Showtime Championship Boxing (Wii) (Zoo Publishing) geschrieben von Nico Meißner
| ||||||||||||||||||
Seit "Wii Sports" ist für Nintendos weiße Wunderkiste kein Boxspiel mehr herausgekommen. Warum eigentlich nicht? Das haben sich auch die Entwickler bei DSI Games gefragt und sich des Problems angenommen: dtp bringt jetzt ihr "Showtime Championship Boxing auf den Markt. Ob es sich gleich als neuer Champion behaupten kann, habe ich für DLH.net im Ring erprobt ... Ring frei Nach einem ansehnlichen, aber kurzen und nichtssagenden Intro startet der Spieler seine Boxkarriere vom Hauptmenü aus. Wobei der Begriff Karriere hier nicht wirklich angebracht ist: Der klassische Storymodus, in dem man dem - am besten selbst erstellten - Recken bei seinem sportlichen Werdegang unter die Arme greift, ist in "Showtime Championship Boxing" nicht vorhanden. Auch mit dem etwas sperrigen Titel hat es anscheinend nichts weiter auf sich; eigentlich handelt es sich bei "Showtime Championship Boxing" um ein bekanntes TV-Boxformat der US-Senderfamilie Showtime. Das macht sich allerdings kaum bemerkbar und wird komischerweise nicht als Rahmenhandlung genutzt. So bieten sich dem Spieler anfangs lediglich zwei Möglichkeiten: Der kurze "Einzelkampf" und der Wettkampf um den "Amateur-Gürtel". Bei letzterem muss man drei Matches in Serie gewinnen, um Amateur-Champion zu werden. Im Einzelkampf geht es, wie der Name schon sagt, einfach nur um ein paar Runden Boxen. Dabei wählt der Spieler zuerst die Gewichtsklasse, in der er antreten will, aus und dann einen entsprechenden Kämpfer. Zur Auswahl stehen pro Gewichtsklasse erst mal nur je drei Charaktere bereit. Erringt der Spieler einen Gürtel, schaltet er damit automatisch den bisherigen Champion dieser Klasse frei. Dabei unterscheidet man zwischen "welterweight" (Leicht-) und "heavyweight" (Schwergewicht). Bei der Rundenanzahl kann zwischen vier bis zwölf gewählt werden, wobei noch eine besondere Option besteht: Beim sogenannten Schnellkampf geht das Match nur über eine Runde und endet, sobald einer der beiden Kontrahenten K.o. geht. Neben dem "Amateur-Gürtel" bietet "Showtime Championship Boxing" noch den "Herausforderer-" und den "Showtime-Gürtel sowie den "König des Rings"-Modus. Nachdem der Spieler einmal Amateur-Champion geworden ist, darf er sich mit dem neuen Herausforderer seiner Klasse messen. Dabei tritt man abermals gegen die drei zuvor besiegten Amateurkämpfer an; zum Schluss wartet ein starker Charakter als Herausforderer. Besiegt man diesen, erschließt man sich damit den "Showtime-Gürtel"-Wettbewerb. In diesem läuft alles genauso wie bei den Amateuren, allerdings sind die Kämpfer wesentlich besser und der Spieler muss ganze sechs Matches absolvieren, um zum Champion zu werden. Als Abschluss schaltet man so den "König des Rings"-Modus frei. Hier haben sich die Entwickler noch einmal kreativ verausgabt und einen wilden Dauerkampf inszeniert: Der Spieler kämpft in einem Match gegen alle anderen Profis. Aber "in einem Kampf" heißt hier, sobald ein Kontrahent schlapp macht und niedergeschlagen wurde, steigt der nächste NPC in den Ring. Also kämpft man ununterbrochen gegen insgesamt sechs Gegner. Am Ende bricht entweder der Spieler mit Muskelkrämpfen zusammen, oder der letzte Box-Mohikaner entlässt ihn als neuen, frisch geprügelten "König des Rings". Fliegen wie ein Schmetterling und stechen wie eine Biene Zu Beginn des Kampfes zeigt eine kurze Zwischensequenz, wie die beiden Boxer im Ring posieren. Allerdings nimmt die Ladezeit davor schon etwas Zeit in Anspruch, zumal zwischen den Runden immer wieder kurz nachgeladen wird. Dann geht es aber auch richtig los: Der Spieler schaut seinem Kämpfer von hinten über die Schultern, aus der gegenüberliegenden Ecke nähert sich der Kontrahent. Man steuert seinen Charakter in "Showtime Championship Boxing" mit Wiimote und Nunchuk. Dazu hält man beide Geräte mit den Oberseiten zu sich selbst gerichtet vor den Körper. So steht der Spieler in Boxhaltung vor dem Fernseher. Um die Figur zu bewegen, dient der Stick des Nunchuk, zum Schlagen ahmt der Spieler einfach die entsprechende Bewegung nach. Dabei ist lediglich wichtig, auf welche Weise er die Geräte hält: Neigt man sie weiter nach Innen, mit der Oberseite zum Körper, deckt der Boxer seinen Kopf und schlägt auch entsprechend auf den Kopf des Gegners. Dreht man hingegen die Geräte mit der Oberseite vom Körper weg, bringt der Charakter niedrigere Schläge an und blockt auch solche. Weiterhin kann er sich noch nach links und rechts lehnen, um so Angriffen auszuweichen und Haken anzubringen. Dazu neigt der Spieler die beiden Geräte in die entsprechende Richtung. So kommt es beim Kampf vor allem darauf an, gegnerische Schläge vorauszuahnen und zu blocken, während man gleichzeitig eigene Techniken möglichst effektiv anbringt. Je nach Haltung des Boxers variieren die Auswirkungen eines Treffers in ihrer Stärke: Schlägt man beispielsweise einen rechten Haken, richtet er am meisten an, wenn der Gegenüber gerade nicht den Kopf deckt oder zur anderen Seite geneigt ist. Lehnt er hingegen auch nach Rechts, wirkt der Haken verheerend. Die Anleitung zu "Showtime Championship Boxing enthält extra eine Tabelle, die die Trefferwirkungen der Schläge unter Berücksichtigung der jeweiligen Haltung des Gegners beinhaltet. Allerdings schlägt der Spieler anfangs ohnehin mehr mit guter Hoffnung um sich und versucht, sich mit der etwas umständlichen Steuerung anzufreunden. Denn während das Spiel auf Aktionen und Bewegungen des Spielers recht gut und flüssig reagiert, ist es verhältnismäßig schwierig, tiefe Schläge anzubringen. Besonders in der Hektik des Kampfes fällt das unangenehm auf, da man ständig die gegnerischen Techniken blocken muss, um einen Ausdauerverlust zu vermeiden. Bei "Showtime Championship Boxing hat jeder Kämpfer nämlich neben dem roten Lebensenergie-Balken noch eine Ausdaueranzeige in Form eines gelben Balkens darunter. Führt ein Boxer Schläge aus, kostet es ihn wenig Ausdauer. Geht der Angriff aber auf die Deckung des Gegners, verliert der Schlagende selbst mehr davon. Bei einer erfolgreichen Attacke hingegen büßt natürlich der Getroffenen an Ausdauer ein. Verhält sich ein Kämpfer für kurze Zeit ruhig, und wird nicht erwischt, regeneriert sich die Ausdauer wieder recht flott. Neben den normalen Schlägen sollen hier noch die aufgeladenen Attacken erwähnt werden: Hält der Spieler vor einem Schlag die "B"- beziehungsweise "Z"-Taste gedrückt, bereitet der Kämpfer eine besonders mächtige Variante vor. Auch dabei gelten die gleichen Faktoren wie bei einer normalen Technik, nur verursacht ein erfolgreicher, aufgeladener Angriff natürlich viel mehr Schaden. Dafür kostet es aber auch eine Menge Ausdauer, wenn er misslingt. So bedarf es doch einiger Zeit und Übung, bis der Spieler erfolgreich gegen die NPCs besteht. Etwa ab der Hälfte des Spiels steigt der Schwierigkeitsgrad noch einmal merklich an, was der Langzeitmotivation aber nur gut tut. Denn sonst gibt es leider wenige Herausforderungen in "Showtime Championship Boxing": Der Gegner verhält sich häufig dermaßen klischeehaft dämlich, dass zumindest der Boxhintergrund glaubhaft wirkt, während die Charaktere sonst recht austauschbar und farblos erscheinen. Zwar verfügt jede Figur über einen Lieblingsschlag und hat eine Schwäche, aber das war es dann auch schon wieder. Besonders bei den kurzen Animationen vor dem Kampf und nach einem Niederschlag wirken die Boxer austauschbar, da die gezeigten Bewegungen immer gleich sind. Wirft man also den Kontrahenten nieder, steht er jedes Mal mit der gleichen Animation zum exakt gleichen Zeitpunkt wieder auf! Das geht meistens solange, bis er entweder dreimal in der Runde zu Boden gegangen ist oder sie endet. Gibt es dank dieser "Steh-auf-Männchen"-Funktion des Gegners kein K.o., wird der Sieger nach Punkten bestimmt. Dabei vergeben die Ringrichter pro Runde bis zu zehn Punkte, wobei ein Niederschlag zumindest Punktabzug beim Gegenüber verursacht. Allerdings erreicht der Spieler, der kontinuierlich boxt, eigentlich auch immer die zehn Punkte pro Runde - zumindest gegen die einfachen und normalen Gegner. So bieten die Kämpfe, egal in welcher Gewichtsklasse oder für welchen Gürtel, leider recht bald nichts Neues oder Aufregendes mehr ... Technisches K.O. Während es zu Sound und Musik eigentlich wenig zu sagen gibt, da beides nur recht spärlich und abwechslungsarm auftritt, macht "Showtime Championship Boxing" anfangs noch einen guten Eindruck in Sachen Optik und Menüführung. Die Oberflächen sind schlicht aber funktional, Hilfsinformationen und ausführliche Auflistungen der Schläge bieten dem Spieler eine gute Orientierung und anschaulich dargestellte Fakten. Auch die Animationen vor den Kämpfen sind noch okay, wobei die Dame, die die Rundennummer trägt, dabei das optische Highlight ist. Denn wie schon erwähnt zeigen die Zwischensequenzen immer nur das Gleiche, was besonders bei den Niederschlägen lächerlich und frustrierend wirkt. Auch die ausgesprochen hässlichen Ladebildschirme tragen nicht gerade zu einem besseren visuellen Eindruck bei. Das Fehlen jeglicher Details wie Schweißtropfen, Blut oder wenigstens blauen Flecken schadet der atmosphärischen Dichte des Spiels ebenfalls ungemein. Darunter fällt auch das Publikum, das teilweise nur als menschlich geformte, bewegungslose Schemen dargestellt wird. Lucky Punch - Fazit Ich muss leider feststellen, dass "Showtime Championship Boxing" als Vollpreistitel enttäuscht. Es bietet leider einfach zu wenig Abwechslung und Langzeitmotivation, zumal die Technik die Stimmung eher beeinträchtigt als hebt. Mag man hingegen das Boxen aus "Wii Sports", bietet "Showtime Championship Boxing" als dessen inoffizieller Nachfolger gerade im Zweispielermodus sicher einige vergnügliche Stunden im virtuellen Ring. (23.04.2008) |