Katamari Forever

(Namco Bandai)

geschrieben von Witali Blum

Viele Leser, die die Vorgänger von "Katamari Forever" auf anderen Konsolen nicht kennen, werden sich vermutlich fragen: "Was ist ein Katamari?" Diese Frage kann man jedoch nicht einfach beantworten, denn hinter dem Begriff versteckt sich wesentlich mehr als nur der Gegenstand, ein klebriger Ball mit Noppen. Besser ist es, damit ein gewaltfreies Spielprinzip zu assoziieren, dass in seiner Art und Präsentation wohl einzigartig sein dürfte. Endlich dürfen auch Playstation-3-Besitzer einen Blick auf das kunterbunte Universum werfen, das viel Spaß für Jung und Alt verspricht. Vorher muss man jedoch die sprachliche Hürde Englisch überwinden, da "Namco Bandai" auf eine Übersetzung des Spiels ins Deutsche verzichtet hat. Ob der Titel die Mühe und vor allem sein Geld wert ist, wird das folgende Review versuchen zu klären.

Der Urknall

Die Hintergrundgeschichte von "Katamari Forever" beginnt damit, dass sich der Schöpfer des Universums, der "King of All Cosmos" (englisch für "König des gesamten Universums"), seinen Kopf an einem Planeten stößt und dabei das Bewusstsein verliert. Damit der Kosmos nicht aus den Fugen gerät, erschafft der Prinz, der Sohn des allmächtigen Herrschers, einen Stellvertreter in der Gestalt eines riesigen Roboters. Leider gerät der "RoboKing" außer Kontrolle und zerbröselt mit seiner Titanenkraft das ganze Weltall. Obwohl die Lage noch schlimmer geworden ist, verzweifelt der Thronfolger nicht, denn der Schaden kann behoben werden, indem man mit einem "Katamari" – einem klebrigen Ball mit Noppen – Baumaterial aufsammelt und daraus neue Planeten sowie Sterne erschafft. Zusammen mit seinen Cousinen und Cousins macht sich der fleißige Sohn auf den Weg, möglichst große Kugeln aufzurollen und daraus das Universum zu rekonstruieren. Zusätzlich ist der kleine Held auch in der Traumwelt seines ohnmächtigen Vaters unterwegs, um dort mit seinem Rollwerkzeug vergessene Erinnerungen einzufangen und damit seinen Erzeuger aus dessen Schlummer aufzuwecken.

Die Milchstraße

"Katamari Forever" erlaubt dem Spieler, in die Rolle des Prinzen zu schlüpfen, der mit seinem Katamari das Universum reparieren sowie seinen Vater aufwecken will. Dabei rollt man in insgesamt 34 Levels mit einer Kugel Objekte auf, die von der Größe oder vom Gewicht her kleiner sind als die aktuelle Sphäre. Indem die Gegenstände am Arbeitsgerät des Protagonisten haften bleiben, vergrößern sie automatisch den Durchmesser und die Masse, so dass wiederum noch größere Umgebungsteile eingesammelt werden können. Was sich zu Beginn noch einfach anhört, wird im Laufe des Spiels immer komplizierter, denn jeder Abschnitt des Katamari-Universums muss unter Zeitdruck gelöst werden. Nur wer schnell rollt, erreicht die vorgegebene Zielgröße des Levels und heimst womöglich noch zusätzliche Punkte durch weiteres Wachstum bis zum Ende des Countdowns ein.

Zwei Arten von herzförmigen Power-Ups erleichtern die Aufgabe des Prinzen. Eines zieht automatisch alle klebefähigen kleineren Objekte aus naher Umgebung heran, während das Zweite auch weiter entfernte Gegenstände erfasst. Gelegentlich ändern sich die Vorgaben für einen erfolgreichen bestandenen Spielabschnitt. So muss man beispielsweise auch mal nur heiße Sachen aufrollen, um die Temperatur eines brennenden Katamaris auf über 10.000 °C zu bringen. Eisbecher, Schneemänner oder Feuerlöscher sollten in diesem Fall tunlichst gemieden werden, da sie den Feuerball eher abkühlen. In einem anderen Fall wälzt der Prinz einen Sumoringer durch eine mit Essen gefüllte Landschaft und mästet ihn, um schließlich nach Erreichen eines optimalen Kampfgewichts, einen Herausforderer aus dem Ring zu stoßen. Diese Art von Abwechslung sorgt dafür, dass es in "Katamari Forever" nie langweilig wird, auch wenn man im Grunde immer wieder die gleiche Tätigkeit – nämlich das Rollen eines Katamaris – ausübt.

Ferner sind in allen 34 Levels des Spiels einige Extras versteckt, die erst gefunden und eingesammelt werden müssen. Dabei handelt es sich entweder um einen Verwandten des Prinzen, der im Hauptbildschirm sogar an Stelle des Protagonisten als Charakter ausgewählt werden kann, oder um eines der vielen Geschenke, die größtenteils nur eine dekorative Funktion besitzen und später in einem entsprechenden Spielmenü als Sammlung betrachtet werden können. Bis auf optische Abwechslung bringen die gefundenen Extras keinerlei Vorteile im Spiel. Eine Ausnahme bildet dabei lediglich die Kamera, mit der man Bildschirmfotos für ein Album schießen kann. Abgerundet wird "Katamari Forever" durch einen offline Mehrspielermodus, in dem Freunde mit- oder gegeneinander die Kugel rollen können. Online steht nur eine Weltrangliste mit Punktevergleich zur Verfügung, so dass sich der Spieler nur indirekt an anderen messen kann.

Das Sonnensystem

Die Steuerung eines Katamaris ist äußerst simpel, da man nur die zwei Analogsticks in eine Richtung zu drücken braucht, um die klebrige Noppen-Kugel dorthin zu bewegen, während zum Bremsen die entgegengesetzte Route eingeschlagen wird. Sehr nützlich ist ebenfalls die 180-Grad-Wende, die durch die Kombination von "R3" mit "L3" ausgelöst wird. Leider wird die Kamera ebenfalls mit den Steuerknüppeln gelenkt, was im Eifer des Gefechts zu unnötigen Schwierigkeiten im Spiel führt, weil Zeit für die Nachjustierung des Blickwinkels verloren geht. Das ist ein eindeutiger Negativpunkt des Spiels, der von den Entwicklern hätte vermieden werden können, indem sie beispielsweise die Kameraführung automatisiert hätten. Ferner kann die Katamari-Kugel durch einen Druck auf "R2" einen Sprung ausführen und so unwegsames Gelände überwinden. Angeblich aktiviert man diese Fähigkeit auch durch das Hochreißen des Gamepads, doch dies gelang nur etwa in zwei von fünf Fällen, weil die Six-Achsis-Steuerung zu unempfindlich eingestellt ist. Schließlich kann der Spieler der rollenden Sphäre einen Spin aufprägen, die zusätzliche Geschwindigkeit bringt. Zu diesem Zweck muss er die Analogsticks schnell hin und her bewegen.

Die Sonne

"Namco Bandai" ist vermutlich sehr stolz darauf, dass "Katamari Forever" in voller Hochauflösung (Full HD, 1080p) präsentiert wird und damit das Potenzial einer Konsole der nächsten Generation nutzt. Jedoch fragt man sich, ob die Grafik im Comicstil wirklich eine solche Detailstufe braucht, zumal alle aufrollbaren Objekte recht grobkantig erscheinen. Dafür aber geschehen die Übergänge in den riesigen Levels des Spiels von klein auf groß fließend und vermitteln ein zusammenhängendes Raumverhältnis. Allgemein merkt man dem Spiel seinen japanischen Ursprung an, da es mit Sachen gespickt ist, die größtenteils in japanischen Haushalten vorkommen, wie etwa Reisbällen, Essstäbchen oder Sushi. Ein weiterer Hinweis darauf sind natürlich die verrückten Zwischensequenzen, die scheinbar nur wenig Zusammenhang zur Hintergrundgeschichte haben und Humor enthalten, der für Europäer eher schwer verständlich ist.

Der Quasar

Die Musik von "Katamari Forever" besitzt psychedelischen Charakter und untermalt gut das kunterbunte Universum des Spiels. Dabei handelt es sich nicht einfach nur um Melodien, sondern um komplette Songs, die durch japanische Sänger vorgetragen werden. Auch wenn man den Text nicht versteht, werden die elektronisch gemixten Lieder schnell zu einem Ohrwurm, der selbst nach Abschalten der Konsole im Kopf verbleibt. Nur schade, dass die Entwickler darauf verzichtet haben, die englischsprachigen Sprechblasen der Charaktere ins Deutsche zu übersetzten, aus denen der Spieler die jeweilige Levelaufgabe erfährt. So werden unnötigerweise sprachliche Barrieren aufgebaut, die das Wachstum der Fangemeinde einschränken.

Fazit

"Katamari Forever" bietet mit seiner innovativen Spielidee und seinem kunterbuntem Universum eine willkommene Abwechslung im Action-Alltag eines Spielers. Die riesigen Levels machen viel Spaß, auch wenn man darin nur stundenlang wie ein Mistkäfer eine Kugel aufrollt. Zusammen mit der Grafik im Comicstil sowie der psychedelischen Musik besitzt der Titel ein nicht zu unterschätzendes Suchtpotenzial. Schließlich bleibt die Entscheidung, sich den Titel zu kaufen, eine reine Geschmackssache, zumal nicht alle Spieler etwas mit dem japanischen Humor oder der englischen Sprache anfangen können. Interessierte können sich jedoch vorher im Playstation-Store eine Demoversion herunterladen, die die Vorzüge sowie Nachteile von "Katamari Forever" in ausreichendem Maße präsentiert.

(29.10.2009)