Rainbow Six: Lockdown (Ubisoft) geschrieben von Johannes Posch
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Einleitung Vor einigen Jahren warfen die hellen Köpfe der Red-Storm-Studios ein Spiel auf den globalen Markt, das sich schon kurze Zeit später eine ganz eigene Sonderstellung sichern konnte. Oder kennen Sie ein anderes Spiel, in dem man gut und gerne eine geschlagene Stunde nur für die Planung eines Auftrages verwenden kann, der dann in einem Viertel der Zeit durchlaufen ist? Heute, volle acht Jahre später und nach zahlreichen Seitenhieben auf anderen Plattformen, kehren die Jungs und Mädels der Rainbows wieder auf die heimischen PC-Monitore zurück und versuchen an den großen Erfolg von Teil Drei anzuknüpfen. Doch leider fällt es schwer, etwaige Überbleibsel aus den ruhmreichen Taktik-Tagen zu finden, denn heutzutage wird weniger geplant und mehr geballert. Ob es trotzdem noch Spaß macht? Lesen Sie selbst! Globale Bösewichte Wenn alle Stricke gerissen, sämtliche Versuche gescheitert und jegliche Verhandlungen fehlgeschlagen sind, dann werden "sie" gerufen. Die berühmt-berüchtigte Zusammenstellung von beinharten Profis aus aller Herren Länder, vereint unter der Flagge der legendären "Rainbow-Einheit". Geboren aus einer Idee des Ex-Seals und CIA-Agentens John Clark und dessen engem Freund Domingo "Ding" Chavez, aus dessen Sicht Sie das Spiel erleben, sorgt diese Sondereinheit seit einiger Zeit unter den bösen Buben dieser Erde für Angst und Schrecken. Und in all den Jahren, die diese beinharten Profis nun im Einsatz sind, schafften sie es eine immer größer werdende Fangemeinde um sich zu scharen. Falls Sie sich jetzt angesprochen fühlen, ist es definitiv wieder an der Zeit, die Maus zu putzen und ein bisschen Fingerübungen zu machen. Denn es droht ein neues Übel, das unsere Helden veranlasst, ihre Helme wieder aus dem Spind zu kramen und die Läufe zu polieren. Eine radikale Terrororganisation mit Namen "Globale Befreiungsfront", hat sich zum Ziel gesetzt, die Regierungen aller Industrienationen zu vernichten und will zu diesem Zweck einen tödlichen Nanotech-Virus einsetzen. Als das bekannt wird, werden selbstverständlich sofort alle Rainbows mobilisiert, doch die "GBF" ist bis an die Zähne bewaffnet und aus irgendeinem Grund mit den Techniken der Rainbow-Einheit bis ins kleinste Detail vertraut. Nach vielen harten Kämpfen und einem in Gefangenschaft geratenen Kameraden steht für unsere Titelhelden eines definitiv fest: Das wird der härteste Kampf, den sie jemals zu bestreiten hatten und er erfordert neue Taktiken, die es ihnen ermöglichen gegen diese Übermacht zu bestehen! Taktik?! Action! Egoshooter auf Konsolen sind ja so eine Sache. Durch die controllerbedingten Handicaps müssen die Entwickler dafür sorgen, dass sowohl das Leveldesign, als auch die künstliche Intelligenz der Gegner und eventueller Mitstreiter so gestaltet werden, dass der Spieler auch mit langsamer ausgeführten Aktionen erfolgreich sein kann. Ist dieses Problem bewältigt, kann aber schon bald das Nächste an die Tür klopfen! Nämlich, dass eine eventuelle PC-Umsetzung nach Möglichkeit nicht eins zu eins übernommen werden sollte, sondern wiederum so ausbalanciert werden muss, dass auch PC-Gamer an dem Spiel Spaß haben können. Diese Grundregel nahm sich auch Ubisoft zu Herzen und steckte eine Menge Zeit und Arbeit in die Konvertierung ihres jüngsten Sprosses der "Rainbow Six"-Serie. Doch leider wartete die Konsolenversion mit einem Attribut auf, dass schon in Tests dieser Fassung auf viel Kritik stieß: dem nahezu völligem Fehlen jeglicher Taktikelemente! Und genau das wurde eben eins zu eins übernommen. Doch auch die integrierten Änderungen können leider nicht vollends überzeugen. Neben solchen - eher kosmetischen - Änderungen wie den zwanzig neuen Waffen (somit sind es insgesamt 42) wird da zum Beispiel von einer taktischeren Erfahrung geredet, die sich vor allem dadurch ergeben soll, dass die Gegner-KI nun viel mehr Möglichkeiten kennt, gegen Sie vorzugehen. Das klingt zwar theoretisch sehr gut, nur leider ist davon im Spiel selbst nahezu nichts zu merken. Die KI-Kameraden arbeiten zwar halbwegs effektiv, aber bei weitem nicht so intelligent. Ein klassischer Test um so etwas herauszufinden ist zum Beispiel das Schicken seines Teams in die Mitte einer Gruppe von Gegnern. Diesen Befehl führen unsere Jungs dann auch sofort brav aus, allerdings denken sie in keiner Weise mit. Sie versuchen zum Beispiel schon aus gut hundert Metern Entfernung mit einer Shotgun die Gegner klein zu bekommen und zeigten zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Ambitionen, sich eine lauschige Deckung zu suchen. Da allerdings das gesamte Spiel ohnehin auf brachiale Action ausgelegt ist und unsere Helfer relativ viel einstecken und austeilen können, fällt das nicht sonderlich schwer ins Gewicht. In den meisten Missionen reicht es vollkommen aus, wenn Sie Ihr aus drei Profis bestehendes, Team einfach als Feuerschutz brav hinter sich her trappeln lassen oder sie hier und da in die Höhle des Löwen vorausschicken, um dort aufzuräumen. Die Zeiten, in denen "Rainbow Six" ein reines Taktikspiel war, dass genaue Planungsphasen und koordiniertes Vorgehen verlangte, scheinen ein für allemal vorbei zu sein. Die 16 im Spiel enthaltenen Missionen setzen durch die Bank auf Action und explosive Feuergefechte. Das hat zwar auch zur Folge, dass während der Missionen nun viel mehr passiert beziehungsweise explodiert, doch eine richtig packende Atmosphäre baut das Spiel dennoch nie so wirklich auf. Was aber durchaus als packend bezeichnet werden kann, ist der äußerst umfangreiche Multiplayermodus des Spieles. Egal, ob Sie lieber in typischer Deathmatch-Manier auf alles ballern wollen, was sich bewegt oder doch mit bis zu drei Freunden die Story-Missionen im Coop-Modus noch einmal durchleben möchten, alles ist möglich! Natürlich wurden aber auch Modi eingebaut, die es ihnen ermöglichen, in Teams gegeneinander anzutreten, wie zum Beispiel der obligatorische Team-Deathmatch-Modus. Aber auch einige missionsbasierte Modi wie der an CTF angelehnte Bergungsmodus oder der durch Geiselrettungen und Bombenentschärfungen bestimmte Rivalitätsmodus laden ein, sich übers Netz oder ein lokales Netzwerk zu messen. Server waren zwar zum Zeitpunkt des Tests noch Mangelware, doch dieses sollte sich recht schnell ändern. Schieß doch mal die Tür auf! Die Bedienung des Spieles gestaltet sich genauso altbekannt wie intuitiv. Die Entwickler griffen auf die klassische WASD-Steuerung zurück und ergänzten diese nur um die Möglichkeit, sich nach links und rechts zu lehnen und per Leertaste kontextsensitive Befehle zu geben. Diese beschränken sich allerdings ohnehin auf Marschbefehle, die Möglichkeit sein Team um Ecken spähen zu lassen und bei Türen aus verschiedenen Vorgehensweisen zu wählen. Diese Befehle sind allerdings durch den veränderten Spielcharakter nur selten von Bedeutung und noch seltener zwingend erforderlich. Wem diese generelle Knopfbelegung aber aus irgendeinem Grund nicht passt, darf selbstverständlich im Optionsmenü sämtliche Funktionen auch völlig frei seinen eigenen Präferenzen entsprechend belegen. Konsolengrafik?! Die Grafik des Spieles wurde glücklicherweise nicht einfach von den Konsolenversionen übernommen, sondern von Grund auf für den PC neu programmiert. Somit kommt der Spieler, ein entsprechend leistungsfähiges System vorausgesetzt, in den Genuss all dieser Technikspielereien, die in letzter Zeit so modern geworden sind: High-Dynamic-Range-Rendering für realistische Lichtverhältnisse, Bump-Mapping für plastische Texturen und diverse Post-Processing-Effekte für glaubhafte Sichtverhältnisse, um nur einige zu nennen. Leider dienen all diese Features bei "Rainbow Six: Lockdown" aber größtenteils dazu, dass die Hardwareanforderungen in luftige Höhen schnellen, die optische Qualität sich allerdings doch eher in Grenzen hält. Zu steril sind die Levels, zu unspektakulär die Effekte. Im Endeffekt ist das Spiel zwar definitiv ansehnlich, aber irgendwie erreicht es dennoch nicht so ganz das, was man unter Berücksichtigung der grafischen Qualität anderer Ubisoft-Titel wie "Splinter-Cell: Chaos Theorie" erwartet hätte. Die schönen Schattenspiele und die detaillierten Charaktermodelle können den Gesamteindruck dann zwar doch noch ins obere Mittelfeld rücken, doch andere Shooter haben schon bewiesen, dass es definitiv besser geht. Mist! Schalldämpfer vergessen! Akustisch liefert "Rainbow Six: Lockdown" eine recht überzeugende Show ab, leistet sich aber auch einige Schwächen. Die Musikuntermalung ist zum Beispiel wirklich sehr gut geworden und überzeugt mit atmosphärischen Orchesterklängen und stimmungsfördernden Melodien. Bei den restlichen Sounds verhält es sich dagegen nicht so eindeutig. Nehmen wir zum Beispiel die Waffensounds: Manche Schießeisen, wie die verschiedenen Shotguns, klingen größtenteils richtig schön wuchtig und überzeugend, nimmt man sich in der nächsten Mission allerdings ein automatisches Gewehr wie die deutsche G36, überkommt den Spieler höchstwahrscheinlich bald der Drang seinen PC auf stumm zu schalten, da diese absolut flach, abgehackt und unangenehm schnell aus den Boxen knattern. Aber auch manche Klangeffekte machen Probleme. Bei Verwendung von EAX ertönten manche Sounds wie das rieseln von Splittern oder Ähnlichem um einiges lauter als alle restlichen Töne, was ziemlich irritierend wirkt. Hier muss man wohl auf einen Patch hoffen. Als Pluspunkt können hingegen wieder die deutschen Sprachsamples aufgeführt werden. Diese wurden allesamt professionell aufgenommen und klingen durch die Bank überzeugend. Ich persönlich beende diesen Test zu "Rainbow Six: Lockdown" mit eher betrübten Gefühlen. Denn in meinen Augen ist aus einer außergewöhnlichen Taktikfranchise nur ein weiterer 08/15-Shooter geworden, dem man nur noch anhand der möglichen Raumstürmungskommandos anmerkt, dass er irgendwann mal ein Taktikspiel war. Wenn man aber ohnehin nur auf der Suche nach einem solchem Shooter in modernem Setting ist und gerade diese, von mir so schmerzlich vermissten Taktikelemente damals abschreckend fand, sollte man Lockdown durchaus eine Chance geben. Meine persönliche Empfehlung wäre somit, sich die Demo zu holen, um anhand von dieser zu entscheiden, ob man an einem solchen Spiel Spaß hätte oder nicht. In der Testversion darf man nämlich die komplette erste Mission spielen, welche schon einen recht guten Eindruck vom Spiel vermittelt. Wer jedoch so wie ich gerne einige Minuten mehr über den diversen Taktikkarten der Missionen verbrachte um dem Gegner absolut keine Chance zu lassen, sollte vom neuesten Teil der Serie lieber die Finger lassen und einen eventuell im Regal verstaubenden Vorgänger wieder aktivieren. (09.03.2006)
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