WW II Tank Commander (rondomedia) geschrieben von Hans Thiel
| ||||||||||||||
"Nonstop-Action!", "Mit einem Klick direkt an die Front!". Mit markigen Worten wird der Käufer umworben. Fast könnte der Eindruck entstehen, die Schauergeschichten, die der alte Mann mit dem Holzbein von nebenan erzählt, seien allesamt Ammenmärchen um kleine Kinder zu erschrecken. Was für eine Riesengaudi muss der Krieg doch damals gewesen sein, und nun bietet sich die Gelegenheit, das alles hautnah und in "fantastischer Grafik und atemberaubendem Sound" am PC nachzuerleben. Und die dröge Theorie und das langweilige Taktieren wurden praktischerweise auch gleich weggelassen - pure Action eben. Spielprinzip Das Versprechen vom simplen, direkten Einstieg erfüllt sich - praktisch mit dem Start des Spiels verschlägt es den Spieler in den Sitz eines Sherman Panzers, ein kurzes Abnicken der Instruktionen und schon kann es losgehen. Mit dem Blick über die virtuelle Kimme des Bordgeschützes rüttelt sich der Spieler durch die französischen Landschaften des Jahres 1944. Dem Geschütz zur Seite steht noch das MG am Chassis des Panzers, dessen Bewegungsradius und Durchschlagskraft aber wesentlich beschränkter sind. Dafür ist es mit dem Wunder der unendlichen Aufmunitionierung gesegnet. Steht bei Grafik und Sound der Realismus im Vordergrund, ist diesen damit scheinbar Genüge getan und so geben sich im Spielbereich diverse Abstrusitäten die Koppel in die Hand. Gegnerische Soldaten, die aufrecht und ohne Deckung frei in der Landschaft stehen, aber dennoch in der Lage sind, mit ihrem Maschinengewehr die Panzerung des Spielergefährts empfindlich zu beschädigen sind keine Seltenheit. Granatwerfer- oder Panzerabwehrstellungen scheinen für Dauerfeuer aus dem Bord-MG nur schwer empfänglich zu sein, ganz gleich, wie genau die Treffer sitzen. Ein Schuss aus der Kanone bringt sie schneller zum Schweigen. Gegnerische Panzer sind meist nach drei bis vier Treffern Geschichte, das eigene Gefährt und die Verbündeten halten eine Menge mehr aus, Zufallstreffer aus den eigenen Reihen scheinen ohnehin keine Wirkung zu zeigen. Bug oder Feature? Die Entscheidung fällt schwer, angesichts der extrem großzügigen Hitboxen der Fahrzeuge. Zielt das Fadenkreuz klar vorbei, heißt das nicht automatisch, dass auch die Kugeln an den Verbündeten vorbei auf den Gegner niedergehen - nicht selten hämmern die Einschläge in unsichtbare Panzerung. Grafik Gemessen an den vollmundigen Versprechungen der Verpackung kann es eigentlich nur ein Urteil geben: durchgefallen. Die "fantastischen" Grafikeffekte lassen sich nicht blicken und so prägt graue Tristesse die Landschaft. Die Explosionen und Einschläge wirken flach und ganz und gar nicht beeindruckend und auch das Mündungsfeuer ruft schwerlich Begeisterungsstürme hervor. Die Landschaften wirken trotz der vorhandenen Vegetation und stellenweisen Bebauung recht leblos und mit den vorherrschenden Grau- und Brauntönen eher trostlos. Kein Land, das sich zu retten lohnt. Es herrscht eine sehr diffuse Beleuchtung, dramatische Licht- und Schattensituationen fehlen, alles schält sich langsam aus einem dicken grauen Schleier. Der Detailgrad der Fahrzeuge und der statischen Objekte ist eher mittelmäßig, die Animationen liegen noch etwas darunter. Perfekt synchron und immer mit derselben Animation umstürzende Gegner sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Auch von einem vergleichsweise preiswerten und simplen Spiel kann man in dieser Hinsicht etwas mehr Abwechslung erwarten. Lediglich in der höchstmöglichen Grafikeinstellung - die Optionen erschöpfen sich in der Auswahl der Auflösungsstufe - kommt die Darstellung im Spiel der auf den Packungsscreenshots nahe. Zudem scheinen ab und an die Farben durcheinander zu geraten. Aufwirbelnde Staubwolken hinter den Panzerketten färben sich plötzlich grün und behalten ihre Farbe bei, ganz gleich, über welchen Untergrund die Kette gerade rollt. Und noch etwas zum Schluss: Wann werden Spielehersteller endlich lernen, dass Lensflare-Effekte nur durch Linsensysteme hervorgerufen werden. Solche Spielereien sind also - sofern der Protagonist nicht gerade ein bionisch verstärkter Haudrauf mit Kameraaugen ist - völlig fehl am Platz. Dabei nicht berücksichtigt, dass diese Effekte in den meisten Fällen die klare Sicht auf den Gegner nehmen und somit eher hinderlich sind. Sound Ja, Geräusche sind vorhanden. Oh, ach ja: Die Hintergrundmusik schraubt sich beunruhigend bis nervig ins Ohr und fällt nach wenigen Minuten Spielzeit dem gnädigerweise vorhandenen Lautstärkeregler zum Opfer. Der Rest der Geräuschkulisse präsentiert sich ebenso unspektakulär, wie die Grafik erwarten lässt. Es fehlt einfach der Druck auf den Ohren. Wer Action sagt, muss auch bereit sein, die Wände wackeln zu lassen. WW II Tank Commander wird wohl nur wenigen Spielern Freude bereiten. Zu zahlreich sind die technischen und spielerischen Schwächen, weder vermag es zünftige Panzerfahrer-Atmosphäre aufzubauen, noch ist es ein waschechter Shooter auf Ketten. Anspruchsvollere Spieler sollten nach Möglichkeit einen großen Bogen machen. (21.10.2005)
|