Star Wars: Knights of the Old Republic II - The Sith Lords

Star Wars: Knights of the Old Republic II - The Sith Lords

(LucasArts/Activision)

Geschrieben von Sebastian Hör

 

Vor etwas mehr als eineinhalb Jahren stand, nach mehreren Releaseverschiebungen, das damals auf der Xbox höchst erfolgreiche Star Wars-Rollenspiel "Knights of the Old Republic" auch für die PC-Spieler in den Läden. Trotz einiger teilweise gravierender Bugs, die nach und nach durch Patches beseitigt wurden, setzte KotOR damals seinen Siegeszug auch auf dem PC fort und heimste reihenweise Höchstwerte und Auszeichnungen ein. Nun steht mit "The Sith Lords" seit einigen Wochen der zweite Teil der Saga rund um den Jedi-Bürgerkrieg in den Regalen und nun stellt sich die Frage: Kann der Nachfolger eines der populärsten Star Wars-Spiele der letzten Jahre den hohen Ansprüchen gerecht werden?

Vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis...

"The Sith Lords" spielt fünf Jahre nach den Geschehnissen von KotOR I. Der Jedi-Bürgerkrieg ist beendet, Darth Malak wurde von Revan besiegt, der daraufhin auf Nimmerwiedersehen verschwand. Ob er nun tot ist oder nur verschollen, bleibt unbekannt. Die Republik hat sich trotz fünf Jahren relativer Ruhe noch immer nicht von den Wunden erholt, die ihr der erbitterte Krieg zunächst mit den Mandalorianern, dann mit den Sith, zugefügt hat. Auch der Jedi-Orden, viele Jahrtausende der Hüter der Republik, ist zerfallen: Die Jedi-Räte auf Coruscant und Dantooine wurden aufgelöst, da viele Jedi im Bürgerkrieg gefallen sind oder danach von Sith-Attentätern ermordet wurden. Nur ein einziger Jedi hat überlebt – Sie! Der Held der Geschichte ist dieses Mal ein hochrangiger Ex-Jedi, der an der Seite von Revan und Malak in den Mandalorianischen Kriegen mitkämpfte und an der letzten, vernichtenden Niederlage der Mandalorianer auf Malachor V beteiligt war. Doch anstatt sich weiterhin am Rachefeldzug der beiden Sith-Lords zu beteiligen, kehrte er nach Coruscant zurück, um sich vor dem Jedi-Rat zu verantworten. Er wurde verbannt und für die Macht geblendet – bis heute.

Sie starten nach einigen Videosequenzen, die grob die aktuelle Situation erzählen, als Astromechdroide T3-4M an Bord der schwer beschädigten Ebon Hawk, deren Hyperantrieb zerstört wurde und die nun steuerlos im All trudelt. Der Hauptcharakter liegt derweil verwundet auf der Krankenstation. Hierbei handelt es sich um ein exzellent in die Handlung eingebundenes Tutorial, das KotOR-gestählte Spieler jedoch getrost überspringen können; alles Storyrelevante erfährt man ohnehin erst später. Ob man nun das Tutorial absolviert hat oder nicht, ändert nichts an der Ausgangssituation: Man erwacht auf der Krankenstation einer verwaisten Minenkolonie, geschwächt und ohne Erinnerung an die Ereignisse der vergangenen Tage.

Die Macht ist stark in diesem da!

"Diesmal entscheidest du auch das Schicksal der anderen" verheißt der Text auf der Packung von "The Sith Lords". Gemeint ist damit das vom Entwickler Obsidian völlig überarbeitete Interaktionssystem zwischen den Charakteren der Party. Anders als in KotOR I lernt man seine Mitstreiter nämlich nicht durch simple Frage-Antwort-Spiele kennen und erfährt durch fortschreitende Spieldauer deren komplette Lebensgeschichten, sondern muss sich deren Vertrauen sozusagen "erarbeiten". Dies funktioniert in erster Linie über die Art und Weise, wie Gespräche geführt werden, aber auch durch bestimmte Aktionen. So ist beispielsweise Kreia, eine alternde und zynische Jedi, überhaupt nicht davon begeistert, wenn man einem Bettler fünf Credits zusteckt, während andere Charaktere wiederum von der noblen Geste überaus beeindruckt sind. Außerdem kommt es natürlich – wie auch im Vorgänger – des Öfteren einmal zu Streitgesprächen zwischen Partymitgliedern unterschiedlicher Gesinnung. Je nachdem, auf wessen Seite man sich schlägt, gewinnt und verliert man bei den entsprechenden Personen auch an Einfluss. Ist die Einflussnahme auf einen Charakter groß genug, eröffnen sich neue Gesprächsoptionen und Handlungsvarianten, aber dies kann natürlich auch bedeuten, dass man über bestimmte Crewmitglieder weniger erfährt, als man möchte.

Oft wurde in KotOR I die Nutzlosigkeit der nicht machtempfänglichen Charaktere im späteren Spielverlauf kritisiert. Am Ende des ersten Teiles metzelte man sich am einfachsten mit drei der vier verfügbaren Jedi (Bastila, Juhani, Jolee, Hauptcharakter) durch sämtliche Feinde bis hin zu Malak, die anderen Crewmitglieder waren bloße Zierde, mit denen man vielleicht einmal plaudern konnte oder die zu bestimmten Orten mitgenommen werden mussten (z. B. Zaalbaar nach Kashyyyk), mehr aber auch nicht. Hier hat Obsidian aus den Fehlern von KotOR-Entwickler Bioware gelernt und das "Fußvolk" mit spezielleren Fähigkeiten ausgestattet, die sich dann auch im späteren Handlungsverlauf als nützlich erweisen. So ist beispielsweise Mandalore ein geborener Fernkämpfer und Scharfschütze, während die Dienerin im Nahkampf vielen Feinden durch ihre Echani-Techniken weit überlegen ist. Auch am Fähigkeitenbaum wurde viel herumgebastelt, es sind zahllose neue Fertigkeiten hinzugekommen, sodass es Einsteigern eventuell schwer fällt, zwischen nutzlos und nützlich, zwischen Sinn und Unsinn vieler Talente zu unterscheiden. In der Tat wirkt die Unzahl der Optionen überfrachtet, einige davon sind schlicht und ergreifend überflüssig.

Immerhin wurde die Level-Obergrenze von 20 auf 50 angehoben, da dies in KotOR I ein gravierender Nachteil war: Nach drei von fünf Welten hatte man mit etwas Übung schon Level 20 erreicht, sodass man seinen Charakter bereits voll ausgebaut hatte und die letzten beiden Welten eigentlich zur bloßen Farce verkamen. Sensationell gut gemacht ist übrigens die Aufsplittung der Handlung in mehrere Stränge, sodass der Spielverlauf immer wieder dadurch aufgelockert wird, dass man mehrere Charaktere an verschiedenen Schauplätzen steuert. Es macht Laune, diesem Perspektivenwechsel zu folgen und trägt zur hohen Wiederspielbarkeit bei. Ebenfalls überarbeitet wurde das teilweise etwas unübersichtliche Inventarsystem des Vorgängers; jetzt sind die Gegenstände, die man bei sich trägt, in verschiedene Kategorien eingeteilt, was den Zugriff auf spezielle Gegenstände spürbar erleichtert. Warum allerdings das Schnellreisesystem zurück zur Ebon Hawk bzw. zum "Startpunkt" einer Welt gestrichen wurde, bleibt das Geheimnis der Entwickler. So läuft man oft sinnlos durch mehrere Abschnitte, nur um zurück zum Schiff oder in den an den Startpunkt angrenzenden Levelabschnitt zu kommen. Außerdem wurde der Tagebucheintrag "Erledigte Aufträge" seltsamerweise entfernt, weswegen direkt nach Abschluss eines Quests sämtliche Hinweise darauf im Nirwana des Datapads verschwinden. Ärgerlich für all jene, die in KotOR I gern in ihren glorreichen Taten der Vergangenheit gestöbert haben. Außerdem werden die Tagebucheinträge so aktualisiert, dass Teile davon verschwinden, sobald man etwas Neues herausfindet. Gerade bei den "Galaktische Geschichte"-Quests ist das extrem störend.

Ein nettes neues Feature sind übrigens die Labortische und Werkbänke, die man im Vorgänger allenfalls zum Upgraden einiger Gegenstände benutzen konnte. In "The Sith Lords" wurden die Upgrade-Slots für Gegenstände teilweise immens erhöht (z. B. bei Lichtschwertern), außerdem lassen sich nun mit den entsprechenden Talentwerten in Sicherheit, Heilen, Sprengstoff etc. Gegenstände wie Medikits, Implantate und Schilde herstellen. Des Weiteren beherrschen Jedi nun verschiedene Lichtschwert-Kampfstile, die eine spürbare Auswirkung auf den Ausgang mancher Kämpfe haben – so ist beispielsweise der "Shii-Cho"-Stil gegen viele Gegner nützlich, gegen andere Jedi allerdings vollkommen nutzlos. Diese verschiedenen Techniken weisen aber auch auf eine Entwicklung hin, die im späteren Spielverlauf besonders auffällt: Die Balance ist deutlich zugunsten der Nahkampfwaffen verschoben, mit Fernwaffen kommt man gegen Ende hin nicht mehr weit. Im Großen und Ganzen lässt sich dennoch sagen, dass sich im Gameplay im Vergleich zum Vorgänger sehr viel getan hat; "The Sith Lords" ist mehr als ein bloßes Sequel.

"Jedi sehen nicht durch die Augen, sie nehmen alles durch die Macht wahr."

Da mag natürlich etwas Wahres dran sein, aber da der Durchschnittsspieler nun einmal kein Jedi ist, muss er sich auf seine Augen verlassen. Die Grafik von "The Sith Lords" hat sich nicht großartig verändert: Die Texturen sind ein wenig feiner geschliffen, die Effekte eine Spur spektakulärer, aber das war es auch. Gut, man kann in den Optionen nun Achtfach-Antialiasing und Ähnliches einstellen, aber einen nennenswerten Unterschied sieht man dennoch nicht. Gesteuert wird der Hauptcharakter nach wie vor aus der Third-Person-Perspektive, wobei man allerdings mit Caps Lock nun in eine First-Person-Ansicht umschalten kann. Ein praktischer Nutzen dieses neuen Features ist allerdings nicht zu erkennen, das Spiel ist auch in der "klassischen" Sicht weder leichter noch schwerer zu spielen. Ein wenig enttäuscht war ich über die Umsetzung von Nar Shadda. Bereits in Jedi Knight 1 konnte man zu Anfang in einer gerenderten Sequenz die "Vertical City" bestaunen, in sämtlichen Büchern wird der Schmugglermond, der die Hutt-Heimatwelt Nal Hutta umkreist, als eine heruntergekommene Ausgabe von Coruscant geschildert. Wer die republikanische und später imperiale Zentralwelt aus Filmen, Büchern oder Bildern kennt, weiß, dass die Oberfläche von Coruscant bis auf einen einzigen Berg komplett bebaut ist und mehrere hundert Stockwerke in den Himmel reicht – die Umsetzung Nar Shaddas in "The Sith Lords" ist verglichen an diesem Maßstab enttäuschend, der Planet wirkt karg, leblos und trist. Auch im Vergleich mit den anderen Welten im Spiel wie beispielsweise Onderon oder Dantooine nimmt sich Nar Shadda ziemlich bescheiden aus.

"Dein Herz hämmert wie Twi’lek-Kriegsmusik."

Die Soundausgabe ist, wie auch in KotOR I, sehr gelungen. Die Sprecher wirken authentisch, die Dialoge sind perfekt gemacht, die Stimmlagen sind meistens passend moduliert und tragen einen Großteil zur faszinierenden Atmosphäre von "The Sith Lords" bei. Leider hat sich hier in der Verkaufsversion ein grober Bug eingeschlichen, der bewirkt, dass viele Dialoge ohne das Zutun des Spielers einfach abgeschnitten werden, bis die nächste Interaktionsmöglichkeit auftritt. Das raubt ein wenig den Spielspaß, weil man die teilweise handlungsrelevanten Gespräche mühselig im Nachrichten-Log nachlesen muss; das sollte mit dem nächsten Patch unbedingt gefixt werden. Ansonsten ist der Sound jedoch wirklich gut gelungen, die Musik ist passend und sehr stimmungsvoll, ebenso die Soundeffekte beim Abfeuern von Blastern, Duellieren mit Lichtschwertern und Vibroklingen oder bei einer Veränderung der Orientierung hin zur Hellen oder Dunklen Seite der Macht.

 

Technische Daten:
 
Entwickler: Obsidian Entertainment
Publisher: LucasArts/Activision
Genre: Rollenspiel
Releasedate: Anfang Februar 2005
Homepage: LucasArts
Preis: 44,99 €
Altersfreigabe:  Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

Kommentare zu diesem Artikel


Fazit

   :
Bis auf ein paar wirklich ärgerliche Bugs oder Versäumnisse, die hoffentlich mit dem nächsten Patch beseitigt werden, hält "The Sith Lords", was schon der Vorgänger versprach und halten konnte. Die Wiederspielbarkeit ist durch die Vielfalt der Handlungsmöglichkeiten enorm, auch wenn das Spiel alles in allem vielleicht etwas zu kurz geraten ist. Die neuen Features wie die Einflussnahme auf die Gruppenmitglieder sind größtenteils gut gelungen und integriert, nur eines wurmt mich: Sowohl Bioware als auch Obsidian scheinen nicht begriffen zu haben, wie sehr es in Spielen wie KotOR nervt, wenn das Finale elend lang hinausgezögert wird: Wenn ich es endlich geschafft habe, den Oberbösewicht bis zu seiner Basis oder Heimatwelt zu verfolgen, will ich mich nicht noch endlos durch Gegner metzeln, die mir ohnehin nicht mehr gewachsen sind und die das Unvermeidliche nur hinauszögern. Das "große Finale" sollte meiner Meinung nach lieber in einem packenden Endkampf mit spannenden Dialogen enden als in einer endlose Suche nach dem richtigen Eingang. So es einen dritten Teil geben sollte, was ich hoffe, dann: Bitte das nicht wieder! Darüber hinaus hätte ich mir für die Kommentare von Darth Nihilus wirklich Untertitel gewünscht – ich frage mich auch nach dem zweiten Durchspielen immer noch, was der Knilch eigentlich so von sich gibt. Der Mann klingt wie ein Alkoholiker nach dem siebzigsten Bier. Ansonsten ist "The Sith Lords" sehr gelungen, die Atmosphäre ist sensationell, die Handlung interessant und die Charaktere sehr ausgewogen. Nicht nur für absolute Star Wars-Fans ein Muss! Besonderen Dank an dieser Stelle auch an Hans Thiel für seine Hilfe bei der Beurteilung und Analyse des Spiels. (14.03.2005)


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