Hellgate: London

Hellgate: London

(Electronic Arts)

geschrieben von Jason Schmidtchen

 

 
Entwickler: Flagship Studios
Publisher: Electronic Arts
Genre: Hack-and-Slay / Rollenspiel
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Hellgate: London
Preis: ca. 50 €
Altersfreigabe: Keine Jugendfreigabe gemäß §14 JuSchG

Spiele, die auf dem Prinzip von "Diablo" aufbauen, kommen immer wieder vor und versuchen, den Superhit von Blizzard Entertainment vom Thron zu drängen. Bei DLH.Net hatten wir schon den einen oder anderen Kandidaten bereits unter die Lupe genommen und mussten mit Bedauern feststellen, dass die Versuche scheiterten. Doch mit "Hellgate: London" reiht sich nun ein Spiel ein, an dem nicht irgendjemand gewerkelt hat, sondern ehemalige "Diablo"-Entwickler, die Blizzard Entertainment damals verließen. Sehnsüchtig erwartet, steht das Spiel nun in den Regalen und wir haben es uns nicht nehmen lassen, einen vorsichtigen Blick auf das apokalyptische Spektakel zu werfen.

Story: "London im Jahr 2038"

Die ehemals großartige Stadt liegt in Trümmern. Ein riesiger, unheimlicher Riss im Gewebe unserer Realität beherrscht wirbelnd und peitschend den Horizont, während er sich in den für immer verdunkelten Himmel einfügt. Die Invasion, die unaussprechliche Katastrophe, die über London hereingebrochen ist, hat die Menschheit letztlich verschlungen. Die mächtigen Nationen der Menschen wurden ausgelöscht, und der Jahrzehnte andauernde Prozess der Verbrennung - die Transformation unserer Welt in ihre - hatte begonnen. Die Menschheit steht am Rande der Vernichtung. Männer und Frauen kämpfen im Schatten ihrer einstigen Vorherrschaft um das nackte Überleben und sehnen sich danach, ihre neuen Herren zu stürzen. Langsam rotten sich die Überlebenden zusammen ... und lernen. Sie lernen, sich in der Stadt unerkannt zu bewegen. Sie schmieden Waffen, die selbst die überirdischen Panzer ihrer Feinde durchschlagen. Sie wissen die längst vergessene arkane Macht der Magie einzusetzen. Und sie suchen nach Wegen, die Dämonen zu vernichten und das Dimensionstor zu schließen.

Gameplay: "Von Templern, Cabalisten und hässlichen Dämonen"

"Hellgate: London" basiert auf dem gleichen Prinzip wie "Diablo". Eure Aufgabe besteht demnach darin, allerlei hässliches Ungeziefer aus der Hölle kaltzustellen und neben den Hauptaufgaben, die euch in der Story weiterbringen, auch kleinere Nebenquests zu erledigen. Bei den Aufgabenstellungen handelt es sich zumeist um Missionen, bei denen ihr einen Gegenstand suchen oder eine bestimmte Anzahl von Feinden in die Hölle zurückschicken müsst. Doch "Hellgate: London" wäre kein Hack-and-Slay á la "Diablo", wenn es nicht einige wichtige Kriterien erfüllen würde: Zum einen erhaltet ihr für jedes Monster, das eurer Waffe zum Opfer fällt, Erfahrung, die irgendwann zu einem Level-up führt und euch damit Punkte zur Verfügung stellt, mit denen ihr die vier Attribute "Präzision", "Stärke", "Ausdauer" und "Willenskraft" steigern könnt. Zum anderen schenkt euch jeder dieser Aufstiege einen Punkt, den ihr auf eine der Spezialfähigkeiten eures Protagonisten verteilen dürft. Durch diese Steigerungen werdet ihr in der Lage sein, stärkere Waffen und Rüstungen zu tragen, mächtigere Spezialangriffe auszuführen und die bösen Dämonen immer wirkungsvoller in die Hölle zurückzuprügeln.

Doch wer kämpft da eigentlich um das Überleben der Menschheit? Wo Dämonen sind, darf das Kruzifix nicht weit sein und so tritt der Orden der Templer gegen die Horden der Höllenbewohner an, indem er Hüter und Schwertmeister in den Kampf schickt, die an vorderster Front todesmutig der Übermacht des Gegners die Stirn bieten. Dazu gesellen sich Cabalisten - Kampfmagier und Beschwörer, die die Dämonen mit ihren eigenen Waffen bekämpfen - und Jäger. Letztgenannte haben mit Magie und dergleichen nicht viel am Hut, sind aber exzellente Schützen und geübt im Umgang mit der Technik. So bauen Ingenieure fix kleine Kampfdrohnen, die sie im Kampf unterstützen, während die Scharfschützen die Ungeheuer von Weitem aufs Korn nehmen. Jede Klasse hat ihre ganz persönliche Rolle im Spiel, was sich auch auf den Mehrspielermodus auswirkt. Der Hüter beispielsweise ist in der Lage, die schwersten und massivsten Rüstungen zu tragen und durch passive Auren zu einer lebenden Festung zu mutieren. Der Schwertmeister ist - wie der Hüter - ein Nahkämpfer, sein Hauptaugenmerk liegt jedoch auf Angriff statt Verteidigung. Daher ist er der einzige Held, der zwei Schwerter gleichzeitig führen kann.

Wer "Diablo 2" gespielt hat, erinnert sich vielleicht noch mit Freuden an den Totenbeschwörer, der sich einfach eine Armee von Untoten und Monstern erschafft und diese auf seine Feinde hetzt. Der Cabalisten-Beschwörer ist ein Verwandter des blassen Zeitgenossen, denn auch er ist in der Lage, Dämonen für sich kämpfen zu lassen. Dementsprechend hält er sich lieber im Hintergrund und unterstützt seine Begleiter aus der Ferne. Anders ist es da mit dem Kampfmagier: Er besitzt nicht die Fähigkeit, Monster herbeizurufen, jedoch kann er mächtige und zerstörerische Zauber wirken und zwei Fokusartefakte gleichzeitig verwenden, um seinen Widersachern einzuheizen. Die beiden Jägerklassen (Ingenieur und Scharfschütze) sind reine Fernkämpfer, da sie über keinerlei Nahkampffähigkeiten verfügen und Waffen aus dieser Kategorie nicht nutzen können. Doch auch die diabolischen Diener haben einiges an Argumenten zu bieten; mit niederen Bestien, Nekros, Spektralwesen und den Primus (oder "echten Dämonen") rückt die Hölle den Menschen zu Leibe, um sie endgültig auszurotten. Dabei trefft ihr auf allerlei widerliches Getier, von dem einige sogar stärker sind als ihre Artgenossen. Es handelt sich dabei um "Unique Enemies", also einzigartige oder um seltene Feinde, die eine oder mehrere Spezialfähigkeiten besitzen oder einfach resistenter sind als ihre Verwandten.

Wie schon in Blizzards Urgestein sorgt die Fülle an Gegenständen dafür, dass beim Spieler der Sammlertrieb geweckt wird; so häufen sich im Laufe des Spiels jede Menge Items im Inventar an, die häufig verbessert, selten oder gar einzigartig sind. Um diese nicht zwangsweise verkaufen zu müssen, weil euer Rucksack aus allen Nähten platzt, könnt ihr in den U-Bahn-Stationen (euren sicheren Rückzugsgebieten und Knotenpunkten in andere Gebiete), in denen ihr auch Händler und Auftraggeber findet, Schließfächer nutzen, um dort eure Sammlung zu verstauen. Was in "Diablo 2" der "Horadrim-Würfel" war, ist in "Hellgate: London" die "Nanoschmiede". Mit diesem Gerät lassen sich gegen genügend Palladium (die Zahlungswährung in "Hellgate: London") Waffen mit geborgenen Komponenten modifizieren, um so beispielsweise den Schaden zu erhöhen. Solltet ihr mal die falschen Dinge kombinieren, lassen sie sich mit dem "Delux Demodifikator" wieder auseinandernehmen. Ein dritter Automat im Bunde ist der "Augmentrex 3000". Mit seiner Hilfe könnt ihr - ebenfalls gegen eine Gebühr - Objekte in ihren Attributen optimieren, ähnlich wie in der "Nanoschmiede". Diese Geräte findet ihr in jeder U-Bahn-Station neben Händlern.

Anhand der Farbgebung des Rahmens um das Equipment herum erkennt ihr sofort, welcher Art es angehört: Ist es grün, handelt es sich um einen verbesserten Gegenstand. Blaue Rahmen signalisieren Seltenheit und einzigartige Sammlerstücke werden orange dargestellt. Getragen werden sie im Inventar. Wird dieses geöffnet, seht ihr eine drehbare Ansicht eures Helden. Drumherum befinden sich Kästchen, in die ihr Helme, Körper- und Schulterpanzer, Beinschoner, Handschuhe, Gürtel, Stiefel und selbstverständlich Waffen ablegen könnt. Interessant ist dabei, dass ihr Letztere kombinieren könnt, das heißt, ihr könnt sowohl eine Nahkampfwaffe in der Haupthand, als auch eine Fernkampfwaffe in der sekundären Hand tragen; natürlich vorausgesetzt, beides sind Gerätschaften, die mit jeweils einer Hand geführt werden können. Um an diese Dinge zu gelangen, muss selbstverständlich gekämpft werden. Und das System, das dahinter steckt, ist altbacken. Es gilt, einfach solange zu klicken, bis nichts mehr um euch herumsteht; das trifft sowohl auf Monster zu als auch auf Kisten, Fässer und andere zerstörbare Landschaftsverschönerungen.

Bedienung: "Linke Maustaste? Rechte Maustaste? Bei einer Waffe völlig egal"

Im Gegensatz zu "Diablo" und anderen Genrekollegen werdet ihr in "Hellgate: London" den gewohnten Mauszeiger, mit dem immer wie wild in der Gegend rumgeklickt wird, vergebens suchen, denn dieser wird nur bei der Navigation durch die Menüs sichtbar. Im Kampf selbst seht ihr stattdessen ein kleines Fadenkreuz, mit dem ihr auf die Feinde zielt. Mit den Maustasten wird dann geklickt, was das Material aushält. Tragt ihr dabei nur eine Waffe, spielt es keine Rolle, ob ihr das linke oder rechte "Ohr" des elektronischen Nagers nutzt - beide aktivieren die Hauptwaffe. Tragt ihr hingegen zwei Waffen, werden diese durch Druck auf die jeweilige Taste genutzt. Da der Mauszeiger im Kampf fehlt, wird auch die Bewegung des Charakters anders realisiert. Wie aus Egoshootern bekannt, steuert ihr euer Alter Ego mit der Tastenkombination "WASD", während die Aktivierung von in den Gürtel gezogenen Fähigkeiten beziehungsweise Gegenständen durch die Zahlentasten geschieht. Ganz nützlich sind die letzten beiden Slots des Gürtels. Hierin abgelegte Items werden durch Druck auf "Q" oder "E" benutzt, weshalb es sich empfiehlt, dort Lebens- und Energietränke oder persönliche Transporter abzulegen, um diese im Notfall schnell zur Hand zu haben. Weiterhin habt ihr die Möglichkeit, drei verschiedene Waffenkombinationen zu nutzen. Dafür werden die entsprechenden Sets aktiviert und die Waffen in den Händen abgelegt. Der entsprechende Satz lässt sich dann über die Tasten "F1" bis "F3" erreichen.

Grafik: "Hack-and-Slay mit Egoshooter-Einlagen"

Anders als in "Diablo 2" setzen die Entwickler der "Flagship Studios" auf dreidimensionale Grafik und machten sich sogleich auch Microsofts neue Grafikschnittstelle "DirectX 10" zunutze. Da im Test leider die nötige Hardware fehlte, beschränken wir uns hier auf die noch lange nicht veraltete "DirectX 9"-Version. "Hellgate: London" erzeugt dank der 3D-Grafik eine bedrückende Atmosphäre, die durch großartige, aber nicht unbedingt spektakuläre Lichteffekte noch realistischer herübergebracht wird. In den zufallsgenerierten Gegenden, die unterirdische Tunnel und Gänge beherbergen, den Spieler aber auch häufig an die Oberfläche in zerstörte Stadtgebiete führen, finden sich überall zerstörbare Gegenstände wie explodierende Fässer, die auch Gegner ins Jenseits befördern können und Kisten, in denen sich mit etwas Glück nützliche Gegenstände befinden. Doch der Zufall hat seinen Preis: Die Karten sehen zum Teil identisch aus und wiederholen sich dadurch recht häufig, was dem Spielspaß jedoch keinen Dämpfer verpassen sollte, weil so sichergestellt wird, dass das Spiel einen erhöhten Wiederspielwert erhält und der Spieler die Gegenden immer aufs Neue erforschen kann. Per Hand liebevoll erstellte Karten wie in "Titan Quest" würden dieses letzte Kriterium nicht erfüllen können. Eine willkommene Abwechslung bietet auch die Egoshooter-Perspektive, bei der ihr in euren Charakter hineinzoomen könnt, wenn ihr eine Fernkampfwaffe benutzt. Dadurch lässt sich - auf Kosten der Übersicht - leichter zielen und diese Kameraeinstellung trägt einen weiteren Teil zur Gänsehautstimmung bei.

Bei der Charaktergestaltung dürft ihr keine Glanzleistungen erwarten. Zwar bietet euch "Hellgate: London" im Gegensatz zum großen Rivalen "Diablo" die Möglichkeit, euren Charakter vom Aussehen her an eure Wünsche anzupassen, diese Möglichkeiten beschränken sich aber auf einige vordefinierte Gesichter mit zum Teil matschigen Texturen und verschiedenen Haarschnitten. Zudem lassen sich weibliche Charaktere noch Accessoires anlegen wie Ohrringe und Gesichtspiercings. Wollt ihr einen großen, stämmigen Helden spielen oder lieber einen kleinen und schlanken Monsterschlächter, könnt ihr zwei Regler hin- und herschieben und so Größe und Gewicht bestimmen. Auswirkungen auf das Spiel haben diese Optionen jedoch nicht.

Sound: "Schlachtensound mit Surround"

Besitzer einer Dolby-Surround-Anlage dürfen sich freuen, denn "Hellgate: London" nutzt dieses System ausgiebig, wodurch sich plötzlich auftauchende Gegner daran hindern lassen, euch unbemerkt in den Rücken zu fallen. Die Geräuschkulisse ist wie auch der Rest des Spiels düster ausgefallen und dank der in Kämpfen brachialen Hintergrundmusik ein Ohrenschmaus. Immer wieder für Schmunzler sorgen die NPCs mit ihren teilweise kuriosen Sprüchen, die hervorragend und hin und wieder auch etwas übertrieben vertont wurden. Eher unverständlich ist jedoch, dass Questtexte nicht gesprochen sind; ihr müsst euch teilweise mühsam durch mehrere Textblöcke klicken, um zu erfahren, was ihr tun sollt.

 

- Windows XP/Vista

- Prozessor mit 1,8 GHz oder höher (2,4 GHz oder höher unter Windows Vista)

- 1 GB Arbeitsspeicher (2 GB unter Windows Vista)

- 7 GB Festplattenspeicher

- DirectX-9.0c-kompatible Grafikkarte mit mindestens 128 MB und Pixel Shader 2.0 (unterstützte Grafikkarten siehe unten)

- DirectX 9.0c-kompatible Soundkarte

- DirectX 10 unter Vista (optional)

- Maus und Tastatur

- Internetverbindung für Mehrspieler (512 KB/s oder schneller)


Fazit

   : "Diablo 3? Ich hab was zur Überbrückung" Nachdem "Hellgate: London" angekündigt wurde und ich erfuhr, dass ehemalige "Diablo"-Entwickler daran beteiligt sein würden, konnte ich es kaum abwarten, das Spiel in den Händen zu halten. Grafisch spricht mich das Spiel sehr an und die Egoshooter-Einlagen sind eine willkommene Abwechslung im Genre. Im Gegensatz zu "Diablo" wartet "Hellgate: London" mit weniger Spezialfähigkeiten auf, wodurch es einfacher fällt, sich in eine entsprechende Richtung weiterzuentwickeln. Der Einsatz der Ego-Perspektive mag auf den ersten Blick vielleicht seltsam erscheinen, ist für Fernkämpfer jedoch um einiges besser geeignet als die typische Third-Person-Perspektive. Man merkt dem Spiel an, von wem es ist: Es gibt sehr viele Parallelen zum Throninhaber, was beispielsweise die Klassen betrifft. Doch gerade deswegen und aufgrund der düsteren Story zählt "Hellgate: London" ab sofort zu meinen Lieblingen des Hack-and-Slay-Genres. Release von "Diablo 3"? Der kann kommen, wenn und wann er will. Ich spiele solange dieses tolle Ding. (23.11.2007)


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