Tom Clancy's H.A.W.X. 2

Tom Clancy's H.A.W.X. 2 (PS3)

(Ubisoft)

geschrieben von Witali Blum

 

     
 

Nach knapp anderthalb Jahren Entwicklungszeit erscheint für die Playstation 3 der zweite Ableger der "H.A.W.X“.-Serie, für die der berühmte Polit-Thriller-Autor Tom Clancy erneut mit seinem Namen herhalten durfte. Lesen Sie im folgenden Review, welche Verbesserungen die Entwickler von Ubisoft in das Spiel eingebaut haben, um die Hobby-Piloten auf dem heimischen Sofa wieder in die Kanzeln der stählernen Vögel zu locken.

Missionsbesprechung

Wer die Romane von Tom Clancy kennt, wird mit einem leichten Gähnen feststellen, dass der Ost-West-Konflikt zwischen den USA sowie der Sowjetunion vermutlich schon zum tausendsten Mal als Hauptthema die Handlung bestimmt. Auf den ersten Blick kämpfen die mächtigsten Nationen der Welt gegen einen scheinbar gemeinsamen Feind - die Terroristen - und sehen dabei ganz schön alt aus, denn der Gegner ist bemerkenswert gut bewaffnet. Außerdem ist er den Einsatzkräften immer einen Schritt voraus, weil eine unbekannte Quelle ihn über die Truppenbewegungen informiert. So verlieren die Vereinigten Staaten durch einen Angriff mit Tomahawk-Cruise-Missiles eine Basis in Saudi-Arabien, während die Russen bei der Verteidigung von Provinzen vor aufständischen Separatisten den unfreiwilligen Rückzug antreten müssen.

Interessanterweise wird die Identität der Terroristen sowie ihre Motivation - wie etwa ein Krieg gegen die Ungläubigen - nicht näher thematisiert. Vermutlich wollten die Entwickler sich bei der Hintergrundgeschichte nicht auf zu dünnes Eis begeben. Dafür teilen sie aber ordentlich mit der Russen-Dreschkelle aus. Zunächst "verlieren" die Sowjets ein paar Atomsprengköpfe an bereits erwähnte Terroristen - klar, denn so etwas kann nur den "Russkis“ passieren - und benötigen später ausgerechnet die Hilfe der Amerikaner, um sie wiederzufinden. Dank modernster Ortungstechnologie sowie der Hilfe eines Meisterspions können die vermeintlichen Drahtzieher der jüngsten Angriffe auf die Weltmächte ausgeschaltet werden. Auch die nuklearen Böller sind schnell gefunden, jedoch gibt es bei der Bergung des gefährlichen Kriegsgeräts einige Probleme, die selbst die besten Kampfpiloten nicht beheben können.

Ohne gleich zu viel von der vorhersehbaren Handlung zu erzählen, darf verraten werden, dass einer der radioaktiven Kracher an einer äußerst unpassenden Stelle detoniert. Dieser Zwischenfall verursacht in der Sowjetunion ein Chaos, das die Hardliner in Moskau dazu nutzen, um die pro-westliche Regierung abzusetzen. Um die Terroristen kümmert sich fortan keine Sau mehr, denn das neue Regime beginnt, Norwegen mit Truppen zu besetzen. Da die NATO-Staaten einen solchen Angriff nicht dulden können, läuft es auf eine Milchmädchenrechnung hinaus: Die russischen Flugzeuge MiG 35 sowie SU 27 bekämpfen die amerikanische F22 und den britischen Harrier II. Natürlich steuert der Spieler ab diesem Zeitpunkt die "Guten" - also die NATO-Flugzeuge. Als finaler Bösewicht muss ein machtgeiler, patriotischer General herhalten, bei dessen gewaltsamen Tod sich der Beinahe-Weltkrieg in Wohlgefallen auflöst.

Einsatzbefehl

Auf den ersten Blick scheint sich "H.A.W.X. 2" nicht großartig von seinem Vorgänger zu unterscheiden, denn der Spieler schlüpft wie gewohnt in die Rolle eines Kampfpiloten, der feindliche Fluggeräte sowie Bodentruppen mit dem Arsenal seines Jets ausschalten soll. Jedoch sind einige spielerische Details hinzugekommen, die den Titel authentischer machen und näher am Flugsimulations-Genre positionieren. So beginnt jede Mission nicht direkt in der Luft, sondern auf einem Flugfeld, von dem die Kampfmaschine erst einmal abheben muss. In der Regel gelingt jeder Start bereits beim ersten Versuch problemlos, weil das Gefährt nur gerade auf einer Bahn ausgerichtet und auf eine vorgegebene Abhebegeschwindigkeit beschleunigt wird. Danach braucht der Spieler nur noch die "Nase" hochzuziehen und schon befindet er sich in der Luft. Viel schwieriger ist es jedoch, die Maschine wieder sicher auf den Boden zu bringen. Das Flugzeug muss bei der Ladung nahezu parallel zum Boden sein, die Mindestgeschwindigkeit für den Auftrieb soll unterschritten werden und dazu darf man natürlich nicht vergessen, die Fahrwerke auszufahren. Selbstverständlich ist es essenziell wichtig, die Bremsen auf der Landebahn zu aktivieren, weil der Jet sonst mit seiner Anfluggeschwindigkeit in das nächste geparkte Gefährt hineindonnert oder womöglich über sein Ziel - die asphaltierte Straße - hinausschießt. Die Landung darf übrigens nicht nur gegen Missionsende durchgeführt werden, sondern bietet sich gerade an, wenn das Flugzeug repariert und mit neuer Munition bestückt werden soll.

Das aus dem ersten Teil bekannte elektronische Leitsystem namens "Enhanced Reality System" (engl. für erweitertes Realitätssystem) - kurz ERS - dient jetzt nur noch dazu, den Spieler auf einem optimalen Anflugwinkel die Landebahn ansteuern zu lassen oder an einem Tankerflugzeug anzudocken, wobei oftmals ein großer Umweg in Kauf genommen wird. Das Ausweichen gegnerischer Raketen wird also fortan manuell durchgeführt, indem ein Fenster die Entfernung des aufgeschalteten Geschosses auf dem HUD einblendet und der Spieler kurz vor dem Einschlag eine enge Kurve fliegen muss, um einen Treffer zu vermeiden. Außerdem können Täuschkörper namens "Flares", die nur in begrenzter Anzahl verfügbar sind, eine verfolgende Rakete ablenken. Erfreulicherweise setzen auch die feindlichen KI-Piloten in der Einzelspielerkampagne die erwähnten Taktiken ein und machen Luftgefechte zu einer größeren Herausforderung. Praktisch bedeutet dies, dass der Spieler nun selbst im leichtesten Schwierigkeitsgrad einige anspruchsvolle Gegner im Luftkampf erlegen muss, anstatt wie im Vorgänger endlose Wellen von "Moorhühnern" aus den Wolken zu ballern. Leider sind die freundlich gesinnten Flügelmänner immer noch dumm wie Brot und der Spieler muss an allen Fronten allein aushelfen. Besonders Aufträge, in denen Bodenstreitkräfte unterstützt werden sollen, werden so zu einer Tortur, weil die vermeintlichen Helfer weder Panzer noch Flugzeuge kaum länger als 30 Sekunden beschäftigen können und man quasi im Alleingang die riesige Karte aufräumen muss.

Natürlich haben die Entwickler in "H.A.W.X. 2" nicht nur einige Mängel des Vorgängers beseitigt, wie etwa das wahllose Durchschalten der Ziele, sondern auch einige Neuerungen eingeführt, um den Spielspaß zu erhöhen. Unter anderem schlüpft der Spieler gelegentlich in die Rolle eines Drohnen-Operators, der mithilfe eines unbemannten Fluggefährts ein Einsatzkommando am Boden unterstützt. Seine Aufgabe ist es, die Gegend auszukundschaften, Gespräche von Terroristen mit Richtmikrofon aufzuzeichnen und sogar bestimmte Ziele mit lasergesteuerten Bomben auszuschalten. Dabei wechselt die Perspektive von 3D-Umgebung auf detaillierte Draufsicht, so dass man das Gefühl hat, eine Googlemaps-Karte dient als Grundlage für den Level. Als größtes Highlight ist jedoch diejenige Mission anzusehen, die den Spieler hinter die mächtigen Geschütze einer Lockheed AC-130 - besser bekannt als "Gunship" - setzt und er nach Herzenslust feindliche Fahrzeuge sowie Hubschrauber für die "Ghosts" auf der Erdoberfläche aus dem Weg räumen darf. Der letzte, eher ungewohnte, Perspektivenwechsel erfolgt, wenn der Spieler während eines Auftrags eine Cruise-Missile von seinem Flugzeug abfeuert, denn daraufhin muss er das Geschoss in der Ego-Ansicht ins Ziel lenken, während der Autopilot kurzzeitig die Kontrolle des Fliegers übernimmt. Selbstverständlich sollte diese Rakete auf keinen Fall verwendet werden, wenn einige "Raubvögel" dem Spieler am Heck kleben.

Tom Clancy's H.A.W.X. 2

Spätestens bei der letzten Mission werden viele Spieler es zu schätzen wissen, dass die langen Aufträge fair gesetzte "Checkpoints" enthalten. So kann der Kampf trotz eines unfreiwilligen Absturzes ab einem nicht weit zurückliegenden Zeitpunkt fortgesetzt werden, statt ganz von vorn. Das war aber auch beim Vorgänger nicht anders, ebenso wie die Einstellung des Schwierigkeitsgrads, die sich hauptsächlich in der Bewaffnung sowie Panzerung des eigenen Gefährts widerspiegelt. Im Mehrspielermodus kann wie gewohnt die gesamte Einzelspielerkampagne mit bis zu vier Freunden durchgezockt werden, während im Jeder-gegen-Jeden-Modus auch mal acht Spieler sich in der Luft jagen können. Schließlich darf man im Überlebens-Modus sein fliegerisches Können gegen unendliche Wellen von Gegnern unter Beweis stellen und nebenbei Erfahrungspunkte einsacken, mit denen weitere Flugzeuge freigeschaltet werden. Leider hat "H.A.W.X. 2" den großen Nachteil, dass - abgesehen von den Einsätzen als Drohnenoperator - die Missionen der Einzelspielerkampagne zu 90 Prozent mit dem Vorgänger identisch sind. Besonders auffällig ist das Gefecht in Norwegen, bei dem die eigene Flotte in einer engen Fjord-Landschaft vor Angreifern geschützt werden muss. Das Level-Design scheint zumindest meinem Gedächtnis nach einer Mission aus "H.A.W.X. 1“ ähnlich zu sein.

Infrarotsicht und Radar

Allgemein hat sich der optische Eindruck von "H.A.W.X. 2" im Vergleich zu seinem Vorgänger nicht großartig gewandelt. Mit viel Wohlwollen kann behauptet werden, dass die Flugzeugmodelle sowie die Explosionseffekte einen Tick besser aussehen. Jedoch bekleiden die riesigen Level immer noch verwaschene Texturen sowie künstlich wirkende Gebäude - ähnlich den Potemkinschen Dörfern. Aus großer Höhe macht sich dieser Fauxpas nur schwach bemerkbar. An den Sound-Effekten wie Schüssen oder Explosionen gibt es nichts auszusetzen, weil sie authentisch wirken, auch wenn dem Reviewer an dieser Stelle keine realen Vergleichsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Es hört sich eben alles an, wie in den Action-Streifen im Kino. Die deutsche Synchronisation wurde leider nicht konsequent genug umgesetzt, denn immer wieder liest man während des Zockens viele Inschriften auf Englisch und bei einem Missionsbriefing wird diese Sprache sogar gesprochen. Wenn man sich überhaupt die Mühe macht, einen Titel einzudeutschen, dann sollte man dies zu hundert Prozent tun. Alles andere wirkt nur schlampig.

Fazit

Meiner Meinung nach eignet sich "H.A.W.X. 2" sehr gut als ein Add-on für den ersten Teil, denn einige von mir erwähnte Mängel wurden erfolgreich behoben, so dass die Action-Gefechte über den Wolken umso mehr Spaß machen. Da die Konsole aber keine übergroßen Zusatzinhalte unterstützt, haben die Entwickler von Ubisoft sich vermutlich zum riskanten Schritt entschlossen, die Ergänzung zum Hauptprogramm als eigenständiges Spiel zu verkaufen. Das war ein Fehler! Die ähnlichen Level wie im ersten "H.A.W.X.", die erzwungene Hintergrundgeschichte sowie der schlichte Mangel an neuen Spielelementen enttäuschen die Erwartungen, die sonst in einen scheinbar würdigen Nachfolger gesetzt werden. Es bleibt zu hoffen, dass man sich für den dritten Titel der "H.A.W.X."-Serie mehr einfallen lässt - dafür warte ich auch lieber zwei oder drei Jahre.

(07.10.2010)

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