Die Ultimative Brettspiele Sammlung (Wii) (Empire Interactive) geschrieben von Daniella Boyd
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Wir leben in einer Zeit der digitalen Medien. Klassische Brett- und Familienspiele geraten in der Ära der Spielekonsolen immer mehr in Vergessenheit. Doch immer mal wieder versuchen Entwickler, die Spiele von damals mit der Technologie von heute zu verbinden. So auch wieder geschehen mit "Die Ultimative Brettspiele Sammlung" von Valcon Games. Ob der Versuch gelungen ist, oder ob man lieber zu einer klassischen Spielesammlung mit echten Steinen und Würfeln greifen sollte, erfahrt ihr bei uns im Test. Ultimative Sammlung? "Die Ultimative Brettspiele Sammlung" besteht aus insgesamt zwölf Spielen in drei Kategorien. Da stellt sich gleich zu Beginn die Frage: Ist das wirklich ultimativ, wenn es herkömmliche Spielesammlungen gibt, die bis zu hundert mögliche Spiele bieten? Ein bisschen mehr hätte man sich wohl erhoffen können, vor allem, wenn man weiß, dass die PSP-Version gleich 24 vorzuweisen hat. Da fragt man sich natürlich, warum Wii-Besitzer sich mit einer beschnittenen Version zufriedengeben müssen. Gerade die Wii ist doch durch ihre Point & Click-Steuerung prädestiniert, um auf ihr klassische Brettspiele zu spielen. Doch nicht nur die geringe Anzahl der Spiele rechtfertigen den Superlativ nicht, auch die konkrete Spielauswahl lässt zu wünschen übrig. Mit "Schach", "Dame", "Schiffe Versenken", "Vier Gewinnt" und "Backgammon" finden sich zwar tatsächlich einige Klassiker, aber bei manch anderem Spiel ist die Frage "Warum ausgerechnet das?" durchaus gerechtfertigt. Zum Beispiel fragt man sich: Warum "Gomoku" (Ein Spiel, in dem es darum geht, fünf Kugeln in eine Reihe zu bringen, bevor das gleiche dem Gegner gelingt)? Wenn man schon glaubt, dass es zu den "12 der weltweit beliebtesten Brett- und Gesellschaftsspiele" gehört, ist es immer noch absolut unverständlich, wozu man ein Spiel braucht, das im Prinzip das gleiche ist wie "Vier Gewinnt". Okay, würde es sich wirklich um eine ultimative Spielesammlung halten, wäre so etwas verständlich, aber bei zwölf Spielen ist es doch mehr als ärgerlich. Da hätte man sich eher über "Mensch ärgere Dich nicht", "Mühle", "Domino", "Memory", "Kniffel", "Malefitz", "Fang den Hut"?gefreut. Ja, ja, die Liste der Spiele, die man sich eher gewünscht hätte, lässt sich ewig weiterführen. Oh, und ja, richtig gelesen: Der Klassiker schlechthin, "Mensch ärgere Dich nicht", fehlt tatsächlich. Auch, wenn das kaum zu glauben ist. Ultimativer Spielspaß? Neben den bereits erwähnten Spielen könnt ihr in den Kategorien "Klassisch", "Strategie" und "Familie" noch zwischen "Reversi", "Puzzle", "Halma", "Wortwürfel", "Mahjong" und "Sudoku" wählen. Und ja, auch wir haben uns - selbst wenn schon langsam klar sein müsste, dass mit allem zu rechnen ist - hier und da über den Status Brettspiel gewundert. Nachdem nun aber zur Genüge geklärt wäre, dass die hier besprochene Spielesammlung im Umfang alles andere als ultimativ ist, kann der Blick auf die weitere Umsetzung gerichtet werden. Vielleicht rechtfertigt das Spiel seinen Namen ja wenigstens hier. Leider muss jede Hoffnung sofort zerschlagen werden. Selten gab es ein schlechter umgesetztes Spiel als "Die Ultimative Brettspiele Sammlung". Das beginnt schon mit einem der lieblosesten Menüs, das man sich vorstellen kann. Außer der Lautstärkeregelung der Musik und Effekte, hat man lediglich noch die Möglichkeit, einen von sieben animierten Hintergründen zu wählen - zu denen an späterer Stelle noch mehr zu sagen sein wird - und sich eine Highscoreliste anzuschauen. Es gibt keine Möglichkeit, ein Profil anzulegen, von Mii-Integration ganz zu schweigen. Erst, wenn eines der Spiele ausgewählt wurde, könnt ihr einige Einstellungen vornehmen. Dazu gehören in erster Linie der Spielername, eine von neun Farben und die Steuerart. Ihr könnt hier zwischen drei Varianten wählen, die einzig sinnvolle ist jedoch die Point & Click-Steuerung. Die Lenkung mit dem Steuerkreuz ist so verkorkst, dass wirklich gar nichts mehr passt. Drückt ihr nach oben, bewegt sich der Cursor nach links, drückt ihr nach links, bewegt er sich nach unten. Bei dem Druck nach unten bewegt sich der Cursor nach rechts, beim Druck nach rechts bewegt er sich nach oben. Auch die Handgelenksteuerung - bei der ihr den Cursor durch Neigen der Wiimote bewegt - läuft eher schlecht als recht. Immerhin könnt ihr auch weitere Spieler anmelden und entscheiden, ob ihr gegen den Computer oder eine reale Person spielen wollt. Weiterhin lassen sich einige mehr oder weniger sinnvolle Regeländerungen vornehmen. Bei "Vier Gewinnt" könnt ihr zum Beispiel einstellen, dass ihr schon mit drei Steinen in einer Reihe gewinnt. Auch hier wurde wieder fehlerhaft programmiert. Gewinnt man in der Vierer-Variante, wird euphorisch "Dreier!" verkündet. Gewinnt man wiederum in der Dreier-Variante folgt ein fröhliches "Vierer!". Ansonsten lässt sich bei jedem Spiel immerhin der Schwierigkeitsgrad einstellen. Doch wieder gibt es etwas zu meckern, wenn man es auf der mittleren Stufe schon als Schachneuling schaffen kann, den Computer innerhalb weniger Minuten Schach Matt zu setzen. Meistens stehen die Schwierigkeitsstufen einfach in keiner Relation und die Sprünge zwischen ihnen sind unverhältnismäßig. Besonders nervig ist, dass man jedes Mal, wenn man ein neues Spiel wählt, alle Einstellungen erneut vornehmen muss. Warum Name, Spielfarbe und Steuerung nicht gespeichert werden, bleibt ein Rätsel. Auch das Tutorial, das helfen soll, unbekannte Spiele zu erlernen, hält nicht, was es verspricht. Es besteht lediglich aus einem Fließtext mit kleinen, unzulänglichen Animationen. Gerade bei einem komplexeren Spiel wie Schach ist das einfach nicht hinreichend. Es ist nicht möglich, sich die Fülle an Information, so trocken präsentiert, zu merken. In der Animation lassen sich nicht einmal die einzelnen Figuren wirklich auseinanderhalten. Ein den Spieler integrierendes Tutorial wäre hier sehr wünschenswert gewesen. Die Umsetzung der einzelnen Spiele lässt ebenso zu wünschen übrig. So kann man beispielsweise bei "Sudoku" keine Zahl falsch ablegen. Beim Versuch ertönt ein Warnsignal und man kann für einige Sekunden keinen Spielzug mehr durchführen. Der Reiz des Spiels geht dadurch natürlich vollkommen verloren. Bei "Mahjong" sind die Steine so klein geraten, dass man beim Spielen Gefahr läuft, an Augenkrebs zu erkranken. Das Spiel "Wortwürfel" erkennt viele der einfachsten Wörter überhaupt nicht und die Puzzles sind schlichtweg langweilig. Schade, dass auch hier wieder die PSP-Besitzer bevorzugt werden, denn sie haben die Möglichkeit, eigene Fotos in Puzzles umwandeln zu lassen. Ultimative Präsentation? Die grafische Gestaltung des Spiels ist genauso unbefriedigend wie der Rest. Selbst für die Wii ist die Umsetzung unter aller Sau. Die sieben animierten Hintergründe erinnern eher an veraltete Handy-Bildschirmschoner und bestehen aus einfachsten Hintergründen mit ein paar umherfliegenden Gegenständen. Da die meisten Spielbretter durchsichtig sind, sind die Animationen nicht nur unschön anzusehen, sondern wirklich störend. Selbst für eine einfache Spielesammlung hätte man da einiges mehr erwarten können. Die Musik schlägt dann noch dem Fass den Boden aus. Sie besteht aus fünf sehr kurzen Musikausschnitten, die lieblos aneinandergereiht wurden. Man kann nicht anders, als sich an schlechte Fahrstuhlmusik erinnert zu fühlen. Bedenkt man, dass schon einige der einzelnen Stücke ein ungeahntes Aggressionspotenzial freisetzen, ist es kaum verwunderlich, dass die ständige Wiederholung innerhalb kürzester Zeit gewaltig auf die Nerven geht. Und schon wieder haben PSP-Spieler einen Vorteil: Sie können nämlich eigene Musik von der Memory-Card ins Spiel transferieren.
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