NeverDead (PS3) (Konami) geschrieben von Bernd Wolffgramm
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Action-Shooter sind immer gleich: Ein Held rennt - aufgerüstet durch ein ausuferndes Waffenarsenal - los und legt alle und jeden um, der ihm in den Weg kommt. Damit es nicht zu leicht wird, wehren sich die Bösewichte und ballern mehr oder weniger gekonnt zurück. Stellen sie sich dabei zeitweise geschickter an als der Protagonist des Spiels, dann stirbt dieser und muss, zumindest bei den meisten Konsolenspielen, seinen Feldzug vom letzten Speicherpunkt erneut starten. Die Entwickler bei Rebellion Developments Limited hatten eine Idee, die man fast als neu bezeichnen kann: Sie lassen den Helden nicht sterben, sondern sie verstümmeln ihn nur und da kommt der Titel zum Zuge. "NeverDead" heißt natürlich NiemalsTod, also stirbt der Held nicht, er verliert nur seine Körperteile bis hin zum Totalverlust des Körpers und seine Aufgabe ist es dann, erst einmal seinen Leib aufzusammeln und sich zu regenerieren, um dann seiner eigentlichen Aufgabe wieder nachkommen zu können. Gute Idee? Das bleibt zu prüfen. Was geht ab? Erzählt wird die Geschichte von Bryce, eines Mietkämpfers, der sich von seinen Kollegen in anderen Spielen auf eine ganz bestimmte Weise unterscheidet: Er ist tot! Das macht ihn zwar etwas depressiv, aber für seine Auftraggeber macht es sich sehr bezahlt, denn schließlich können Feinde ihn nicht erschießen: Toter als tot geht nicht. Doch seine Konstitution hat auch einen Nachteil, sie hält nicht mehr so gut zusammen, bei Beschuss oder Bissangriffen fallen ihm leider ganze Körperteile, vor allem seine Beine und Arme, aus. Gerade der Verlust der oberen Extremitäten ist für einen Schwertkämpfer wie Bryce extrem unerfreulich. Schlimmstenfalls trennt sich sein Kopf komplett vom Körper ab und rollt dann munter in der Gegend herum. Aber dazu später mehr. Die Geschichte ist - wie oft bei Action-Shootern - recht simpel. Bryce wird von einer Art Geheimdienst immer dann angerufen, wenn es sich bei der Bedrohung um Dämonen oder andere unmenschliche Bösewichte handelt. Er wird dann in die Zentrale der Behörde gerufen und vom Chef darüber informiert, womit er es zu tun bekommen wird, so das denn bekannt ist. Weil ihm sein "Chef" aber nicht so ganz traut, bekommt er ein nicht-untotes Pendant, die Kämpferin Arcadia, zur Seite gestellt, die vor allem auch darauf achten soll, dass Bryce die ihm übertragenen Aufgaben auch erfüllt und sich nicht ablenken lässt, etwas, das im Sinne des Auftraggebers leider all zu oft passiert, denn Bryce ist extrem depressiv und instabil, wenn man nicht sterben kann und immer Geldprobleme hat, ist das vielleicht verständlich. Wie bereits erwähnt, ist Arcadia ein normaler Mensch, kann also sterben, eine Tatsache, die die Aufträge vom Helden etwas anstrengender macht, denn er muss so nicht nur sein eigentliches Ziel erreichen, sondern natürlich auch Arcadia wieder lebendig bei ihrem Chef abliefern. Arcadia ist eine zähne Kämpferin, die sich zu helfen weiß, aber sobald die Kampfkraft der Gegner zu groß wird, neigt sie dazu, sich so sehr zu verletzen, dass sie ihrem Ableben verdächtig nahe kommt, es sei denn, ihr Beschützer kommt ihr rechtzeitig zu Hilfe und spendet ihr schnell etwas von seinem eigenen Blut, das sie dann schlagartig regenerieren lässt. Die beiden ziehen also auf Geheiß der geheimen Heimatschutzbehörde los und bekämpfen Dämonen aller Größen und Formen, neben den Horden von nicht allzu übergroßen Feinden gibt es auch überhaus-große Bosse, mit denen sich vor allem Bryce beschäftigen muss. Die Standardfeinde sind Fieslinge, die darauf schließen lassen, dass der Lead Designer von Entwickler Rebellion den Mops zur Lieblingshunderasse auserkoren hat, denn haargenau so sehen diese Viecher aus und sie bewegen sich auch so. Ihre Gefährlichkeit geht von den Bissen aus, die sie, sind sie erst nahe genug herangekommen, dazu befähigen, Bryce ganze Körperteile abzutrennen und im ungünstigsten Falle springen sie ihm an die Kehle und trennen den Kopf vom Rumpf ab. Das ist dann der höchste Grad an Verstümmlung, dem der Protagonist unterliegen kann. Bryce kann sich gegen die Möpse mit Feuerwaffen oder seinem Schwert zur Wehr setzen, Zweites ist dabei besonders effektiv. Die andere Art des feindlichen Fußvolks kann nur mit dem Schwert bekämpft werden, sie ist immun gegen Beschuss. Bei diesem Typ Gegner handelt es sich um eine Art laufende Sense, die den Kopf hin- und herbewegt, um den Helden zu enthaupten. Während der Held sich bei den Standardfeinden vor allem mit der Klinge wehrt, kommen bei den Bossen vor allem die Schusswaffen zum Einsatz, da sie nur an bestimmten Stellen verletzbar sind, die meist weit außer Reichweite des Protagonisten liegen. Ab und zu kommt ihm hier sein untoter Zustand zur Hilfe und hier die Möglichkeit, sich Körperteile auch selbst abzutrennen. So kann er sich zum Beispiel einen Arm selbst ausreißen und diesen werfen, sei es, um ihn als Granate zu benutzen oder um ihn in den Rachen eines Feindes zu werfen und dann im Magen des Feindes weiterzuschießen. Es ist ihm aber auch möglich, seinen Kopf abzunehmen und dann ohne den Korpus weiterzukämpfen. Der Held hat dann zwar keine Waffen mehr zur Verfügung, aber er kann dann zum Beispiel in das Belüftungssystem rollen, sich hier in Sicherheit bringen oder aber die Schächte nutzen, um auf diesem Weg in andere Räume zu kommen. Bryce kann sich dann überlegen, ob er seine Körperteile wieder aufsammeln will oder ob er die Sofortregeneration nutzt, die er nach einer bestimmten Schmerzabklingphase einsetzen kann und bei der ihm auf magische Weise ein neuer Körper geschenkt wird. Das hört sich doch alles sehr gut an, oder? Gameplay "NeverDead" ist ein Third-Person-Shooter, der an "Devil May Cry" erinnert, aufgepeppt durch die oben aufgezählten Untot-Optionen. Und auf diese setzt das Spiel sehr stark, denn Bryce verliert andauernd Körperteile im Kampf. Es geht im Spiel nicht darum, sich eine Strategie zu überlegen, wie man eine Gegnerschar beseitigen kann, sondern nur ums Kämpfen. Und dazu benötigt der Held seine Arme und Beine, und wenn er seines ganzen Körpers verlustig geht, dann ist es ganz aus mit aller Kampfeskunst, dann rollt der gute Herr NiemalsTot nur noch durch die Gegend auf der Suche nach einem Ort, wo er seine Erholungsphase abwarten kann, um sich anschließend per Knopfdruck zu regenerieren oder aber - und das kommt weit öfter vor - er befindet sich mitten in einem Kampf, die beißwütigen Möpse sind ihm auf den Fersen und somit wird er andauernd verletzt, was eine magische Wiederherstellung unmöglich macht und er muss durch die Gegend rollen, um seine Körperteile durch Berührung aufzulesen. Das nervt ... obwohl es ganz witzig aussieht, wenn der rollende Kopf als erstes einen Arm oder ein Bein erreicht, dass ihm dann an sein Haupt geklebt wird. Sobald er wieder einen Arm besitzt, kann er auch ohne Rumpf wieder schießen, wenn auch nicht besonders erfolgreich, denn gezielte Schüsse lassen sich so nicht abgeben. Die Realität des Spiels ist es, dass man dauernd den Kopf auf der Suche nach Körperteilen, deren Fundstellen zum Glück per Richtungspfeilen angezeigt werden, durch die Landschaft rollt, was dem Spiel viel Dynamik nimmt. Das Spiel findet entweder in Gebäuden oder unter freiem Himmel auf der Erde statt. Die Schauplätze sind vollgebaut mit Gegenständen, die die Umgebung lebendig und realitätsnah machen, allerdings sorgt das auch dafür, dass der rollende Kopf von Bryce dauernd irgendwo hängen bleibt, sei es die Umwelt oder der eigene abgetrennte Körper. Zum Glück lösen sich wenigstens die getöteten Feinde in Luft auf, so sind diese dann kein Hindernis mehr. Insgesamt spielt sich das ganze Spiel recht hakelig, denn auch im Ganzkörperzustand ist die Bewegung und damit auch die Steuerung, eher unglücklich. Neben den in Playstation 3-Spielen üblichen schwierigen Bewegungen kommt in der PS3-Version von "NeverDead" das ungewohnte Kämpfen dazu. Normalerweise wird mit einer Schultertaste gezielt und mit der anderen geschossen oder das Schwert geschwungen. In diesem Spiel muss man jedoch die Klinge mit dem rechten Analogstick bewegen und es führt genau die Bewegung aus, die man selbst vollführt. Das mag realitätsnah sein, aber es wäre viel mehr damit geholfen, wenn man einen Schwerthieb wie einen Schuss auslösen könnte. Wegen der Kugelimmunität diverser Feinde ist man gezwungen, häufig zwischen Klinge und Feuerwaffen zu wechseln und so vertut man sich andauernd beim Auslösen eines Angriffs. Ein anderes Thema sind die Upgrades, die man Bryce zukommen lassen kann. Für bestimmte Aktionen bekommt der Held Punkte (XP) gutgeschrieben, die er im Spiel gegen neue Fähigkeiten eintauschen kann, der Shop dafür steht im Spiel auf Druck der HOME-Taste jederzeit zur Verfügung. Der Spieler kann dann auswählen, durch welche Zukäufe er seinen Helden unterstützen möchte. Dabei werden alle Features des Kampfs angesprochen, das Ganze erinnert fast ein wenig an die Spiele der "Deus Ex"-Reihe ... mit einem kleinen Unterschied. Während die Helden der Square Enix-Spiele nach dem Kauf einer Eigenschaft permanent darüber verfügen können, müssen die Upgrades von Bryce erst ausgerüstet werden, dazu stehen am Anfang zehn Slots zur Verfügung, eine Aufrüstung der Slot-Anzahl auf bis zu 20 kann ebenfalls dazugekauft werden. Die erworbenen Fähigkeiten stehen erst dann zur Verfügung, wenn sie in die Slots übertragen wurden, sie können dort auch jederzeit wieder entfernt oder durch andere ersetzt werden, der Spiellenker ist also in der Lage, seinen Helden auf bestimmte Situationen besser vorzubereiten. Warum allerdings die Upgrades nicht permanent benutzt werden sollen, erschließt sich nicht. Im Grunde kauft man dauernd irgendwelche Items und Fähigkeiten, die man nie wirklich einsetzen kann, weil zu viele Slots von anderen sinnvollen Verstärkungen belegt sind. Präsentation Wenn man in einem Test zu einem Spiel wie "NeverDead" so ausführlich über den Inhalt spricht, dann kommen die Teile der Präsentation sicherlich zu kurz, meistens deswegen, weil es nicht besonders viel darüber zu berichten gibt. Das ist hier auch so: Grafik und Sound sind irgendwie OK, aber keinesfalls ein Grund, sich das Spiel nur deswegen zuzulegen. Die Bilder sind oftmals grobkörnig, das Design der Gegner und der Szenarien ist nicht besonders abwechselungsreich und lediglich die Cutscenes, die vor allem zwischen den einzelnen Missionen eingespielt werden, bringen Farbe in das Spiel. Auch die Story ist nicht besonders fantasiereich gestaltet, im Grunde läuft jeder Level gleich ab: Die beiden Helden ziehen los, um Fieslinge zu beseitigen, sie treffen dabei zuerst auf eine Horde Möpse, die durch einen Dimensionsspiegel auf die Erde kommen. Bryce erledigt zuerst einige Möpse, dann nimmt er sich die Spiegel mit dem Schwert oder den Wummen vor, die mittlerweile auch die spinnenartigen Sensenmänner ausspucken. Wurden alle Spiegel im Bereich erledigt, öffnet sich eine bisher verschlossene Tür und das Szenario wiederholt sich im nächsten Bereich. Abwechselung gibt es nur dann, wenn Bryce Rätsel lösen muss, um die Story voranzutreiben, oder aber, wenn er sich mit Arcadia unterhält. Beide Helden sind einigermaßen desillusioniert, deswegen ist die Konversation der beiden gespickt mit schwarzem Humor, das Ganze ist ein Austausch von "Nettigkeiten" von einem Untoten mit Borderline Syndrom und einer lustlosen Aufpasserin, die eigentlich nicht vor Ort sein möchte. Wie so oft ist das zunächst ganz nett, aber außerhalb der Videoeinspieler wiederholen sich die "coolen" Sprüche zu oft.
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