Empire Earth II

Empire Earth II

(Vivendi Universal Games)

Geschrieben von Andreas Berger

 

Vom Neandertal nach L.A.

12.000 Jahre Menschheitsgeschichte aufgeteilt in 15 Epochen, angefangen vom Steinzeitalter über das Mittelalter und die Aufklärung bis hin zum Atomzeitalter und der gentechnischen Ära. Dies, gewürzt mit 14 verschiedenen Kulturen und garniert mit zig verschiedenen Einheiten und Gebäuden je Kultur, ergibt ein Gericht, das strategisch serviert den Spieler viele Stunden an den Bildschirm fesseln soll. Fast vier Jahre nach der Veröffentlichung des Vorgängers "Empire Earth" präsentiert Vivendi Universal "Empire Earth II" und möchte damit an den Erfolg des sehr beliebten Vorgängers anknüpfen. Das Programmierteam von Mad Doc Software steckte einige Neuerungen, Verbesserungen und innovative Features in das Spiel, die nun näher betrachtet und ausprobiert werden sollen.

Herrscher werden ist nicht schwer, Herrscher bleiben dagegen sehr

Getreu dem oben genannten Motto geht es bei Empire Earth II um die Erlangung sowie die Aufrechterhaltung der Machtbasis, sei es über die Epochen beim Solospiel und im Multiplayermodus per LAN oder Internet oder während der drei vorgefertigten Kampagnen ("Einheitskampf Koreas" 2333 v.Chr. – 676 n.Chr., "Aufstieg des Deutschen Reiches" 1220 – 1871 n.Chr. und "Vollendung des amerikanischen Traums von der Supermacht" 1898 – 2070 n.Chr.) mit ihren jeweiligen Missionen. Gefahr für die eigene Herrschaft droht zwar nicht von innen, jedoch sorgen die konkurrierenden Kulturen ständig dafür, dass Sie stets über einen gut gefüllten Militäretat verfügen sollten.

Basis für alles Streben ist jedoch die zivile Verwaltung. Alle Karten sind in verschiedene Territorien aufgeteilt. Um diese zu vereinnahmen, müssen dort Stadtzentren gebaut werden; allerdings ist pro Abschnitt nur ein Stadtzentrum möglich, wodurch in bereits besetzten Territorien erst das Hauptgebäude der Gegner beseitigt werden muss, um diesen Abschnitt selbst einzunehmen. Stadtzentren können wiederum nur von Bürgern errichtet werden, die auch dort produziert werden. Die fleißigen Arbeiter werden außerdem für das Sammeln der Rohstoffe (Nahrung, Holz, Stein, Gold etc.) sowie die Errichtung aller weiteren zivilen oder militärischen Gebäude, wozu auch Mauern und Türme gehören, benötigt. Über Märkte und Docks wird der Handel mit anderen Zivilisationen realisiert, jedoch kann das zu handelnde Gut weder selber bestimmt werden, noch hat es, außer dem Erwerb von Gold, einen direkten Einfluss auf das Spiel. Mit Gold können über den Markt allerdings alle vorhandenen Rohstoffe ge- oder verkauft werden. Je nach Menge der vorhandenen oder zu handelnden Güter passt das System dabei den Preis an.

Bürger können auch dazu genutzt werden, um in Stadtzentren, Märkten oder Universitäten (ebenfalls nur eine je Landabschnitt) stationiert zu werden. Dadurch lässt sich der Ertrag oder die Effizienz dieser Gebäude steigern. Die Territorien haben zudem noch ein Einheitenlimit, das sich zwar durch den Bau von Häusern steigern lässt, sich aber letztlich erschöpfen wird, sodass die Eroberung von weiteren Kartenteilen einzuplanen ist. Vor dieser Problematik steht jedoch auch jeder Kontrahent. Konflikte um Territorien, aber auch um seltenere Rohstoffe sind daher vorprogrammiert. Nach Errichtung der zivilen Infrastruktur sollte somit bald der Bau von militärischen Einheiten in Betracht gezogen werden.

Einen ebenfalls interessanten Aspekt stellt der Forschungsbereich dar. Forschung dient der Stärke der eigenen Kultur und auch dem Aufstieg in eine höhere Epoche. Generell werden die Universitäten in drei Gebieten tätig: Militär, Wirtschaft und Imperium. Jeder Bereich hat je Epoche vier Errungenschaften zu bieten, die jeweils Einfluss auf Einheiten, Gebäude, Ertrag und weitere Felder der Verwaltung des Reiches haben. Für den Forschungserfolg werden Technologiepunkte benötigt, die wiederum durch die Universitäten "erwirtschaftet" werden.

Ist ein Spieler in einem Forschungsgebiet erfolgreicher als die Konkurrenten, so wird als Belohnung die Krone im jeweiligen Fach temporär vergeben. Mit der Krone geht ein so genannter Anführer einher. Diese Einheit besitzt einige nützliche Fähigkeiten und kann wie eine normale Einheit bewegt werden. Außerdem kann für den Zeitraum des Kronenbesitzes ein spezieller Bonus aktiviert werden, z.B. im Bereich Imperium die Zuwanderung, wodurch der Herrscher etwa alle 20 Sekunden drei Bürger zusätzlich im Stadtzentrum der Hauptstadt erhält.

Und bist Du nicht willig, so brauch ich Gewalt

Wie in anderen Spielen des gleichen Genres auch, wird der Aktionsbereich von schräg oben präsentiert. Menüpunkte am oberen und am unteren Rand des Bildschirms dienen zur Nutzung fast aller Funktionen und Bereiche des Spiels. Eine der wichtigsten Optionen ist die Pause-Funktion, denn es ist möglich, trotz Pause Befehle an die verschiedenen Einheiten zu erteilen. Aufgrund der Größe der Karte, der Verstreuung der Einheiten und ihrer schieren Anzahl ist "Empire Earth II" ansonsten auch wohl kaum zu bewältigen. Nach Aufhebung der Pause werden die erteilten Befehle ausgeführt.

Weiterhin dienlich ist der Diplomatiemodus, in dem neben Bündnissen auch Durchgangsrechte verhandelt werden können. Dieser Modus beinhaltet zudem ein Tributsystem. So kann für ein Bündnis Tribut in Form von Land, Rohstoffen oder gar Einheiten gefordert werden. Möglich ist aber auch, dass die andere Seite Gegenvorschläge unterbreitet. In einer Netzwerk- oder Internetpartie mit bis zu zehn Spielern stellt dies ein sehr nützliches und auch recht unterhaltsames Feature dar. Ebenso interessant präsentiert sich die Schlachtplanfunktion. Hiermit werden verbündeten Mitspielern, menschlich oder auch von der KI gesteuert, Pläne für den Angriff auf eine oder mehrere andere Parteien vorgeschlagen. Die Pläne selbst werden wie mit einer Art einfachem Zeichenprogramm erstellt und enthalten Wegpunkte, Schlüsselpunkte oder Aktionsbereiche und zuletzt vielleicht noch einen knackigen Namen. Auch hier sind Überarbeitungen und Gegenvorschläge durch die Partner möglich. Während bei Einsätzen mit KI-Spielern diese kaum auf die Vorschläge eingehen oder diesen gar folgen, so wird der Schlachtplan während einer Partie mit menschlichen Verbündeten eine häufig genutzte Funktion darstellen.

Die erstellbaren Land-, Luft- und Seeeinheiten funktionieren nach dem bekannten Stein-Schere-Papier-Prinzip. Leichte Infanterie-Einheiten fallen schnell einem Panzer zum Opfer, sind aber prädestiniert für Angriffe gegen leichte oder schwere Artillerie, während letztere wiederum gut gegen gepanzerte Fahrzeuge funktioniert. Allerdings können nur leichte Infanterie-Einheiten feindliche Gebäude erobern. Kämpfe mit anderen Kulturen werden ähnlich wie in den genreverwandten Spielen ausgetragen: Über eine Anzahl von Einheiten werden Rahmen gezogen, um diese zusammenzufassen; Einheiten des gleichen Typs werden durch einen Doppelklick gleichzeitig aktiviert. Die so angesprochenen Truppenteile können mittels Strg+1-9 zu Steuerungsgruppen zusammengefasst und dann bei Bedarf durch Drücken der entsprechenden Taste wieder aufgerufen werden. Außerdem sind verschiedene Formationen (Phalanx, Reihe, Keil, etc.) und Verhaltensweisen (aggressiv, defensiv, Stellung halten und Feuer einstellen) den Gruppen oder auch einzelnen Einheiten zuteilbar.

Aufgrund der Größe der Karten fällt es allerdings teilweise schwer, den Überblick zu behalten oder einzelnen Truppenteilen zu folgen. So fehlt beispielsweise eine Funktion zum Folgen einer angewählten Einheit (beim Vorgänger war es die Taste Punkt) leider völlig. Um dennoch ein wenig Durchblick zu behalten, haben die Entwickler sich eine Bild-in-Bild-Funktion ausgedacht. In diesem kleinen Sichtabschnitt, unten rechts in der Ecke des eigentlichen Bildschirms, wird ebenso agiert wie im Hauptbildschirm. Zudem ist es möglich, bis zu neun Kamerapositionen (z.B. Brennpunkte oder wichtige Produktionszentren) festzulegen und bei Bedarf abzurufen. Leider wird diese wirkliche Innovation mit einem ordentlichen Performanceverlust erkauft. Von den in der Werbung angekündigten Wetterereignissen wie Nebel, Regen und Schnee (ebenfalls eine enorm Rechenkraft beanspruchende Funktion) scheinen zudem nur die menschlichen Spieler in Sicht und Bewegung behindert zu werden, der KI machen sie offenbar nichts aus. Trotz allen Funktions- und Einheitenreichtums fällt jedoch bei "Empire Earth II" - wie auch bei anderen Vertretern des Genres - auf, dass ein durchdachter Truppenmix in einer Kampfgruppe der Schlüssel zum Erfolg ist.

Auge um Auge

Nach einem nett anzuschauenden Intro wird der Spieler in ein viel versprechendes, hoch auflösend gezeichnetes Menü geleitet. Neben den bereits vorgestellten Spielmodi können hier ebenso die verschiedenen Optionseinstellungen, z.B. für die Grafik erwählt werden. Diese haben enorm viel Einfluss auf die Spieldarstellung und die optische Tiefe. Die empfohlenen Mindestvoraussetzungen für die Grafikkarte sind wahrlich nicht ohne Sinn in die für ein Strategiespiel recht hohen Bereiche geschnellt. Allein für die Auflösung stehen sehr viele Werte zur Auswahl, neben den Standardauflösungen wie 800*600, 1024*768 und 1280*1024 Bildpunkte auch relativ exotische Werte von 640*480 über 1280*960 bis hin zu 2048*1536 Bildpunkte. So kann die Spielauflösung der gewohnten Desktopauflösung mühelos angepasst werden.

Damit dies im Zusammenhang mit der verwendeten Hardware auch (relativ) flüssig funktioniert, kann zudem an vielfältigen Stellschrauben für die Ingame-Grafik gedreht werden. Nahezu jedes Detail ist in den Optionen einstellbar. Insbesondere Wettereffekte, Terrain-, Effekt- und Modelldetails können so verändert werden, dass die Performance annehmbar erscheint. Auch die bereits positiv erwähnte, jedoch äußerst hardwarehungrige Bild-in-Bild-Funktion kann hier deaktiviert werden.

Im Spiel selbst enttäuscht die Grafik, mit Ausnahme der gut gelungenen Wassereffekte, erst einmal. Im Vergleich zum Vorgänger hat sich bis auf die erhöhte Texturschärfe sowie einige neue Effekte nicht allzu viel getan. Aufgrund der Anforderungen durfte durchaus mehr erwartet werden, allerdings ist dies für ein Strategiespiel nicht ausschlaggebend. Die verschiedenen Einheiten und Gebäude können ebenso wie die Geländedetails gut identifiziert werden. Ein wenig mehr Detailverliebtheit hätte zwar nicht geschadet, jedoch wird der angestrebte Zweck erreicht. Mithilfe der spielerisch eher unwichtigen Zoomfunktion kann man sich die Einheiten zur Entdeckung der eigentlichen Modelldetails näher heranholen, aber auch hier sind wenige Highlights zu finden. Der Grafik kann allerdings ihre Zweckmäßigkeit attestiert werden, sodass Spieler, die aufgrund eher durchschnittlicher Hardware die Details hinabsetzen, nicht all zu viel verpassen. Zwischensequenzen werden in etwas aufpolierter Spielgrafik dargestellt und geleiten den Spieler unspektakulär zu den nächsten Missionen.

Ohr um Ohr

Auch der Sound zeigt sich von positiven wie negativen Seiten. Während im Menü angenehme Klänge, meist militärische Themen oder asiatisch anmutende Melodien, vorherrschen, vermischen sich diese im Spiel noch mit den Umgebungsgeräuschen. Genreüblich werden arbeitende Bürger von entsprechenden Sounds begleitet. Beim Steinabbau klirren die Spitzhacken, bei der Holzgewinnung schlagen die Äxte deutlich vernehmbar in die Bäume. Befehle quittieren die Einheiten strategiespieltypisch mit einem kurzen Spruch, was bei der x-ten Wiederholung ziemlich nervt. In der Grundeinstellung sind die Sounds zueinander eher suboptimal abgemischt. Dies wird besonders in den Tutorials deutlich. Der viel zu schnell sprechende Lehrer geht bei Kämpfen ständig im Schlachtenlärm und der lauter werdenden Musik unter; in späteren Missionen sind es eingehende Nachrichten oder Hinweise, wie etwa auf eine gerade gewonnene Krone, die in der Soundumgebung schlichtweg nicht wahrgenommen werden. Gerade während größerer Auseinandersetzungen kracht, schießt und explodiert es an allen Ecken. Um diesem Dilemma zu entgehen, muss der Spieler selbst an den Soundeinstellungen Hand anlegen. Ein großes Lob muss jedoch dem Lokalisierungsteam gezollt werden. Ganz offenbar hat man bei Vivendi sehr viel Augenmerk auf die Eindeutschung verwendet, da sowohl geschriebene als auch gesprochene Texte mit einwandfreiem Deutsch aufwarten können.

 

Minimum

- Windows 98/ME/2000/XP

- Pentium 1,5 GHz oder höher (oder vergleichbarer AMD)

- 256 MB RAM

- DirectX® 9.0c-kompatible 128 MB 3D Grafikkarte mit T&L und Pixel Shader Unterstützung (NVidia GeForce 3 oder vergleichbar)

- 4-fach CD-Rom/DVD-Rom

- mind. 1,5 GB freier Festplattenspeicher

- Soundkarte (DirectX-kompatibel)

Empfohlen

- Windows XP

- Pentium 2,2 GHz oder höher (oder vergleichbarer AMD)

- 512 MB RAM

- DirectX® 9.0c-kompatible 256 MB 3D Grafikkarte mit T&L und Pixel Shader Unterstützung (NVidia GeForce 4 oder vergleichbar)

- 24-fach CD-Rom/DVD-Rom

- mind. 1,5 GB freier Festplattenspeicher

- Soundkarte (DirectX-kompatibel)

Entwickler: Mad Doc Software
Publisher: Vivendi Universal Games
Genre: Echtzeitstrategie
Releasedate: bereits erhältlich
Homepage: Empire Earth II
Preis: 49,95 €
Altersfreigabe:  Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

Kommentare zu diesem Artikel


Fazit

   Und jetzt….?
"Empire Earth II" macht mir das wirklich nicht leicht. Die strategische Tiefe, der Aufbau des eigenen Imperiums über Epochen hinweg, das Kronen- und Diplomatiesystem sowie die Limitierung der einzelnen Territorien in der maximalen Bevölkerungszahl spornen an und machen wirklich Spaß. Insbesondere Multiplayer-Partien oder das freie Spielen gegen die KI fesseln mich für Stunden an den Bildschirm und lassen mich die Zeit dabei vergessen. Negativ fallen jedoch die relativ schwache Präsentation in Sachen Grafik und Sound sowie der riesige Hardwarehunger von "Empire Earth II" auf. Zudem sind die Kampagnen bereits ab dem mittleren Schwierigkeitsgrad teilweise frustrierend schwer, da wegen der Größe mitunter starke Hektik ausbricht. Immer wieder werde ich an "Homeworld 2" aus gleichem Hause erinnert, das zwar ähnlich frustrierend und nervenaufreibend ist, jedoch wenigstens mit einer sehr guten Präsentation aufwarten kann. "Empire Earth II" sei somit all jenen empfohlen, die sich an einem strategisch tiefgängigen, teilweise hektischen Spiel erfreuen können und die eher schwache Optik und gegebenenfalls Performance in Kauf zu nehmen bereit sind. Selbst wenn die Kampagnen ausgelassen werden, ist für genug Solo- wie Multiplayerspaß gesorgt. Ich gehe jetzt erst mal mit meinen Jagdbombern die Segelschiffe der Spanier versenken. (09.06.2005)


Kommentare:
Der Kommentar wurde gespeichert!
The Captcha element applies the Captcha validation, which uses reCaptcha's anti-bot service to reduce spam submissions.

Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II
Empire Earth II