber von HD-Grafik darf eigentlich in dem Spiel nicht gesprochen werden, allenfalls von "schönere Bilder als beim Original". Seit einiger Zeit ist man bei Ego-Shootern doch deutlich anderes gewöhnt, vor allem wesentlich mehr realitätsnahe Texturen. Nun ist dieses Spiel zwar kein First Person Shooter, der den Anspruch hat, wirklichkeitsgetreu abzubilden, das verbietet natürlich schon der unsinnige Inhalt. Den Grafikstil von "Serious Sam HD - The First Encounter" kann man getrost als comicartig beschreiben, ebenso wie die Handlung. Darf man also dieses Spiel mit Multimillionenprojekten wie "Modern Warfare 2" oder "Crysis" vergleichen? Natürlich nicht, aber dann sollte der Spielehersteller auch nicht behaupten, ein HD-Game anzubieten. Ein Name wie "Serious Sam Reloaded" oder Ähnliches wäre dem Spiel sicher gerechter geworden. Die neue Serious Engine 3, so heißt die Entwicklungsumgebung, unter der das Spiel erstellt wurde, ist ein weiterer Fortschritt zu "Serious Sam 2", einem Spiel, dass nun auch schon mehr als drei Jahre auf dem Buckel hat.
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