Tom Clancy's Endwar

Tom Clancy's Endwar (PS3)

(Ubisoft)

geschrieben von Witali Blum

 

 
Entwickler: Ubisoft Shanghai
Publisher: Ubisoft
Genre: Echtzeitstrategie
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: Tom Clancy's Endwar
Preis: 45 €
Altersfreigabe: Freigegeben ohne Altersbeschränkung gemäß §14 JuSchG

Bestimmt möchte niemand, der recht bei Verstand ist, in seiner Morgenzeitung die Schlagzeile lesen müssen "Der Dritte Weltkrieg hat begonnen!", denn mit all den modernen Kriegswaffen würde es das unvermeidliche Ende der bisherigen Ordnung und vielleicht sogar der menschlichen Zivilisation einläuten. In "Tom Clancy's Endwar" wird diese düstere Zukunftsvision harte Wirklichkeit, als die Vereinigten Staaten, Europa und Russland aufgrund einer Energiekrise gegeneinander ins Feld ziehen. Im Angesicht einer solchen Bedrohung stellt sich nur noch die Frage: Kann es überhaupt einen Sieger geben?

Das Politische Geplänkel

Wie viele Kriege beginnt "Endwar" nicht von einem Tag auf den anderen, sondern hat viele Ursachen, die schließlich zu einem handgreiflichen Konflikt zwischen den Großmächten im Jahre 2020 führen. Das Unglück nimmt seinen Lauf, als 2011 die Vereinigten Staaten und die Europäische Union einen Vertrag unterzeichnen, der die Zusammenarbeit an einem allumfassenden Raketenabwehrsystem zusichert und dabei die Russische Föderation (RF) außen vor lässt. Beleidigt wegen der Ausgrenzung beschließt der östliche Staatenbund, ein eigenes System mit demselben Zweck zu entwickeln. Die Forschungsarbeit der NATO-Staaten ist äußerst fruchtbar, denn bereits 2014 wird der S.L.A.M.S. – Space-Land-Air-Missile-Shield (eng., Weltraum-Land-Luft-Raketen-Abwehrschild) – erfolgreich getestet, indem sich die U.S.A. sowie die E.U. gegenseitig mit Flugkörpern beschießen und hundert Prozent von ihnen neutralisieren. Damit wird es praktisch unmöglich, einen taktischen Atomkrieg zu führen – zumindest nicht gegen die Großmächte.

Leider bedeutet eine Patt-Situation von Massenvernichtungswaffen nicht, dass es keine Unstimmigkeiten mehr auf der Welt gibt, denn als 2015 die Ölkonzerne einräumen, sie hätten die Menge der Weltreserven überschätzt, kommt es zu einer Energiekrise, die die E.U. gleichermaßen wie die U.S.A. mit gierigen Blicken auf die Rohstoffe Russlands starren lässt. Die aufstrebende Großmacht im Osten hat nicht vergessen, wie man versucht hat, sie politisch und militärisch zu isolieren, so dass sie sich ihre Ressourcen fürstlich bezahlen lässt, um den Gewinn anschließend in die Rüstungsindustrie zu investieren. Die Lage verschlimmert sich weiter, als 2016 ein Nuklearkrieg zwischen dem Iran und Saudi Arabien ausbricht, der 20 Millionen Menschen das Leben kostet. Die Folge davon ist ein astronomisch hoher Rohölpreis von 800 US-Dollar pro Barrel, der alle Staaten dazu veranlasst, ihre Prinzipien über Bord zu werfen.

Um in diesen harten Zeiten zu überleben, verzichten die Mitglieder der Europäischen Union auf ihre Souveränität und fusionieren im Jahre 2018 zur einheitlichen "Europäischen Föderation" (EF), die fortan deutlich mehr Wirtschaftsstärke besitzt als die Vereinigten Staaten. Letztere fühlen sich von dem neuen "Global-Player" in ihrer Position dermaßen bedroht, dass sie den Plan fassen, sich zumindest die Weltraumhoheit zu sichern, indem sie eine bewaffnete Raumstation im Erdorbit stationieren – die "Freedom Star". Das Ganze geht auf Kosten der NATO, denn die EF zieht sich aus dieser Organisation zurück, weil sie erkennt, dass die U.S.A. nun den S.L.A.M.S. umgehen können. Als bislang unbekannte Terroristen im Jahre 2020 die Trägerrakete mit den letzten Bauteilen für die Raumstation auf dem John-F.-Kennedy-Weltraumhafen sowie einige andere Ziele in Europa und Russland angreifen, eskaliert der Konflikt. Natürlich verdächtigen sich die misstrauischen Großmächte gegenseitig, die Angriffe finanziert zu haben, so dass sie schließlich die Waffen sprechen lassen. Nichts kann den drohenden Dritten Weltkrieg noch verhindern.

Der Krieg

In "Tom Clancy's Endwar" übernimmt der Spieler das Kommando über die "Joint Strike Force" (JSF), das "Enforcer Corps" (EC) oder die "Spetsnaz", die jeweils einen Spezialverband der Streitkräfte der USA, der EF sowie der RF repräsentieren. Zu Beginn der Einzelspielerkampagne macht man sich in einem Tutorial, das aus mehreren Missionen besteht, mit den Grundlagen der Steuerung vertraut und erfährt nebenbei, wie es zum Ausbruch des Dritten Weltkriegs gekommen ist. Aus der Sicht der dritten Person lenkt der Spieler mit Befehlen die insgesamt sieben Einheitentypen: Schütze, Pionier, Transporter, Panzer, Kampfhubschrauber, Artillerie und Kommandofahrzeug, die für jede Großmacht zwar ein individuelles Design besitzen, sich aber in der Funktion nicht unterscheiden. Im Allgemeinen greift im Gefecht das "Stein-Papier-Schere"-Prinzip, nach dem zum Beispiel ein Panzer einen Transporter zu einem Schrotthaufen zusammenschießen kann, selbst aber äußerst anfällig gegen Kampfhubschrauber ist, die aber wiederum von den Schnellfeuergewehren des Transporters schnell vom Himmel geholt werden.

Ein kluger Taktiker nutzt das Gelände zu seinem Vorteil, indem er die sonst leicht verwundbaren Fußtruppen wie die Pioniere oder Schützen hinter Barrikaden Stellung beziehen lässt. Auf diese Weise geschützte Soldaten sind manchmal sogar noch wirkungsvoller als ihr Pendant der Kriegsmaschinerie, denn gut platzierte Bazooka-Kämpfer vernichten jedes Fahrzeug, das es wagt, in die Waffenreichweite zu gelangen. Darüber hinaus kann die Infanterie als einzige Waffengattung so genannte "Uplinks" erobern, über die man Verstärkung oder Luftschläge anfordern kann. Wenn man die Mehrheit dieser Funktürme über einen längeren Zeitraum sichert, gewinnt man automatisch die Schlacht. Alternativ kann man natürlich auch den Gegner vernichten. Weitere mögliche Siegbedingungen werden meistens vom Befehlsstab zu Missionsbeginn vorgegeben wie beispielsweise das Halten eines strategischen Punktes, bis die Verstärkung eintrifft oder die Zerstörung markierter Gebäude als Sabotageakt. In seltenen Fällen, zum Beispiel wenn der Gegner einmal mehr "Uplinks" besetzt hält, kommt man in die Situation, eine Massenvernichtungswaffe – kurz "MVW" – einsetzen zu dürfen, um vielleicht doch noch das Ruder herumreißen zu können.

In "Tom Clancy's Endwar" gibt es keine Aufbauphase, die sonst in den meisten Echtzeitstrategie-Spielen vorkommt. Stattdessen beginnt man eine Mission mit einigen Einheiten, die dann um weitere Truppen verstärkt werden. Die zusätzlichen Fahrzeuge erhält man natürlich nicht kostenlos, sondern muss abwarten, bis sich im Laufe der Zeit genug Befehlspunkte, die durch eine Leiste am linken unteren Bildschirmrand repräsentiert werden, angesammelt haben. Je mehr "Uplinks" der Spieler kontrolliert, desto schneller füllt sich die Anzeige und desto mehr Fahrzeuge oder Soldaten kann er an die Front beordern. Außerdem lohnt es sich, sorgfältig mit seinen Untergebenen umzugehen, da sie nach erfolgreich abgeschlossenen Missionen im Rang aufsteigen. Erfahrene Truppen verursachen nicht nur mehr Schaden und besitzen eine höhere Reichweite, sondern erhalten auch Zugang zu einzigartigen Fähigkeiten, die in der Kaserne gegen Credits freigeschaltet werden müssen. Letztere verdient man bei erfolgreichem Abschluss eines Auftrags zusammen mit einem Bewertungsrang als Kommandeur. Logischerweise gilt: Je weniger Verluste zu verzeichnen sind und je weniger Zeit zum Sieg benötigt wurde, desto höher fällt die Belohnung aus.

Manchmal kann selbst die beste Taktik nicht verhindern, dass man Verluste erleidet. Dennoch sollte man nicht gleich alle Hoffnung fahren lassen, denn die kampfunfähig gewordenen Einheiten können noch von einem automatischen Transporthubschrauber evakuiert werden. So stehen die "Gefallenen" zwar für die aktuelle Schlacht nicht zur Verfügung, verlieren aber auch nicht ihre zuvor gewonnene Erfahrung. Nur wenn der Gegner die Wracks weiter angreift, nimmt er dem Spieler endgültig die Möglichkeit, im nächsten Auftrag die gerettete erfahrene Truppe wieder einzusetzen. Selbst bei ausreichend Befehlspunkten lässt der Ersatz leider oft lange auf sich warten, da frische Untergebene erst auf das Schlachtfeld zum vorgegebenen Landepunkt eingeflogen werden müssen. Der Spieler kann in solchen Momenten nur hoffen, dass er beim Feind ebenfalls für Verluste gesorgt hat, die ihn dazu zwingen, sich für einen weiteren Angriff neu zu formieren, denn sonst hat er als zahlenmäßig Unterlegener nur wenig Chancen, als Sieger aus dem Gefecht hervorzugehen.

Insgesamt sieht "Tom Clancy's Endwar" für die Einzelspielerkampagne drei Schwierigkeitsgrade vor, von denen bereits der einfachste eine große Herausforderung für Neulinge darstellt. Ferner kann sich der Spieler für das Erfüllen bestimmter Ziele, wie beispielsweise das Führen einer Schlacht ohne eigene Verluste, Trophäen verdienen, die im entsprechenden Hauptmenü der Playstation 3 präsentiert werden. Ein besonderes Lob verdient der Mehrspielermodus, der neben den einfachen "Skirmish"-Gefechten einen so genannten "Kriegsschauplatz"-Modus enthält, der im Grunde mit einem "Risiko"-Weltherrschaftsspiel vergleichbar ist. Tausende Teilnehmer liefern sich dort über das Internet einen Dritten Weltkrieg und entscheiden damit gegen Ende des Tages, welche der vierzig Territorien des Erdballs den USA, der EF oder der RF zugesprochen werden. Es versteht sich von selbst, dass eine Rangliste mit den besten Leistungen der Spieler existiert, auf der die Anzahl der Siege und Niederlagen festgehalten wird.

Der Befehlsstab

Das Beste an "Tom Clancy's Endwar" ist ohne Zweifel die innovative Sprachsteuerung, die den Spieler in die authentische Rolle eines Kommandeurs versetzt, der seine Truppen in der Schlacht befehligt. Allerdings verwendet man dazu am besten ein Headset, dessen Mikrofon sich direkt vor dem Mund befindet. Sobald das Gerät an die Playstation 3 angeschlossen ist, fordert das Spiel dazu auf, eine Kalibrierung durchzuführen, bei der man die angezeigten Anweisungen laut ausspricht. Die Stimme sollte dabei nicht zu laut und nicht zu leise sein. Bei Schwierigkeiten muss man eventuell die Mikrofonempfindlichkeit nachjustieren. Sobald die Spracheinstellung erfolgreich abgeschlossen wurde, muss der Spieler praktisch nur noch den "R2"-Trigger gedrückt halten, wenn er einen Befehl gibt und ihn anschließend loslassen, damit die Anweisung sofort ausgeführt wird. Dabei achtet er darauf, das auf dem HUD eingeblendete Vokabular zu benutzen, denn sonst verstehen die Truppen nicht, was sie zu tun haben. Einige mögliche Befehle wären beispielsweise: "Einheit Drei vorrücken zu Bravo" oder "Luftangriff Feind Zwei". Es ist erstaunlich, wie gut die Spracherkennung selbst schnell gesprochene Sätze identifiziert und in die Tat umsetzt.

Leider reicht das neue Feature nicht aus, um die Steuerung mit dem Controller vollständig zu ersetzen. So ist man als Spieler immer noch auf die Analogsticks angewiesen, die die Position der Kamera lenken. Das Sichtfeld ist dabei immer an die Einheit gebunden, die man mit dem Steuerkreuz sowie der "Quadrat"-Taste auswählt. Obwohl diese Perspektive den Eindruck vermittelt, man befinde sich mitten im Gefecht, muss man Abstriche bei der taktischen Übersicht machen. Nur ein Kommandofahrzeug erlaubt es, beim Drücken der "Select"-Taste eine dreidimensionale, strategische Karte des Schlachtfelds zu sehen. Ferner kann man in manchen Situationen schnelle Befehle erteilen, indem man das Ziel zentriert und schließlich mit "X" oder "Dreieck" ein kontextbedingtes Kommando entsendet. Alle weiteren Knöpfe erfüllen im Grunde die Funktionen der Sprachsteuerung, so dass Spieler, die das neue System noch nicht nutzen können, weil ihnen womöglich ein Headset fehlt, dennoch ihren Spaß mit "Endwar" haben können.

Die Aufklärung

Die optische Präsentation des Dritten Weltkriegs ist Ubisoft Shanghai trotz der fehlenden Zwischensequenzen sowie der etwas grobkantigen Umgebung gut gelungen, denn dank der Unreal-3-Engine gibt es im Spiel tolle Spezialeffekte wie Explosionen, Rauch und Laserblitze. Selbst Details, auf die der Spieler in der Hitze des Gefechts nicht achtet, wie beispielsweise korrekt berechnete Lichtquellen und Schatten, haben die Entwickler konsequent implementiert. Der einzige wirkliche Kritikpunkt zur Optik bezieht sich lediglich auf die etwas leblose Levelgestaltung, bei der höchstens Gebäude, Bäume und Barrikaden in der Landschaft auftauchen, aber keine unbeteiligten Menschen oder Zivilfahrzeuge. Vor allem wenn man bei einer Mission eine Hauptstadt einnehmen oder verteidigen muss, scheint die wüste Leere fehl am Platz zu sein. Wünschenswert wäre natürlich auch eine Möglichkeit die Kamera unabhängig von den Einheiten zu bewegen, da sonst der Computer in den Gefechten oftmals im Vorteil ist, weil er ohne Blickkontakt weiß, wohin seine Artillerie zu schießen hat. Eine taktische Übersicht ohne das Kommandofahrzeug würde vieles erleichtern.

Der Funk

Klangtechnisch gibt es an "Tom Clancy's Endwar" nichts zu kritisieren, denn die Explosions- sowie Waffengeräusche wirken echt, der Soundtrack passt zur Thematik und die deutsche Sprachausgabe ist hervorragend. Die Entwickler haben sich sogar darum bemüht, den Vorgesetzten beim Missionsbriefing einen eigenen Charakter zu verleihen, indem sie ihnen einen für die jeweilige Großmacht typischen Akzent spendierten. Alle Texte der englischen Originalversion wurden ausnahmslos korrekt übersetzt, so dass selbst Spieler ohne fortgeschrittene Fremdsprachenkenntnisse mit "Endwar" zurechtkommen müssten.

"Tom Clancy's Endwar" ist ein Echtzeitstrategie-Hit für die Playstation 3, der vor allem wegen der exakten Sprachsteuerung sowie des umfangreichen Mehrspielermodus' begeistert. Ubisoft Shanghai hat den lang gehegten Wunsch der Spieler erfüllt, endlich Truppen mit der eigenen Stimme befehligen zu können. Es macht einfach Spaß, sein taktisches Geschick gegen viele andere Spieler zur Geltung zu bringen, um womöglich den Ausgang des Dritten Weltkriegs in einem zwar düsteren, aber gerade deshalb realistischen Zukunftsszenario zu erleben. Alle Spieler, die bisher einen Bogen um Strategietitel für die Konsole gemacht haben, können bei "Endwar" bedenkenlos zugreifen, denn bis auf die bisweilen unzweckmäßige Kameraperspektive haben die Entwickler alle Nachteile des Genres für diese Plattform ausgemerzt.

(12.12.2008)

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