Dark Horizon (Paradox Interactive) geschrieben von Jan-Tobias Kitzel
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Die Fans von 3D-Weltraum-Action wurden in den letzten Jahren nicht gerade verwöhnt. Selig waren die Zeiten mit Perlen wie "Wing Commander" oder "Privateer", auch das ordentliche "Freelancer" darf hier genannt werden. Nun schickt sich Paradox Interactive an, mit "Dark Horizon" ein neues Spiel dieses Genres in die Schlacht um die Käufergunst zu schicken. Gameplay oder: "Fire & Forget" "Dark Horizon" spielt in einem erfundenen Universum, technisch weit fortgeschritten und von der Geißel des Krieges geplagt. Der Spieler schlüpft in die Rolle eines Weltraumkriegers, genauer eines "Guardians", der zusammen mit seinen Waffenbrüdern Aufträge gegen den Feind fliegt, die "Mirks". Diese sind ein Volk von überlegener Technologie und vor allem deutlich zahlreicher als die Guardians. Doch die Wissenschaftler der Guardians forschen gerade an der ultimativen Waffe, dem so genannten "Lightcore", mit dem sie die Mirks zu schlagen hoffen. Problematisch ist nur, dass die Mirks davon Wind bekommen haben und nun natürlich alles daran setzen, die Forschung zu unterbinden. Und ihr werdet gleich ins kalte Wasser geworfen: Eure Kumpane und ihr seid stationiert auf einer waffenstarrenden Raumstation, doch eben diese wird angegriffen. Also Helme geschnappt und ab dafür. Ab hier übernehmt ihr die Kontrolle und könnt euch auf der Station durch drei Menüs klicken. Das erste ist eure Koje, wo ihr euer Tagebuch lesen und euch über Nachrichten auf dem Laufenden halten könnt. Klingt soweit nett als atmosphärischer Schub, funktioniert nur leider nicht. Die Guardians pflegen eine derart verquaste, von mystischen Traumbegriffen angereicherte Sprache, dass das Lesen zu einer echten Tortur verkommt. Dass die deutsche Übersetzung auch nicht gerade überzeugt, trägt ihr Übriges dazu bei. Das zweite Menü ist dann der Hangar, wo ihr von eurem extrem sarkastischen Waffentechniker, einem Außerirdischen einer befreundeten Rasse, begrüßt werdet. Mit Sprüchen wie "Schade, dass ihr zurück seid, ich hatte auf euren Tod gewettet" wächst er schnell ans Herz, da er als einzige Figur im Spiel wirklich einprägsame Charakterzüge trägt und von den Plotschreibern nicht nur als eindimensionaler Nichtspielercharakter entworfen wurde. Der Techniker schlägt euch anschließend neue Waffen und Schilde vor, die eingetroffen sind, ihr dürft aber auch selbst frei Hand anlegen und das Schiff nach euren Vorstellungen zusammenstellen: vom Rumpf über Panzerung, Schilde, Kanonen, Raketen und Ausrüstungsgegenstände ist alles frei wählbar, natürlich innerhalb bestimmter Punktgrenzen, damit ihr nicht die eierlegende Wollmilchsau ins All schickt. Die Grobrichtungen sind "waffenstarrend, aber unbeweglich" über "ausgewogen" bis hin zu "pfeilschnell, kaum bewaffnet und nach zwei Treffern tot". Aufgrund der nicht gerade überragenden Gegner-KI hat sich ersterer Weg, also dicke Panzerung, gute Schilde und viele Raketen, als der Königsweg entpuppt. Der Mangel an Beweglichkeit lässt sich verschmerzen. Warum, dazu gleich mehr. Im dritten Menü, der Werkstatt, könnt ihr eurem Techniker befehlen, bis zu drei alte Gegenstände (beispielsweise Schilde) auseinanderzunehmen und aus den daraus entstehenden Einzelteilen neue Goodies herzustellen. Wenn ihr also beispielsweise eh nur mit schnellen Fliegern in den Krieg ziehen wollt, könnt ihr den Techniker die dicken Panzerungen zerlegen lassen, die bekommt ihr eh nie in die Rümpfe mit der hohen Geschwindigkeit eingebaut. Anschließend baut er euch beispielsweise eine gute Panzerung mit weniger Platzbedarf, so dass ihr sie auch in eure Jägerklasse einbauen könnt. Eine nette Idee, die "Dark Horizon" etwas mehr des dringend benötigten Tiefgangs verschafft. Denn sobald ihr mit eurem Schiff die Station verlasst und euch in den jeweils angenommenen Auftrag einschaltet, beginnen die schwächsten Momente des Spiels. Die Missionen in "Dark Horizon" laufen jedes Mal nach dem gleichen Schema ab: Zum Wegpunkt fliegen, Gegner spawnen lassen, alles töten, weiter zum nächsten Ziel. Seien wir ehrlich: Anders war es auch bei Perlen wie "Wing Commander" nicht, aber selbst in den älteren Titeln des Genres war die Gegner-KI meist weit besser. Irgendwie sind die Mirks alle sehr erpicht auf ihren schnellen Tod, fliegen sie doch gerne gerade Flugrouten ohne Ausweichbewegungen und haben eine Vorliebe dafür, mitten in euer Cockpit hinein zu krachen daher die unbedingte Empfehlung, das gut gepanzerte Raumschiff vorzuziehen. Einzig die Möglichkeit, das Schiff zu überhitzen, um höheren Schaden zu machen (und dafür auf Schilde zu verzichten), oder es herunterzukühlen, um schlechter vom Gegner erfasst zu werden (und dafür kaum feuern zu können), bringt etwas taktische Finesse in die Kämpfe. Ansonsten ist es stets gleich ablaufende Ballerei, die schnell langweilt. Da können auch die sich etwas abwechselnden Missionstypen beispielsweise Angriff, Eskorte, Verteidigung, Sabotage nichts ausrichten, da sich eh alle gleich spielen. Ferner ist es dringend zu empfehlen, den auf der Homepage des Spiels angebotenen Patch einzuspielen, da "Dark Horizon" sonst mit häufigen Abstürzen "glänzt". Aber auch mit dem Patch tauchen hier und da technische Unzulänglichkeiten auf. Besonders nervig ist ein Fehler, bei dem das Spiel der Meinung ist, ihr würdet die ganze Zeit die "Schiff herunterkühlen"-Taste gedrückt halten, selbst wenn dem nicht so ist. Da das Problem selbst nach Abschluss der Mission also auch im anschließenden Auftrag vorhanden ist, hilft nur, den letzten Spielstand vor Auftauchen des Bugs zu laden. Kleiner Tipp: Gebt einfach "nextpart" oder "nextmission" im laufenden Auftrag ein, um ihn zu überspringen. So ist das Laden alter Spielstände nicht ganz so ärgerlich. Grafik oder "Outdated" "Dark Horizon" lässt sich laut bereits mit einer Uralt-Grafikkarte (64 MB Videospeicher) spielen und leider halten sich die Unterschiede zwischen der Ausgabe auf einem derartigen Oldie und einer Karte der neuesten Generation in Grenzen: Das All ist arg kantig geraten. Sowohl Raumschiffe wie auch Objekte (Trümmer, Steine, Raumstationen) sind sehr eckig und allzu nah sollte man auch nicht heranfliegen, da die Texturen sonst ziemlich matschig aussehen. Dafür ist der Sternenhintergrund gut gelungen und schafft wenigstens etwas Atmosphäre. Sound oder "Bitte erschießt den Kerl namens "Loop"." Während die musikalische Untermalung noch halbwegs gelungen ist, darf über die Soundeffekte zügig der Mantel des Schweigens gelegt werden. Die Kampfmusik ist einigermaßen atmosphärisch und selbst die Menü-Musik hält sich in akzeptablen Grenzen. Dafür allerdings sind die Effekte schlicht ein Griff in die billige Synthesizerkiste, die Waffen klingen alle extrem ähnlich und blechern. Aber vor allem eines nervt: Sobald ein Kampf beginnt, wird im Hintergrund ein Dauerloop mit Kampfgeräuschen abgespielt. Bei Großgefechten ganz nett, um etwas mehr Atmosphäre zu schaffen, aber völlig lächerlich wenn man nur gegen eine Handvoll Gegner mitten im menschenleeren Weltall kämpft und im Hintergrund ertönen Geräusche, als würde gerade ein Todesstern durch Rebellenangriffe zerlegt. Die "Dark Horizon"-Entwickler haben sich an manchen Stellen wirklich Mühe gegeben: Der Techniker hat einen wunderbaren Humor und die Idee, eigene Waffen zusammenbasteln zu dürfen, ist nett. Leider waren das aber auch schon die positiven Punkte. Die Kämpfe laufen stets nach "Schema F" ab, die Gegner sind derart dumm, dass sie nur als Kanonenfutter taugen und Atmosphäre will sich bei der Grafik und dem Sound nicht wirklich einstellen. Als Fast-Vollpreistitel haben die Laser von "Dark Horizon" wirklich am Ziel vorbei geschossen. Wenn ihr das Spiel mal für ein paar Euro in der Wühlecke seht und Fan des Genres seid, ok, riskiert einen Blick. Derzeit allerdings kann man 30 Euro in eine Menge besserer Spiele investieren. (21.01.2009)
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