WorldShift

WorldShift

(RTL Games)

geschrieben von Sebastian E.R. Hör

 

 
Entwickler: Black Sea Studios
Publisher: RTL Games
Genre: Online-Echtzeitstrategie
Releasedate: Bereits erhältlich
Homepage: WorldShift
Preis: 45,95 €
Altersfreigabe: Freigegeben ab 12 Jahren gemäß §14 JuSchG

Vieles ist im Vorfeld der Veröffentlichung des Online-Echtzeitstrategiespiels "WorldShift" schon geschrieben worden. Reichlich Vorschusslorbeeren für das ungewöhnliche Konzept und die hervorragende Grafik hatte es eingeheimst, aber auch Kritik für die mangelnde Spieltiefe und einige ärgerliche Bugs in der Betaversion hatte es gegeben. Nun steht das mit Spannung erwartete Spiel in den Händlerregalen und es stellt sich die Frage: Kann es den hohen Erwartungen gerecht werden? Wir haben es für Sie herausgefunden.

Die Geschichte

Im ausgehenden 21.Jahrhundert entdecken Astronomen einen ungewöhnlichen Meteoriten. Sie nennen ihn "die Scherbe", und er strahlt eine seltsame Aura aus, die den Weltraum um ihn herum vergiftet. Doch am schlimmsten ist, dass der Himmelskörper schnurstracks Kurs auf die Erde nimmt. Alle Versuche, ihn von seinem Kurs abzubringen oder zu zerstören, schlagen fehl – was im Film "Armageddon" noch gerade eben geklappt hat, scheitert in "WorldShift" - und die Scherbe landet im Nordosten Sibiriens. Seither vergiftet sie das Ökosystem der Erde, greift Menschen genauso an wie Tiere und Pflanzen und das Antlitz des blauen Planeten verändert sich von Tag zu Tag mehr. Kennen Sie das nicht irgendwoher? "Command & Conquer" hatte eine ähnliche Story – nur dass statt der Scherbe das Mineral Tiberium den Planeten verändert hatte.

Die Truppen

Im Zuge dieser radikalen Veränderungen bilden sich drei Fraktionen heraus, deren Geschicke Sie lenken können: Die Menschen, die in fünf abgeschotteten Megastädten leben und bislang von der Plage verschont geblieben sind; die Mutanten (die in der Betaversion noch "Tribes" hießen), die durch das Gift der Scherbe verändert wurden; und die Aliens, deren Ziele unbekannt sind. Jede Partei verfügt neben einem Oberkommandierenden (den Lord Commander der Menschen, den Hohepriester der Mutanten und den Meister der Aliens) über vier Offiziere und einige normale Einheiten. Fliegende oder schwimmende Einheiten gibt es nicht. Das engt die Bandbreite der möglichen Aktionen entsprechend ein, zahlreiche taktische Möglichkeiten fallen dadurch weg. "Einsteigerfreundlich", und das möchte "WorldShift" ja sein, könnte man das nennen; anspruchsvollere Strategen wird die geringe Varianz hingegen eher enttäuschen.

Um dem ein wenig entgegen zu wirken, verfügen die Einheiten über unterschiedliche Spezialfähigkeiten, die man mit einem Linksklick auslösen kann. Der Assassinen-Offizier der Menschen kann beispielsweise durch gezielte Schüsse die Panzerung eines Gegners schwächen, was besonders gegen sehr mächtige Gegner in PvE (Player versus Environment)-Gefechten von Vorteil ist. Der Hohepriester der Mutanten ist dazu in der Lage, mehrere Feinde für einige Sekunden einzufrieren; auch das eine interessante taktische Variante. Aber wie bei allen Echtzeitstrategiespielen stellt sich auch hier die Gretchenfrage: Was nutzt das im Kampf?

Die Kämpfe sind - das sei vorab erwähnt, um keine falschen Erwartungen zu wecken - keine epischen Massenschlachten à la "Command & Conquer". Das niedrige Limit von maximal 30 Einheiten verhindert solche riesigen Gefechte – sicherlich auch, um die Server und die Rechner der Spieler nicht in die Knie zu zwingen. Jedenfalls verfügt man über eine relativ kleine Truppe, die es mit dem Gegner aufnimmt. Und Sie sollten unbedingt manuelle Angriffsbefehle erteilen, denn ansonsten neigen Ihre Einheiten dazu, wahllos auf den nächsten Gegner in Reichweite zu schießen. Das ist ein wenig nervig, da Sie nach jedem getöteten Feind einen neuen Befehl erteilen müssen, sonst geht das Planlos-um-sich-Schießen von vorne los. Meistens sind die Gefechte auch viel zu hektisch und zu schnell vorbei, als dass Sie wirklich effektiv die Spezialfähigkeiten der Einheiten nutzen könnten, lediglich in PvE-Spielen ist das von Vorteil. In PvP-Kämpfen verzichtet man eher auf diese Maßnahme. Hinzu kommt, dass sich die Parteien allesamt nahezu gleich spielen, es gibt keine besondere Vorgehensweise, die mit genau einer Fraktion verknüpft ist. Das ist schade, denn die Konzeption des Spiels hätte in diesem Bereich sicherlich Raum für mehr Tiefe zugelassen.

Auch Basisbau und Ressourcenverwaltung sind eher rudimentär gehalten, was allerdings der Einsteigerfreundlichkeit sicherlich zuträglich ist: Es gibt nur einen Rohstoff, das Xenolit, das Sie zum Bau Ihrer Basis beziehungsweise – je nach Modus – zum Kauf neuer Einheiten verwenden können. Neben der Erschaffung neuer Truppen dient Ihre Basis im Grunde genommen nur dem Zweck, pompös auszusehen.

Modi

Sie haben, grob gesagt, die Wahl zwischen drei unterschiedlichen Modi: Die Einzelspielerkampagne, ein gemeinsames PvE-Gefecht mit anderen Mitstreitern gegen den Computer und natürlich das Herzstück eines jeden Echtzeitstrategiespiels: den Kampf Spieler gegen Spieler. Die Einzelspielerkampagne treibt die Story von "WorldShift" voran und lässt Sie die Ereignisse nach dem Einschlag der Scherbe aus der Sicht aller drei Parteien erleben. Die einzelnen Missionen sind dabei nur lose miteinander verknüpft, sodass eine Identifikation mit einer der drei Fraktionen recht schwer fällt. Nichtsdestoweniger sind die Aufträge abwechslungsreich – mal muss man ein Dorf vor der Auslöschung bewahren, dann muss man schnellstmöglich einen bestimmten Ort erreichen oder sich mit einer einzelnen Einheit in die gegnerische Basis einschleichen. Herausfordernd sind die Missionen also allemal, zumal das Balancing seit der Betaversion verbessert wurde.

Die Koop-Kämpfe mit mehreren menschlichen Spielern gegen die KI sind ebenfalls motivierend und sehr schön umgesetzt – wie man das von Spielen wie "World of Warcraft" kennt, steht am Ende einer Karte meistens das Ziel, einen übermächtigen Bossgegner in die Knie zu zwingen. Unter Einsatz der Spezialfähigkeiten Ihrer Truppen und geschicktem Zusammenspiel beharken Sie den Widersacher so lange, bis er schließlich das Zeitliche segnet. Zur Belohnung erhalten Sie Artefakte – eine der Quellen der Langzeitmotivation in "WorldShift", aber dazu später mehr.

Spieler-gegen-Spieler-Duelle sind natürlich immer interessant. In "WorldShift" können Sie sich automatisch einen zufälligen Gegner zuteilen lassen und treten dann auf einer zufällig generierten Karte gegen ihn an. Zu viel Zufall? Dann können Sie sich selbstverständlich Ihren Spielpartner aussuchen. Auch in den PvP-Duellen finden Sie immer mal wieder Artefakte oder Scherben, die Ihren Truppen unterschiedliche Boni bringen, etwa schnellere Regeneration im Kampf oder erhöhte Bewegungsgeschwindigkeit. Nutzt Ihnen ein Artefakt nichts, können Sie es auch gegen Scherben eintauschen. Doch Vorsicht: Die erworbenen Scherben und Artefakte besitzen Sie nur mit der Fraktion, mit der Sie gerade gespielt haben. Zudem dürfen Sie die Trophäen erst für die nächste Schlacht einsetzen.

Grafik und Sound

Beim optischen Erscheinungsbild hat sich von der Beta- zur Goldversion wenig getan. Warum auch, denn die Grafik war in einem sehr frühen Stadium bereits schön anzusehen: Bombastische Explosionen, sehr gut animierte Einheiten, ein atmosphärisch hervorragendes Erscheinungsbild und tolle Wettereffekte sorgen für ein intensives Spielgefühl. Manchmal wirkt die Landschaft allerdings ein Stück zu idyllisch für eine vom Einschlag der Scherbe und ihrem schädlichen Einfluss vergiftete und vernarbte Welt.

Akustisch hat sich "WorldShift", wie schon von der geschlossenen zur offenen Betaversion, spürbar verbessert. Die Hintergrundmusik ist gelungen und passt sich durch einen Wechsel von martialischen und meditativen Klängen der Atmosphäre an; die Effekte unterstützen diesen Eindruck ebenfalls. Gewehrfeuer, Zaubersprüche und die Stimmen der Einheiten passen ins Bild und wissen zu gefallen.

 


Fazit

   Wie gut ist "WorldShift"? Es ist sehr gut, aber es hat auch seine Mängel. Das interessante Konzept des Online-Echtzeitstrategiespiels, gepaart mit der Einsteigerfreundlichkeit und der bewussten Konzentration auf wenige Einheiten sowie der sehr fordernden KI machen es zu einem spannenden Spiel, das Spaß macht. Veteranen des Genres werden jedoch früher oder später gerade wegen der geringen Varianz, die kaum ausgefeilte Taktiken erfordert, die Lust an ihm verlieren. Die Einzelspielermissionen sind herausfordernd, aber leider fehlt es an einer kohärenten Story. Grafik und Sound sind hervorragend, die Atmosphäre ist gelungen, aber so richtig mit einer Partei identifizieren kann man sich nicht. Wie gesagt, das Konzept ist gut durchdacht, Einsteigern ist dieses Spiel auf jeden Fall zu empfehlen. Veteranen dürfen sich daran versuchen, aber in Sachen Spieltiefe ist "World in Conflict" für sie die bessere Wahl. (19.06.2008)


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